UKRAINE: Der vermeidbare Krieg

Welt am Abgrund UKRAINE 17. Tag. Der Ukraine-Krieg eskaliert weiterhin. Das Morden auf beiden Seiten der Kriegsparteien geht weiter.

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UKRAINE: Der vermeidbare Krieg

UKRAINE 17. Tag. Der Ukraine-Krieg eskaliert weiterhin. Das Morden auf beiden Seiten der Kriegsparteien geht weiter. Die Flüchtlingsströme nehmen zu. Mit Zerstörung, Grausamkeit und Tod zeigt der Krieg seine für ihn typische und unmenschliche Fratze.

Der Westen reagiert in seiner Hilfslosigkeit auf die Gewalt mit Gewalt und verlängert so den Kriegsprozess. Mit jedem Kriegstag gibt es mehr Opfer, mehr Zerstörung und mehr Hass. Waffen schaffen keinen Frieden.
Der Krieg könnte schnell beendet sein, wenn der Westen seinen eigenen Anteil an dieser Welt-Tragödie sehen und verhandeln würde. Denn nicht nur Putin, sondern auch der Westen hat seinen Anteil daran, dass dieser sinnlose Krieg nicht sofort gestoppt wird. Präsident Selenskyj will das nicht. Er fordert „seine“ Bürger auf, nicht in Panik zu geraten. "Wir sind auf alles vorbereitet, wir werden siegen". Und damit bringt er weitere Menschen ins Grab. Im Krieg gibt es keine Sieger!

Eine Informationsblase der „Guten“
Wenig förderlich für Friedensverhandlungen ist zur Zeit eine mediale Sprache, die aufheizend und wenig deeskalierend wirkt. Schlagzeilen wie „Präsident Wladimir Putin sitzt in der Falle“ / „Wladimir Putin: Macht um jeden Preis“ / „Putin nicht mehr zugänglich für Vernunftargumente“ „Spekulationen über geistigen Gesundheitszustand“ / „Putin lügt“. Der Vordenker des Feldherrn sei der rechte Philosoph Alexander Dugin. So eine Sprache und die Diabolisierung des Menschen Putin ist wenig zielführend und deeskalierend in einem Krieg, wenn man ihn schnell beenden will.
Außenministerin Annalena Baerbock meint „Wir wurden eiskalt belogen“ - und wirft Putin „Wahnvorstellungen“ vor, dem Kreml-Tyrannen „Putin geht es nur um die Macht“. Baerbock unterschlägt, dass auch Russland belogen wurde.
Russlands Präsident Putin fühle sich „seit 30 Jahren zu Recht betrogen vom Westen“, meint Ralf Becker von der Landeskirche Baden und Koordinator der Initiative Sicherheit neu denken. 1990 sei ausgemacht worden, gemeinsam an einer neuen Sicherheitspolitik in Europa zu arbeiten. Stattdessen habe man die NATO-Osterweiterung betrieben. Man müsse die Idee einer inklusiven Sicherheitsordnung wieder in Verhandlungen einbringen. „Putin die Neutralität der Ukraine zuzusagen, wäre die halbe Miete“ für den Frieden. (Interview DLF v. Florin, Christiane, 07.3.2022, 09:36 Uhr)

Ja, Putin hat den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg begonnen, die Gegenmaßnahmen hat aber der Westen beschlossen, mit weitreichenden Folgen. Es ist ein Schuss ins eigene Knie und vor allem wird es die ohnehin armen Regionen der Welt treffen. Steigerungen der Weltmarktpreise für Getreide, Energie u.w. sind zu erwarten, es wird Hungersnöte geben und der ohnehin fragile soziale Frieden in Ländern der 3. Welt und u.U. auch bei uns ist in Gefahr – und das, bei allem Respekt, wegen der Ukraine. Dort agiert Präsident „Wolodymyr Selenskyj – der mutigste Mann der Welt.“ Es ist die größte Rolle seines Lebens als Freiheitsheld im olivfarbenen Military-Look. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj er hält den Widerstand seines Volkes mit Videobotschaften aus dem belagerten Kiew aufrecht. Doch wie lange ist diese Rolle noch gut und richtig? (Quelle: Stern). Letztlich verheizt er seine Bürger in einem aussichtslosen Kampf, 18 Jährige dürfen das Land, weil kriegsverwendungsfähig nicht mehr verlassen. Kinder des eigenen Volkes im Kriegseinsatz! Das erinnert an die Flakhelfer im Nationalsozialismus.
Der Ex-Clown und Schauspieler beherrscht sein Geschäft als geschickter Manipulator in der ganzen Welt. Es ist ihm gelungen eine Mehrheit auf seine Seite zu ziehen, die nun im Einklang mit sich selbst, nur die eine Seite des Krieges zeigt und sehen will. Es ist eine Informationsblase wie sie oft Querdenkern und der extremen Rechten vorgeworfen wird. Nun sind es aber die Guten.

