CDU goes negative on Schulz

Berlin Im deutschen Bundestagswahlkampf halten US-amerikanische Sitten Einzug. Drei Gründe, warum die CDU damit keinen Erfolg haben wird.

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Hohe Energie: Der Gottkanzler baut Brücken, Heiko Maas (r.) muss warten.
Hohe Energie: Der Gottkanzler baut Brücken, Heiko Maas (r.) muss warten.

Foto: Thomas Lohnes/Getty Images

Der bislang respektabelste Minister der Union, Wolfgang Schäuble, hat den Spitzenkandidaten der SPD des Populismus bezichtigt und ihn mit Trump verglichen. Er hat sich damit lächerlich gemacht und das wird ihm auch noch auffallen, wenn der erste Ärger über die derzeitigen Umfrageergebnisse vorbei ist. Das CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn hat in einem Interview mit der Zeitung „Die Welt“ zu einem Lagerwahlkampf aufgerufen, in dem die CDU die deutsche Leitkultur zu ihrem Thema macht, Stolz auf die Verschärfung des Asylrechts äußert, und er hat von der „Rassismuskeule“ geredet. Zur Erinnerung: Jens Spahn ist derjenige, dem das Eintreten von Angela Merkel für ein Burka-Verbot auf dem CDU-Parteitag zu verdanken ist. Unterdessen hat jemand an die Rhein-Neckar-Zeitung durchgestochen, dass in der CDU ein Dossier über Schulz kursiert, das in schlechtester US-amerikanischer Manier „Schwachpunkte“ aufzählt, mit denen man den Kandidaten diffamieren könnte. Diese Person ist angesichts des denkbar ungünstigen Zeitpunkts dieser Halbveröffentlichung entweder ein Idiot- oder hochintelligent. Letzteres trifft dann zu, wenn so eine spätere Nutzung des Dossiers verunmöglicht werden sollte, die für die CDU im Desaster enden müsste.

Insgesamt scheint die CDU derzeit mit dem Gedanken zu spielen, einen polarisierenden Lagerwahlkampf zu führen und diesen, falls er nicht gut läuft, schmutzig mit persönlichen Angriffen auf den Spitzenkandidaten des gegenwärtigen Koalitionspartners weiterzuführen. Es gibt nur zwei Möglichkeiten, wie es zu diesen Gedanken gekommen sein kann. Erstens könnte ihnen eine Analyse der Situation zugrunde liegen, in der sich die CDU Schulz gegenüber befindet. In diesem Fall würde man dem Analysten empfehlen müssen, sich die Sache noch einmal zu überlegen, wenn er wieder nüchtern ist. Wahrscheinlicher ist, dass einzelne CDU-Politiker tun und sagen, was ihnen gerade so durch den Kopf geht. Wenn es der CDU nicht gelingt, dieses Kommunikationsverhalten abzustellen, das man ja schon von der Regierungsarbeit der letzten Jahre her kennt, dann wird sie gegen eine SPD mit einer Kampa nichts zu gewinnen haben.

Nun bin ich sicher nicht daran interessiert, dass die CDU/CSU die Bundestagswahl gewinnt, schon deshalb nicht, weil ich es unerträglich finde, wenn die gleiche Person 16 Jahre an der Spitze eines Staates stehen will. Das ist auch unpraktisch und führt zu Stagnation und Politikverdrossenheit. Andererseits will ich aber auch wieder nicht, dass die Union im Herbst nur noch zweitstärkste Oppositionspartei ist, weil ich die in diesem Falle stärkste Oppositionspartei für potentiell gefährlich halte. Wenn die Union allerdings die sich jetzt abzeichnende Wahlkampfstrategie entschlossen umsetzen würde, wäre ein solcher Ausgang nicht mehr sicher auszuschließen. Zum Glück ist es unwahrscheinlich, dass die Union irgendeine Wahlkampfstrategie entschlossen wird umsetzen können, denn dazu ist sie zu uneins.

Dennoch erscheint es angebracht, den Unionspolitikern langsam und in einfachen Worten zu erklären, warum nicht aufgeht, was sie sich da ausgedacht haben (wenn sie gedacht haben). Es ist zwar unwahrscheinlich, dass jemand von ihnen hier mitliest, aber man kann es ja wenigstens versuchen.

