Sie ist die Königin der Lüfte, das kleinste Haustier der Welt, und sie gilt als Indikator für das gesamte Ökosystem: die Honigbiene. Noch schläft sie. Tief unten in der dunklen Wärme des Bienenstocks, dicht zusammengedrängt mit ihren Schwestern. Spätestens im März erwacht sie, dann ist es vorbei mit der Winterruhe, und auf den Feldern, Wiesen und in den Gärten summt es wieder.
Vielleicht nicht ganz so laut wie früher. Insektengifte, die Monotonie der Landwirtschaft und der Klimawandel bedrohen das System Honigbiene. Dazu kommt die Varroamilbe, die ganz Völker auslöscht. Der schlimmste Feind eines jeden Imkers. Die Existenzkrise der Honigbiene ist seit Jahren Thema. Medial, politisch, vor allem bei Imkern und Naturschützern.
Julia Klöckner, Bundeslandwirtschaftsministerin (CDU), nennt die Biene „systemrelevant“. „Honigbienen sind das wichtigste Nutztier der Menschheit“, schreibt das Umweltinstitut München auf seiner Website. Am 20. Mai jährt sich der Weltbienentag, eine Initiative des Slowenischen Imkerbundes. Mehr als eine Million Menschen unterschrieben das bayrische Volksbegehren „Rettet die Bienen!“.
Das Wohlergehen der Biene liegt im Trend, zu Recht. 70 Prozent der 124 wichtigsten Nutzpflanzen weltweit sind auf Bestäubung angewiesen. In Europa sogar 84 Prozent, schreibt das Umweltinstitut München. Der monetäre Wert dieser Bestäuberleistung wird weltweit auf 153 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt.
Ohne Bienen gäbe es keine Äpfel, Kirschen und Birnen. Kein Gemüse, kein Umsatz. Schlechte Zeiten für die Menschheit. So prognostiziert die Welt im Jahr 2015: „Sterben die Bienen aus, sterben auch die Menschen.“
So weit das Narrativ der Honigbiene. Was in dieser etwas alarmistisch geführten Diskussion oft übersehen wird: Der Mensch würde auch ohne Biene überleben. Grundnahrungsmittel wie Kartoffeln und Getreide benötigen keine Bestäubung. Zweitens: Nicht die Honigbiene ist das Sorgenkind. Im Gegenteil. Die Honigbiene hat es leicht. Sie ist Generalistin, eine, die sich anpassen kann. An jede Kulturlandschaft. Ob Raps, Apfel oder Gurke, die Honigbiene fliegt alles an. Und sie wird gut umsorgt: ob Hitze, Kälte oder Futtermangel. Der Mensch hilft mit Zucker, einem geschützten Bienenstock und Oxalsäure gegen Milben.
Rund 820.00 Bienenvölker ziehen ihre Runden in Deutschland. Nicht so viele wie in den 90er Jahren, aber mehr als noch vor zehn Jahren. Gepflegt werden sie von 130.000 Imkern. Tendenz steigend, das zeigen Zahlen des Deutschen Imkerbundes. Auch in anderen Ländern sind die Menschen auf die Biene gekommen. Laut einer Studie der Food and Agriculture Organization hat sich die globale Honigbienen-Population seit den 1960ern fast verdoppelt. Kurz, solange es Imker gibt, gibt es auch die Honigbiene. Denn sie ist vor allem eins: ein domestiziertes Nutztier. Ein wertvolles Prädikat, das ihrer wilden Schwester fehlt. Genauso wie eine starke Lobby. Zu Unrecht.
Etwa 580 Arten von Wildbienen leben in Deutschland. Meist sind sie ein wenig haariger als ihre domestizierten Verwandten. Bekannt ist vielleicht die Mauerbiene, die, wie der Name es vorwegnimmt, in Mauerritzen lebt. Oder die Gemeine Furchenbiene, die auch als Maulwurf der Bienen bekannt ist und die gerne in Rillen nistet. Auch auf dem Gehweg.
Rund die Hälfte dieser wilden Bienen ist im Bestand gefährdet. Viele Wildbienen sind Einzelgänger, nur wenige Arten können überwintern. Auch, was Futter und Nistplätze angeht, sind Wildbienen beschränkt. Sie brauchen naturbelassene Wälder, Böden und Wiesen. Sie kommen nur dort vor, wo es der Natur gut geht. Dort, wo der Mensch seine Umwelt noch nicht völlig verformt hat. Und das ist in Deutschland in vielen Landstrichen nicht der Fall. Ein Problem. Nicht nur für die Wildbiene, auch für die Landwirtschaft. Denn bei der Bestäubung von Apfel, Birne und Co. spielen auch die wilden Schwestern der Honigbiene eine wichtige Rolle.
Wie wichtig, das zeigt eine internationale Studie, die 2013 in der Zeitschrift Science erschien. Die Forscher untersuchten 600 Anbauflächen auf allen sechs Kontinenten. Mandelplantagen in Kalifornien, Gurkenfelder in Indonesien und Mangokulturen in Südafrika. Dabei stellten sie fest, dass die Erträge stiegen, wenn nicht nur Honigbienen als Bestäuber zum Einsatz kamen, sondern auch Wildbienen. „Wild lebende Insekten erreichen mit der gleichen Zahl von Blütenbesuchen einen doppelt so hohen Fruchtansatz wie Honigbienen“, schreiben die Wissenschaftler.
Wilde Bienen haben aber nicht nur einen monetären Wert, sie sind, im Gegensatz zu ihrer domestizierten Schwester, ein Erkennungsmerkmal für Diversität und ein gut funktionierendes Ökosystem. Und das bröckelt. Stichwort: Insektensterben.
Rund 33.000 verschiedene Insekten surren, brummen und krabbeln in Deutschland. Noch. Deutschlands Fauna ist auf dem Rückzug. Das zeigen Zahlen des Entomologischen Vereins Krefeld und des Naturschutzbundes, die bereits vor zwei Jahren medial und politisch die Rund machten. Rund 25 Jahre lang fingen und datierten die Vereinsmitglieder Insekten. Ihre Ergebnisse waren eindeutig: 75 Prozent Rückgang in der Biomasse. Konkret heiß das: weniger Insekten, vor allem flugfähige, also Wespen, Fliegen, Schmetterlinge – und Wildbienen. Es ist also nicht die Honigbiene, um die man sich Sorgen machen muss. Es sind alle anderen.
Schuld ist der Mensch
„Die Honigbiene ist ein Haustier und damit keine bedrohte und schützenswerte Art“, schreibt die Deutsche Wildtier-Stiftung in einem Positionspapier. Titel der Schrift: Wildbienen und die Honigbiene – Konkurrenz um knappe Ressourcen. Es geht um Verdrängung von Futterplätzen, Konkurrenz um Nistplätze und die Übertragung von Krankheiten von Honig- auf Wildbienen.
Eine Debatte, die scharf geführt wird, vor allem zwischen Umweltschützern und Imkern. Es ist eine Debatte, die oft am Wesentlichen vorbeigeht. Denn an Verdrängung und Futtermangel sind nicht die Honigbienen schuld, nicht die Umwelt, die zu wenig Blumenwiesen und Totholz liefert. Schuld ist der Mensch. Abholzung, Monokulturen und das Spritzen von Pestiziden lassen Raum und Nahrungsangebot schrumpfen. Davon sind alle betroffen: Käfer, Schmetterlinge, Honig- und Wildbienen.
„Wie sollen Bienen, Hummeln und Co. sowie deren Brut, die mit Pollen ernährt wird, unter solchen Umständen gesund und widerstandsfähig gegen Krankheiten bleiben?“, fragt die Aurelia-Stiftung, die sich für das Wohl der Biene einsetzt, in ihrer jüngsten Petition an den Bundestag. Antwort: auf Dauer gar nicht. Vermutlich dauert es nicht mehr lange, dann bleibt die Biene in der Winterruhe, auch im Frühling.
Kommentare 5
"Petition an den Bundestag" ? Wenn das die Bienen wüßten... Der klägliche Rest würde sich fragen, ob das "unser" Ernst ist!?Das Sammelsurium aus großen und kleinen Ursachen müßte sofort auf den Prüfstand. Handeln! Und wir würden feststellen, dass wir unser Leben und Verbrauchen sofort ändern ... stark einschränken müßten.
Der Verkauf von Blumenerde und Ziersteinen wird sofort gestoppt. In den Supermärkten gibt es nur noch Obst und Gemüse saisonal und regional. Für jegliches Freiland in den Innenstädten gilt ein Bebauungsverbot und Begrünungsgebot. Umgehungsstassen werden zurückgebaut ... Wer trotzdem weiter Erdbeeren im Winter essen will, bekommt einen Sturaufenthalt in Almeria.
... und ... und ... und ... kApItAlIsMuS wollen die Bienen auch nicht.
"der stumme frühling"("silent spring")
von --->rachel carson(wikip.) rüttelte die US-bürger auf,
das war in den sechzigern.
in deutscher heimat brauchts wohl etwas länger...
Der Biologe Josef H. Reichholf (Die Zukunft der Arten) hat den Zusammenhang zwischen dem Rückgang der Insektenpopulationen in Bayern und dem Pflanzenanbau für die Biosprit- und Biogas-Produktion untersucht und hat eine eindeutige Korrelation nachweisen können. Nachzuhören hier: https://www.deutschlandfunknova.de/beitrag/insektensterben-und-die-folgen
Also: Kein E10 mehr tanken! Die Dieselfahrer können mangels Alternativen wohl nicht boykottieren.
Da es absehbar bei der weiteren Lebensraumzerstörung durch die industrielle Landwirtschaft bleiben wird, hilft nur, unsere Gärten für Insekten und Vögel lebensfreundlich zu gestalten. Aber da ist ja die Politik im Verbund mit der Immobilienwirtschaft gerade dran, auch noch die Schrebergärten zwecks Wohnungsbau platt zu machen.
Das Problem Insektensterben ist komplexer als das bisschen CO2. In D verenden jede Nacht eine Milliarde Insekten an Straßenlaternen, hinzu kommen durch die Beleuchtung negative Auswirkungen auf die Lebensbedingungen von Pflanzen, Insekten und Tieren und Menschen durch Veränderung des Tag/Nachtrhytmus. Dazu gibt es neuere Studien des UFZ Halle/Leipzig. Andere Länder sind in der Minimierung der negativen Folgen schon weiter, wie z. B. die Schweiz mit entsprechenden Bundesgesetzen.
Übrigens gibt es eine aktuelle Fakt-ist Sendung vom MDR vom 25.3.19. Zum Thema Insektensterben. Eine Schuldzuweisung an einen einzelnen Akteur gibt es nicht, wird auch von Experten nicht unterstützt.
Unsere Verantwortlichen haben offenbar einen Bauwahn, vor Jahren wurde der Feldweg vor unserem Grundstück betoniert und im letzten zu allem Überfluß noch mit einem Dutzend LED-Leuchten bestückt. Die Milchstraße ist nun kaum noch nachts zu sehen. Übrigens können 20% der Menschheit wegen der Lichtverschmutzung überhaupt keine Milchstraße mehr sehen.
Zum Sprit E10, der größte Schwindel, der den gutgläubigen Umwelt-, Ressourcen- und Klimabewahrern erzählt wird. Der Energieinhalt von E10 ist nunmal geringer und das merken wir jedesmal, wenn wir in Österreich getankt haben. Mindestens einen halben Liter geringeren Verbrauch. Der Raps und die Zuckerrüben wachsen auf den Feldern nur unter Verbrauch anderer Ressourcen, wie Fläche, Dünger, Maschinen- und Humanpower. Dafür importieren wir dann aus dem Ausland Nahrungs- und Futtermittel. Deutschland benötigt nochmal die gleiche Ackerflächen im Ausland zur Versorgung mit Nahrungsmitteln und anderen nachwachsenden Rohstoffen. Dann leisten wir uns einen Wohlstandsluxus mit BIO, der nur 50%Ertragsintensität bringt und auch hier kommt die Hälfte der Bio-Produkte aus dem Ausland. Von Ökonomie will ich erst gar nicht sprechen.
Aber wir leisten es uns auch jeden Tag eine Fläche von über 30 Fußballfelder (30ha) zu zubetonieren. Erst Mitte der 20er will die Bundesregierung auf max 30 und nach 2030 auf unter 30 ha kommen. Ein Gesetz dazu steht allerdings immer noch aus. Ich könnte weiter schreiben, aber ich möchte mich nicht noch weiter vor der Nachtruhe echauffieren.
>>Deutschland benötigt nochmal die gleiche Ackerflächen im Ausland zur Versorgung mit Nahrungsmitteln und anderen nachwachsenden Rohstoffen.<<
Dichtbesiedelte Industriestaaten importieren zwar Nahrungsmittel für den Eigenbedarf, aber man sollte trotzdem die Zahl mal genauer anschauen: Wieviel Ackerfläche im Ausland geht für den deutschen Export von Fleisch und Milchprodukten drauf? Ich denke man könnte den Exportüberschuss runter fahren und damit auch die enorme Gülleproduktion reduzieren.
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>>Zum Sprit E10…<<
Ich fahre schon seit mehr als 50 Jahren vorwiegend elektromobil. Da kommt natürlich wieder der Einwand, dass jemand von einem kleinen Dorf auf der schwäbischen Alb stammt, dort ein Häuslein geerbt hat und von dort immer nach Reutlingen zur Arbeit fahren muss. Ich kenne aber Viele, die hier parallel zur S-Bahn mit dem Auto nach München fahren. Und mal über den Stau klagen, dann wieder über E10. Vielleicht könnten einige Asphaltflächen deasphaltiert werden, wenn der öffentliche Verkehr zügig ausgebaut und subventioniert würde. Deasphaltierte Flächen könnten entweder landwirtschaftlich genutzt werden, oder in Städten mit Bäumen bepflanzt zwecks Klimaverbesserung.
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>>…zu allem Überfluß noch mit einem Dutzend LED-Leuchten bestückt.<<
Tja, 1 LED verbraucht ja nicht viel Strom. Und ausserdem gibt es elektrische Energie doch im Überfluss, man weiss ja gar nicht wohin damit.