Girlie im Grünen Salon

Eleni Mandell Harmlos tun, vertrackt singen, hintergründig erzählen – diese Frau hat’s faustdick hinter den Ohren (und dazwischen)

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Ein Pärchen neben mir. Ist das nicht der Tatort-Kommissar, raunt sie aufgeregt, als ein graumelierter Schlacks mit Bierpulle in der Hand sich vorbei schiebt. Nein, das ist Dominic Raacke, der einen Tatort-Kommissar spielt, mault er zurück. Herr Raacke, better known as Till Ritter, erspäht ein freies Sofa-Plätzchen ganz am Rande, lässt sich drauf plumpsen und schaut mit ausdrucksloser Miene in die Runde. Ich schätze, das Pärchen-Er hat Recht, denn der Cowboy Till Ritter würde nie in das Konzert eines dermaßen mokant über Männer singenden Girlies gehen, oder?

Der Cowboy-Darsteller als Privatmann holt sich noch ein Bier und dann beginnt Eleni Mandell from L.A., California, endlich mit ihrer Darbietung. Die Songtexte sind, leicht verkürzt gesagt, Veräppelungen verflossener Boyfriends. Den letzten hat sie in den Wind geschossen, weil er keine Kinder wollte, erzählt sie uns von der Bühne herab. Die Zwillinge, ihre Babys, die schätzungsweise 50 % des Tourpersonals ausmachen, empfing sie konsequenterweise with a little help of a sperm bank, so wird kolportiert - und nicht dementiert. Die Kleinen warten im Hotel auf die Mama. Als Babysitter ist der besagte kinderskeptische Ex-Boyfriend eingestellt, unter Tarif bezahlt, wie seine Arbeitgeberin betont.

Diese Frau ist sooo attraktiv! Kurzes grünes Kleid, kleine Schönheitsfehler (die Nase!), seit dem ersten Album von 1998 die gleiche Frisur, und, uuh, der Hüftschwung!

Mal singt sie girliehaft kieksig, dann fraulich raunend, schließlich verrucht heiser – und alles ist nur Verstellung. Gitarre spielt sie so laid-back, dass ein Clapton verkrampft dagegen wirkt. Früher, vor der kostenintensiven Mutterschaft, konnte sich Eleni noch eine Tour-Band leisten. So ein bisschen Besen-Schlagzeug, Upright-Bass und eine leise sägende Halbakustische machen ja den Unterschied zwischen Liedermacherei und richtiger Musik aus, dachte ich immer. Irrtum – diese Songs zeigen, mit nichts als Stimme und Akustikgitarre performt, erst so richtig Textur und Materialqualität. – Alleredelste Song-Patisserie, schwarze Schokolade mit Bourbon, Chili und etwas Knoblauch, zigarettengeräuchert.

Mmmmh!

Eleni Mandell, I Can See The Future, 2012

Konzert im Grünen Salon der Volksbühne, Berlin, am 20. Januar 2013

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Geschrieben von

goedzak

"To me the war was an abomination, a madness, a crime, and from the first moment onwards–more out of impulse than reflection–I inwardly rejected it and could never reconcile myself with it up to this very moment." (Alexandra Kollontai)

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