Sandkasten-Spiele

Widerlich und absolut kontraproduktiv sind die immer wieder geäußerten Spekulationen darüber wer nun letztlich den Krieg „gewinnen“ wird. Vom sicheren Platz im Fernsehstudio aus diskutieren die bekannten Schwätzer darüber, welche Kriegspartei effektiver und gerissener den „Feind“ tötet, welche strategischen oder taktischen Fehler von der einen oder anderen Seite gemacht werden usw. Derweil sterben in der Ukraine die Menschen ganz real. Dieses atavistische Verhalten entspringt militärisch gesinnten Männerhirnen (inzwischen auch Frauen) aus der Vorzeit der Geschichte. Diese Leute sollten besser im Sandkasten spielen, da richten sie weniger Schaden an.
Auch kürzliche Äußerungen des Ex-Nato-Oberbefehlshaber Wesley Clark (aktiv im Vietnamkrieg, Kosovokrieg), der Westen soll noch mehr Militärhilfe leisten sind nicht friedensfördernd, aber gefährlich. Insbesondere seine Spekulationen zu einem möglichen Atomkrieg. Der Krieg um die Ukraine sei „nur die erste Schlacht“, sagte er im Gespräch mit der Deutschen Welle. Wenn der Westen sich durch seine Drohung mit Atomwaffen davon abhalten lasse, der Ukraine die entscheidende Unterstützung zu geben, dann „findet die nächste Krise auf Nato-Gebiet statt“, warnt Clark mit Blick auf die baltischen Staaten. Wie kann er das wissen? Was die Zukunft im Einzelnen bringt wissen wir genauso wenig, wie die mittelalterlichen Astrologen. Übrigens Clark wurde 1999 vorzeitig aus seinem Dienst als Oberbefehlshaber der Nato im Kosovokrieg entlassen, weil er damals einen Befehl erteilte, der zu einer Eskalation mit Russland hätte führen können. (Pristana Luftraum Blockade) Der englische General Jackson verweigerte den Befehl mit den Worten „Ich werde für Sie nicht den Dritten Weltkrieg beginnen“.

Braucht Selenskij den Krieg?

Eine neuere Innenpolitische Analyse, sieht unter Selenskij seit 2021 eine Entwicklung hin zum „populistischen Autoritarismus“, rechtsstaatlichen Problemen und einen stark eingeschränkten Pluralismus. „Im Laufe des Jahres 2021 machte sich in der Mehrheitsfraktion dann zunehmend Unmut über Selenskyjs Missachtung des Parlaments breit. Im Herbst kam es zum Eklat, als der lange mit Selenskyj verbundene Parlamentssprecher Dmytro Rasumkow harsche Kritik am Regierungsstil des Präsidenten übte, anschließend auf dessen Betreiben von seinem Posten abgewählt wurde und die Gründung einer eigenen parlamentarischen Gruppe ankündigte. Die beständig sinkenden Umfragewerte für die Präsidentenpartei verstärken die Auseinandersetzungen innerhalb der Fraktion, deren Vertreter das »Turboregime« beenden wollen.“ (André Härtel: Die Ukraine unter Präsident Selenskyj. In: Deutsches Institut für Internationale Politik und Sicherheit, Februar 2022.) Braucht Selenskij den Krieg für seine eigene Rettung?

