Die SPD steht für

??? Ähmmm...

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

...

Nachtrag (7.12.2019, 17:15 Uhr)

Dieses Blog wurde als etwas flapsig und leer kritisiert. In meinen bisherigen Kommentarantworten habe ich dargelegt, warum ich das so gemacht habe. Falls mich nicht gerade alle ignorieren, die es tatsächlich wissen, weiss auch keiner der Blog-Leser, wofür die SPD eigentlich noch steht.

Ich will trotzdem an einem konkreten Beispiel verdeutlichen, was ich meine.

Schwarze Null und Schuldenbremse

Die SPD hat zwei Finanzpolitiker in Spitzenpositionen - Olaf Scholz, der für Schwarze Null und Schuldenbremse steht, als Vizekanzler und Finanzminister der GroKo und Norbert Walter-Borjans, der gegen die Schwarze Null und die Schuldenbremse ist, als Co-Parteivorsitzenden. Beide haben auch konträre finanzpolitische Vergangenheiten, die ihren jetzigen Positionen entsprechen.

Angenommen, diese Frage wäre mir politisch wichtig. Soll ich die SPD wählen? Die Antwort auf die Frage ist völlig unabhängig davon, welche Haltung ich selbst zu der Frage habe, denn die SPD als Partei hat offenbar keine (das gilt unabhängig davon, was sie offiziell dazu auf dem Parteitag beschliesst, denn beide konträr eingestellten Politiker bleiben nach dem Parteitag in ihren Spitzenpositionen).

Es gibt sogar zwei Antworten auf die Frage, eine vornehme und eine zynische.

Vornehme Antwort: Da die SPD sich nicht entschliessen kann, wohin sie in dieser Frage will, die Frage mir aber wichtig ist, soll ich sie nicht wählen.

Zynische Antwort: Die Politik der SPD in dieser Frage ist perfekt vorhersagbar. Tatsächliche Macht hat nur Olaf Scholz, hinter dem auch eine Vorstandsmehrheit steht, die sich mit Kevin Kühnert arrangiert hat. Die SPD wird mindestens bis zum Ende der Legislaturperiode auf Seiten der Schwarzen Null stehen und sie wird das Ende der Legislaturperiode nicht vorzeitig herbeiführen. Wenn die Wahl dann kommt, soll ich die SPD trotzdem nicht wählen. Wenn sie wieder zur Regierungsbildung benötigt wird, so wird die Sache zwar genau so wieder aufgelegt, wenn aber nicht, ist meine Stimme verloren. Wenn Sie die Logik genau durchdenken, werden Sie sehen, dass ich die SPD auch in dieser Interpretation nicht wählen sollte, ganz egal, wie ich selbst zur Schwarzen Null stehe. In jedem Fall wähle ich besser entweder die Union oder die Linke.

Das Beispiel lässt sich auf praktisch jede politische Frage und jeden Satz politischer Fragen erweitern. Da Union, Grüne, die Linke und die FDP auch zur Verfügung stehen, gibt es keine politische Haltung, aus der heraus jemand die SPD wählen sollte. Selbst wer das will, was jetzt die GroKo tut, sollte sie nicht wählen (denn für diese Koalition wird es nicht noch einmal reichen). Sie oder er sollte - je nach Geschmacksrichtung der gewünschten GroKo-Politik - die Union oder die Grünen wählen.

Das meine ich mit: Sozialdemokratie. Gibt es nicht.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Gunnar Jeschke

Naturwissenschaftler, in der DDR aufgewachsen, gelebt in Schwarzheide, Dresden, Wako-shi (Japan), Bonn, Mainz, Konstanz und Zürich.

Gunnar Jeschke

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden