Pressemitteilungen im Profifußball sind leicht zu schreiben, es gibt dafür Textbausteine. Zum Beispiel, wenn ein chirurgischer Eingriff zu vermelden ist: Der Spieler wurde nicht einfach nur operiert, er wurde „erfolgreich operiert“. Von einer „zu unserem Bedauern erfolglosen OP“ hat man noch nie lesen müssen. Erfolgreich operiert bedeutet dann wohl: Der Patient ist aus der Narkose wieder aufgewacht. Und wahrscheinlich muss kein zweites Mal was gemacht werden.
Operationen sind derzeit aber nicht das vorrangige Thema bei Berufssportlern, sondern Infektionen. Doch die Textbausteine wurden schnell angepasst. Sehr korrekt teilen die Klubs der Bundesliga nun der Öffentlichkeit mit, wenn es positive Testungen auf Covid-19 gab. In der Regel allerdings gleich mit dem Zusatz: „Die betroffenen Spieler sind symptomfrei.“
Gebrechlichkeit passt nicht zum Spitzensport. Die derzeitige Story des Fußballs lautet: „Oh, ich habe Corona. Hätte ich ohne Test gar nicht bemerkt. Hab’ doch gerade noch neunzig Minuten gespielt und war stark wie immer.“ Wenn man da von seinem zuständigen Gesundheitsamt in Quarantäne geschickt wird, ist das die Schikane durch einen gummibaumputzenden Beamten, der keinen Fußball mag oder, falls doch, Fan eines konkurrierenden Vereins ist.
Virusübertragungen innerhalb einer Mannschaft sind nahezu unmöglich, weil doch jede ein Hygienekonzept hat. Das „Hygienekonzept“ wird seit einigen Monaten häufiger zitiert als die „Vereinsphilosophie“, Kabinensitzordnungen sind noch ausgetüftelter als das 4-2-3-1 auf dem Platz. Ohnehin hat der Fußball die berühmtesten Ärzte der Welt. Es mag ja Spezialisten geben, die Herzen verpflanzen – doch niemals könnten sie ankommen gegen Dr. Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt mit seinen Diagnose-Fingern, die verborgene Gelenke im Körper entdecken und den Riss in der Muskelfaser verlässlicher erkennen als ein Computertomograf. Der „Mull“, wie ihn auch die vertraulich nennen, die nie von ihm behandelt worden sind, hat sich nur leider schon halb zur Ruhe gesetzt. Es gibt aber einen neuen Star: Professor Tim Meyer. Vor Corona trug er den wenig aufregenden Titel „Internist der Nationalmannschaft“, doch seit er die Task-Force zur Aufnahme des Sonderspielbetriebs im deutschen Profifußball leitete und der Welt eine Blaupause zum Spielen in Pandemiezeiten schrieb, ist er der Anthony Fauci von DFB und DFL. Oder: ein Drosten, den niemand anzweifelt.
Ein ukrainischer Nationalspieler mag schnell infiziert sein, vor einem deutschen macht Sars-Cov 2 halt. Sicher auch in Kenntnis und als Verbeugung vor der Tradition, dass die Nationalmannschaft bei Turnieren in Südamerika, Afrika oder Asien nie von irgendwelchen gesundheitlichen Verstimmungen heimgesucht worden war. Noch jeder Magen-Darm-Virus prallte an der Immun-Security des DFB ab. Der deutsche Medizinstab ist eine Legende des internationalen Fußballs.
Gewiss, ab und zu erwischt es einen Fußballer etwas schlimmer. Mit Ilkay Gündoğan gibt es einen deutschen Nationalspieler, der nicht frei von Corona-Symptomen blieb. Allerdings geht er seinem Beruf vor allem in England nach, bei Manchester City, und ist nicht so behütet, wie er es in der Bundesliga wäre. Und sein Fall hat ja auch was Gutes: Der Fußball hat in Gündoğan einen Botschafter der Demut vor einer Infektion. Das macht sich ganz gut. Er ist ja auch wieder fit. Schließlich galt auch für ihn, was Fußballer in den Social Media schreiben, wenn sie verletzt sind: Come back stronger.
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