UKRAINE: Selbstzenur und Manipulation

Talkshows - Eindimensionalität Vorab. Deutschland hat eine formal und rechtlich freie Presse, die aber beim Thema Ukraine z.Zt. in großen Teilen gleichgeschaltet ist.

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Vorab. Deutschland hat eine formal und rechtlich freie Presse, die aber beim Thema Ukraine z.Zt. in großen Teilen gleichgeschaltet ist.

Gleichgeschaltet nicht in dem Sinne, dass der Staat wie im Faschismus die Linien vorgibt, nein - es ist eine freiwillige Aufgabe des selbstständigen Denkens. Das führt dazu, dass das Kriegsgeschehen immer einseitiger und unvollständiger wiedergegeben wird. Ja, Deutschland wird immer mehr zu einem Spiegelbild der russischen Medienwelt, dort allerdings staatlich gesteuert – bei uns freiwillig! Nicht ganz, denn auch in Deutschland wird von Herausgeberseite, der Chefredaktion, den Anzeigenkunden usw. Einfluss genommen und bei Verletzung dieser Richtlinien droht Jobverlust. Da hält man besser die Klappe und schwimmt im großen Strom mit. Das erklärt die eindimensionale Berichterstattung, mit der natürlich Meinungsvielfalt reduziert wird.

Eindimensionalität
Das Thema ist hochkomplex. Worum es geht, kann gut an den meinungsbildenden Talkshows bei ARD und ZDF beobachtet werden. Und hier an den Sendungen „hart aber fair“ (hier gibt es schon die Umdeutung „hart aber unfair“), Anne Will“, „Maischberger“, „maybrit illner“ und „Lanz“.
Die Eindimensionalität wird auf verschiedenen Wegen hergestellt. Beliebt und oft werden die Diskutanten so ausgesucht, dass alle tendenziell das Gleiche denken und von sich geben. Oder aber, es gibt ein „Opfer“ und 3-4 relativ einheitliche Gegenpositionen, so bei „Lanz“. Das waren in der Vergangenheit z.B. Gregor Gysi, Sarah Wagenknecht, Martin Schulz und jüngst Klaus von Dohnanyi. Diese Leute sitzen förmlich auf einem heißen Stuhl und werden kollektiv kleingemacht.

Die Talks am 24.3.22
An diesem Tag trafen sich US-Präsident Biden, Vertreter der NATO-, G7- und EU-Staaten in Brüssel. Der ukrainische Präsident Selenskyi wurde per Video Botschaft zugeschaltet und forderte wieder „uneingeschränkte Unterstützung“. Am Abend dann die Talks.

Bei maybrit illner, vertreten durch Marietta Slomka, war die zentrale Frage: „Tut der Westen genug oder bedarf es noch mehr Geschlossenheit und Stärke?“ Der übereinstimmende Tenor, nein der Westen muss mehr Waffen liefern, muss noch mehr Sanktionen aussprechen.

Wir brauchen Panzer, Luftabwehrsysteme“ (Angriffswaffen) fordert der ukrainischen Präsidentenberater Alexander Rodnyansky. Und weiter, Putin hat Sanktionen aufgefangen, daher ist nun „ein Stopp der europäischen Importe von russischem Öl und Gas unumgänglich.“ - Putin finanziere so den Krieg! Der Druck muss steigen, dann endet der Krieg, meint er. Russische Verhandlungen sind nur ein „Täuschungsmanöver“, damit man keine weiteren Sanktion beschließt. Auch wenn die Ukraine verlieren wird, kann man mit diesem Regime nicht mehr weiterleben. Es hätte Kosten für Europa. Riskoprämien bei Investitionen usw. Die Krim und die Separatistengebiete wird die Ukraine nicht aufgeben.
Kommentar: Dieser studierte Ökonom irrt! Bisher haben die Sanktionen den Kriegsverlauf in keiner Weise beeinflusst, die Zahlen an Menschenopfern und Flüchtlingen steigen weiter und bald wird die Ukraine nur noch Schutt und Asche sein. Selenskyj glaubt, wie im übrigen auch Putin, dass man einen Krieg gewinnen kann, aber man kann nur Schlachten gewinnen. In dem man immer mehr Waffen einsetzt, neue Sanktionen beschließt dreht sich die Aggressionsspirale immer weiter nach oben, bis alles in Schutt und Asche liegt und möglicherweise die ganze Welt im »Arsch« ist.
Es dürfte auch Unsinn sein, dass Putin die Energieexporte zur Finanzierung seiner Waffen braucht. Man muss doch sehen - Russland ist ein autoritär regiertes Land. Dort kann man anders mit der Notenpresse, der Inflation u.w. umgehen als in einer Demokratie. Daher werden solche Sanktionen zwar wirken, aber mit einer großen Zeitverzögerung, d.h. wenn der Krieg beendet ist, wird Russland Probleme bekommen, der Westen aber auch und zwar wesentlich früher. Und Putin kann auch immer wieder gegen reagieren.

