Warum haßt der Westen Russland?

Wer hat eine Antwort? Larry Johnson hat heute in seinem Blog die simple Frage "Warum haßt der Westen Russland?" gestellt. Mich würden die Antworten der hiesigen Community interessieren.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Larry Johnson geht auf "Russlands militärische Abenteuer - d. h. Invasionen in andere Länder – ein: Polen 1939 und Afghanistan 1979. Die russischen Militäroperationen in Georgien und der Ukraine sowie die Annexion der Krim klammert er ebenso aus wie die militärischen Operationen der USA in Mexiko, der Dominikanischen Republik und Grenada. "Wenn also die Invasion anderer Länder der Maßstab für die Beurteilung einer Nation als unmoralisch und gefährlich ist, dann stehen die Vereinigten Staaten in ihrer Geschichte seit dem Vietnamkrieg an erster Stelle... Wir (Amerikaner) sind davon überzeugt, dass wir gute, reine Motive für die Durchführung tödlicher Militäroperationen im Irak, in Afghanistan, Somalia, Jemen, Syrien, auf dem Balkan und in Panama hatten. Wir sind uns nicht bewusst, wie Menschen in der übrigen Welt Amerikas "gutartigen" Imperialismus sehen.

Hätte Russland die gleiche Erfolgsbilanz wie die Vereinigten Staaten, dann würde ich den Grund für den gegen Russland gerichteten Hass verstehen."

Weiter führt er die Tatsache an, dass in Russland das Zarentum mit Stumpf und Stiel ausgerottet worden ist, während im Westen "Königen und Königinnen den Status von Göttern" zuerkannt wird. Und zwar "nicht deshalb Ehre und Ansehen, weil sie brillante, fähige Männer sind. Sie sind lediglich glückliche Gewinner im Spermakasino."

Oder sind es die russischen Oligarchen? "Ersparen Sie mir dieses nichtssagende Argument, es sei denn, Sie zählen Bill Gates, Steve Jobs, Mark Zuckerberg, Jeff Bezos, die Rockefellers und die Carnegies auf der amerikanischen Seite dazu. Sind unsere Oligarchen rechtschaffene Kerle? Und was ist mit Amerikas politischen Oligarchen? Kennedys, Bushs, Clintons, usw."

Oder ist es "Putins Ruf der Korruption und Selbstbereicherung? Nun, um Jesus zu zitieren: Wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein. Was ist mit der Korruption von Joe Biden und seiner hurenhaften Brut?"

Was ist es also? Was meinen Sie dazu?

Kurze Zwischenbilanz:

Vielen Dank erst einmal an alle Foristen, die sich bisher schon beteiligt haben. Die Frage ist von mir nicht mit der Absicht gestellt worden, eine endgültige und allein richtige Antwort zu finden.

@Miaux hat darauf hingewiesen, dass "man hasst" schreibt. Seit 1996 ist das so. Aber ich bin absichtlich bei der alten Schreibweise in der Überschrift und im Teaser geblieben. Zum einen scheint mir das Phänomen älter zu sein, zum anderen passt das "scharfe ß" besser zum Wort. Aber das ist Geschmackssache und Rechtschreibung heutzutage weitestgehend eine Sache des Ermessens. Die Rechtschreibreform war mit dem "ß" in D sehr inkonsequent.

Es ist festgestellt worden, dass die Frage so vielleicht gar nicht steht, dass also Hass ein falscher Ausdruck ist. Interessanterweise hat Larry Johnson heute einen Nachfolgetext veröffentlicht. In der Überschrift heißt es dieses Mal "Antirussische Phobie".

Aber egal ob so oder so. Eine Frage sollte immer zum Nachdenken anregen. Insofern ist es auch gut, dass die Frage aufgeworfen wurde "Warum hasst die FC die Ukraine?" Ich möchte @miauxx darum bitten, diese Frage in einem eigenen Blog zu stellen, damit es nicht zu zusätzlicher Unübersichtlichkeit kommt.

In dem Text von Larry Johnson wird Patrick Armstrong zitiert. Der kanadische Analyst und Russlandspezialist hat am 20. März auf seiner Homepage eine Pause mit der folgenden Begründung angeführt:

"Ich werde diese Website und meine anderen Aktivitäten für eine Weile pausieren, bis ich sehe, wie sich die Dinge entwickeln.

Was ein Hobby nach der Pensionierung war - eine Fortsetzung meiner Arbeit, bei der ich versuchte herauszufinden, was in Russland passiert - hat nun zu Anschuldigungen geführt, ein russischer Agent der Desinformation zu sein.

Wenn man von der anerkannten Darstellung abweicht, riskiert man im besten Fall, der Desinformation und im schlimmsten Fall des Verrats beschuldigt zu werden.

Ich bin zu alt für so etwas."

Ob das etwas mit der größten ukrainischen Auslandsgemeinde zu tun hat, die sich nach dem 2. Weltkrieg in Kanada etabliert hat, wird nicht gesagt.

Armstrong hat am 17. Mai 2016 unter der Überschrift "Warum hasst das amerikanische Establishment Russland so sehr?" folgendes geschrieben:

" Zunächst einmal möchte ich sagen, dass ich nicht weiß, warum das amerikanische Establishment so besessen von Russland ist. Ich kann mir keinen guten Grund vorstellen, warum das so sein sollte. Alles, was Russland will, ist ein ruhiges Leben, damit es die Dinge wieder aufbauen kann - wie Putin selbst sagte, noch bevor er Präsident wurde:

»Die derzeitige dramatische wirtschaftliche und soziale Lage im Land ist der Preis, den wir für die Wirtschaft zahlen müssen, die wir von der Sowjetunion geerbt haben.«

Das hat nicht jemand gesagt, dessen Hauptziel es ist, die UdSSR oder das Russische Reich wiederherzustellen, sondern jemand, der die mangelhafte "wirtschaftliche und soziale Lage" seines Landes wiederherstellen will. Und das erfordert Ruhe und Frieden. In der realen Welt stellt Russland keinerlei Bedrohung für die USA dar. Und man sollte meinen, dass es ein nützlicher und notwendiger Verbündeter ist, wenn die "Terrorgefahr in der Welt" droht.

Ich weiß, und meine Zitatensammlung zeigt, dass die Feindseligkeit gegenüber Russland nach dem Zusammenbruch der UdSSR nie aufgehört hat - oder auch nur nachgelassen - hat. Selbst 1990 gab es Leute, die darauf bestanden, dass nichts Wirkliches geschehe, weil Russland in seinem Wesen expansionistisch, diktatorisch und feindlich gegenüber "unseren Werten" sei. Alle so genannten Veränderungen waren nur Illusionen, um die Einfältigen zu täuschen. Das einzig mögliche Russland war ein feindliches Russland: Alles, was die Russen qua Russen - ganz abgesehen von der Abwesenheit des vorübergehenden sowjetischen Panzers - sich vorstellten, woran sie dachten, wovon sie träumten, war Feindschaft gegen uns und gegen unsere Werte."

Michael Brenner wäre v. 28.02.2022 zu zitieren ("The Consequences of Humiliating Russia"):

"Das Vorgehen Russlands in der Ukraine, das weitgehend den Höhepunkt der zahlreichen Demütigungen darstellt, die der Westen unter amerikanischer Anleitung den russischen Machthabern und dem Land insgesamt in den letzten 30 Jahren zugefügt hat, ist ein Beleg für diese dauerhafte Wahrheit.

Sie wurden wie ein Sünder behandelt, der dazu verurteilt wurde, die Rolle eines Büßers zu übernehmen, der in Sackleinen gekleidet und mit Asche gezeichnet für immer mit gesenktem Kopf unter den Völkern erscheinen soll. Kein Recht auf eigene Interessen, eigene Sicherheitsinteressen oder gar eigene Meinungen."

Ein Leser machte unter dem Text von Johnson auf folgendes aufmerksam:

»"Nyet means nyet" (Nein heißt Nein) - so lautete der Titel eines Memos, das William Burns (heute CIA-Direktor, damals von 2005 bis 2008 US-Botschafter in Russland) an Condoleezza Rice schickte. In dem Memo ging es darum, dass Russland die NATO-Erweiterung als potenzielle militärische Bedrohung ansah. Eine besonders bedrohliche Passage aus diesem Memo lautete (wiederum von Burns im Jahr 2008!!!): "Experten sagen uns, dass Russland besonders besorgt darüber ist, dass die starken Meinungsverschiedenheiten in der Ukraine über die NATO-Mitgliedschaft, bei denen ein Großteil der ethnisch-russischen Gemeinschaft gegen die Mitgliedschaft ist, zu einer größeren Spaltung führen könnten, die Gewalt oder schlimmstenfalls einen Bürgerkrieg nach sich ziehen könnte. In diesem Fall müsste Russland entscheiden, ob es eingreift - eine Entscheidung, die es nicht treffen möchte."«

Ich bin gespannt auf weitere Antworten.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
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