3144 Kilometer lang ist die Grenze zwischen Mexiko und den USA. Sie teilt nicht nur Nord und Süd, Arm und Reich, sie fordert auch Jahr für Jahr das Leben von mehreren hundert Menschen, die versuchen illegal in die Vereinigten Staaten von Amerika zu kommen. Die Stahlelemente des amerikanischen Grenzzauns sind mindestens doppelt und stellenweise fast dreimal so hoch wie die Berliner Mauer. Der Fotograf Stefan Falke wird 1956 unweit der innerdeutschen Grenze in Paderborn geboren. Dahinter, so glaubt er, sei nichts als die Farbe Grau. Auch als der Osten nicht mehr existiert ist für Falke das Thema Grenze längst nicht abgeschlossen.
Der Fotoband „La Frontera – Die mexikanisch-US amerikanische Grenze und ihre Künstler“ aus der Frankfurter Edition Faust zeichnet die langjährige Arbeit des Fotografen nach. Die Bilder werden ergänzt durch literarische Texte mexikanischer Schriftsteller die ebenfalls diese Grenz thematisieren.
Seit 2008 ist der in New York lebende Stefan Falke achtmal an diese Grenze gereist. Er ist in den Grenzstädten im Osten des Landes. Er reist nach Ciudad Juarez eine der gefährlichsten Städte der Welt in der 2010 alle drei Stunden ein Mensch ums Leben kommt. Er trifft Menschen in Tijuana, nur wenige Kilometer südlich von San Diego, die sich mit dem Leben in einer von Verbrechen und Gewalt beherrschten Stadt arrangiert haben.
Mit seinen Fotografien will Stefan Falke aber nicht Brutalität, Drogenhandel und Prostitution einfangen. Er will zeigen, dass es in diesen Städten auch noch ein anderes Mexiko gibt. Seine erste Reise nach Tijuana unternimmt Falke am 4. November 2008. Aus Angst gekidnappt zu werden, wechselt er jeden Tag das Hotel. Heute sagt er: „Die Gefahr, die Angst, fand letztlich nur in meinem Kopf statt.“
Seit damals hat Stefan Falke 180 Künstler getroffen und fotografiert. Manche von ihnen sind durch die Gräuel traumatisiert und verarbeiten dies in ihrer Kunst. Andere thematisieren in ihren Arbeiten die Grenze selbst. Andere stellen die Zwei-Klassen-Gesellschaft in Frage. Solange Amerika billige Arbeitskräfte braucht und solange der Drogenmarkt funktioniert, wird sich an der Situation wenig ändern.
Alle denkbaren künstlerischen Ausdrucksmittel dokumentiert Falke in seinen Bildern. Die Künstlerin Perla de la Rosa verarbeitet in einer Performance die verschwundenen Frauen von Ciudad Juarez. Der Maler Alfredo Libre Gutiérrez malt Portraits von amerikanischen Obdachlosen die in Tijiuana gestrandet sind. Die Gruppe „Puro Borde“ malen Bilder von Mitgliedern der Drogenkartelle und hängen sie an der Brücke von El Paso auf.
Stefan Falke arbeitet ähnlich wie ein Kriegsfotograf. Er versucht die Menschen zu verstehen. Seine Bilder manifestieren den Widerstand gegen das Verbrechen. Sie bestärken die Menschen der mexikanischen Grenzregion darin, sich nicht der Gewalt zu beugen sondern ihnen ihre Kreativität, ihre Kunst entgegensetzen. Falke: „Eigentlich kämpfe ich den gleichen Kampf gegen das Unverständliche wie ein Kriegsfotograf. Aber ich schaue mir an, was auf der anderen Ebene geschieht.“ Die Künstler sind meist die Einzigen die niemals aufgehört haben, öffentlich Kritik an dem unmenschlichen Wahnsinn zu üben. Aus Angst vor den Kartellen berichten Journalisten oft nicht mehr über die alltäglichen Verbrechen.
Der vorliegende Band zeigt eindrucksvoll die Arbeit von Stefan Falke. Die von ihm portraitierten Künstler will er auf einer Internet-Plattform vereinigen. Auch das virtuelle Forward Thinking Museum zeigt 120 Bilder von ihm.
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