Das Einmaleins des Wahlkampfes

Wahlkampfauftritt Wer wagt gewinnt - das versuchen Politiker im aktuellen Wahlkampf 2013 mehr oder weniger gut umzusetzen.

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„Ich und du, Müllers Kuh, Müllers Esel, der bist du“, nach diesem Motto sind alle Jahre wieder sämtliche Politiker mit Rang und keinem Namen unterwegs, um für sich und ihre Partei „Kundenfang“ zu betreiben. Nach den neuesten Wahlversprechern macht sich tatsächlich das Gefühl breit, dass der ein oder andere seine Politik nach dem Auszählungsprinzip betreibt.

Wenn Humor nach hinten losgeht

Es ist doch immer wieder erheiternd, mit welch makaberen Späßen ein Politiker mitteilen muss, dass es ihn noch gibt und er auch etwas zu sagen hat. Der gute Peer Steinbrück hat doch nichts Besseres zu tun, als die fulminant durchdachte Postkartenaktion der Jusos zu verteidigen. Postkarten wurden verteilt und zwar reichlich. Schließlich muss die Welt ja wissen, dass Merkel dem Bayern-Präsidenten Uli Hoeneß die Hand schüttelt. Zu diesem Bild ließ sich Grafikdesigner Staeck einen sinnreichen Spruch einfallen: „Glückwunsch Uli! Wir Steuern das schon“. Ein wichtiges Detail wurde auf der Karte doch tatsächlich vergessen; das SPD-Logo. Ein wenig Rätselraten muss schließlich sein, um Kartengucker bei Laune zu halten.

Der Bundesligaverein war auch alles andere als amüsiert darüber, dass er vor den Karren gespannt werden sollte, indem die No-Partei-Karten im Stadion beim Spiel Borussia Dortmund gegen Werder Bremen verteilt werden sollten. Ein bisschen Ehre sollte man schon noch im Leib haben, schließlich grenzt die Karte samt öffentlicher Vorverurteilung schon an die Verletzung der Grundsätze des deutschen Rechtsstaates.

Tja, ob Steinbrück mit dem zur Hilfe eilen glücklich wird? Oder wäre es nicht sinnvoller gewesen, der nachrückenden Jungmanschaft einen kleinen Dämpfer zu verpassen nach dem Motto „die jungen Wilden üben noch“. Ein pflichtbewusster Vater macht auch nichts anderes, wenn es darum geht, seinem Nachwuchs Anleitung zu geben. Tut er dies mit Respekt, erntet er Achtung und Vertrauen

Es merkelt mal wieder

Und die Grand Dame der Politik? Weiß, dass ihr Volk finanziell gesehen, ganz zufrieden ist. Im Gegensatz zu anderen Ländern steht Deutschland – zumindest momentan - nicht kurz vor dem Bankrott. Das ist eine hervorragende Vorlage für die Parole: „alles bleibt wie es ist“. Damit der Wahlkampf trotzdem nicht langweilig wird, zeigt Merkel sich von allen Seiten. Egal ob auf Plakaten, in Werbespots, in der Zeitung oder im Fernsehen, die Botschaft ist eindeutig; ich bin Merkel.

Die Enthusiasten finden dass toll, die Gegner sind beeindruckt – nicht umsonst versuchten die Jusos ein Stück vom Kuchen zu ergattern – und die Skeptiker? Werden mit einer kleinen aber feinen Wahltaktik versucht zu überzeugen, dass in Merkel drin steckt, was drauf steht. Unsere Kanzlerin ist außergewöhnlich feinsinnig, wenn sie Gegner nicht direkt verbal zu Boden rammt, sondern sich auf die so genannte Laufkundschaft konzentriert. Menschen, die nicht wissen, was oder wen sie wollen, sollen ihre Entscheidung nach Ansprache der Kanzlerin getroffen haben – im positiven Sinne, sprich für Merkel.

Die Taktik scheint bisher aufzugehen. Das könnte an dem Wunsch der Deutschen nach Stetigkeit liegen, es könnte aber auch einfach mit einer gut ausgefeilten Werbekampagne zusammenhängen, die just in diesem Moment den Nerv des deutschen Volkes trifft. Eines beherrscht Merkel jedenfalls mit Bravour; den Diplomatenmodus.

Hautrollen erfordern auch Komparsen

Dann gibt es noch einige andere Nebendarsteller, die versuchen, auf den Klaviertasten des Erfolges zu spielen. Brüderle klimpert schon nicht schlecht, vor allem, weil ihn ein schwerer Sturz für die letzten zwei Monate spieluntauglich machte. Dass er passend zum Wahlkampf wieder zur Stelle ist, nötigt Respekt ab, dass sein überdimensionales Konterfei auf den Plakaten im Vergleich zu ihm geschönt ist (der Werbung sei Dank), ist für das Vermitteln von Ehrlichkeit eher fehl am Platze. Da darf man hoffen, dass sein Versprechen, Steuererhöhungen sein zu lassen, auch ein solches bleibt.

FDP-Politikerin Dagmar Döring, die auch schon mit den Hufen scharrte, zog ihre Kandidatur für einen Sitz im Bundestag schneller zurück, wie der Gaul laufen konnte, da hatte sie doch glatt ein von ihr verfasster Artikel aus der Vergangenheit im Galopp überholt.

Tja und die Grünen? Die zeigen, dass sie sogar für das Ernennen eines Spitzenkandidaten eine Wahl brauchen. Urwahl heißt dann auch das Procedre, was es so in Deutschland noch nicht gab. Das Ergebnis zeigt, was vorher schon latent vorhanden war; Unentschlossenheit. Zwei Spitzenkandidaten mussten es sein; Jürgen Trittin und Katrin Göring-Eckardt. Da letztlich jeder sein eigenes Wahlkrampfversprechen verteidigt, splittet sich zwangsläufig die Wählerschaft. Einigkeit sieht anders aus, eine gute Wahlwerbestrategie auch.

Resümee

Zum Wahlkampf gibt es viel zu lesen, viel zu schreiben und noch mehr zu denken. Schlecht ist das nicht. Es gibt genug Länder, wo sogar das Denken zensiert wird. Wer an die Öffentlichkeit tritt, sorgt wenigstens für genügend Gesprächsstoff. Ein kleiner Wermutstropfen ist dabei, dass niemand so genau weiß, ob der jeweilige Politiker gerade mit Überzeugung etwas tut, oder wegen einer im Hintergrund ausgefeilten Werbekampagne eher die Marionette an den unsichtbaren Fäden ist. Ca. 70 Millionen Euro Wahlkampfetat kommt insgesamt von allen Parteien zusammen. Eine gute Werbeagentur kann hier richtig was bewegen, siehe Merkel. Doch wehe der Agentur, die im Wahlkampf für offensichtliche Mängel sorgt. Ganz aktuell wurde in einem Werbespott(!) der FDP eine radelnde Bilderbuchfamilie gezeigt, die auch schon in einem Werbefilm der rechtsextremen NPD auftauchte.

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