1. Die CDU kann nicht glaubwürdig AfD-nahe Positionen vertreten

Im Prinzip ist die Analyse richtig, dass die CDU-Führung in der Vergangenheit eine Politik betrieben hat, die gesellschaftspolitisch weiter links verortet und weniger konservativ war als die Vorstellungen ihrer Parteibasis und eines großen Teils ihrer Wähler. Richtig ist auch, dass diese Politik zum Aufstieg der AfD geführt hat. Richtig ist sogar, dass es für die deutsche Demokratie sinnvoll ist, wenn die CDU im Bundestagswahlkampf 2017 ihre Position in rechtskonservative Richtung korrigiert. Nur kann das eben nicht glaubhaft mit einer Kandidatin Angela Merkel geschehen- und das war vor dem Parteitag klar, an dem sie aufgestellt wurde. Nachdem das nun geschehen ist, ist eine zu starke rechtskonservative Wendung kontraproduktiv. Sie macht Positionen der AfD salonfähig, ohne doch den Eindruck zu erwecken, dass die CDU diese Positionen besser vertreten könne als die AfD selbst.

2. Ein schmutziger Wahlkampf ließe die CDU ohne möglichen Koalitionspartner zurück

Wie immer die Union den Wahlkampf führt: Es ist extrem unwahrscheinlich, dass sie aus den Bundestagswahlen mit einer absoluten Mehrheit hervorgeht. Sie hat bereits begonnen, die FDP anzugreifen, aber selbst wenn diese mangels anderer Möglichkeiten als Koalitionspartner zur Verfügung stünde, ist es doch immer noch hochgradig unwahrscheinlich, dass eine Koalition von CDU/CSU und FDP eine Mehrheit haben wird. Führt die CDU aber einen rechtskonservativen Lagerwahlkampf gegen die Schulz-SPD, so schließt sie damit gleichzeitig die Grünen als möglichen Koalitionspartner aus. Ist der Wahlkampf hinreichend schmutzig, so kann die SPD nicht in eine große Koalition eintreten. Dann gibt es noch genau vier Möglichkeiten. Erstens könnte es für eine rot-rot-grüne Koalition reichen. Das ist unter solchen Umständen am Wahrscheinlichsten. Zweitens könnte die Union mit der AfD koalieren. Drittens könnte die stärkste Partei eine Minderheitsregierung mit kleineren Partnern bilden. Viertens könnte eine Wiederholung der Wahl nötig werden. Keine dieser Möglichkeiten ist günstig für die CDU.

3. Indem die CDU als erste angreift, gesteht sie die Unhaltbarkeit ihrer Position ein

Die CDU ist die stärkste Partei der Koalition und stellt die Bundeskanzlerin, die sich wieder zur Wahl stellt. Sie ist in dieser Auseinandersetzung in der verteidigenden Position. Die SPD muss angreifen, wenn sie die Verhältnisse umkehren will. Wenn die CDU nun zum Angriff auf den Kandidaten der SPD übergeht und zwar mit einer zwischen diesen beiden Parteien bisher unüblichen Vehemenz, so verliert sie den Vorteil des Amtsinhabers bzw. erweckt den Eindruck, dieser Vorteil existiere nicht. Sie vermittelt außerdem den Eindruck, sie würde selbst einen Sieg von Schulz erwarten, wenn sie ihn nicht unter der Gürtellinie angreift. Das werden viele Wähler erkennen, weil es für diese Erkenntnis keinerlei logischer Analyse bedarf. Intuition genügt. In einem stark polarisierten und schmutzigen Wahlkampf hat die CDU nur zu verlieren, was sie eigentlich am Beispiel der US-Präsidentschaftswahl 2016 hat beobachten können. Sie wird in diesem Fall sicher nicht mehr die stärkste Partei werden, während sie in einem zivilisierten Wahlkampf immer noch hoffen dürfte, dass die SPD über die eigenen Füße stolpert- es wäre ja nicht das erste Mal. In einem stark polarisierten Wahlkampf ist damit kaum zu rechnen, weil die CDU dadurch die SPD von außen einigen würde.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Gunnar Jeschke

Naturwissenschaftler, in der DDR aufgewachsen, gelebt in Schwarzheide, Dresden, Wako-shi (Japan), Bonn, Mainz, Konstanz und Zürich.

Gunnar Jeschke

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