Zeit für weibliche Expertise!

Fußball Die Bundesliga beginnt. Aber welche? Unser Kolumnist betrachtet eine Sport-Wirklichkeit, die allzu oft übersehen wird
Ausgabe 32/2021
Die deutsche Frauschaft bei der WM 2019
Die deutsche Frauschaft bei der WM 2019

Foto: Maja Hitij/Getty Images

Diesen Freitag beginnt die Bundesliga. Es ist klar, welche Bundesliga gemeint ist. DIE Bundesliga. Die des Fußballs. Er ist so groß, dass er diese Bezeichnung für sich beansprucht, obwohl es andere und ältere Bundesligen als seine gibt. Dennoch vernimmt man in vielen der Podcasts, die sich mit Fußball beschäftigen und inzwischen maßgeblich zur Meinungsbildung über Bayern München, Borussia Dortmund und die anderen Vereine beitragen, etwas von der „Bundesliga der Männer“. Sie haben auch von der „Fußball-Europameisterschaft der Männer“ gesprochen. Nicht dass nicht bekannt wäre, wer im Juni, Juli um einen großen Titel gespielt hat. Aber es soll eben darauf hingewiesen werden: Auch Frauen haben im Fußball Bundesligaclubs und eine Nationalmannschaft.

Das ist Fußball-Interessierten in Deutschland natürlich bekannt, und es besteht die Gefahr, dass sie sich durch Bemerkungen wie „Bundesliga der Männer“ bevormundet, gegängelt, ungebeten angegendert fühlen und „Weiß ich doch“ knurren. Doch es geht hier nicht um zweifelsfreie Information, sondern darum, das Bewusstsein der Öffentlichkeit zu justieren. Zu 95 Prozent behandelt der Sportteil einer typischen deutschen Zeitung nämlich männliche Helden. Doch das bildet längst nicht mehr die Sport-Wirklichkeit ab.

Wir haben es eben erst bei den Olympischen Spielen gesehen: Das „Team D“ wurde von seinen Frauen getragen. Da war ein weiblicher Bahnrad-Vierer, der mit 60 Sachen um das Oval rauschte, die Fahrerinnen in ihrer aerodynamischen Optik kaum noch zu unterscheiden von den Männern. Da war eine Dressur-Equipe, die ausschließlich aus Damen bestand – dabei war ihre Disziplin mal eine Herrenreiter-Domäne, bestimmt von den Legenden Josef Neckermann und Dr. Reiner Klimke. Auch im Einzelwettbewerb dieser gemischt ausgeschriebenen Konkurrenz nahmen drei Frauen die Podestplätze ein.

Männer wie der Niederländer Eduard Gal kämpften mit ihren zu Ungehorsam neigenden Pferden – in seinem Fall ein Sohn des früheren Wunderhengstes Totilas –, derweil Olympiasiegerin Jessica von Bredow-Werndl mit ihrer Stute Dalera ein perfekt eingespieltes Team bildete. Und der finale Schlag für die olympische Männlichkeit: Das Vielseitigkeitsreiten, ursprünglich vielsagend „Military“ genannt, wurde erstmals von einer Frau, Julia Krajewski, gewonnen. Die Männer können also froh sein, dass sie Wettbewerbe haben, in denen sie unter sich bleiben.

Und jetzt zum Fußball: dem der Männer. Täte dem mehr weiblicher Einfluss nicht gut? Männerfußball ist reine Männerwirtschaft bislang – und schon lange keine erfolgreiche mehr. Vor allem auf Verbandsebene. Berüchtigt ist das Foto vom vor zwei Jahren gewählten DFB-Präsidium. 17 dunkle Anzüge und mittendrin ein gelbes Oberteil. Es gehörte zu: Hannelore Ratzeburg, zuständig für? Frauenfußball. Doch damit, in eine Nische gestellt zu werden, sollten sich die Frauen nicht mehr zufriedengeben. Der Verband braucht integre Persönlichkeiten und Führungspersonal, das fair kommunizieren kann.

Vereine benötigen Vorstände, die eine Saison seriös planen – wenn Frauen in DAX-Firmen im höheren Management bestehen, wird ihnen das auch im mittelständischen Fußball gelingen. Auch das Fernsehen hat Bedarf an weiblicher Fußball-Expertise: Almuth Schult, die Torhüterin, war bei der Europameisterschaft der Männer eine viel bessere Erklärerin als der berühmte Bastian Schweinsteiger.

In zwei Wochen beginnt die Fußball-Bundesliga. Die der Frauen. Mit neuem TV-Vertrag: erstmals alles live. Wie bei den Männern.

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