Das Morden geht weiter

Ein Mord als Warnung ... Ein Unterstützer der Familien der verschwunden Studenten von Ayotzinapa wurde ermordet. Außerdem wurde den Angehörigen der Studenten ein Schweigegeld geboten.

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Miguel Angel Jiménez Blanco war maßgeblich an der Suche der 43 vermissten und mutmaßlich ermordeten Studenten aus Ayotzinapa beteiligt. Letzten Samstag wurde er selbst ermordet. Nach Angaben der mexikanischen Behörden wurde er erschossen in einem Taxi aufgefunden, das, unweit seines Heimatortes Xaltianguis, am Rand der Autobahn zwischen Acapulco und Mexiko-Stadt abgestellt worden war.

Die Studenten verschwanden am 26. September 2014 in der mexikanischen Stadt Iguala. Miguel Angel Jiménez Blanco gründete eine Bürgerwehr und organisierte die Suche nach ihnen. Außerdem versuchte er zusammen mit Bauern, Lehrern und Studenten die öffentliche Ordnung in der Gegend um Iguala und Ayotzinapa wieder herzustellen. Die offiziellen Behörden und die Polizei sind sämtlich von den Drogenkartellen unterwandert.

Jiménez motivierte die Angehörigen der 43 Studenten, selbst nach ihnen zu suchen. Bisher ist es allerdings nur gelungen, eine Leiche zu identifizieren. Bei den Ausgrabungen rund um Iguala fanden die Suchtrupps jedoch insgesamt 129 Gebeine, welche sie den Behörden zur Identifizierung übergeben hatten. „Diese Gegend ist ein einziger Friedhof“, sagte Jiménez kürzlich In einem Interview mit BBC. Nach dem Verschwinden der Studenten hätten sich bei ihm rund 300 Familien gemeldet. Aus Angst vor dem organisierten Verbrechen und der mit ihm verbandelten Polizei trauten sich viele Bürger nicht, das Verschwinden ihrer Angehörigen zu melden. In einem Interview mit der „Los Angeles Times“, sagte Mario Vargas, dessen Bruder seit dem letzten Jahr vermisst wird, über seinen Freund Jiménez: „Er zeigte uns, wie wir suchen müssen und ermunterte uns jeden Tag nicht aufzugeben.“

Jiménez Hinrichtung kann man nur als Signal an alle Angehörigen von verschwundenen Personen zu sein, ihr Schweigen künftig besser nicht mehr zu brechen.

Unterdessen wurde bekannt, dass die mexikanische Regierung den Eltern der verschwundenen Lehramtsstudenten aus Ayotzinapa insgesamt rund 62.000 US-Dollar geboten hat, damit sie die Suche nach ihren Söhnen einstellen und den öffentlichen Kampf um die Aufklärung der Ereignisse vom 26. September 2014 beenden. Dies gab der Sprecher der Familien, Felipe de la Cruz, bekannt. Vertreter der Regierung seien zu einzelnen Familien gekommen, um ihnen Geld, Autos oder Häuser anzubieten. Im Gegenzug sollten die Familien die Suche nach ihren Söhnen beenden.

„Wir geben lieber unser Leben, als unsere Söhne zu verkaufen, für sie gibt es keinen Preis. Wenn die Regierung in Mexiko glaubt, durch Bestechung würden wir den Mund halten, liegt sie falsch", verteidigt de la Cruz den Kampf der Familien um die Aufklärung über das Schicksal ihrer Söhne. „Sie tun so, als würde das Angebot die Eltern beruhigen, aber die Würde ist größer als ihr Angebot", so der Sprecher. Die Eltern der im September verschwundenen 43 Lehramtsstudenten aus Ayotzinapa fordern von der Regierung eine vollständige Aufklärung des Falls. Aus dem widersprüchlichen Untersuchungsbericht, den die Regierung bereits wenige Monate nach dem Verschwinden vorlegt hatte, gehen keine glaubhaften Beweise bezüglich der Ermordung der 43 Studenten hervor.

Darüber hinaus kündigten die Angehörigen an, dass sie weitere Aktionen starten, wenn Präsident Enrique Peña Nieto nicht bis zum kommenden 26. September glaubhaft beweisen kann, was mit den Studenten in jener Nacht passierte. „Wenn unsere Söhne nicht nach Hause kommen, werden die Dinge noch heftiger", drohte ein Vater. Im Hinblick auf die Aktionen betonte de la Cruz weiter, dass Präsident Peña Nieto „fallen muss, wenn er nicht liefert".

Seit die Lehramtsstudenten verschwunden sind, hat sich eine Bewegung formiert, die größtenteils von deren Eltern organisiert wird. Unermüdlich weisen sie auf die Situation der Menschrechte in Mexiko hin, die grausamen Verbrechen gegen soziale Bewegungen und die Straflosigkeit der Täter.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Goggo Gensch

Autor, Dokumentarfilmer, Kurator. Lebt in Stuttgart.

Goggo Gensch

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