Constanze Stelzenmüller, (Expertin für Sicherheitspolitik, der US Denkfabrik Brookings) meint Putins Drohung mit Atomwaffen sei ein „Zivilisationsbruch“, er bricht damit den Konsens, dass bestimmte Waffen nicht angewendet werden! Er führt einen „Vernichtungskrieg“, „Wenn Putin verhandelt, dann ist das Lüge.“ Kommentar: Auf dieser Basis kann man nicht verhandeln, daher will Frau Stelzenmüller weiter Krieg. Um Objektivität zu wahren muss hier auch an amerikanische Kriegsverbrechen erinnert werden, in Libyen, Afghanistan, Irak, Vietnam usw. und natürlich auch daran, dass die USA 1945 die Atombombe in Japan eingesetzt haben. (Euphemistische Namen dafür waren Little Boy + Fat Man)

Florence Gaub, (Stellvertretende EUISS-Direktorin), warnt vor Putins Manipulationsversuchen: "Nicht die Bombe ist die Waffe, sondern die Angst vor der Bombe ist die Waffe." Es endet nicht in der Ukraine. Georgien etc. wären weitere Ziele Putins. Damit gehe es auch um uns! Kommentar: Was will uns Frau Gaub sagen, dass wir es darauf ankommen lassen sollten? Und Spekulationen darüber ob Putin nach der Ukraine andere Staaten angreift, das steht in den Sternen und ist als Argument für mehr westliches Engagement zurückzuweisen. Hier reicht eigentlich der Hinweis, dass Putin sich dann unbeherrschbare Probleme in diesen Ländern, aufgrund von Widerstand und nicht möglicher Kontrolle und Verwaltung einhandeln würde.

Norbert Röttgen (CDU, Mitglied Auswärtiger Ausschuss) „Dieser Krieg wird länger dauern.“ Der Druck macht Putin unberechenbar, es geht Putin um „alles oder nichts“. Er darf diesen Angriffskrieg nicht „gewinnen“. Kommentar: Das ist geistiger Tiefflug. Noch mehr Druck, damit Putin noch unberechenbarer wird. Das ist der sicherer Weg zum atomaren Konflikt.

Katarina Barley (SPD, Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments) im Falle einer nuklearen Eskalation wird der Westen reagieren, wie das wird nicht öffentlich diskutiert. Kommentar: Absolut schräg – hier geht es um unser aller Leben, und das wird nicht diskutiert. Darüber entscheidet dann die Generalität.

Resümee: Ein Wille zum Frieden ist in dieser Diskussion nicht erkennbar.

Bei „Lanz“ war zentrales Thema „Versäumnisse der deutschen Russland-Politik“. Hier war Klaus von Dohnanyi (Politiker, SPD) als „Opfer“ vorgesehen, was aber nicht funktionierte. Denn diesem
93-jährigen, klugen und besonnenen Mann sind die übrigen Diskutanten Claudia Major (Sicherheitsexpertin); Julius van de Laar (Strategieberater); Karen Pittel (Ökonomin) geistig nicht gewachsen bzw. sie argumentieren eben, wie der Mainstream es verlangt. Dohnanyi sagte klar: „Wir brauchen Verteidigung – aber wir dürfen auf Waffen alleine nicht vertrauen.“ und „Russland wird aus der Geografie Europas durch Sanktionen nicht verschwinden.“ Und „Der Westen hat nicht alles mögliche getan, um den Krieg zu verhindern.“

Das sei ein „russisches Narrativ, das nicht stimme.“ kam da von Frau Major. Dohnanyi verweist richtiger Weise auf Russlands Vertragsentwürfe vom Dezember 2021, über die weder die Nato noch die USA verhandeln wollten. Da war der Krieg noch vermeidbar, da hätte man verhandeln können! Und dann wurde es schräg. Major meinte Russland gehe es gar nicht um das Problem Nato. Der Begriff Nato-Osterweiterung sei falsch, weil ja nicht die Nato – sondern die jeweiligen Staaten die Aufnahme beantragt hätten. Tatsache ist aber, dass sich die Zahl der Nato-Mitglieder nahezu verdoppelt hat, von 16 auf 30. Das ist doch eine Erweiterung!

Und dann geht es weiter nach unten. Lanz banalisiert ganz im Sinne des Mainstream „Es gibt nur einen, der an dem Krieg schuld ist, das ist Putin.“ Das ist Stammtisch Politik – aber keine historische Erklärung!
Die studierte Politologin Major bringt dann wieder eine Einseitigkeit: „Aus russischer Sicht ist Krieg ein legitimes Mittel mit dem man Interessen erreichen kann.“ Das ist nichts neues. Wir kennen das doch von den USA. Die ganzen Regimewechsel in Lateinamerika, im Nahen Osten. Nur das sagt sie nicht – Völkerrechtsverstöße gibt es nur auf russischer Seite, denn der Westen ist ja gut!

Beim Sanktionsthema sind Dohnanyis Gegner etwas ratlos. Er sagt zu Sanktionen: „Das was man erreichen wollte, eine Veränderung der Politik hat man nicht erreicht“ (…) „man hat die Bevölkerung getroffen, ein Land geschwächt“ (…) „Haben wir ein Interesse daran, dass unser Nachbar Russland nach dem Krieg dauerhaft geschwächt wird?“ Da kommt dann doch wenig.

Zum Schluss noch mal Frau Major: „Neutralität oder Nato ist ein vorgeschobenes russisches Argument.“ „Welcher Staat vertraut russischen Aussagen“. Diese Äußerung entwertet alle Friedensbemühungen und Frau Major reiht sich so in die Reihe der Kriegstreiber ein!

Die Funktion der Talks

Das ideologische Ziel dieser Sendungen ist klar. Der Zuschauer soll auf einen Kurs oder auf folgende Narrative hin konditioniert werden: Der „gute Westen“, „die arme, unschuldige Ukraine“- das „böse Russland“ - „das Reich des Bösen“ - „mit Putin kann man nicht verhandeln, man kann ihm nicht trauen.“ - „Krieg ist die Lösung, Russland muss zerstört werden“ - „Deutschland tut nicht genug, wir brauchen mehr Militär.“ So werden letztlich Tötungshemmungen abgebaut, indem der „Feind“ entmenschlicht, diabolisiert, und zum absoluten Unwert gemacht wird.

So bitter es ist, letztlich sind wir in einer hilflosen Situation und darüber können die Fernsehdiskussionen auch nicht hinwegtäuschen. Wichtig sind jetzt aber Vorschläge, wie man aus der Gewaltspirale rauskommt und nicht wie man das „Feuer“ weiter anheizt. Wenig förderlich ist dabei eine mediale Sprache, die aufheizend und weiter eskalierend wirkt. Schlagzeilen wie „Präsident Wladimir Putin sitzt in der Falle“ / „Wladimir Putin: Macht um jeden Preis“ / „Putin nicht mehr zugänglich für Vernunftargumente“ - „Spekulationen über geistigen Gesundheitszustand“ / „Putin lügt“. Vordenker des Feldherrn sei der rechte Philosoph Alexander Dugin. So eine Sprache ist wenig zielführend und deeskalierend in einem Krieg, wenn man ihn schnell beenden will.

Der ethische Hintergrund wird i.d.R verkürzt. Gezeigt werden grausame Kriegsbilder, aber es fehlt der Hinweis, dass das Töten der Menschen letztlich eine Entscheidung ist, die auf bestimmten Wertsetzungen beruht. Mit der Fortsetzung des Krieges stellt man Ideen, geopolitische Interessen u.ä. über das einmalige und wertvolle menschliche Leben! Keine Idee ist es aber wert, dass Menschen dafür geopfert werden! Die Kriegsfortsetzung ist daher, ebenso wie der Angriff, ein Verbrechen - Massenmord. Im Krieg wird der Mörder dann aber immer nur auf der anderen Seite gesehen. (Autor: Günter Lorenz)

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Fipps

Chefredakteur von FIPPS - das Magazin. Ein Stadtmagazin, das in Freiburg seit 1986 erscheint und über Kulturveranstaltungen, Politik u.m. Informiert.

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