Friedenslogik statt Militarismus

Für Friedensverhandlungen Allmählich gewöhnen wir uns an die Nachrichten und die Bilder aus dem Krieg in der Ukraine

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Der Krieg bringt Tod, Verwüstung, Leid, hinterlässt traumatisierte Menschen. Angst, existenzielle Sorgen und destruktive Gefühle nehmen auch bei uns zu, denn Energie- und Wirtschaftskrise, Klimakatastrophe und globale Spannungen bedrohen auch die Menschen in Deutschland. Viele wissen nicht mehr, wie sie finanziell über die Runden kommen, während sie von den Extraprofiten von Konzernen und dem Luxuskonsum der Elite hören. So schwindet die Glaubwürdigkeit einer abgehobenen Machtelite; das Vertrauen in den Staat und seine Institutionen geht verloren.

Derzeit erscheint es unmöglich, über die "Schuldfrage" (NATO-Osterweiterung oder Großmachtambitionen Russlands) Einigung zu erzielen. Klar ist: Solang der Westen darauf zielt, die Wirtschaft Russlands zu ruinieren und die Ukraine dafür einen jahrelangen Zermürbungskrieg führen zu lassen, drohen noch mehr katastrophale menschliche, soziale und wirtschatliche Konsequenzen. Die Zeche zahlen, wie in jedem Krieg, die kleinen Leute. Höchste Zeit, sich Gedanken zu machen über die Auswege aus der militärischen Logik und der Eskalation der Belastungen.

Aber Vorschläge zu Friedensverhandlungen finden in der Regierungspolitik und in den Medien viel zu wenig Resonanz. Dabei hatten bereits Ende März russisch-ukrainische Verhandlungen in Istanbul stattgefunden und einen Zehn-Punkte-Plan für ein Sicherheitsabkommen entworfen. Kern des ausgehandelten Vorschlags waren Waffenstillstand, politische Neutralität und Blockfreiheit der Ukraine und internationale Sicherheitsgarantien. Aber nach einem Besuch des englischen Ministerpräsidenten in Kiew sollten Waffenlieferungen den Sieg für die Ukraine bringen; Präsident Selenskij brach die Verhandlungen ab.

Bereits im Mai griff ein Friedensplan aus Italien die genannten Grundgedanken auf. Unter Einbindung der UN, der EU und der OSZE sollte ein Vierstufenplan Frieden bringen. Auch dieser Plan fand in den Medien kaum Beachtung, ebenso wenig wie ein weiterer Vorschlag aus dem Vatikan im Juni. Nicht anders erging es dem Friedensgutachten von vier führenden Friedensforschungsinstituten. Und: Wie sähe die Welt heute aus, wenn der Aufruf früherer deutscher Diplomaten und Generäle im Dezember 2021 zu einem "Neuanfang im Verhältnis zu Russland" bei Politik und Medien Gehör gefunden hätte?

Soll ein langer Krieg geführt werden, egal, was die Wähler denken? Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa sind 77 Prozent der Bundesbürger der Meinung, dass der Westen Verhandlungen über eine Beendigung des Ukraine-Kriegs anstoßen sollte. Nur 17 Prozent lehnten das ab. Wer will eigentlich einen langen Zermürbungskrieg führen lassen? Wer profitiert von Waffenlieferungen und dem Import von Flüssiggas und Kohle? Nur eine Verhandlungslösung mit gegenseitigen Sicherheitsgarantien bringt der Ukraine Frieden, wendet die globale Wirtschafts- und Klimakatastrophe und die Spaltung der Welt ab und durchbricht die Spirale von Angst, Hass und Elend. Statt einer Kriegslogik brauchen wir, braucht die Welt eine Friedenslogik, konsequente Abrüstung und einen Abbau von Feindbildern.

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Geschrieben von

grammer

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