Das Happy End einer romantischen Komödie müsste einen eigentlich unweigerlich mit Melancholie erfüllen. Das Genre feiert den verrückten Ausnahmezustand, den Aufruhr gegen die Konventionen, das heroische Hinauszögern der Normalität. Sein Aggregatzustand ist die Vorläufigkeit. Am Ende mag einen schon mal die Sorge beschleichen, ob Spencer Tracy und Katherine Hepburn nicht doch irgendwann erschöpft ablassen werden von ihren espritvollen Dialoggefechten und ob nicht selbst für Cary Grant und Irene Dunne der Geschlechterkrieg einmal alles Spielerische verlieren wird. Komödien schaffen stets rechtzeitig den Absprung, bevor die Romantik Schleifspuren der Routine bekommt. Was hätten sich Shirley MacLaine und Jack Lemmon nach der Abblende in Das Apartment zu sagen? Billy Wilder wird seine Gründe gehabt haben, nicht vom Danach zu erzählen.
Die Boulevardkomödien, die Doris Day und Rock Hudson nach dem Erfolg von Bettgeflüster (1959) gleich in Serie drehten, scheinen auf den ersten Blick keine Ausnahme dieser Regel zu sein. Insgeheim arbeiten sie jedoch beharrlich an der Wiederherstellung des Status Quo und finden überraschend wenig Bewahrenswertes am Kleinkrieg der gegensätzlichen erotischen Prinzipien, dessen Ende der Zuschauer bedauern müsste. Nicht ohne Ironie spiegelten sie die restaurative Geschlechtermoral der fünfziger Jahre, retteten sie ins Raumfahrtzeitalter hinüber und schirmten sie noch rechtzeitig ab gegen die Erschütterungen der Swinging Sixties. Dabei weichen Hudson und Day auf je eigene Weise - sie als prüde Karrierefrau, er als gewiefter Playboy - vom Ideal eines monogamen, vorstädtischen Familienlebens ab, in das sie sich erst in ihrem letzten gemeinsamen Film Schick mir keine Blumen (1964) fügen.
Die Hommage, die Down with love diesen Vorbildern erweist, changiert zwischen Paraphrase und Neuinterpretation. Sie knüpft an deren Dramaturgie von Verführung und Rachsucht an (nur, wie soll man lachen, wenn alles in Anführungsstrichen steht?), übernimmt deren unverzichtbare Konstellation der den Hauptfiguren beigeordneten Vertrauten, die ihnen als drollige Schreckensbilder romantischen Scheiterns und drohender Einsamkeit sekundieren. Die Konvention der "unschuldigen" Schaulustigen, die sich als running gag durch die alten Filme ziehen, lässt die Hommage indes selig auf sich beruhen. Diese Nebenfiguren, meist konsternierte Provinzler zu Besuch in der vermeintlich ruchlosen Metropole New York, fungierten als ein kommentierender Chor, dessen immer auch homophobe und psychoanalyse-feindliche Kalauer die Wertvorstellungen der Zuschauer eher repräsentieren als persiflieren sollten.
Das Publikum der anfangs von Universal produzierten Filme soll zu 80 Prozent aus Hausfrauen bestanden haben, die es nicht weiter alarmieren musste, wenn ihre Ehemänner von Doris Day träumten; falls ihnen dies in den Sinn gekommen wäre. Denn in einer Epoche, deren erotische Leitfigur Marilyn Monroe war, übernahm sie das undankbare Mandat, die puritanische, repressive Gegenfigur zu verkörpern. Diese eiserne Prüderie machte nicht nur ihre Figuren auf der Leinwand zu einer dankbaren Zielscheibe des Spottes. Das wahlweise Groucho Marx oder Oscar Levant zugeschriebene Bonmot "Ich kannte Doris Day schon, bevor sie eine Jungfrau war" belegt, wie fest ihr Image konturiert war.
Ihre Heldinnen betreiben ihre Karriere mit verbissenem Ernst, ihr Erfolgsstreben wird stets als Verdrängungsleistung denunziert: Intelligenz ist ein schaler Ersatz für das Fehlen weiblicher Instinkte. Dass die Day-Figur ein Mängelwesen ist, das erlöst werden muss, unterstreicht noch das Breitwandformat, welches ihren Bildraum regelmäßig als klaffend und unvollständig begreift. Ihre Domestizierung ist mithin eine heilsame Notwendigkeit, während die der Hudson-Figur jeweils metaphorisch als Kastration beschworen wird. Die Intrigen, mit denen er die Widerspenstige einwickelt, sind freilich lesbar als Reflex eines Ohnmachtsgefühls. "Filme sind der letzte Ort in Amerika", erklärte Stanley Shapiro, der die Serie als Drehbuchautor maßgeblich prägte und in den meist von Tony Randall verkörperten sidekicks seinen eigenen Neurosen ein Denkmal setze, "wo Männer die Frauen noch überlisten können."
Man ist stets verführt, Hudson seine Ranküne nachzusehen (schon allein deshalb, weil er in den Wunschfiguren, die er ihr vorspielt, die urwüchsigen Helden persiflieren darf, die er zuvor in den Melos von Douglas Sirk spielte). Days Leinwandpräsenz steht ohnehin von vornherein im Zeichen der Verstellung. Ihre Natürlichkeit ist keine ursprüngliche, sondern eine trotzige. Ihre demonstrative Fröhlichkeit schürt den Verdacht, dass in ihrem Leben für echte Freude kein Platz ist. Day, die sich zuvor in ihren Musicals mit der Grazie einer Tänzerin zu bewegen wusste, erschließt sich ihre Komödienrollen um den Preis der Karikatur, ihr steifer Gang und ihre abrupten Bewegungen verweisen auf das Fehlen eines inneren Gleichgewichts. Die weit aufgerissenen Augen sind das einzige komödiantische Mittel, das ihr zu Gebote steht, um sich über Hudsons Perfidie zu empören.
Diese Empörung mag zwar als läppisch inszeniert sein, unberechtigt ist sie nicht. Hudsons Triumphe sind zwiespältig, seine Verführungsstrategien gehen stets mit einer auch moralischen Korrumpierung einher. Er weiß die Geschlechterverhältnisse auf seiner Seite. Die Drehbücher, gewissermaßen Szenarien einer prä-feministischen Paranoia, machen sie hier zum zweiten Mal zum Opfer einer männlichen Verschwörung (interessanterweise franste der Zyklus Mitte der Sechziger in einer Reihe von Spionagekomödien aus), denn alle Welt demonstriert eine augenzwinkernde Komplizenschaft mit Hudsons zahlreichen Abenteuern; auch deshalb, weil sie einem amerikanischen Leistungsprinzip gehorchen. Dennoch ist ein Gefühl von Ungerechtigkeit die entscheidende Triebfeder der Plots. Sie verwickeln ihre Antagonisten in einen unlauteren Wettbewerb, zumal in Ein Pyjama für zwei (1961), wo sie auch beruflich Rivalen sind. Hudsons Souveränität verdankt sich der Mühelosigkeit, mit der ihm schier alles gelingt. Er erreicht seine Ziele mit minimalen Aufwand, während Day sich abstrampeln muss. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Demütigungen, durch die er am Ende geläutert wird, immer eine Spur glimpflicher verlaufen. Sie fällt unweigerlich der Tücke des Objekts zum Opfer, während Hudson erfinderisch über die moderne Technik gebietet. Das Junggesellenrefugium in Bettgeflüster ist ein Arsenal der Verführung, auf Knopfdruck fährt das Bett aus, erklingt romantische Musik, wird das Licht schummrig und verriegeln sich die Türen. Dass inmitten solcher Funktionalität tatsächlicher Sex mit allem Drum und Dran stattfinden soll, kann und soll man sich nicht recht vorstellen. Retrospektiv werden die Happy Ends zudem durch das Wissen um die Biografien der beiden Stars dementiert: Days fidele Leinwandpersona war einer Kette ausbeuterischer Ehen abgetrotzt; Hudson durfte, aus Rücksicht auf seine weiblichen Fans, sein Coming-Out erst zwei Jahrzehnte später erleben.
Indem Down with love die Glasur ihrer Komödien detailgenau rekonstruiert, kommt er auch ihrer Moral überraschend nahe, die in einer prüden Revision der munter-anarchischen screwball comedies der dreißiger Jahre bestand. Die Winkelzüge des Geschlechterkampfes inszeniert er als pastellfarbene Ausschweifung. Das Design der Interieurs ist repräsentativ, nicht wohnlich. Die Erotik des Designs und der Kostüme ist drapiert als eine sich selbst genügende. Mit unwillkürlich dokumentarischer Präzision vergegenwärtigen die alten Filme ein Bild der USA als Konsumentenparadies: Ein Abspanntitel in Ein Hauch von Nerz aus dem Jahre 1962 (in dem Cary Grant als romantischer Industriekapitän Days Partner ist) dankt dem 5th-Avenue-Kaufhaus Bergdorf Goodman dafür, dass es Bergdorf Goodman ist.
Die (Schau-)Werte, die sie propagieren, münden unausweichlich in die Sphäre der Ökonomie. Amerika wird im Ausland nicht etwa durch Politiker, sondern durch Industrielle und Geschäftsleute repräsentiert. Auch der Filmzyklus vollzog bald eine Orientierung hin zum internationalen Markt, was nicht ohne ideologische Widerhaken blieb. An Days Stelle traten europäische Darstellerinnen (Claudia Cardinale, Leslie Caron, Gina Lollobrigida), die sich ihre sexuellen Identität ungleich sicherer waren. Hudsons Eroberungen erschienen nun als die erotische Variante amerikanischen Hegemonialstrebens. Seine Selbstgewissheit sollte jedoch manch unverhoffter Anfechtung ausgesetzt sein. Gina Lollobrigida verkörpert in Fremde Bettgesellen (1964) eine bohèmehafte Protestamazone, vor deren anti-amerikanischem Furor Hudson letztlich kapitulieren muss. Wer weiß, ob er sich nicht zurückgesehnt hat nach Doris Day, als er am Ende verkündet: "Ich fahre zurück nach Amerika, wo man heiratet, ohne nachzudenken."
Was ist Ihre Meinung?
Kommentare einblendenDiskutieren Sie mit.