Angenommen, die Bevölkerung eines Landes erhält nach und nach Kenntnis über Geheimverhandlungen: Mit aller Macht und undemokratischen Tricks will die Regierung zusammen mit der Exekutive eines Wirtschaftsverbundes („Kommission“) international agierenden Konzernen das Recht verschaffen, gegen Regierungen zu klagen, wenn diese Gesetze zum Wohl der Bürgerinnen und Bürger erlassen. Wie groß wäre die Glaubwürdigkeit dieser Regierung? Verdient sie das Vertrauen der Menschen?
Die erwähnte Kommission vertritt 28 Länder mit dem Anspruch „wettbewerbsfähigster Wirtschaftsraum der Welt“. Gesetzt den Fall, sie will einen „Rat für Regulierungsfragen“ schaffen, in dem geplante Gesetze und Regelungen Großkonzernen zur Stellungnahme vorgelegt werden müssen – bevor Parlamente davon überhaupt nur erfahren. Spräche die Ausschaltung gewählter Vertretungen nicht jeglichem demokratischen Anspruch Hohn?
Nehmen wir an, diese supranationale Kommission und die Bundesregierung kämen zu der Einschätzung, ein Vertragswerk mit den genannten Inhalten würde vom Volk mehrheitlich abgelehnt. Das wollen sie zugunsten der höherwertigen Interessen der Großkonzerne unbedingt vermieden. Also planen sie die handstreichartige „vorläufige Anwendung“ der Verträge oder zumindest ihrer wichtigsten Teile ohne jede Mitwirkung der Volksvertretungen. Denn sie wissen, dass eine parlamentarische Korrektur Jahre dauern würde; bis dahin könnten aber mit Sicherheit unwiderrufliche Fakten geschaffen werden.
Ließe die EU-Kommission und die Bundesregierung die Bevölkerung tatsächlich über die genannten „Essentials“ dieser Verträge abstimmen – die Rede ist natürlich von den „Freihandelsverträgen“ CETA, TTIP und TiSA - wäre das Ergebnis abzusehen, das Ziel der Akteure verfehlt. Um „demokratische Risiken“ auszuschalten, ergreifen EU-Kommission und Bundesregierung die demokratiefendlichen Maßnahmen: Geheimverhandlungen, Investitionsgerichte, Regulierungsräte, vorläufige Anwendung, Ausschaltung der Parlamente. Die exekutiven Gewalten muten der Bevölkerung nicht nur die Entrechtung gewählter Vertretungen zu, sie bürden ihr auch noch die zu erwartenden Milliarden-Kosten der Konzernklagen auf. Aber das Volk wird unruhig, es gibt Proteste, Gutachten zur Verfassungswidrigkeit und ablehnende Initiativen großer Körperschaften. Sie kritisieren heftig die Mobilisierung des ganzen Machtapparates für die totalitäre Durchsetzung der Profitinteressen von Konzernen.
In dieser Auseinandersetzung um einen zentralen Konflikt unserer Zeit, im „Klassenkampf Reich gegen Arm“ (Multimilliardär Warren Buffet), ist die Loyalität der herrschenden Elite klar auf der Seite der Konzerne und Investoren, während Konflikte mit Verlierern und Entrechteten weltweit wachsen. Sigmar Gabriel, SPD-Vorsitzender und Wirtschaftsminister handelt anders als er redet und äußert sich - im geschlossenen Kreis der Machtelite - verächtlich über das Volk („reich und hysterisch“). Bundeskanzlerin Angela Merkel beschreibt als das Prinzip des Regierens, „große Entscheidungen gegen die Mehrheit“ der Bevölkerung durchzusetzen (Rede bei Allensbach, 3.3.2010). Genau danach soll verfahren werden. Beim G7- Gipfel in Japan hat sie einmal mehr betont, dass das TTIP- Abkommen zwischen der EU und den USA bis Ende des Jahres fertig verhandelt werden soll.
Die entscheidende Frage ist, warum – und wie lang – sich die Bevölkerung all das gefallen lässt. Immerhin gibt es gewichtige Indizien dafür, dass die Sieger in diesem Klassenkampf dabei sind, „diese Ordnung zu beseitigen“ (vgl. Art. 20 (4) GG).
Von Georg Rammer
Kommentare 2
"... warum – und wie lang (?) ..."
Bis zum bitteren Ende, bis zur unverkennbaren Zwangsherrschaft!
Die Aufgabe einer (parlamentarisch-demokratisch) handelnden Regierung ist es überhaupt nicht, Politik zu machen, sondern schlicht und einfach nur zu regieren, d.h.. das umzusetzen und auszuführen, was von der Gemeinschaft mehrheitlich gewollt ist u n d die Eigenschaften aufweist, was ihr dient. Alles andere ist Diktatur - und in der leben wir als Faktum. Und spätestens seit 2005 schon (wg. "marktkonforme Demokratie") wissen wir, daß das der Weg ist, den das satanisch verschlagene Merkel-Subjekt exekutiert, was vordem von Drecksäcken wie Schröder & Konsorten, bis zurück zu Adenauer, sublim vorbereitet haben.
Man läßt sich das gefallen, weil die polit. "Alternativen" je ideologische Vollprogramme mitverkaufen wollen, ohne die der schlichte pragmatische Einspruch gegen den Irrsinn parlamentarisch nicht zu haben ist.
Und was ideologisch geboten wird, - und offenbar Kompetenz u. unendlich mühsame Pragmatik ersetzen soll -, verbietet eine Stärkung ihrer Anbieter, weil DIE Schäden aus ideologisierter Inkompetenz unter allg. Machtausübung noch viel größer, vor allem aber näher an den Menschen dran wären, als in der Opposition und unter ständiger Anklagegefahr von "Schiedsgerichten".
Das wird solange so bleiben, wie solche Dinge (TTIP etc.) bloß zum Ticket für einen langen Beritt von ganz anderen Sachen taugen, Karrieren, Ideologien usw. UND DER BEKLAGTE aus "Regulierungsschäden" der "STAAT" ist, der einen als natürl. o. a. RechtsSUBJEKT erst in dritter oder vierter Linie interessiert.