Von Tropennächten und Hitzetagen

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Jetzt ist sie also da, die Sommerhitze. Das ganze Land schwitzt und klönt oder freut sich je nach Wetterfühligkeit über die Sonnenglut. Die Siebenschläfer kochen diese Tage nicht mit Regen, und so sind die Aussichten heiter unbewölkt; der Deutsche Wetterdienst warnt gar vor „starker Wärmebelastung bei Höchstwerten heute bis 34 Grad, am Freitag bis 37 Grad“. Diese Hitze beschreibt das Grimm-Wörterbruch mit einem viel versprechenden Nachsatz: „Die Hitze bezeichnet einen hohen, für das Gefühl stechenden oder brennenden Wärmegrad – in mancherlei Weise“.

Das freut jene, die sich genüsslich in Extremsituationen geben, und seien es nur klimatische. Alles ist in solchen Tagen anders. Ob heisse oder besonders sibirische Tage: Es herrscht Ausnahmesituation. In den Tropennächten kann sich so mancher Hinterhofanwohner an den Geräuschen aus fremden Schlafzimmer ergötzen. Und tagsüber führt das herzhafte Klagen über die Gluthitze zu Gesprächsstoff in allerhand Situationen. So einige fremde Mitmenschen tragen ihr Herz auf der Zunge und erzählen ihren Kioskverkäufern Sitznachbarn und in Warteschlangen verschwörerisch von ihren Qualen.

Feierabends kriechen sie dann alle aus den Häusern, setzen sich die mutigen Sonnenanbeter an alle möglichen und unmöglichen Orte und bejubeln das „ach so mediterrane Gefühl“. Ein Blick nach dort, in fremde Kulturen verführt zur Nachahmung von Kreislauf beruhigenden Massnahmen, wie die Siesta – die in Spanien selbst in Großstädten noch immer so leidenschaftlich wie selbstverständlich praktiziert wird – oder kühlende Speisen, wie die bulgarische Tarator, eine Joghurtsuppe mit Gurke.

In modischer Hinsicht dagegen dient die Hitze gerne als Carte Blanche für wetterbedingten legeren Dresscode. Sich hitzegerecht zu kleiden ist denn auch gar nicht so einfach, je nach Branche auch überhaupt nicht gefragt und das weite Leinenkleid mit wallendem Umschwung auch nicht von allen geschätzt. Immerhin sind Männlein wie Weiblein in ähnlich vertrackter Situation. Je nach „Stil des Hauses“ ist es von beiden geboten, Fuss, Bein als auch Schulter bedeckt zu halten. Frauen rät man gar nie mit blossen Schultern zu gehen und den Blick auf die Achselhöhle freizugeben. Unabhängig vom Schnitt gilt für Mann wie Frau: Baumwolle ist besser denn Synthetik, denn je mehr Chemie in den Textilien ist, umso mehr schwitzt man.

Überhitztes Betriebsklima

Modische Eskapaden des Freizeitlooks werden sich dagegen am Wochenende im Freien zeigen, wenn sich entblösste Oberkörper auf die Wiesen legen. Wer dann für Montag auf hitzefrei hofft, muss indes enttäuscht werden. Eine „Lex Hitzefrei“ existiert weder für Arbeitnehmer noch für Schulen, auch wenn das Zauberwort zum Vokabular jedes Schülers gehört. Für die Arbeitenden der Nation ist im Arbeitsgesetz §6 Abs. 4 zwar notiert, dass Arbeitsplätze, die unter starker Hitzeeinwirkung stehen, im Rahmen des betrieblich möglichen auf eine zuträgliche Temperatur gekühlt werden. Daraus könnte man ableiten, dass bei 27 – 29° höchstens 6 Stunden, bei 29 bis 31 °C gar höchstens 4 Stunden gearbeitet werden soll. Allerdings, so sagt das Gesetz, dürfe in Ausnahmefällen bei darüber liegender Außentemperatur die Lufttemperatur höher sein.

Massgebend ist dabei die Lufttemperatur in einer Höhe von 0,75 m über dem Fußboden mit einem wärmestrahlungsgeschützten Thermometer in Celsius. Allerdings ist die Arbeit bei Hitze für Normalsterbliche zwar anstrengender, doch bei weitem nicht wirklich gefährlich. Es sei denn, die Position des Ventilators, Zugluft im Grossraumbüro oder schwitzende Füsse in kleineren stören die Befindlichkeiten der Kollegen und verleitet sie zu Aggressionen, die angeblich in der Hitze öfters vorkommen sollen.

Die Mär vom überhitzten Rechner ist übrigens noch ungeklärt. Es soll Bürolisten geben, die ihre Haustierchen gar auf kühlende Icepads legen. Und andere, die ihre Papierkörbe leeren, um heimlich unter dem Schreibtisch ein kühles Fussbad geniessen.

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