Mehr Waffen schaffen keinen Frieden

Selenskyj und seinem Gehilfen Andrij Melnyk gelingt es immer wieder mit moralischem Druck neues Kriegsmaterial zu bekommen. So wollte Polen russische MiG-29-Kampfjets über die Air Base in Ramstein (Deutschland) in die Ukraine liefern. Noch lehnt das US-Verteidigungsministerium diesen Plan als „nicht haltbar“ ab, weil Russland dies als Kriegsbeteiligung der Nato werten könnte. In der Markus Lanz Sendung "Ein Abend für die Ukraine" (10.3.22) eierte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hin und her und hatte nicht den Mut klar zu sagen – NEIN über Deutschland werden keine Kampfflugzeuge an die Ukraine geliefert. Noch immer fehlt das klare NEIN zu ukrainischen Forderungen, die nicht deutschen und europäischen Interessen entsprechen. Es wird immer noch herum spekuliert was kann man liefern und was nicht und vergisst dabei, dass Waffen keinen Frieden schaffen.
Neues Futter für Verschwörungstheoretiker lieferte in der Sendung Graf Lambsdorff. Er nannte Polens Vorschlag: "Ein Debakel" - "Emotional hat niemand ein Problem damit, alles zur Verfügung zu stellen, was geht. Rational muss man die Dinge durchdenken. Das muss hinter geschlossenen Türen passieren und nicht auf dem Marktplatz, wie es die polnische Regierung getan hat." Was Lambsdorff da fordert ist eine Fürsprache für Geheimdiplomatie (Geheimverträge), die in der Zeit des Imperialismus mit zum Ersten Weltkrieg beitrug. Der amerikanische Präsident Woodrow Wilson forderte daher in seinem 14-Punkte-Programm ein Verbot der Geheimdiplomatie.

Die Maßnahmen des Westens treiben die Welt in den Abgrund

Mit erstaunlicher Offenheit hat Vizekanzler Robert Habeck in der Sendung "Ein Abend für die Ukraine" darauf hingewiesen, dass die Folgen eines Gasboykotts gegenüber Russland für die deutsche Bevölkerung gravierender seien, als man sie gemeinhin darstelle. "Wir reden von Hunderttausenden, die ihre Arbeit verlieren, wir reden von Armut durch explodierende Energiepreise", warnte Habeck. Er bewundere es, wenn Menschen sagen, für diesen Konflikt frören sie gerne. "Es ist gut so, wenn wir uns den Opfermut behalten, aber darum geht es nicht."
Vielmehr sei eine komplette Abwendung von Russlands Gasangebot auf Dauer nicht realistisch: "Ich bezweifle, dass wir in diesem Moment es durchhalten, diese Entscheidung zu leben. Weil es keine Durchschnittsentscheidung ist. Bestimmte Branchen werden so hart getroffen werden, dass wir es als Gesellschaft meiner Analyse nach nicht lange durchhalten werden."

Aber auch ohne den Gasboykott werden die Folgen der Sanktionen für die ganze Welt gravierend sein. Zu rechnen ist mit einer weltweiten Rezession, deren Ausmaß noch gar nicht abzusehen ist. Inflationäre Preisentwicklungen werden schon jetzt bei den Treibstoffpreisen spürbar. Der Liter E10 kostet inzwischen in Deutschland 2,01 Euro. Allerdings in den USA nur 0,83, in der Türkei 1,20, in Polen 1,18 (Stand: 9.3.22). Der extrem hohe Preis in Deutschland hat auch mit der Preiszusammensetzung zu tun: Von 2,05 Euro kassiert der Staat 1,06 Euro, das sind ca. 52 % (Energiesteuer, MwSt., CO2 Abgabe). Deutschland finanziert so u.a. die Kriegskosten der Ukraine. Statt Vermögende höher zu besteuern, wird bei den wirtschaftlich schwachen Schichten über den Benzinpreis abkassiert. Und weiteres wird folgen, wenn dieser Krieg nicht sofort beendet wird.

Darum geht es

Man sollte sehen - bei jedem Krieg geht es letztlich doch um eine Güterabwägung, um eine Bilanz. Der überzeugte Pazifist hat es da einfach, er lehnt den Krieg grundsätzlich als inhumane Aktion ab. Dagegen ist der militärisch denkende Mensch bereit im Kampf zum Mörder zu werden, wenn er sein eigenes Volk schützt, für welche Ziele auch immer. Bei der Entscheidung für einen Krieg oder die Verteidigung gibt es, vorausgesetzt es ist eine rationale Entscheidung, Grenzen. Diese Grenzen werden u.a. dadurch bestimmt, ob der Kampf eine Aussicht auf Erfolg hat und ob die Kosten nicht zu hoch sind. Sind die Folgen meines Handelns politisch, wirtschaftlich, gesellschaftlich/sozial und ethisch vertretbar?
Diese Güterabwägung ist im Ukraine-Krieg von Beginn an negativ gewesen. Hätte man doch klein beigegeben – der Welt wäre vieles erspart geblieben. Und noch immer fehlt die Einsicht, dass es keinen Sieger geben wird, egal wie das Ganze ausgeht. Der Westen hat anfänglich und noch immer die Verhandlungen mit Russland abgelehnt und mit irrationalen Gegenmaßnahmen (Sanktionen) sich selbst und der ganzen Welt so geschadet, dass man am Verstand der politischen Entscheidungsträger zweifeln muss. Dieser Krieg muss durch Verhandlungen sofort beendet werden!

"Kommen Sie an den Verhandlungstisch zurück" forderte die z.Zt. noch hochgelobte Außenministerin A. Baerbock am 21.2.2022. und machte aber zugleich deutlich, dass es bei Gesprächen mit Russland rote Linien gebe. "Die Grundlage unseres Zusammenlebens, das internationale Recht, unsere europäischen Verträge, die sind nicht verhandelbar." Sprechen könne man über Militärübungen, gemeinsame Sicherheit und Transparenz. Ja, dann sprecht endlich! Und sprecht auch über mehr und vergesst endlich irgendwelche rote Linien!

Erinnert sei hier daran, dass Russland lange vor dem Angriff auf die Ukraine, schon am 17. Dezember 2021 zwei Vertragsentwürfe vorgelegt hatte, um die Fortsetzung der NATO-Erweiterung nach Osten zu stoppen. Das Bündnis sollte keine Truppen an den Grenzen Russlands stationieren oder in europäischen Staaten weitreichende Raketen aufstellen, die Russland bedrohen könnten. Dazu forderte Moskau, dass die NATO ihre Gipfelerklärung von 2008 zurücknimmt, in der sie der Ukraine und Georgien den Beitritt zur Allianz in Aussicht gestellt hat. Sie solle vielmehr rechtsverbindlich erklären, dass sie auf jede künftige Erweiterung – besonders im postsowjetischen Raum – verzichtet und Truppen zurückzieht, die nach dem Mai 1997 in Osteuropa stationiert wurden. Dabei berief sich Moskau auf die NATO-Russland-Grundakte von 1997.“ Diese Forderungen Russlands betrachtet die NATO mit Verweis auf das Selbstbestimmungsrecht der betreffenden Staaten als inakzeptabel und nicht verhandelbar. Dieser westliche Starrsinn kann Dummheit sein oder aber der Westen setzt auf Eskalation, weil er eigene imperiale Interessen in der Region hat. Zum Krieg wäre es nicht gekommen, wenn die Nato verhandlungsbereit gewesen wäre und die roten Linien über Bord geschmissen hätte. In diese Verhandlungen hätte der Westen eigene Forderungen einbringen können, welche die Sicherheit Moldawiens, Georgiens etc. garantieren und z.B. eine Stationierung von Atomwaffen in Belarus untersagen. Dieser kriegsverhindernde Versuch und damit auch eine Testung wie ernst ist es Putin mit dem Frieden, ist unterblieben.

Nach bisher erfolglosen Treffen gab es am 10.3.2022 wieder Friedensverhandlungen im türkischen Antalya, die wieder ohne Ergebnis blieben. Starrsinn und Unbeweglichkeit auf Seiten des ukrainischen Außenministers Dmytro Kuleba und dem russischen Vertreter Sergej Lawrow sind dafür verantwortlich. Herr im Himmel lass endlich Hirn regnen!
Als Bedingung für eine Einstellung der Gefechte fordert Russland, dass sich die Ukraine in ihrer Verfassung für neutral erklärt. Zudem müsse Kiew die annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim als russisch sowie die Separatistengebiete Luhansk und Donezk als unabhängige Staaten anerkennen. Von einer Regierungsübernahme bzw. der Einsetzung einer Marionettenregierung ist überhaupt keine Rede. Dennoch betonte Kuleba: „Die Ukraine hat sich nicht ergeben, ergibt sich nicht und wird sich nicht ergeben!“ Kiew sei bereit für diplomatische Lösungen. Warum dann unter bestimmten günstigen Bedingungen keine Kapitulation? Wegen der ukrainischen Ehre? (Redaktion: Günter Lorenz)

*(Lasst Ideen sterben nicht Menschen. Karl Popper)

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Geschrieben von

Fipps

Chefredakteur von FIPPS - das Magazin. Ein Stadtmagazin, das in Freiburg seit 1986 erscheint und über Kulturveranstaltungen, Politik u.m. Informiert.

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