Noch einmal zu Handke...

Im gleichnamigen Podcast versucht Mladen Gladić seine Sicht auf die "Causa Handke" gegen Danijel Majić, Krsto Lazarević und Alida Bremer zu verteidigen, was gründlich schief ging.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Auf seiner aktuellen Website (07.12.2019) verlinkt dF auf den Podcast "Noch einmal zu Handke...". Die Website heißt bezeichnenderweise ballaballa-balkan.de. Offensichtlich wird dort regelmäßig über den Balkan gesprochen und die aufgezeichneten Dateien werden im Netz veröffentlicht. Anlass für die Werbung im dF war nicht nur das Thema, sondern auch die Teilnahme des dF-Redakteurs Mladen Gladić. Er hatte in den letzten Wochen zwei Artikel zur Thematik verfasst, die in dFC ausführlich und heftig kommentiert worden sind.

Ich muss vorausschicken, dass ich Podcasts ebenso wie Talkshows normalerweise meide, da mir diese Formate zu linear sind. Während ich über das Gesprochene nachdenke, geht es schon weiter im Gespräch. Die Teilnehmer kommen damit eher schlecht als recht zurande, so dass Oberflächlichkeit dominiert und Argumente regelmäßig übertönt und nicht vertieft werden. Das Auffinden weiter zurückliegender Stellen, was im Podcast prinzipiell möglich ist, gestaltet sich mühsam und wird deshalb wohl kaum gemacht.

Außer den beiden Betreibern, die sich selbst als "grimmigen „Kroaten“ Danijel Majić" und "Nationalismusbehinderten Krsto Lazarević" bezeichnen, war neben Gladić noch Alida Bremer, Autorin und Übersetzerin, zugeschaltet.

Gladić wirkte auf mich sehr schlecht vorbereitet, was durchaus am Format liegen kann. Frau Bremer schaffte es ständig, nachdem sie ihn für seine Artikel gelobt hatte, im Stile einer Dampfwalze sämtliche Einsprüche von Gladić platt zu machen. Während er noch versuchte, den Aussagen Handkes etwas Positives abzugewinnen, beharrten die drei anderen unablässig darauf, den Opferstatus der Muslime als Exklusivrecht zu zementieren und zu verteidigen. Es lief wie beim Feilschen auf dem orientalischen Basar. Die drei anderen brachten Behauptungen, die 300 % oder 500 % über dem wahren Preis liegen und Gladić stieg mit der Hälfte dieses Angebotes ein. Besonders aufschlussreich ist die Stelle, an der Gladić versucht, Handkes Kritik als Kritik an den Medien darzustellen. Bremer bügelte ihn mit dem wirklich schlagenden Argument ab, dass wir doch in dem einzigen Teil der Welt leben, der als frei bezeichnet werden kann und über die einzige freie Presse verfügt. Jede Kritik daran wäre ein Sakrileg. Der Gipfel ihres Argumentes war erreicht, als sie feststellte, wenn Handkes Stimme die einzige in der Qualitätspresse ist, die über die serbische Seite nicht als Täter spricht, dann sollte ihm das doch zu denken geben und er müsse seine Meinung ändern.

Aus meiner Sicht hat Gladić sich viel zu sehr auf deren Argumentation eingelassen, die sich in fast 30 Jahren wohl keinen Millimeter bewegt hat. Die einzige Frage, die solche Hardliner vielleicht aus dem Konzept bringen könnte oder die Zuhörer zum Nachdenken bringt, wäre die nach den Möglichkeiten der Versöhnung. Das war neben der Medienkritik Handkes wichtigste Intention. Das ständige Wiederholen der Schwarz-Weiß-Zuschreibung, hier die Serben ausschließlich als Täter, dort die Muslime ausschließlich als Opfer, muss durchbrochen werden, wenn solche Bürgerkriege nicht wieder ausbrechen sollen. Dazu haben alle 4 Teilnehmer nichts beigetragen.

Aber ich hätte gewarnt sein können, denn schließlich heißt es in der Ankündigung "In dieser Extra-Ausgabe von “Neues vom Ballaballa-Balkan” diskutieren wir die Causa Handke." Die Überheblichkeit, mit der die drei anderen Teilnehmer dem Nobelpreiskomitee das Recht absprechen, Handke den Preis zu verleihen, steht noch auf einem ganz anderen Blatt. Da Karawanen im Podcast eine Rolle spielen, ist dazu wohl nur zu sagen: "Die Hunde bellen, doch die Karawane zieht weiter."

Ein nachdenklich machender Artikel zum Thema ist von Daniel Sandmann unter dem Titel "Peter Handke. Zum Beispiel - Gedanken zu einer Praxis" veröffentlicht worden. Er bereiste den Balkan 1997 und schreibt jetzt darüber: "Wer für den Krieg verantwortlich zeichnete, war uns schon vor der Abreise klar gewesen. Und daran änderten die drei Wochen auf dem Balkan nichts. Wie auch? In Sarajevo zeigten die Menschen hoch zu den Bergen und sagten, da hätten sie gestanden, die Serben, und die Stadt beschossen. Jahrelang. Und so war es in unseren Texten zu lesen und an der Richtigkeit dieser Aussagen zweifle ich auch heute nicht." Trotzdem wurde sein Text damals nicht in der NZZ veröffentlicht. Die Gründe kann er nur vermuten. "Vielmehr könnte das Zugesandte an etwas gescheitert sein, das mir bei der Kommentierung der Nobelpreisvergabe entgegenbrandet: Eine Wucht und ein Geist darin. Dabei bekam Handke, in unseren damaligen Berichten als Angestellter der deutschen Literatur kurz und abwertend erwähnt, durchaus das "richtige" Etikett verpasst. Aber das reichte vielleicht nicht. Es gab nämlich Passagen, die andeuteten, weiß Gott behutsam, dass die Linien nicht ganz einfach zu ziehen seien." Im folgenden vertieft er heute die Medienkritik Handkes mit vielen Argumenten und Fragen. Frau Bremer wären diese Fragen allein schon zu obskur, im Podcast war das einer ihrer Kritikpunkte an Handkes Werken. "Was sollen diese vielen Fragen?" Das fragen sich wohl nur schlichte Gemüter, die sich ihre Meinung gebildet haben. Sandmann bringt dagegen glaubhaft und mit Fakten hinterlegt rüber, wie sich die Welt der Medien verändert hat und dies nicht der Wahrheitsfindung dienlich ist.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden