Ex-TLfV Chef Roewer düpiert NSU-Ausschuss

Verfassungsschutz Der frühere Thüringer Verfassungsschutzchef Helmut Roewer hatte schon vor seiner Aussage im NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages für Irritationen gesorgt.

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Roewer legte ein ärztliches Attest vor, wonach er nach jeweils 30 bis 45 Minuten Befragung eine Pause von 15 Minuten brauche. Ursprünglich hatte Roewer wegen einer Erkrankung gar nicht im Ausschuss erscheinen wollen. Das Gremium verlangte daraufhin ein ärztliches Attest . Eine Medizinerin empfahl in dem Attest eine "besonders behutsame Verhandlungsführung" und forderte regelmäßige Unterbrechungen und einen Ruheraum für Roewer.

Thorsten Denkler, Berlin-Korrespondent von Süddeutsche.de twitterte vor wenigen Minuten aus dem Ausschuss und offenbart Roewers ausweichende und z.T. respektlose Antworten:

” Frage an den ehemaligen Chef des Landesamtes für Verfassungsschutz in Thüringen (Helmut Roewer): War “Günther” der Arbeitsname eines ihrer Mitarbeiter? Antwort Roewer: “Das kommt mir im Moment unbekannt vor.” FDP-Politiker Patrick Kurth fragt wer “Günther” war, der auf Quittungen in Roewers Diensttresor auftauchte ? Antwort Roewer: “Was geht Sie das an ? ”

Zeit Online im November 2011 über den ehemaligen Geheimdienst-Chef:

" Roewer, so berichten Insider heute, habe stets den Eindruck vermittelt, dass er PDS-Landtagsabgeordnete oder linke Gewerkschafter gefährlicher finde als Neonazi-Kameradschaften. Aufsehen erregte Roewer allerdings mit einer Äußerung auf einer öffentlichen Podiumsdiskussion im Januar 1999, als er noch Verfassungsschutz-Präsident war. Er sprach damals über das »Dritte Reich« und dass man ältere Menschen verstehen müsse, die nicht nur schlechte Seiten daran gesehen hätten. Unter einem Decknamen gründete Roewer Ende der neunziger Jahre eine Tarnfirma namens Heron-Verlag, über die Hunderttausende von D-Mark in dubiose Projekte flossen. In die Schlagzeilen geriet der Heron-Verlag, als dort im Mai 2000 ein Film über Jugendlichen Extremismus in der Mitte Deutschlands herauskam. Roewer trat darin mit der Aussage auf, rechtsextreme Straftaten seien vor allem Propagandadelikte. Unter Roewer heuerte das Landesamt unter anderem den NPD-Funktionär Tino Brandt als V-Mann an – was auch dazu führte, dass den Neonazis fortan unverhältnismäßig hohe Spitzelhonorare zugutekamen. Wie weit die Kontakte in die Szene hineinreichten, darüber legte die Amtsspitze dem Landtag in Erfurt nie Rechenschaft ab. Der SPD-Parlamentarier Gentzel berichtet, ein Fraktionskollege und er hätten mehrfach das PKK verlassen, »weil wir einfach nicht mehr informiert wurden«. Unter Roewers Ägide sei es in der Behörde »drunter und drüber gegangen« – eine Unterstützung des Mordtrios hält Gentzel deshalb durchaus für möglich. (…) Überall im Land gründeten sie »Freie Kameradschaften«, lose Zusammenschlüsse von Neonazis, die durch das Vereinsrecht schlüpfen, sich aber wie Klubs aufführten. Unter dem Namen Thüringer Heimatschutz schlossen sich die Kameradschaften zu einem Netzwerk zusammen. Ihr Kopf wurde 1997 der V-Mann Tino B. Statt vor der zunehmenden braunen Gefahr zu warnen, so sieht es Martina Renner, Landtagsabgeordnete der Linken, habe der Verfassungsschutz seine Aufgabe eher darin gesehen, »die Dinge kontrollieren zu wollen«. Sie und ihre Fraktionskollegen sind überzeugt, dass der Verfassungsschutz die Gründung des Thüringer Heimatschutzes durch Tino Brandt selbst betrieben habe. Roewer bestreitet das. (…) Ein Verfassungsschutzchef, der das Unkonventionelle kultiviert, der keine Skrupel hat, aus dem Ruder laufende Extremistenführer als Zuarbeiter zu beschäftigen, der eine Behörde innerhalb der Behörde aufbaut – hat der sich womöglich auch zugetraut, ein Trio wie Mundlos, Böhnhardt und Beate Zschäpe nachrichtendienstlich zu steuern? Es wäre nicht die einzige fatale Fehleinschätzung des Präsidenten. Nachdem die Polizei 1998 eine Bombenwerkstatt des Trios in einer Garage in Jena ausgehoben hatte, den dreien aber die Flucht gelungen war, verkündete Roewer gegenüber einem Reporter: »Ich denke, sie befinden sich am Ende ihrer Karriere, noch bevor sie richtig begonnen hat.« Ein furchtbarer Irrtum. (…) Sollte sich aus den Puzzleteilen, aus den Bruchstücken und Informationsfetzen das Bild eines Geheimdienstes ergeben, der rechten Terror unterstützt – die Republik wäre eine andere. ”

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Gold Star For Robot Boy

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