Die Weisheit der Siebenschläfer

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Liegt in jedem Sprichwort ein wahrer Kern, so sind die Aussichten für das hiesige Sommerwetter äusserst viel versprechend: "Regnet es am Siebenschläfertag, der Regen sieben Wochen nicht weichen mag." Auf einen solch langfristigen und konkreten Wetterbericht würde sich kaum ein Meteorologe festzulegen wagen, Bauernregeln lassen sich dagegen gerne auf solch waghalsige Prognosen ein. Immerhin formulieren die Bauern damit jahrhundertealte Erfahrungswerte, die sich durchaus ab und an bestätigen lassen.
Jene des Siebenschläfertages bezieht sich auf den 27. Juni, der allerdings weniger dem Siebenschläfer gewidmet ist als vielmehr den Märtyrern Maximus, Malchus, Martinianus, Dionysius, Johannes, Serapion und Constantinus. Die Sieben versteckten sich auf der Flucht vor der Christenverfolgung, namentlich des Kaisers Decius, anno 251 in einer Höhle nahe Ephesos. Dort, in der heutigen westlichen Türkei, mauerten die Untertanen des Kaisers die Verfolgten ein, die daraufhin in einen 195-jährigen Schlaf fielen – aus dem sie erst wieder am 27. Juni 446 erwachten, als die Höhle zufällig entdeckt wurde. Aus dieser Legende schlossen Bauern, dass sich jeweils zum 27. Juni zeige, wie die Wetteraussichten auf die kommenden sieben Wochen zu erwarten sind.
Dem Aberglaube treue Zeitgenossen dürfen sich also auf heisse Sommermonate freuen, schliesslich verspricht der konventionelle Wetterbericht für Sonntag deutschlandweit heisse 25 bis 28 Grad. Und Skeptikern ist man versucht zu kontern, dass gerade die Siebenschläfer-Regel gar nicht so unwissenschaftlich ist: Legt sich doch jeweils zum Monatswechsel zwischen Juni und Juli der Verlauf des Jetstreams fest. Der starke Wind, der in höheren Gefilden die Flugzeuge von West nach Ost beschleunigt, ist mitverantwortlich für die gefürchteten, sogenannten Islandtiefs. Je nach Verlauf des Jetstreams setzen sich in Mitteleuropa die Azorenhochs oder die über der Nord- und Ostsee ziehenden Tiefs durch.
Je nach Wetterfühligkeit muss diesen Ausführungen tröstend oder warnend angefügt werden, dass die Genauigkeit der Siebenschläfer-Regel regional unterschiedlich ist: In München ist sie ungleich zutreffender, denn in Berlin oder gar in Hamburg. Und besonders Schlaue dürfen damit auftrumpfen, dass nach gregorianischer Kalenderreform erst der 7. Juli als Siebenschläfertag zu datieren ist und entsprechend für die Prognose des Sommers zuständig. Doch, so freuen sich die Sonnenhungrigen, auch die wenigen Wettertrends zu diesem Datum verheissen derzeit warme Temperaturen.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden