Politiker bestimmter Richtungen berufen sich gern darauf, dass ihre Entscheidungen der Wissenschaft folgen und daher alternativlos sind. Umgekehrt beruft sich eine bestimmte Sorte von Wissenschaftlern gern darauf, dass sie sehr viel größeren politischen Einfluss haben sollten als andere Bürger, weil sei im Gegensatz zu diesen wissen würden, was die richtigen Entscheidungen sind. Diese Symbiose zwischen Großpolitikern und Großwissenschaftlern ist letzthin etwas in Verruf gekommen, nachdem sich herausgestellt hat, dass einige auf dieser Basis gefällte Entscheidungen wohl doch nicht so gut waren. Ganz sicher waren sie nicht intellektuell unanfechtbar. Hier versuche ich zu ergründen, was Wissenschaft und Politik einander zu sagen haben. Meine Thesen sind, dass zwischen Politik und Wissenschaft ein Spannungsfeld bestehen muss, wenn eine Gesellschaft nicht stagnieren soll und dass Wissenschaftler sich nicht als Hohepriester einer Staatsreligion eignen. Zunächst definiere ich, wie ich die Begriffe im Titel meines Blogbeitrags verstehe.
Wissenschaftlichkeit
Wissenschaftlichkeit ist wesentlich unpolitisch. Sie besteht darin, unbeeinflusst von anderen Interessen nach der Wahrheit auf einem bestimmten Gebiet zu suchen. Dabei ist bereits verstanden, dass man sich dieser Wahrheit nur annähern kann, also niemals im Besitz der absoluten Wahrheit ist. Eine solche interesselose Suche ist natürlich immer nur ein Ideal. Wissenschaftler sind Menschen, die soziale Anerkennung und ein materiell gutes Leben anstreben, wie andere Menschen auch. Es ist aber wichtig, dass dieses Ideal als Ideal bestehen bleibt und dass es die Spielregeln bestimmt, nach denen Wissenschaftler ihr allgemeinmenschliches Streben in der Wissenschaft verwirklichen können.
Warum ist Wissenschaftlichkeit in diesem Sinne unpolitisch? Praktische Politik erfordert ein ausdauerndes Festhalten an bestimmten Ideen. Wenn ein Politiker bemerkt, dass eine von ihm bislang verfolgte Idee möglicherweise oder sogar ganz bestimmt falsch ist, wird er das in der Regel nicht äußern, zumindest nicht gleich. Es ist eine komplexe Abwägung, ob er wider besseres Wissen weiter an der Idee festhält, sie langsam verschwinden lässt oder, in einzelnen Fällen, doch einen plötzlichen Schwenk vollzieht. Die Hauptdeterminante dieser Abwägung ist die Frage des Machterhalts. Eine solche Abwägung ist dem Wissenschaftler untersagt. Eine Idee wider besseres Wissen zu verteidigen ist in der Wissenschaft Fehlverhalten, so wie es Fehlverhalten ist, einen Fehler nicht einzuräumen, den man erkannt hat. Schon daraus ergibt sich ein Spannungsfeld zwischen Politik und Wissenschaft – im Allgemeinen und in der einzelnen Person.
Was die einzelne Person betrifft, so besteht ein Interessenkonflikt zwischen der Rolle als Wissenschaftler und der Rolle in der Politik. Wissenschaftler sind häufig politische Menschen und dürfen das natürlich auch sein. Problematisch wird es aber, wenn sie eine politische Agenda verfolgen, die mit ihrer eigenen wissenschaftlichen Arbeit verquickt ist. Diese Versuchung ist auf manchen Arbeitsgebieten, wie etwa in der Klimaforschung, groß. Das Verfolgen einer politischen Agenda ist mit ergebnisoffener Forschung unvereinbar.
Dennoch hat gute, ergebnisoffene Forschung der Politik etwas zu sagen. Sie gelangt zu Ergebnissen, welche in der Regel auf ihrem Gebiet die zum gegebenen Zeitpunkt beste verfügbare Annäherung an die Wahrheit sind. Diese Ergebnisse – und ihre Unsicherheit – der Gesellschaft so verständlich wie möglich zu kommunizieren, ist Aufgabe der Wissenschaft. Aus diesen Ergebnissen gesamtgesellschaftliche Schlussfolgerungen zu ziehen und dabei verschiedene Interessen gegeneinander abzuwägen, ist Aufgabe der Politik. In den Diskussionen darüber hat der Wissenschaftler als politischer Mensch die gleiche Stimme wie jeder andere politische Mensch auch – nicht mehr und nicht weniger.
Szientismus
Der Szientismus sieht die Dinge anders als ich sie im vorhergehenden Abschnitt dargestellt habe. Er geht davon aus, dass die wissenschaftliche Methodik auf die Politik anwendbar ist. Wenn dem so wäre, so ließen sich richtige politische Entscheidungen berechnen oder argumentativ ermitteln und wären dann tatsächlich alternativlos. Natürlich verbleibt gerade mit einer wissenschaftlichen Methode eine gewisse Unsicherheit, die im Idealfall quantifiziert werden kann. Es ließe sich jedoch die wahrscheinlich beste Entscheidung ermitteln und diese müsste dann getroffen werden.
Dieses Programm hat sich offensichtlich bisher nicht verwirklichen lassen. Wer selbst einmal Politik betrieben hat, wenn auch nur in kleinem Rahmen, und wenigstens rudimentär zur Reflektion neigt, weiß, dass dieses Programm weltfremd ist. Das liegt schon daran, dass am Ende einzelne Menschen entscheiden und dass das Verhalten einzelner Menschen nicht mit nützlicher Sicherheit vorhersagbar ist. Interessant wäre allerdings, ob sich das Programm verwirklichen ließe, wenn eine künstliche Intelligenz (KI) die Entscheidungen träfe. Das glaube ich aus zwei Gründen nicht, einem praktischen und einem theoretischen.
Der praktische Grund ist, dass Menschen, wie von Nietzsche betont, einen Willen zur Macht haben, zumindest ein großer Teil von ihnen. Sie würden eine KI als Instrument zum Machterwerb und Machterhalt begrüßen. Sie würden aber keinesfalls die Macht selbst, also die Entscheidungsbefugnis, an die KI abgeben wollen. Sobald Machtfragen involviert sind, versagt die wissenschaftliche Methode, wie oben angedeutet. Wenn mehrere KI im politischen Raum agieren würden, müssten zudem auch diese der Logik der Macht folgen, statt (nur) dem Ziel, optimale Entscheidungen zu treffen.
Nehmen wir an, dass der praktische Grund wegfällt. Dafür muss sich die Menschheit einigen, die Macht an eine KI abzugeben. Dann kommt der theoretische Grund zum Tragen. So, wie sich außer dem Baron Münchhausen niemand am eigenen Schopf aus dem Sumpf ziehen kann, muss die KI bei der Berechnung der Entscheidungen von irgendetwas ausgehen. Die Menschheit muss sich also auch auf eine Liste von Zielen einigen, die sie der KI zusammen mit der Macht übergibt.
Ferner nehmen wir an, dass die KI sich strikt an diese Ziele hält, keine eigenen verfolgt und perfekt programmiert ist. Was nun geschehen wird, hängt davon ab, ob die Ziele konkret oder vage waren. Waren sie konkret, so wird sich nach einiger Zeit herausstellen, dass die Entwicklung einige Ziele obsolet gemacht hat und dass andere wichtige Bedürfnisse entstanden sind. Der Fall der vagen Ziele wurde schon von der griechischen Mythologie mit viel Vergnügen abgehandelt. Die Ergebnisse werden dann nicht annähernd den Erwartungen entsprechen.
Was nun geschieht, hängt davon ab, ob die Menschheit die Macht vollständig und endgültig an die KI abgegeben hatte. Wenn ja, endet es sowohl mit konkreten als auch mit vagen Zielen in Dystopien. Wenn nicht, wird die Menschheit neben der KI eine Machtstruktur und auch eine politische Struktur aufrechterhalten müssen. Beides ist nötig, um über die Aktualisierung der Ziele zu entscheiden. Diese Strukturen befinden sich dann wieder außerhalb der Gültigkeit des szientistischen Lösungsansatzes – und sie sind die eigentlich entscheidenden.
Politik
Politik ist die Kunst des Interessenausgleichs. Auch das ist ein Ideal, weil Politiker Machtinteressen verfolgen und um ihr materielles Wohlergehen besorgt sind, wie andere Menschen auch. Aber auch dieses Ideal muss als Ideal aufrechterhalten werden. Politik, die keinen Interessenausgleich mehr leistet, ist dysfunktional und führt auf die Dauer zum Sturz dieser politischen Klasse. Ohne Interessenausgleich zerfällt die Gesellschaft.
Zur Rechtfertigung ihres Machinteresses können die Politiker dem Umstand anführen, dass der Machtkampf der Politik inhärent ist. Interessengruppen werden versuchen, diejenigen Politiker von der Macht zu verdrängen, die anderen Interessengruppen dienen. Der Ausgleich funktioniert nur, wenn es auf allen Seiten standfeste Politiker gibt, die nicht so einfach aus ihren Positionen hinaus zu intrigieren sind. Funktionierende Politik ist daher notwendig ein ständiger Kampf, in dem auch notwendig nicht immer nur die gleiche Seite siegen kann.
Das Verhältnis von Politik und Wissenschaft
Wegen der grundsätzlich verschiedenen Funktionsweise beider Sphären gibt es ein Spannungsfeld zwischen Politik und Wissenschaft. Gute Politik ist durch Wissenschaft gebunden, aber nicht determiniert. Wenn etwa ein Wissenschaftler unwiderlegbar vorrechnet, dass eine bestimmte Art der Energieversorgung nicht wie geplant funktionieren kann, so darf die Politik nicht an diesem Plan festhalten. Sie muss aber durchaus nicht einem Alternativvorschlag folgen, den vielleicht eben dieser Wissenschaftler gemacht hat. Sie kann den Plan anpassen, so dass er doch aufgeht oder sie kann etwas ganz Anderes tun, das die Energieversorgung sicherstellt.
Dieses Beispiel lässt sich erweitern. Ganz gleich, was die Wissenschaft herausfindet und zusammen mit der Unsicherheit dieser Aussage in den politischen Prozess einspeist, es gibt immer Alternativen, um damit umzugehen. Diese Alternativen sind für verschiedenen Interessengruppen von Vorteil oder Nachteil. Die Entscheidung muss also wiederum durch Interessenausgleich ausgehandelt werden. Für dieses Aushandeln sind Wissenschaftler in aller Regel nicht überdurchschnittlich befähigt. Die meisten sind auch in machtpolitischen Fragen nicht sehr bewandert. Zumindest Letzteres muss man Politikern zugestehen – sie sind in ihren Positionen, weil sie wenigstens das konnten. Was ihnen in der Regel fehlt, ist Sachverstand. Um diesen Mangel auszugleichen, brauchen sie Experten, die in vielen, aber nicht allen Fällen Wissenschaftler sind.
Dieses Wechselspiel kann nur funktionieren, wenn beide Seiten ihre Beschränkungen kennen und nicht zu arrogant sind, auf die jeweils andere Seite zu hören. In letzter Zeit scheint es daran in westlichen Gesellschaften auf beiden Seiten zunehmend zu fehlen. Ziemlich viele Wissenschaftler fühlen sich zu Hohepriestern einer neuen szientistischen Religion berufen. Ziemlich viele Politiker setzen bei sich selbst einen generalistischen Sachverstand voraus, den sie nicht annähernd besitzen.
Die Sache ist sogar noch komplizierter. Um überhaupt sinnvoll miteinander kommunizieren zu können, müssen Vertreter beider Seiten wenigsten etwas Einblick in den jeweils anderen Bereich haben. Ein Politiker braucht eine ausreichende Intelligenz, eine ausreichende Allgemeinbildung und hinreichenden praktischen Verstand, um Aussagen eines Experten in Frage stellen zu können. Er muss den Experten mit gegenläufigen Aussagen anderer Experten konfrontieren und dann feststellen können, welcher Experte die besseren Argumente hat. Diese Eigenschaften erwirbt niemand, der schon als Berufspolitiker anfängt, also selbst immer nur Machtfragen, aber nie Sachfragen bearbeitet hat.
Umgekehrt muss ein Wissenschaftler die Bedingungen des politischen Kampfes wenigstens in Grundzügen verstehen, um an Politikern nicht vorbeizureden. Kommunikation hat immer auch eine psychologische Komponente. Ein Politiker wird blockieren, wenn er das, was ihm mitgeteilt wird, als eine Bedrohung seiner Machtposition empfindet. Es ist auch kontraproduktiv und steht dem Wissenschaftler nicht zu, den Politiker steuern zu wollen. Der Grundtenor erfolgreicher Kommunikation ist der Folgende. Wir haben etwas gefunden, das für Ihre Entscheidungsfindung sehr wahrscheinlich relevant ist. Das ist unser Ergebnis und das ist die Unsicherheit unseres Ergebnisses. Wir denken, dass deshalb dies und jenes geschehen könnte, wenn man nichts unternimmt. Der gute Politiker wird dann darlegen, was politisch in welchem Zeitraum umsetzbar sein könnte und nachfragen, ob die Wissenschaft die jeweiligen Auswirkungen abschätzen kann. Wenn man auf diese Weise im Gespräch bleibt und sich am besten nach der Abstimmung gemeinsam an die Öffentlichkeit wendet, kann wissenschaftsbasierte Politik funktionieren, ohne Szientismus zu sein. Von solchen Zuständen sind wir derzeit weit entfernt.
Kommentare 388
Was uns als Wissenschaft präsentiert wird, ist zur Religion erhobene kriminelle Energie, in wissenschaftlicher Sprache propagiert. Also alles andere als Wissenschaft. Unpassende Ergebnisse der Wissenssuche und ihre "Ketzer" werden als "Alternative Fakten" den medialen "Scheiterhaufen" übergeben.
Das ist ein wenig pauschal formuliert.
Wo allerdings Wissenschaft von einer interessierten Seite zur Rechtfertigung von Politik benutzt wird, trifft es mitunter zu. Man darf aber kriminelle Energie nicht zu wörtlich nehmen. Die Betroffenen denken sehr wohl, dass sie etwas Gutes tun, es trifft nur nicht zu.
Sie haben die Situation gut erfasst und beschrieben.
Dazu passt der nachfolgende Text von Wilber
"Die drei Augen der Erkenntnis, 1983
Der heilige Bonaventura lehrte, dass der Mensch mindestens über drei Weisen, Erkenntnis zu erlangen, verfügt – „Drei Augen“, wie er sie nannte: das Auge des Fleisches, mit dem wir die äußere Welt des Raumes, der Zeit und der Dinge wahrnehmen, das Auge der Vernunft, das uns Zugang zur Philosophie, zur Logik und zum Geist selbst verschafft und das Auge der Kontemplation, das uns zur Erkenntnis transzendenter Wirklichkeit erhebt.
Wie lassen sich die „höheren“ Formen der Erkenntnis beweisen? Wenn es keine empirischen Beweise für sie gibt, was bleibt dann noch? Wir scheinen hier vor einem Problem zu stehen, weil wir nicht wissen, dass alle Erkenntnis wesentlich strukturverwandt ist und daher auf ähnliche Weise bestätigt oder widerlegt werden kann. Jede stichhaltige Erkenntnis – gleich in welchem Bereich – besteht aus drei Grundkomponenten, die wir Injunktion, Illumination und Konfirmation nennen.
Injunktion: Wir verstehen darunter eine Reihe von instrumentellen Anweisungen, die einfach oder komplex, innen- oder außengeleitet sein mögen, aber stets die Form haben: „Wenn man etwas Bestimmtes wissen oder erkennen will, muss man dies oder jenes tun.“ Illumination: Wir verstehen darunter das wahrnehmende Sehen mit jenem spezifischen Auge der Erkenntnis, das durch die Injunktion aktiviert wurde. Was da ein-leuchtet, kann einen selbst er-leuchten, es kann aber auch zur dritten Komponente führen, zur Konfirmation: Sie ist das gemeinschaftlich geteilte illuminierende (wahr-nehmende) Sehen derer, die dasselbe Auge benützen. Wenn die anderen die gemeinsame Wahrnehmung bejahen, kommt dies einem gemeinschaftlichen oder konsensuellen Beweis wahrheitsgemäßen Sehens gleich.
Ich möchte nun ein paar Beispiele geben und dabei mit dem Auge des Fleisches beginnen.
Auf der Ebene des fleischlichen Auges, das die einfachste Erkenntnisweise darstellt, können die Injunktionen ganz prosaisch heißen: „Wenn du es nicht glaubst, dass es regnet, geh’ hinaus und sieh nach.“ Der Mensch geht hinaus und sieht – und damit kommt er oder sie zu seiner oder ihrer „Erleuchtung“ bzw. Erkenntnis (Illumination). Wenn auch andere Menschen der Anweisung folgen und wenn sie alle dasselbe sehen, gelangen wir zur konfirmativen Komponente und können sagen: „ Es ist wahr, dass es regnet.“
Wenn wir uns nun dem nächsten Auge, dem Auge des Geistes, zuwenden, stellen wir fest, dass es verwickelter und schwieriger sein kann, die entsprechende injunktive Komponente zu teilen. Aber Sie und ich haben sie hoffentlich im Augenblick gemeinsam und sehen übereinstimmend mit dem geistigen Auge (auch wenn wir über das, was wir sehen, vielleicht nicht völlig einer Meinung sind); wäre es nicht der Fall, würde Sie kein einziges Wort von dem verstehen, was ich hier schreibe. Um aber die Bedeutung irgendeines dieser Worte zu sehen, muss man bestimmte Anweisungen befolgen, nämlich vor allem: „Lesen lernen“. Wir haben es alle getan und dadurch Zutritt zu einer Welt erhalten, die dem Auge des Fleisches nicht unmittelbar offensteht. Die Form des Beweises ist auf der geistigen Ebene dieselbe wie auf den anderen Ebenen und hat dieselben drei Grundkomponenten: Schulung des geistigen Auges, persönliches Erkennen sowie gemeinschaftliches Vergleichen und gemeinschaftliche Bestätigung (oder Zurückweisung). Die Allgemeinverbindlichkeit geistiger Erkenntnisse ist natürlich schwerer zu erreichen als der fleischlich-sinnliche Konsens, denn das fleischliche Auge ist bei jedem dasselbe, der geistige Standpunkt jedoch verschieden. Dies ist keineswegs eine Schattenseite des geistigen Auges; es ist vielmehr ein Zeichen für seinen Reichtum.
Im transzendenten Bereich kommt man auf genau dieselbe Weise zu Erkenntnissen; ihre Grundkomponenten sind ebenfalls Injunktion, Illumination und Konfirmation. Im Zen entsprechen ihnen Zazen, Satori und Bestätigung durch den Meister. Der Beweis im transzendenten Bereich ist letztlich ein Gottesbeweis oder ein Beweis der Buddhanatur oder des Tao – er ist aber weder ein empirischer noch ein rational-philosophischer Beweis, sondern vielmehr ein kontemplativer."
"Das ist ein wenig pauschal formuliert."
und mit Absicht überspitzt.
Ein neuer Versuch, Wissenschaft als ‘neutral’ darzustellen.
In Deutschland (BRD) sehr beliebt... was wiederum wissenschaftlich und politisch erklärbar ist.
Science is political.
The case US:
“Science is political. The science we do is inherently shaped by the funding landscape of government and the problems and issues of society. This means that to have any influence on how science is organised and funded in Australia (or the US or any other country), we as scientists and science communicators must act in ways that matter in the arena of politics.
Wissenschaft ist politisch. Die Wissenschaft, die wir betreiben, ist von Natur aus von der Finanzierungslandschaft der Regierung und den Problemen und Problemen der Gesellschaft geprägt. Dies bedeutet, dass wir als Wissenschaftler und Wissenschaftskommunikatoren auf eine Weise handeln müssen, die im Bereich der Politik von Bedeutung ist, um Einfluss darauf zu haben, wie Wissenschaft in Australien (oder den USA oder einem anderen Land) organisiert und finanziert wird.“
https://theconversation.com/science-is-political-scientific-american-has-endorsed-joe-biden-over-trump-for-president-australia-should-take-note-146394
Repeat:
"Dies bedeutet, dass wir als Wissenschaftler und Wissenschaftskommunikatoren auf eine Weise handeln müssen, die im Bereich der Politik von Bedeutung ist, um Einfluss darauf zu haben,..."
Alles ist politisch?
Wahrscheinlich. Aber...
Aus wissenschaftlicher Sicht verbieten sich sowohl unkritische Huldigungen wie pauschale Verdammungen. Wissenschaft kann nicht als verlängerter Arm der Politik agieren.
Und.
„...das Prinzip der Dialektik. Darunter kann allgemein so viel wie das Denken in Gegensätzen verstanden werden. Im Unterschied zu weit verbreiteten Auffassungen besteht die Welt nicht aus abgeschlossenen und fertigen Dingen und Sachverhalten. Auch verlaufen Entwicklungen nicht eindimensional und gradlinig. Vielmehr muss von einem ständigen Prozess der Auseinandersetzung und des Wandels ausgegangen werden. Die Dialektik ist in dieser Perspektive "die Wissenschaft von den allgemeinen Bewegungs- und Entwicklungsgesetzen der Natur, der Menschengesellschaft und des Denkens" (MEW, Bd. 20, S. 131f.). Hierbei treffen ständig Gegensätze aufeinander... “
https://www.bpb.de/politik/extremismus/linksextremismus/33600/marxismus?p=2
>>"Dies bedeutet, dass wir als Wissenschaftler und Wissenschaftskommunikatoren auf eine Weise handeln müssen, die im Bereich der Politik von Bedeutung ist, um Einfluss darauf zu haben,..."<<
Das ist eine Meinung und diese Meinung halte ich, genau aus den im Beitrag dargestellten Gründen, für falsch.
Dabei kommen mehr Forschungsgelder heraus, aber keine Wissenschaft.
Jetzt haben Sie ja doch wieder Politik reingemischt, das wird m.E. nicht gut gehen, aber okay, versuchen wir es dennoch.
Zunächst einmal stimme ich der Einstellung, dass Politik und Wissenschaft nicht zusammen gehören vollkommen zu. Hier müssen wir Idealisten sein.
Die Wissenschaft ist der Erkenntnis verpflichtet, sonst nichts und niemandem, Punkt.
Was man mit den Ergebnissen macht, ist dann z.B. Aufgabe der Politik.
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„Wissenschaftlichkeit ist wesentlich unpolitisch. Sie besteht darin, unbeeinflusst von anderen Interessen nach der Wahrheit auf einem bestimmten Gebiet zu suchen. Dabei ist bereits verstanden, dass man sich dieser Wahrheit nur annähern kann, also niemals im Besitz der absoluten Wahrheit ist.“
Darum würde ich nicht von Wahrheit, sondern Erkenntnis sprechen, denn Wahrheit ist ein absoluter begriff. Ein bisschen wahr, halb wahr oder zu 85% wahr, was auch immer das heißen soll, heißt zumindest eines, dass es nicht vollständig wahr ist.
Wahrheit ist eine Eigenschaft von behauptenden Aussagen und die sind als Behauptung entweder wahr oder falsch oder (noch) nicht zu entscheiden.
„Der Szientismus sieht die Dinge anders als ich sie im vorhergehenden Abschnitt dargestellt habe. Er geht davon aus, dass die wissenschaftliche Methodik auf die Politik anwendbar ist.“
Das ist im Grunde nur ein belangloser Seitenaspekt. Der Szientismus meint nicht nur, dass „die wissenschaftliche Methodik auf die Politik anwendbar ist“, sondern, dass jede Frage letztlich eine wissenschaftliche Frage ist, da ja, so etwas hört man öfter, letztlich alles physisch sei (also ein Materie/Energie-Komplex) und von daher die Physik im Grunde für alles zuständig sei. Versteht man sie in Tiefe hat man alles verstanden, vom Urknall über die Neurose bis zum Steuerrecht.
„Der praktische Grund ist, dass Menschen, wie von Nietzsche betont, einen Willen zur Macht haben, zumindest ein großer Teil von ihnen. Sie würden eine KI als Instrument zum Machterwerb und Machterhalt begrüßen. Sie würden aber keinesfalls die Macht selbst, also die Entscheidungsbefugnis, an die KI abgeben wollen. Sobald Machtfragen involviert sind, versagt die wissenschaftliche Methode, wie oben angedeutet.“
Macht ist ja erst mal wertneutral und meint 'den Einfluss oder die Fähigkeit, das Verhalten oder Denken anderer zu steuern.'
„Dann kommt der theoretische Grund zum Tragen.“
Der liegt eigentlich darin, dass es den Laplaceschen Dämon nicht gibt, bzw. der sich selbst aufhängt. Man müsste die Berechnung des Endergebnisses mit einberechnen, was wiederum den Ausgang der Berechnung ändert.
Das Problem des Szientismus, der davon ausgeht, dass die Naturwissenschaft alle relevanten Fragen beantworten kann, bzw. alle Fragen letztlich naturwissenschaftlicher Natur sind, ist, dass er seine eigenen vollmundigen Behauptungen nicht einlösen kann und es heute den meisten die drüber nachgedacht haben klar ist, dass sowohl der Physikalismus oder diverse Arten des Biologismus einen Großteil der für uns durchaus relevanten Fragen gar nicht berühren und bisweilen nicht nur reduktive, sondern oft gar keine Antworten geben können.
Übrigens fällt schon der Penisn..., ach nee, Physikerneid nicht mehr in eine der Physik zugängliche Kategorie. :-)
Um nochmal dreinzuhauen:
Wissenschaft hat eine dienende Funktion, und zwar den Menschen!
(Gilt auch für viele andere Lebensbereiche.)
"Jetzt haben Sie ja doch wieder Politik reingemischt"
Ich hatte den Wikipedia-Artikel über Szientismus gelesen und der stellt ziemlich stark auf diesen Aspekt ab. Wir können aber gut auch nur erkenntnistheoretische Aspekte des Szientismus diskutieren.
"Darum würde ich nicht von Wahrheit, sondern Erkenntnis sprechen, denn Wahrheit ist ein absoluter begriff."
Da haben Sie wohl Recht. Wahrheit ist auch ein zu stark aufgeladener Begriff.
"sondern, dass jede Frage letztlich eine wissenschaftliche Frage ist, da ja, so etwas hört man öfter, letztlich alles physisch sei (also ein Materie/Energie-Komplex) und von daher die Physik im Grunde für alles zuständig sei."
Darüber hatte ich 1992/93 in Japan viele Diskussionen mit einem Physiker aus Gevelsberg. Wir waren beide als Stipendiaten der Studienstiftung dort und hatten 11 Monate Überlapp, haben alle Wochenenden zusammen etwas unternommen (halb in Tokio, halb Wanderungen im Umland) und auch mehrtägige Ausflüge. Wir haben dabei über Japan und Europa, Ost und West und Gott und die Welt diskutiert.
Der Punkt ist, dass er in diesem Sinne szientistisch argumentierte. Ich habe das schon damals nicht geglaubt. Über den Punkt werden Sie und ich nicht lange diskutieren können. Wer (in unserem Alter noch) glaubt, dass jede Frage eine wissenschaftliche ist und alles auf die Physik reduziert werden kann, ist kein guter Beobachter.
Wahrscheinlich können wir aber darüber diskutieren, wo die Grenze der Anwendbarkeit der wissenschaftlichen Methode liegt. Darüber haben wir wahrscheinlich verschiedene Ansichten.
"Macht ist ja erst mal wertneutral"
Ich glaube, dass Angela Merkel diesen Satz unterschreiben würde und ich glaube, dass das genau das Problem mit ihr ist. Diese Ansicht ist ein Zeichen mangelnder Reflektion oder (nicht böse gemeint) ein Zeichen mangelnder psychologischer Durchdringung der Frage.
Auch in dieser Hinsicht war Nietzsche schon weiter. Das Denken des Einzelnen (er diskutiert das vor allem für Philosophen) ist sehr stark von seiner psychischen Grundeinstellung beeinflusst. Nietzsche geht dabei, vermutlich nicht ganz zu Unrecht, bis ins Sexuelle. Der psychische Haushalt eines Menschen - Frau wie Mann - bestimmt den Wertekanon, den sie oder er auswählt. Die Rationalisierung und Reflektion setzen erst danach an.
Daraus folgt aber, dass Macht nie wertneutral ausgeübt wird. Die Entscheidungen - und dazu gibt es moderne Forschung - fallen nicht rational, sie werden nachträglich rationalisiert. Sie stammen aus dem gleichen psychologischen Grundhaushalt, aus dem die Wahl des Wertekanons stammt.
"dass es den Laplaceschen Dämon nicht gibt, bzw. der sich selbst aufhängt"
Ich denke, man tut Laplace hier Unrecht, selbst was den Aspekt der Kopenhagener Interpretation der Quantenmechanik betrifft.
Praktisch ist das Programm nicht durchführbar, aber das hat Laplace auch nicht behauptet. Das Problem in der Quantenmechanik tritt nur beim Messprozess auf und ist damit ein Problem, das aus einer Aufteilung der Welt in Beobachtetes und Beobachter resultiert.
Wenn die Dämonin anfangs die Gesamtwellenfunktion und den Hamiltonoperator des Universums mit beliebiger Genauigkeit kennt, kann sie die Entwicklung in beide Richtungen (Vergangenheit und Zukunft) auch mit beliebiger Genauigkeit berechnen, hinreichende Rechnerresourcen vorausgesetzt. Sie muss sich nur ausserhalb des Universums befinden und darf nicht eingreifen. Dann ist das konsistent mit allem, was wir über Quantenmechanik wissen.
Praktisch bedeutet das, dass sie nicht nachprüfen kann, was wirklich geschieht. Beobachtung wäre Wechselwirkung mit dem Universum und dadurch ginge alles flöten. Aber warum sollte sie? Sie weiss ja eh alles.
"Wissenschaft hat eine dienende Funktion, und zwar den Menschen!"
Das ist aber ein schwaches Ohrfeigchen. Da sind wir uns einig.
Kompliziert wird es allerdings, wenn man zu ergründen sucht, w i e sie den Mensch a m B e s t e n dient.
„Der Punkt ist, dass er in diesem Sinne szientistisch argumentierte. Ich habe das schon damals nicht geglaubt. Über den Punkt werden Sie und ich nicht lange diskutieren können. Wer (in unserem Alter noch) glaubt, dass jede Frage eine wissenschaftliche ist und alles auf die Physik reduziert werden kann, ist kein guter Beobachter.“
Ich habe darüber auch lange diskutiert. Ontologisch ist das drin. D.h. man kann die Arme verschränken, sagen, alles sei von Anfang bis Ende physisch, ergo der Rest irgendwie abgeleitet, wie komplex auch immer und das ist erst mal kaum zu widerlegen, da konsistent.
So weit, so gut, nur können Szientisten oft nicht die Füße still halten und begeben sich auf erkenntnistheoretisches Terrain. Da heißt es dann, wenn wir erst die Physik der kleinsten Teilchen richtig verstehen, dann verstehen wir auch alles andere. Dieser Physikalismus ist kein ontologischer mehr und er kann seine Behauptungen regelmäßig nicht einlösen, was schon daran liegt, dass in der Sprache der Physik - was kein Fehler ist – vieles, was uns zentral interessiert überhaupt nicht vorkommt.
Die andere Fraktion der Szientisten, zuletzt die ärgere, sind die Biologisten mit ihren Thesen, für die ähnliches gilt, dass nämlich das, was sie dann gerne reduktiv erläutern („... ist doch nur Hormonausstoß“) eben auch nie erklären kann, was es zu erklären gibt, sondern damit geht in der Regel die Behauptung einher, da sei eigentlich über das Erklärte hinaus nichts mehr. Alles Relevante ist erklärt, der Rest sei dann eben zumindest unwissenschaftlich. Aber Schönheit ist nicht nur Symmetrie, Liebe nicht nur Oxytocin, zumal auch das nicht wirklich etwas erklärt.
Und auch Jenseits des Schwärmerischen gibt es ja durchaus Erkenntnisse über die Liebe.
„Wahrscheinlich können wir aber darüber diskutieren, wo die Grenze der Anwendbarkeit der wissenschaftlichen Methode liegt. Darüber haben wir wahrscheinlich verschiedene Ansichten.“
Ich kann mir vorstellen, dass wir da gar nicht so weit auseinander liegen. Technisch würde ich sagen, dass wenn ein Begriff in jedem Kontext ohne Bedeutungsverlust durch einen anderen ersetzt werden kann, also etwa [Liebe] und [Oxytocinausschüttung], dann sind es bedeutungsgleiche Begriffe, der Szientismus ist aber in nahezu allen Formen eine begriffliche Engführung.
„Ich glaube, dass Angela Merkel diesen Satz unterschreiben würde und ich glaube, dass das genau das Problem mit ihr ist. Diese Ansicht ist ein Zeichen mangelnder Reflektion oder (nicht böse gemeint) ein Zeichen mangelnder psychologischer Durchdringung der Frage.“
Ich halte das einfach für die Definition von Macht. Ich hab da mal was drüber geschrieben und diverse Definitionen durchwühlt:
„Macht ist ein kompliziertes Thema. Wir möchten sie haben, trauen uns aber selten, sie offen einzufordern. Daraus entstehen mitunter skurrile Machtverstrickungen, die als solche auf den ersten Blick gar nicht zu erkennen sind. Aber der Reihe nach.
Was ist Macht überhaupt? Nach einer klassischen Studie von John R.P. French Jr. und Robert Alan Dahl ist Macht “die Fähigkeit von Akteur A einen Akteur B zu einer Handlung zu bewegen, etwas zu tun, was Akteur A von ihm verlangt, abzüglich der Wahrscheinlichkeit, dass der Akteur B die von Akteur A gewollte Handlung auch ohne den Einfluss von Akteur A getan hätte.”[1]
Gemäß Max Weber ist Macht, “jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht.”[2]
Breiter fasst die Sozialwissenschaft Macht, nämlich als “die Fähigkeit einer Person oder Interessengruppe, auf das Verhalten und Denken einzelner Personen, sozialer Gruppen oder Bevölkerungsteile einzuwirken.”[3]
Macht ist also der Einfluss, die Fähigkeit, das Verhalten oder Denken anderer zu steuern.“ (Quelle und mehr)
„Auch in dieser Hinsicht war Nietzsche schon weiter. Das Denken des Einzelnen (er diskutiert das vor allem für Philosophen) ist sehr stark von seiner psychischen Grundeinstellung beeinflusst.“
Da ist zu viel reingewemst, das lädt geradezu zur Beliebigkeit ein. Das Problem ist ja bekannt, es heißt Psychologismus – witzigerweise schreiben ich da gerade was drüber – und ich bin Psychologist. Aber skizzieren wir zunächst das Problem (und bitte ohne Merkel, wozu immer der politische Notausgang?) dann gilt in der Philosophie stets das Argument, ohne Ansehen der Person. Zieht das Argument, ist es gut, egal ob vom Philo-Prof oder Quartalssäufer, Mann oder Frau, schwarz oder weiß, normal oder irre, was zählt ist die Qualität des Arguments.
Aber spielen die Kontexte, spielt die Beschaffenheit des Fragenden, des Argumentierenden wirklich so gar keine Rolle? Nie? Könnte man fragen, ob mit Nietzsche oder anderen. Diejenigen, die gegen den Psychologismus argumentieren (Husserl und Frege vor allem), sagen, dass wer immer was sagt sich mit seinen Argumenten der Logik zu beugen habe, die sozusagen immer vorschaltet ist, zumindest wenn man ernst genommen werden will. Da ist ja was dran, allerdings, wo kommt denn nun eigentlich die Logik her? Surrt sie, wie die Laplacesche Göttin außerhalb der Schöpfung und vor Beginn aller Zeiten umher? Gut, aber – das treue alte Dualismusproblem – wie kommt sie denn dann überhaupt in die Welt? Jo.
Logik als weiteres Mittel der Erkenntnis, gehoben oder destilliert aus der Sprache, das ist die Version, die man erklären kann, zumal es ja nicht die Logik gibt, sondern diverse Logiken, mitsamt ihrer historischen Entwicklung, akutell zumeist zur zweiwertigen Prädikatenlogik.
„Nietzsche geht dabei, vermutlich nicht ganz zu Unrecht, bis ins Sexuelle. Der psychische Haushalt eines Menschen - Frau wie Mann - bestimmt den Wertekanon, den sie oder er auswählt. Die Rationalisierung und Reflektion setzen erst danach an.“
Wie gesagt, ich kenne keinen einzigen Versuch der Reduzierung allein auf die Biologie oder die Rationalität, der mich überzeugen würde. Soll heißen, es gibt auch nach meiner Auffassung biologische Ursachen des Verhaltens, aber all die Versuche unser Verhalten aussschließlich als Ausdruck egoistischer Gene oder von Bindungshormonen zu sehen, sind im Grunde nichts wert, was oft genug schon in der Biologie selbst seinen Anfang nimmt, wo Neurotransmitter, Botenstoffe, Hormone … oft sehr konträre Funktionen haben, ob Oxytocin oder Testosteron, davon ab gibt es noch mindestens ein Dutzend anderer Neurotransmitter, die in einem großen System vereint sind.
Die Rationalisierungen sind auch Müll, Freud hat viel von Nietzsche geklaut, heißt es, er hat es nur sehr systematisch gesehen.
„Daraus folgt aber, dass Macht nie wertneutral ausgeübt wird. Die Entscheidungen - und dazu gibt es moderne Forschung - fallen nicht rational, sie werden nachträglich rationalisiert.“
So gut wie alles wird nachträglich rationalisiert. Das war Freuds erste zentrale Erkenntnis. Noch für den absurdesten Mist findet man rationale Begründungen und wird behauptet, man selbst habe das so gewollt. Interessant ist aber die nächste Wendung: Heißt das wirklich, dass wir unfrei sind?
Denn grundsätzlich ist es ja möglich – Freud hat die Möglichkeiten der Stimme der Vernunft dann kurioserweise sogar überdehnt – den reflexiven Schritt raus zu machen, innezuhalten, abzuwägen und auf dem Boden aller Argumente, auch der Neigungen und Lüste zu entscheiden. Dann schraubt man das immer höher, wenn man kann und will.
„Wenn die Dämonin anfangs die Gesamtwellenfunktion und den Hamiltonoperator des Universums mit beliebiger Genauigkeit kennt, kann sie die Entwicklung in beide Richtungen (Vergangenheit und Zukunft) auch mit beliebiger Genauigkeit berechnen, hinreichende Rechnerresourcen vorausgesetzt. Sie muss sich nur ausserhalb des Universums befinden und darf nicht eingreifen. Dann ist das konsistent mit allem, was wir über Quantenmechanik wissen.“
Nur ein klitzekleines bisschen dualistisch, wodurch man ein großes Problem durch ein sehr großes ersetzt hat.
„Praktisch bedeutet das, dass sie nicht nachprüfen kann, was wirklich geschieht. Beobachtung wäre Wechselwirkung mit dem Universum und dadurch ginge alles flöten. Aber warum sollte sie? Sie weiss ja eh alles.“
Das ist richtig. Wer alles weiß, was geschieht, wie könnte er oder sie etwas wollen?
"was schon daran liegt, dass in der Sprache der Physik - was kein Fehler ist – vieles, was uns zentral interessiert überhaupt nicht vorkommt"
Da stimme ich mit Ihnen überein. Es lässt sich auch in die physikalische Denkweise (Sprache ist Denken) nicht integrieren. Die physikalische Denkweise ist ein intellektuell wunderschönes Werkzeug, um e i n e n T e i l der Realität zu verstehen.
Man kann sogar paradox formulieren, dass das, was im Sinne der physikalischen Denkweise verständlich ist, eben das ist, was im Sinne der conditio humana uninteressant ist. Insofern kann man es sogar als Eskapismus betrachten, wenn jemand Physik betreibt.
"kenne keinen einzigen Versuch der Reduzierung allein auf die Biologie"
Als ich Doktorand war, hat Richard Ernst (mein Korreferent) mal einen Soziobiologen entweder ins Seminar oder ins Institutskolloquium eingeladen. Das bedeutete nicht, dass Richard an Soziobiologie glaubte. Ich war damals jung und habe den Ansatz mit einer Frage attackiert. Ich halte die Soziobiologie auch heute noch für ähnlich unsinnig wie die Theorie der "rational choice" in den Politikwissenschaften.
Natürlich gibt es Aspekte des menschlichen Verhaltens, die durch soziobiologische Ansätze oder "rational choice"-Ansätze erklärbar sind oder erklärbar scheinen. Die Verallgemeinerung auf das gesamte Verhalten ist aber irrig.
"den reflexiven Schritt raus zu machen, innezuhalten, abzuwägen und auf dem Boden aller Argumente, auch der Neigungen und Lüste zu entscheiden"
Ich verstehe schon, was Sie meinen und es fühlt sich auch so an, als ob das ginge. Ich denke aber, dass immer ein Rest bleibt, weil die eigentliche Entscheidung nie rational fällt, sie kommt von "innen". Es wäre ein faszinierender (aber sehr schwierig zu bearbeitender) Forschungsgegenstand, inwieweit man dieses "Innen" konditionieren kann, um die Entscheidung rationaler zu machen (und ob das zu besseren Ergebnissen führt).
Wenn man so will, kann man die Freud'sche Psychoanalyse als einen Versuch einer solchen Konditionierung ansehen. Soweit ich sehe, scheitert dieser Versuch zumeist und wenn er mal funktioniert, ist nicht klar, ob das der Methodik der Psychoanalyse zuzuschreiben ist.
„Da stimme ich mit Ihnen überein. Es lässt sich auch in die physikalische Denkweise (Sprache ist Denken) nicht integrieren. Die physikalische Denkweise ist ein intellektuell wunderschönes Werkzeug, um e i n e n T e i l der Realität zu verstehen.“
D'accord.
Wenn ich besser verstehen würde, wäre ich vermutlich noch hingerissener von der Physik, aber kluge Geister sagen ja, es sei eher Rechnen als Verstehen, kann ich nicht ausreichend beurteilen.
Eskapismus … ist ja alles irgendwie ein bisschen, wohl auch bitter nötig. Habermas spricht vom Außeralltäglichen, das ist keine Randnotiz des Lebens, sondern etwas, was wir so dringend brauchen, wie die Luft zum Atmen, wenngleich vielleicht nicht so oft. Die Mühle des Alltags ist ja wirklich ziemlich irre.
„Ich halte die Soziobiologie auch heute noch für ähnlich unsinnig wie die Theorie der "rational choice" in den Politikwissenschaften.“
Es geht wohl beides ineinander über, Sie werden sich erinnern, wie Kahneman beschrieb, wie jemand die Existenz des rationalen Agenten lückenlos widerlegte und derselbe Mann tags drauf argumenierte, eigentlich sei der Mensch aber doch rational … wenn das kein Beweis für Emotionalität ist. ;-)
Es gibt glaube ich Phasen in denen mal die emotionale und mal die rationale Seite stärker betont ist, wenn es gut läuft kriegt man im Laufe der Zeit beides soweit ausbalanciert, dass man zu beiden Bereichen Zugang hat, ohne dass diese kategorisch getrennt sind.
„Ich verstehe schon, was Sie meinen und es fühlt sich auch so an, als ob das ginge. Ich denke aber, dass immer ein Rest bleibt, weil die eigentliche Entscheidung nie rational fällt, sie kommt von "innen".“
Das widerspricht sich aber nicht und ich stimme Ihnen da zu. Man schaufelt die besten Quellen und Argumente zusammen, geht in sich, diskutiert und dann sollte man noch mal drüber schlafen und das mehr oder minder Unbewusste oder Intuitive mit einbeziehen. Ist das nun einen rationale Strategie (die intuitve Elemente mit einbezieht) oder ist, wenn Intuitionen überwiegen, das Leben nicht viel eher Improvisation? Ich weiß es nicht, letztlich bin ich aber vermutlich kein Rationalist, sondern glaube an die spontane Eingebung die man im Zen trainiert.
„Es wäre ein faszinierender (aber sehr schwierig zu bearbeitender) Forschungsgegenstand, inwieweit man dieses "Innen" konditionieren kann, um die Entscheidung rationaler zu machen (und ob das zu besseren Ergebnissen führt).
Wenn man so will, kann man die Freud'sche Psychoanalyse als einen Versuch einer solchen Konditionierung ansehen.“
Die arbeitet mit dem Verstehen von Zusammenhängen, in dem Fall innerpsychischen. Funktioniert recht gut, ist aber eine zähe Nummer und das große Besteck, was ausgepackt wird. Im Grunde ist es die unerhörte Behauptung, dass jemand (immerhin ein Profi) Teile der eigenen Innenwelt besser kennt, als man selbst. Das ist etwas kränkend, das Angebot besteht darin, diese Behauptung einfach mal auf die eigene Lebenssituation anzuwenden und damit zu spielen. Da geht es aber weniger um Glauben, als darum, zu verstehen und das heißt, man muss mit Deutungen aktiv arbeiten, da geht vieles in die Hose, weil es aber auch wirklich schwer ist. Das Innen wird dabei aber weniger konditioniert, als reflektiert.
Ich glaube, so weit sind wir da nicht auseinander, ob Physik, Statistik, Logik oder Psychoanalyse, letztlich sind das alles Erkenntniswerkzeuge für Spezialbereiche des Lebens, das Lebens als Gesamtkunstwerk muss man sich selbst zusammenbauen.
"kluge Geister sagen ja, es sei eher Rechnen als Verstehen"
Das mag auf Teilgebiete (String-Theorie) zutreffen, wobei es auch sein kann, dass sich nur mir diese Teilgebiete nicht erschliessen.
Dort, wo ich es kann, ist es aber intellektuell tief befriedigend. Tatsächlich gibt es Zwischenschritte, in denen man formell rechnet oder analytisch umformt, ohne in diesen Schritten noch die Physik zu sehen. Aber wenn es klappt, wird am Ende das Ergebnis wieder einfach - man hat numerische Ergebnisse oder einen kurzen mathematischen Ausdruck, deren Interpretation in der Realwelt (das kann auch die Quantenwelt sein) ganz klar ist.
Im Idealfall kann man aus dem Ergebnis eine weitere Voraussage machen und nachmessen (meistens, aber nicht immer sind es bei mir Mitarbeiter(innen), die nachmessen. Und gar nicht so selten ist das Ergebnis im Rahmen der Messunsicherheit dann das vorhergesagte. Das hat Suchtpotential ;-)
"Sie werden sich erinnern, wie Kahneman beschrieb"
In der Tat. Auf Kahneman bin ich übrigens durch die Empfehlung einer ehmaligen Doktorandin gekommen.
Ich habe mich noch nie psychoanalysieren lassen, halte es aber nicht unbedingt für abwegig, dass eine andere Person Aspekte meiner Persönlichkeit besser verstehen könnte als ich selbst. Dass mich ein Unbeteiligter rationaler analysieren könnte, als ich, der ich mit mir emotional involviert bin, ist recht plausibel. Der Shrink muss dann aber auf seinem Gebiet wirklich gut sein.
„Dort, wo ich es kann, ist es aber intellektuell tief befriedigend. Tatsächlich gibt es Zwischenschritte, in denen man formell rechnet oder analytisch umformt, ohne in diesen Schritten noch die Physik zu sehen. Aber wenn es klappt, wird am Ende das Ergebnis wieder einfach - man hat numerische Ergebnisse oder einen kurzen mathematischen Ausdruck, deren Interpretation in der Realwelt (das kann auch die Quantenwelt sein) ganz klar ist.
Im Idealfall kann man aus dem Ergebnis eine weitere Voraussage machen und nachmessen (meistens, aber nicht immer sind es bei mir Mitarbeiter(innen), die nachmessen. Und gar nicht so selten ist das Ergebnis im Rahmen der Messunsicherheit dann das vorhergesagte. Das hat Suchtpotential ;-)“
Kann ich nachvollziehen, auch das mit dem Suchtpotential. Ich hatte mich mal mit jemandem über die sogenannten Lehnsesselgelehrten ausgetauscht, ein etwas abwertender Begriff, aber letztlich ist es ja ein Wunder, dass man beim Nachdenken über die Welt zu sinnvollen Ergebnissen kommt und jene Wege, die zunächst etwas im Dunkeln zu liegen scheinen, sind im Grunde die interessantesten.
Das verbindet dann die Bereiche Physik und Psychologie. Man sollte denken, die Biologie sei da näher dran, aber im Grunde sind die Ansätze der letzten Jahre alle enttäuschend. Ob es eine psychophysische Direktverbindung gibt, scheint da fast spannender zu sein. Natürlich ginge es darum aus dem 'da ist irgendwas' (also, falls) tatsächlich eine Erklärung zu basteln. Penrose hat ja ja irgendwas mit den Mikrotubuli im Sinn, vielleicht noch spannender war ein Schüler von David Chalmers, der eine direkten Einfluss des Bewusstseins auf die Materie nachweisen wollte, aber man kann natürlich auch das Kippen von Gedanken/Emotionen (und Sprache) ins Neurotransmittersystem und zurück betrachten.
Im Grunde wäre das ja Magie, was man dadurch ausbremst, dass man die Wirkung auf den eigenen Körper und sein Bewusstsein beschränkt sieht, aber dieses monadische Konstrukt ist ja physikalisch im Grunde Unsinn. Ich fand Ihre Erläuterungen zu dem Messproblem/-vorgang interessant, ich habe das irgendwie so verstanden, dass bestimmte gerichtete Wellen eines Systems sich mit denen des anderen überlagern und man ausrechnen kann, was sich dabei auslöscht, verstärkt und was am Ende übrig bleibt.
In einer monistischen Welt darf es zwischen Gedanken und Materie keinen Unterschied geben, aber was, warum, wie stark wirkt, würde eine entscheidende Frage.
„Der Shrink muss dann aber auf seinem Gebiet wirklich gut sein.“
Man muss eher die Bereitschaft haben mitzugehen. So aus rein intellektueller Lust am Probieren klappt das zumeist nicht, weil man an der entscheidenden Stelle wieder aussteigt – man hat ja nix. Dazu kommt noch, dass ein Klient, der dem Analytiker intellektuell überlegen ist, mit ihm Schlitten fahren kann, was auch wieder ungünstig ist. Echter Leidensdruck und intellektuelle Augenhöhe, das passt recht gut.
Aber das ist auch gleich wieder interessant, man betritt immer wieder unterschiedliche Räume, Welten mir je eigenen Bedingungen und wie ontologisch real diese Räume sind, das finde ich spannend.
"und dass sich Wissenschaftler nicht als Hohepriester einer Staatsreligion eignen"
Den Job der Hohepriester üben heute die (Kapitalinteressen) Neoliberalen aus. Inklusive Vatikan, versteht sich!
Wissenschaft dient der Wirtschaft (Kapital) und die Wirtschaft lenkt die Demokratie bei uns im Westen. In China lenkt noch die Politik die Wirtschaft.
Da derzeit viel Kapital im Umlauf ist, sind auch verschiedenste zum Teil widersprüchlichste Studien zu erkaufen. Schliesslich muss der totale Lockdown vermieden werden.
Wer unabhängige Wissenschaft will, braucht eigenständige Universitäten. Zur Zeit sind die meisten Universitäten von Stiftungen und anderen Finanzierungsmodellen abhängig. Der Staat hat sich weitgehend zurückgezogen. Erfolgsversprechende Forschung (wie auch der Impfstoffe) werden aufgekauft und landen an der Börse.
Die Pharmaindustrie kassiert hunderte Millionen Euro für Subventionen vom (Steuerzahler!) Staat. Die Innovationen erarbeiten die Professoren mit ihren Studenten. Das Kapital greift die Ergebnisse ab und lässt sie Patentieren. Die Zeche zahlt der Consumer!
In der Volkswirtschaftslehre bezeichnet man dieses Konstrukt als Syndicat.
Kriminelle Vereinigung.
Ein Fall fürs Kartellamt!
"Man sollte denken, die Biologie sei da näher dran, aber im Grunde sind die Ansätze der letzten Jahre alle enttäuschend."
Ich kann verstehen, wie dieser Eindruck zustande kommt. Allerdings arbeite ich mit Kooperationspartnern auch an molekular- und strukturbiologischen Fragestellungen und würde das nicht tun, wenn es nicht für mich auch faszinierend wäre.
Es dauert auf dem Gebiet länger, ehe man etwas wirklich Interessantes in der Hand hat und es ist auch schwerer vorherzusagen (oder intuitiv zu sehen), welche Ansätze zum Durchbruch führen.
Man arbeitet an irgendeinem speziellen Problem und hat in der Biologie zumeist den Eindruck, dass jedes Problem wieder speziell ist und die allgemeinen Zusammenhänge schwer zu finden sind. Andererseits ist es näher an menschlich interessanten Fragen als Spindynamik. Die Proteine spielen eine Rolle bei bestimmten Erkrankungen und selbst wenn man da nur ein kleines Stück vorankommt und das erst in zwanzig Jahren zu neuen Therapien beiträgt, ist es doch nicht unbedingt nutzlos.
"Penrose hat ja ja irgendwas mit den Mikrotubuli im Sinn"
Penrose hat bei uns 2012 die Richard-Ernst-Vorlesung gehalten und genau darüber geredet. So sehr ich ihn sonst achte, fand ich das aber nicht so überzeugend und wie Sie im Link sehen, war ich damit auch nicht allein.
"Dazu kommt noch, dass ein Klient, der dem Analytiker intellektuell überlegen ist, mit ihm Schlitten fahren kann, was auch wieder ungünstig ist."
Das meinte ich eigentlich. Ist arrogant, weiss ich, aber ich hab das mal mit einem Scientology-Mitarbeiter gemacht (da war es eine recht vergnügliche Schlittentour).
"Die Pharmaindustrie kassiert hunderte Millionen Euro für Subventionen vom (Steuerzahler!) Staat. Die Innovationen erarbeiten die Professoren mit ihren Studenten. Das Kapital greift die Ergebnisse ab und lässt sie Patentieren."
Diese Argumentation ist ein wenig stark vereinfacht. Es gibt durchaus Start-Ups, die aus der pharmazeutischen Forschung an Universitäten hervorgehen. Umgekehrt ist es nicht so, dass die Pharmaindustrie gar nicht forschen würde oder es ihr an Kompetenz fehlen würde. Es sind gerade in einem Jahr mehr als ein halbes Dutzend Impfstoffe gegen ein neues Virus bis zur Anwendungsreife gebracht worden.
Etwas überspitzt gebe ich zu, doch trifft es im Kern die Sache. Es werden seit Jahrzehnten kaum neue Medikamente gegen Tbc, Covid 19 und viele andere schwere chronische Erkrankungen erforscht. Selbst das vielversprechend immunologisch wirksame CBD als Medikament gegen Covid 19 wird nur in Kanada, Israel, Schweiz und Österreich erforscht.
"Es sind gerade in einem Jahr mehr als ein halbes Dutzend Impfstoffe gegen ein neues Virus zur Anwendungsreife gebracht werden."
Unausgegorene Impfstoffe, welche normalerweise fast 10 Jahre Entwicklungszeit und Tests unterzogen werden müssten. Forschung bedeutet Kosten für die Pharma. Die lässt sich die Industrie von der Politik subventionieren. Und werden in ausgelagerten unabhängigen Labors entwickelt.
Die besten Impfstoffe werden wahrscheinlich die chinesischen und der russische Impfstoff sein, befürchte ich...
"Die besten Impfstoffe werden wahrscheinlich die chinesischen und der russische Impfstoff sein, befürchte ich..."
Soweit ich weiss, hatten die Russen Vorsprung, weil sie auf eine bereits längere Zeit laufende MERS-Vakzin-Entwicklung draufsatteln konnten.
"Umgekehrt ist es nicht so, dass die Pharmaindustrie gar nicht forschen würde oder es ihr an Kompetenz fehlen würde. Es sind gerade in einem Jahr mehr als ein halbes Dutzend Impfstoffe gegen ein neues Virus bis zur Anwendungsreife gebracht worden."
Nach all Ihren Beiträgen der letzten Monate zum Thema "Corona" erstaunt mich dieser Satz von Ihnen doch sehr.
"Nach all Ihren Beiträgen der letzten Monate zum Thema "Corona" erstaunt mich dieser Satz von Ihnen doch sehr."
Morgen früh bekommen sie sicher eine Reaktion darauf, die Sie zufrieden stellen wird.
Sie müssen bei ihm auch zwischen den Zeilen lesen (und in größerem Kontext). Seit seinen "Wintermärchen", "Thunberg", "Essener Tafel" und natürlich Corona ist mir zumindest klar geworden, was den Prof. Dr. Gunnar Jeschke an der ETH Zürich hier so 'umtreibt' und mir fällt da nur ein ähnlichen Fall ein, wobei derjenige sich aber bereits seit geraumer Zeit zurückgezogen hat (übrigens auch ein Vertreter des 'natürlichen' Klimawandels, zudem ein 'rustikaler' Vertreter seiner Art).
Ansonsten kann ich ausgezeichnet schlafen.
"Nach all Ihren Beiträgen der letzten Monate zum Thema "Corona" erstaunt mich dieser Satz von Ihnen doch sehr."
Welchen meinen Sie, den ersten oder den zweiten?
Die Pharmaindustrie ist hier wirklich nicht das eigentliche Problem.
Seit wann wäre ich ein Vertreter des "natürlichen Klimawandels".
Sie lesen mich ja doch - Sie können nur nicht lesen.
Überzeugend fand ich Penrose da auch nicht, weil die entscheidende Frage nach dem 'Wie?' nicht geklärt wird. Michael Hampe ist übrigens gut, ist der noch an der ETH?
Dass die Fortschritte in der Molekularbiologie immer nur klein sind, dagegen ist ja nichts zu sagen, ärgerlicher fand ich die vollmundigen Behauptungen am Anfang der Neuro-Hypes vor 20 Jahren.
Eine wesentliche Behauptung des Szientismus ist, dass die Welt bottom up konstruiert ist, da mit einem übergeordneten Ganzen (was mehr als die Summe seiner Teile ist) ja etwas Neues in die Welt käme und das darf nicht sein. Versteht man aber das Kleine, versteht man auch das Große. Im Grunde weiß man längst, dass es nicht so ist, spricht von Selbstorganisation und Emergenz, die genau das ausdrücken, was an sich geleugnet wird, dass ein übergeordnetes Ganzes seine Teile eben doch ordnet.
Wie steht nun die eine übergeordnete Einheit zur anderen und beeinflussen sie sich? Beim Messproblem scheint das ja der Fall zu sein, wenn die eine Organisationsstruktur (des Messenden) der anderen (dem zu Messenden) ihr Muster aufzwängt (projiziert). Bei zwei Menschen, Staaten oder Ideologien stellt sich die Frage ja auch. Und noch wenn man in der Molekularbiologie mittels Genschere kleinste Teile verändert und schaut, was, wann und wie passiert: das ist ja kein rein materieller Akt, sondern ein extrem gezieltes, verstehendes (oder um Verstehen bemühtes) Eingreifen. Offensichtlich spielt das Bewusstsein hier ein ganz entscheidende Rolle,
Der Szientismus bietet uns eigentlich als Erklärung nur an, dass Bewusstsein – kann ja nicht von außen dazu gekommen sein – entweder nicht existiert (*hüstel*, aber man kann sowas tatsächlich lesen) oder sich auch dem Weg des Zufalls eben irgendwie evolutionär bewährt hat, was ehrlich gesagt rein gar nichts erklärt. Der Szientismus, als Hardcore-Variante und gleichzeitig Engführung des Naturalismus fährt im Grunde die strategische Behauptung auf Glauben zugunsten von Erklärungen verzichten zu können, gleichzeitig ist es kaum möglich eine Ethik auf seinem Boden zu errichten, eine Sinnperspektive zu formulieren gelingt ebenfalls kaum, allenfalls noch, dass man eben aushalten müsse, dass das alles keinen Sinn hat.
Hoch gepokert, aber warum auch nicht? Blöd nur, wenn man voll auf Erklärungen setzt, diese aber – nach einem > 200-Jährigen Siegeszug, dessen Tragweite man auch in gesellschaftlicher Hinsicht gar nicht abschätzen kann (das war es, wovor Nietzsche warnte) – immer weniger einlösen kann. Da wird Hilfshypothese an Hilfshypothese genagelt, was ja auch okay ist, aber es wenden sich nicht umsonst immer mehr vom Naturalismus ab, in seiner szientistischen Form sowieso,
Spannend ist die Frage, was System, was Einheit ist, wie sie sich durchdringen, überlagern, ergänzen, ein- und unterordnen und wie daraus ein neues System wird. Und natürlich, welche Rolle das Bewusstsein dabei spielt, das man so gerne an den Kleiderhaken außerhalb der Welt hängt, wo es nur still beobachten soll, weil wieder Naturwissenschaftler noch Systemtheoretiker irgendwas damit anfangen können. Man lebt von den Voraussetzungen, die man nachher leugnet, das fand schon Heidegger amüsant.
„Immanuel Kant bezeichnete als Skandal der Philosophie – im Hinblick auf George Berkeley –, dass man für die Realität der Dinge eines Beweises bedürfe. Für Kant „bleibt es immer ein Skandal der Philosophie und allgemeinen Menschenvernunft, das Dasein der Dinge außer uns [...] bloß auf Glauben annehmen zu müssen, und, wenn es jemand einfällt es zu bezweifeln, ihm keinen genugtuenden Beweis entgegenstellen zu können.“ (Immanuel Kant: AA III, 23[2]).
Dem hielt Martin Heidegger unmittelbar entgegen: „Der ‚Skandal der Philosophie‘ besteht nicht darin, daß dieser Beweis noch aussteht, sondern darin, daß solche Beweise immer wieder erwartet und versucht werden. Nicht die Beweise sind unzureichend, sondern die Seinsart des beweisenden und beweisheischenden Seienden ist unterbestimmt.“ (§ 43 von Sein und Zeit, 11. Aufl. S. 217). Er betrachtete die Frage Kants als ein Scheinproblem.“ (Quelle)
Kants 'Beweis' steht dann weiter hinten in der 'Kritik der reinen Vernunft' und ist nicht sonderlich überzeugend, da er der Realität eine gewisse Dauerhaftigkeit attestiert, die Phantasie soll hingegen flüchtiger sein. Heideggers Antwort ist, dass wir uns als immer schon in die Welt Geworfene vorfinden und wenn wir dann alt genug sind um soweit zu abstrahieren, dass wir uns als erkennenden Subjekt erleben und die Welt in einem künstlich-theoretischen Schritt zum Objekt machen, beginnen wir sogleich zu fragen, ob es die Welt eigentlich wirklich gibt, auf der wir Jahre lang herumgekrabbelt sind und mit Matsche gespielt haben oder ob das nicht nur eine Einbildung von uns sei.
Bei allen Arten von Wissenschaft ist das Subjekt immer die andere Seite der zum Objekt gemachten Welt, mit viel Antrengung versucht man sie dann als an sich überflüssig, nicht existent oder dergleichen rauszuschmeißen. Das ist schon seltsam und Szientisten treiben es da zu besonderen Stilblüten.
Wahrscheinlich steckt hinter der Person "Gunnar Jeschke" in Wahrheit Günter Wallraff.
Beide Sätze (hatte mich beim Formulieren vertan).
Sicher ist die Pharmaindustrie nicht das eigentliche, jedoch aber ein ziemlich grosser Teil des Problems.
Die "Kompetenz" im beschrieben Fall liegt hier nämlich (m.M.n.) aber nicht im vermeintlichen Bereitstellen notwendiger, wirklich hilfreicher und sinnvoller Produkte (in Bezug auf den proklamierten Zweck), sondern nur im Mitverursachen und Ausnutzen der "Gegebenheiten".
Und im Gemeinmachen mit den sinistren Zielen Dritter.
Interessanter Gedanke, aber der brauchte diese Form der Selbstvermarktung nicht. Außerdem ist Wallraff ein 'Bollerkopf', was man nun von Jeschke nicht sagen kann.
das ist keine zuspitzung, sondern eine un-wahrheit/teil-wahrheit:
wissenschaft/systematisches erforschen ist auch dienlich
der beherrschung un-ruhiger geister, der befriedung
von konfligierenden sozialen aus-einandersetzungen.
die sponsoren der forschung
sind nicht primär an umfassender emanzipation interessiert,
eher an mühsal-reduktion,
vor allem zugunsten der sponsoren(ob staatlich oder privat) .
Zu diesem Blog möchte ich nichts sagen, weil ich Argumente wiederholen müßte, die ich in dem parallelen Blog „Theorien sind nicht Fakten“ vorgebracht habe, soeben ganz fundamental zu Gunnar Jeschke.
Zu Kant und Heidegger. Beide waren Pedanten; hier hat Heidegger recht, aber viel früher und lässiger hat Hegel in gleicher Weise Kant kritisiert mit seinem Bonmot „die Furcht zu irren ist der Irrtum selbst“.
Es brauchte aber einen Gegenpart zur Figur des "Karl Lauterbach", wie er von Hape Kerkeling so ganz hervorragend gespielt wird.
Haben Sie denn Günter Wallraff und "Gunnar Jeschke" schon einmal zusammen gesehen? Ich auch nicht.
Jetzt dürfen Sie sich aber nicht über Verschwörungstheoretiker lustig machen, sonst gibt es noch Ärger im eigenen Stall.
Ich habe Herrn Jeschkes finstere Absichten, die ihn hier so umtreiben, nicht aufgedeckt. Aber endlich sagt es mal einer.
Keine Sorge, ich bin auf beiden Augen blind.
"dass ein übergeordnetes Ganzes seine Teile eben doch ordnet"
Nun ja, strikt beweisen kann man das nicht. Es gibt tatsächlich Selbstorganisationsphänomene, die erstaunlich wirken, aber bottom up mit den bekannten Wechselwirkungen erklärt und in Computermodellen reproduziert werden können. Computer können mittlerweile auch die Faltung (kleiner) Proteine simulieren.
Die Frage, ob die Welt teleologisch konstruiert ist, ist meiner Ansicht nach nicht entscheidbar. Aus unserer Sicht wirkt das sehr wahrscheinlich, aber wir könnten prinzipiell schon das Ergebnis eines würfelnden Gottes sein.
Ich halte die ganze philosophische Diskussion über Realität eigentlich auch für ein Scheinproblem, aber das kann an der Sicht des Naturwissenschaftlers liegen. In dem Bereich der Welt, der überhaupt mit Naturwissenschaft erklärbar ist, funktioniert die Annahme eine objektiven Realität glänzend. Im täglichen Leben funktioniert sie zumindest sehr gut. Man kann es durchaus als Spinnerei ansehen, wenn jemand einen Beweis verlangt.
Selbst die religiösen Traditionen setzen etwas Voraus, was einer objektiven Realität ziemlich ähnlich ist. Wenn man sich aus Unachtsamkeit den Zeh stösst, wirkt die Annahme einer objektiven Realität verdammt überzeugend.
Meine Laufzeiten sind schlecht und werden immer schlechter, aber wenn Günter Wallraff wenigstens noch mein Tempo erreicht, ist er für sein Alter verdammt gut drauf.
"Sicher ist die Pharmaindustrie nicht das eigentliche, jedoch aber ein ziemlich grosser Teil des Problems."
Ich halte sie in dieser Sache eher für Trittbrettfahrer.
Im Prinzip stehe ich der Pharmaindustrie wirklich nicht unkritisch gegenüber - das ist ein Bereich, in dem reine Marktwirtschaft nicht (mehr) zu funktionieren scheint. Andererseits gibt es dort verdammt viel Kompetenz, auch solche, die es in der universitären Pharmaforschung in dieser Art (Vernetzung) nicht gibt. Wenn man da etwas Umorganisieren will, sollte man sich hüten, das Kind mit dem Bade auszuschütten.
"Haben Sie denn Günter Wallraff und "Gunnar Jeschke" schon einmal zusammen gesehen?"
Ich übrigens auch nicht.
„Ich halte die ganze philosophische Diskussion über Realität eigentlich auch für ein Scheinproblem, aber das kann an der Sicht des Naturwissenschaftlers liegen.“
Das tut es gewiss, ist aber das, was wir hier eigentlich diskutieren müssten. Ich wundere mich darüber, wie beharrlich (gerade unter echten Szientisten, aber denen ist wirklich nicht zu helfen) die Vorurteile gegenüber den 'unexakten' oder weichen Wissenschaften ist – als hätte Popper nie was dazu geschrieben – vor allem aber gegenüber der Philosophie, die vielen als reines Gelaber gilt.
Es ist grundfalsch, dass es in der Philosophie nur ums Daherreden ginge, die Leute haben nur keine Ahnung davon, erstaunlicherweise wissen viele Naturwissenschaftler gar nicht, dass sie einer philosophischen Strömung angehören und welcher. So als könnte man sich überhaupt dagegen entscheiden, ganz hilflos wird es, wenn jemand vollmundig sagt, das Gerede interessiere ihn nicht, sondern nur Fakten. Das ist dann eine Bildungslücke und manchmal kann man da helfen.
Und natürlich gibt es Entwicklungen, Ergebnisse und Fortschritte in der Philosophie, nur liegt es in der Natur der Sache, dass man darauf nicht deuten kann, wie auf Auto, Rakete und Smartphone. Klar kann man dies und das benennen, kann die 'linguistische Wende', den 'Kompatibilismus' oder die 'zweiwertige Prädikatenlogik' anführen nur geht es gar nicht um diese Vorzeigekisten. Neulich habe ich in Habermas' neuem Buch schlappe 40 Seiten über Duns Scotus gelesen, von dem ich vorher wusste, dass es ihn gibt, mehr aber auch nicht. Es ging darum, wie sich bei ihm bestimmte Begriffe allmählich und fast unmerkbar verschoben haben, Begriffe wie 'Sein', 'Kosmos' usw, und darum welche Konsequenzen diese sanfte Begriffsverschiebung für die Entwicklungen in der Philosophie, hin zum nachmetaphysischen Denken hatte. Das klingt so erregend wie eine Steuererklärung, aber es ist wie bei allem, am bei dem von Ihnen beschriebenen Abtauchen in den Tunnel der Mathematik und dem Moment, wenn man wieder ans Licht der Physik kommt oder bei irgendeiner intensiven Hinwendung zur Musik oder Sonstigem, wenn man im flow ist und das wirklich erlebend und verstehend nachvollziehen kann, dann ist man in einer eigenen Welt angekommen und versteht auch unmittelbar welche Bedeutung das hat.
Dröges Lernen von irgendwelchen Bescheidwissereien sind immer öde, aber Sie kennen die Unterschied und wenn man die Beziehungen und Zusammenhänge sieht, dann sieht man sie eben auch. Ob sie echt sind, ist dann die andere Frage, aber die Realität gibt es über die Behauptung hinaus, gerade wenn man sich auf die Gegenposition – in dem Fall den radikalen Konstruktivismus, der behauptet, alles sei nur sinnliche Wahrnehmung und über die Realität könne man rein gar nichts aussagen, nicht mal, ob es sie gibt – einlässt, kommt man weiter. Das ist so zäh und mühsam, wie in anderen Bereichen auch, man dreht einfach jeden Stein um, soll heißen, man sucht nach der besten Definition für die Begriffe, um die es geht. Wer den Unterschied zwischen Realität (das was ist) und Wirklichkeit (das was wahrgenommen wird) stark machen will, sollte beides definieren können, auch wenn man sagen möchte, dass man die Realität ja gerade nicht sehen kann. Ja warum denn eigentlich nicht? Woher weiß jemand das so sicher? Das wird dann in den Schraubstock gepresst und das wird kleinteilig und fisselig … aber nicht ergebnislos.
„In dem Bereich der Welt, der überhaupt mit Naturwissenschaft erklärbar ist, funktioniert die Annahme eine objektiven Realität glänzend.“
Dagegen wird auch kein Philosoph der Welt etwas einwenden. Problematisch wird es immer dann, wenn man etwas leugnet, auf was man selbst zurückgreift und noch problematischer, wenn man das auch nach einem Hinweis nicht bemerkt oder versteht. Da wird dann Rationalität geleugnet, Willensfreiheit, die Innenwelt, aber interessanter ist eigentlich zu verstehen, warum es aneinander vorbei geht. Der Nullpunkt der Naturwissenschaft ist der Urknall, der der Philosophie ist das eigene Erkennen. Das sind zwei wirklich verschiedene Ansätze.
„Selbst die religiösen Traditionen setzen etwas Voraus, was einer objektiven Realität ziemlich ähnlich ist. Wenn man sich aus Unachtsamkeit den Zeh stösst, wirkt die Annahme einer objektiven Realität verdammt überzeugend.“
Das würde Descartes nicht erschüttern, der leugnet nicht die Existenz sinnlicher Wahrnehmungen, sondern behauptet – nicht zu unrecht – dass man nicht ausschließen kann, dass es sich dabei um eine Täuschung handelt. Descartes wird deshalb immer gebasht, weil alle Welt auswendig gelernt hat, dass der Dualismus gar nicht geht und unbedingt vermieden werden muss. Aber der intellektuelle Nachvollzug von Descartes' Idee, der sagt, dass einzig Sichere – da er an allem zweifeln kann – sei, dass er zweifle und da das Zweifeln eine Funktion des Denkens ist, dass er denkt, also: 'Ich denke, also bin ich', ist nun alles andere als dämlich und wenn man mal genau erläutern soll, was eigentlich falsch daran ist, dann gerät man bereits ins Flattern. Und Descartes zu widerlegen gilt schon als philosophischer Breitensport.
Ich hätt' ja geschrieben: Wir auch nicht. :-)
"Es ist grundfalsch, dass es in der Philosophie nur ums Daherreden ginge"
Ei, ich habe gar nicht so wenig davon gelesen, obwohl mich die meiste zeitgenössische Philosophie nicht so anhebt.
Das Spekulieren ist ja vergnüglich, man lernt auch durchaus etwas daraus, aber es bleiben weiche Argumente. Nietzsche zum Beispiel war das sehr wohl bewusst, wenn Sie ihn genau lesen.
In der Philosophie hat man immer eine Wahl, in welche Richtung man gehen möchte. Man sieht dann viele interessante Dinge, ganz gleich übrigens, in welche Richtung man geht. Es ist wie bei einer Wanderung, nur sollte man mit einer Wanderung doch bitte nichts zu beweisen versuchen.
„Das Spekulieren ist ja vergnüglich, man lernt auch durchaus etwas daraus, aber es bleiben weiche Argumente.“
Nein, das stimmt einfach nicht. Die Wiederholung des immer Gleichen – hier der vorgeblichen Weichheit – ist zwar ein gängiges Stilmittel von Szientisten, falsch bleibt es dennoch.
Behauptende Argumente sind entweder richtig oder falsch, beim Feintuning geht es dann um Billigungen und Reichweiten derselben, daran ist nun nichts Weiches zu entdecken. Die Philosophie ist keinesfalls unscharf, nur schwer.
Im Reich der Stochastik geht es viel unschärfer vor, die spannende Frage ist, was nun die Realität besser abbildet. Messungen und empirische Resultatet stehen immer im Kontext von Theorien, sie können gar nicht ohne existieren. „42“ als Allroundantwort bringt eben nichts, wenn man die Frage vergessen hat.
„In der Philosophie hat man immer eine Wahl, in welche Richtung man gehen möchte.“
Nur solange man begründet, was man tut. Sich Sonntags hinzusetzen und sich mal ein paar Gedanken über das Leben, den Sinn von allem und das große Ganze zu machen, ist das, was sich Hans und Franz vielleicht unter Philosophie vorstellen, allerdings ist die sehr systematisch, man kann Logik, Erkenntnistheorie, Metaphysik, Ethik usw. tatsächlich lernen und ich verrat' noch was, man muss es sogar. Der Rest ist Lektüre, bis zum Erbrechen, aber eben nicht der passive Konsum, sondern aktives Mitdenken.
Die Richtungen sind verschieden, der Ansatz ist immer der gleiche, es zählt das bessere Argumente und irgendwann erlebt man dass „der eigentümlich zwanglose Zwang des besseren Arguments“ (Habermas) nicht nur so daher gesagt ist.
„Es ist wie bei einer Wanderung, nur sollte man mit einer Wanderung doch bitte nichts zu beweisen versuchen.“
Alles Quatsch, aber Sie haben hier wenig Ahnung und wenig Zeit und wollen mit Banalitäten und dem, was man doch so weiß punkten.
Egal, ist nicht schlimm, man muss nicht alles wissen, weiter scheinen wir hier nicht zu kommen, ich finde den Abgleich diverser Sichtweisen spannend und Ihre Ausführungen zum Messproblem haben mir geholfen, da muss ich mich hilflos durch die Gegend tasten.
Dann müssen Sie mich am Stallgeruch erkannt haben?
Sie riechen noch mit am wenigsten.
"Ich habe darüber auch lange diskutiert. Ontologisch ist das drin."
Dazu mal eine Frage (auch in die Runde), und zwar eine der Sorte WasIchImmerSchonMalFragenWollteWeilIchEsFürDasAbstraktesteAbstraktumÜberhauptHalte®:
Welche Bedeutung hat eigentlich der Begriff ONTOLOGIE? In welcher Weise konkretisiert er eine Aussage? Ich halte ihn eher für eine Flagge, die signalisieren soll: Achtung, wir befinden uns auf philosophievermintem Gelände. Und wir haben den Begriffsapparat IM GRIFF. Was also bedeutet die Aussage "Ontologisch ist das drin."?
Oder: "Aber das ist auch gleich wieder interessant, man betritt immer wieder unterschiedliche Räume, Welten mir je eigenen Bedingungen und wie ontologisch real diese Räume sind, das finde ich spannend."?
Ohne Zwischenräume geschrieben wird die Sorte Frage nicht richtig "gesetzt":
Was ich immer schon mal fragen wollte, weil ich es für das abstrakteste Abstraktum halte®
„Welche Bedeutung hat eigentlich der Begriff ONTOLOGIE?“
Die Lehre vom Sein, im Sinne von dem was 'ist' oder was 'es gibt'. Also was existiert.
Fragt man nun aber danach, fängt der Ärger an und hört auch so schnell nicht mehr auf. Da wird dann zwischen Sein und Seiendem getrennt, in dem Fall gibt/gäbe es oberhalb oder außerhalb des Seienden noch mal Sein.
Darüber kann man dann ewig und drei Tage diskutieren, für manche ist Sein nur materiell-energetisches/physikalisches Sein und der Rest nur abgeleitet.
Andererseits kann man schlecht leugnen, dass es sowas wie Denken Bewusstsein usw. tatsächlich gibt, will man sich nicht selbst widersprechen.
Wichtig ist nicht, was man meint, sondern wie man es begründet – also warum genau das das Sein oder wirkliches, echtes Sein sein soll und nichts anderes – und dabei erweist sich dann oft, dass die Prämissen und die Begründung identisch sind, was dann eine zirkuläre Begrünfung ist, mit der man auf der Stelle tritt.
Markus Gabriel betrachtet z.B. fiktionale Figuren, wie Hexen als seiend und will darin keine Existenz zweiter Klasse erkennen und dumm ist der Mann gewiss nicht.
Im chinesischen und asiatischen Denken ist Sein etwas viel prozesshafteres, da gibt es Zwischenzustände, unser Sein ist eher dinghafter und auf fixe oder starre Entitäten bezogen.
Ich glaube, dass wir allzu vollmundige Behauptungen über die ontologische Situation nicht treffen können, weil wir einerseits zwar einen Zugang zur Realität haben, aber nicht zu all ihren Aspekten, so dass wir mit dem Vorlieb nehmen müssen was uns erscheint und wir zwar berechtigt schließen dürfen, dass es eine reale Umwelt gibt, viel mehr aber auch nicht, woraus die so wirklich und echt besteht, kann zumindest ich nicht sagen.
Das Sein erscheint uns im oder als Logos und den können wir nicht ausknipsen.
Wenn man ehrlich ist, beginnen die Spekulationen eher, als einem lieb sein kann. Es gibt Bewusstsein, das kann man nicht bezweifeln. Eine Form der Existenz auch, was damit wohl einher geht. Inwieweit das ein Ich ist, ist schon fraglich. Eine Um- und Mitwelt zuzulassen ist leichter, als sie zu leugnen oder zum Konstrukt von meinem Bewusstsein zu machen: Denn wie konnte ich Finnen schaffen und ihre Sprache, wo ich doch kein Finnisch spreche? Wie kann ich andere geschaffen haben, die mir dann etwas erklären, was ich selbst nicht verstehe, wobei ich ja irgendwie dafür gesorgt haben muss, dass die können, was sie können … auch das, was ich nicht kann und verstehe – schwer zu rechtfertigen.
„Was also bedeutet die Aussage "Ontologisch ist das drin."?“
In dem Fall heißt das, dass der Physikalismus (die Annahme, dass alles aus Materie/Energie besteht, also dem, womit die Physik umgeht) eigentlich nur eine ontologische Behauptung ist und da ist sie auch relativ unangreifbar, wenn man sich nicht weiter rührt. Weiter rühren heißt etwa, zu behaupten, dass man, wenn man die Beziehung der kleinen und kleinsten Teilchen versteht, auch alles andere versteht, w e i l ja alles physisch ist. Das wäre eine erkenntnistheoretische Behauptung.
Damit läuft man regelmäßig auf Grund, weil die Kenntnis von Quanten und ihrem Verhalten uns eben nichts über das Steuerrecht, Jazzmusik und Neurosen erklärt. Dennoch kann man (ontologisch) sagen, alles müsse aus Materie sein, aber wie das (erkenntnistheoretisch) alles funktioniert, weiß man eben nicht. Im Grunde ist das der Punkt, an dem man sich heute befindet. Man kann mit dem Physikalismus ontologisch punkten, aber nichts erklären.
„Oder: "Aber das ist auch gleich wieder interessant, man betritt immer wieder unterschiedliche Räume, Welten mir je eigenen Bedingungen und wie ontologisch real diese Räume sind, das finde ich spannend."?“
Steuerrecht, Jazzmusik und Neurosen sind in gewisser Weise eigene Welten mit eigenen Regeln. Wenn wir die Physik der kleinsten Teilchen richtig gut verstehen, bringt uns das für die Jazzmusik rein gar nichts. Man könnte auch sagen, nicht die Physik, aber die Biologie könne uns da helfen, etwa die Hirnforschung. Verstehen wir erst das Hirn, verstehen wir auch Steuerrecht, Jazzmusik und Neurosen. Klappt aber leider auch nicht mal in Ansätzen.
Man kann sich aber mit den entsprechenden Experten Stunden über Steuerrecht, Jazzmusik und Neurosen unterhalten und dabei braucht man keinerlei Rückgriffe aufs Hirn oder auf die Quantenwelt. Aber g i b t es jetzt Steuerrecht, Jazzmusik und Neurosen wirklich? Einerseits ja, klar, wie könnte man sonst Stunden drüber reden? Andererseits, wenn alles Physik ist, was genau i s t dann das Steuerrecht? Das ist ja in dem Sinn nicht materiell. Oder doch? Auch wirkt eine Unterschrift unter einem Vertrag ja auch nicht, wie ein magnetisches Feld.
Immer wieder kreist man dabei um die Frage, was es eigentlich wirklich gibt (die ontologische Frage) und was evtl. nur abgeleitet.
Ist das einigermaßen klar geworden, oder nur noch schlimmer?
"Behauptende Argumente sind entweder richtig oder falsch"...
aber es muss nicht entscheidbar sein, ob sie richtig oder falsch sind.
Das ist der Punkt.
Wenn Nietzsche und Heidegger sagen können, ich sehe das anders als Kant, Popper noch wieder anders und Feyerabend zeigt, dass man auch Poppers Schlussfolgerungen mit guter Berechtigung in Zweifel ziehen kann, dann ist es wohl möglich, dass es in jeder der angesprochenen Fragen ein richtig oder falsch gibt. Aber wir wissen selbst dann nicht, wer von den einander widersprechenden Philosophen Recht hat. Und die widersprechen sich ja nicht, weil auch nur einer darunter dumm gewesen wäre. Es ist ein Weseensmerkmal der Philosophie.
Ich halte nicht einmal für ausgemacht, dass ein behauptendes Argument wahr oder falsch sein muss.
"Larissa liebt Lars."
In manchen Fällen ist das ein entscheidbarer Satz, manchmal aber auch nicht.
"Die Wahrheit lässt sich mit Wörtern ausdrücken."
Mal ja, mal nicht. Kommt drauf an, was für eine Wahrheit. Geht etwas in Richtung "wovon man nicht sprechen kann...".
"es zählt das bessere Argument"
Ich gebe gern zu, dass man falsche Gedanken in der Philosophie erkennen kann. Ich bin aber von zwei Dingen nicht überzeugt
1. Dass alle richtigen Gedanken in der Philosophie notwendig konsistent sein müssen, also ein System bilden
2. Dass ein richtiger Gedanke in der Philosophie ausschliesst, dass das gegenteil auch richtig ist
Wenn Sie meinen, in der Philosophie gäbe es etwas Bewiesenes, dann geben Sie doch bitte drei Beispiele. Das macht dann die Sache wahrscheinlich klarer.
"moorleiche liebt philosophisches denken."
"Darüber kann man dann ewig und drei Tage diskutieren, für manche ist Sein nur materiell-energetisches/physikalisches Sein und der Rest nur abgeleitet."
Kann man nicht irgendwie beweisen, wer da Recht hat?
Oder ist das auf ewig und drei Tage nicht entscheidbar?
"Das Sein erscheint uns im oder als Logos und den können wir nicht ausknipsen."
Der Zen-Buddhismus denkt, er kann.
Das Paradoxe ist ja, ich liebe es auch.
Ich habe mir sogar mal Sloterdijk reingequält, wahrscheinlich in der Hoffnung, diese Liebe loszuwerden, aber ich hatte hinterher nur eine Abneigung gegen Sloterdijk, nicht gegen Philosophie allgemein.
„Aber wir wissen selbst dann nicht, wer von den einander widersprechenden Philosophen Recht hat.“
Das müssen wir auch nicht zwingend. Irgendwen findet man besser als den anderen. Philosophen fragen einen, wieso das eigentlich so ist. Dann geht man zurück zu den Gründen, die man dafür hat oder zu haben meint. Bis man beim: Weil das eben so ist ankommt. Eventuell fragt man weiter, wie man darauf kommt.
Die Idee, dass es einen gibt der ein für alle mal Recht hat, ist schon etwas, was man hinterfragen kann. Warum sollte das so sein? Weil man die Wahrheit messen kann und dann alle Fragen entschieden sind? Das glauben Szientisten, von den Philosophen eher die Minderzahl.
Die persönliche Frage ist eigentlich immer, wen ich jetzt gerade besser finde und warum. 5 Jahre später kann das anders sein.
„Ich halte nicht einmal für ausgemacht, dass ein behauptendes Argument wahr oder falsch sein muss.“
Was sonst?
„"Larissa liebt Lars."
In manchen Fällen ist das ein entscheidbarer Satz, manchmal aber auch nicht.“
Klar, aber der Philosoph muss um maximale Klarheit bemüht sein, nicht darum nebulös zu erscheinen. Hier ist ja gar nicht klar, was das heißen soll.
Der Wunsch nach hoher Präzision kann zu Bandwurmsätzen führen, weil man jede Eventualität reinbringen will. Kant ist dafür ein Beispiel, man kann sich drüber streiten, wie gut er schreiben konnte. Apel wäre ein anderer.
„Mal ja, mal nicht. Kommt drauf an, was für eine Wahrheit. Geht etwas in Richtung "wovon man nicht sprechen kann...".“
Darüber muss man schweigen.
„Ich gebe gern zu, dass man falsche Gedanken in der Philosophie erkennen kann. Ich bin aber von zwei Dingen nicht überzeugt
Dass alle richtigen Gedanken in der Philosophie notwendig konsistent sein müssen, also ein System bilden“
Doch, das ist die Grundbedingung, sonst ist es keine Philosophie. Der beste Philosoph dem ich mal live begegnet bin, habe ich mal etwas von mir vorgestellt, was er sich netterweise anschaute. Ich sagte „Ich weiß nicht genau, was Du erwartest“ und er sagte nur ein Wort: „Konsistenz.“
„2. Dass ein richtiger Gedanke in der Philosophie ausschliesst, dass das gegenteil auch richtig ist“
Das ist eine der Grundbedingungen der Logik. Allerdings stellte Quine fest, dass 'die Logik' nicht sakrosankt ist, man schraubt an ihr nur deswegen ungern herum, weil das eben ein großes Zahnrad ist. Einer aus dem Wiener Kreis, der Philosoph und Physiker war (Name ist mir gerade entfallen, Waissmann?) fragte auch, ob wir angesichst der Unschärferelation nicht die Logik ändern müssten.
Kurz und gut, keine Ahnung, aber wie immer käme es hier auf die Argumente an. Zu klären wäre, unter welchen Bedingungen der Satz vom Widerspruch kein Ausschlusskriterium, also nicht falsch wäre. In der verrückten Quantenwelt kann das durchaus sein und dann ist wieder zu klären, was es nun heißt, dass unsere Grundbausteine sich evtl. oder tatsächlich ganz anders verhalten, als dass was uns im Mesokosmos begegnet.
Wenn etwas und sein Gegenteil gleichzeitig richtig und falsch sein können, müsste die Logik geändert wäre, klarer Fall.
„Wenn Sie meinen, in der Philosophie gäbe es etwas Bewiesenes, dann geben Sie doch bitte drei Beispiele. Das macht dann die Sache wahrscheinlich klarer.“
Die ganzen logischen Schlussregeln.
Dass eine Regel interpretiert werden muss.
Dass der Empirismus das voraussetzt, von dem er denkt, es würde durch Erfahrung erst entstehen.
Die Unmöglichkeit einer Privatsprache.
Dass Determinismus und freier Willen einander nicht ausschließen.
Ich weiß nicht, ob er in Konzepten wie dem Sein denken würde.
Was man denkend erledigen kann, sollte man denkend erledigen, ich bin aber am Ende des Tages kein Rationalist, die Zen-Welt ist jedoch auch nicht ganz ohne, ich sehe sie aber nicht in Konkurrenz zur Philosophie, da der Ansatz ein ganz anderer ist. Hier wird das Denken ja beobachtend zurückgewiesen.
"Die Idee, dass es einen gibt der ein für alle mal Recht hat, ist schon etwas, was man hinterfragen kann. Warum sollte das so sein?"
Da sind wir uns ja einig.
Das ist aber eben schon ein Unterschied zur Physik. Das Fallgesetz funktioniert im Rahmen seiner Anwendbarkeit (die man kennt) immer. Man kann Voraussagen damit machen, die sich bestätigen werden, mit der Quantenmechanik übrigens auch.
Das spricht nicht gegen die Philosophie. Diese erhebt ja nicht mal den Anspruch zu "funktionieren".
Aber man muss schon aufpassen, worauf man sich mit welcher Sicherheit berufen kann.
„"Darüber kann man dann ewig und drei Tage diskutieren, für manche ist Sein nur materiell-energetisches/physikalisches Sein und der Rest nur abgeleitet."
Kann man nicht irgendwie beweisen, wer da Recht hat?
Oder ist das auf ewig und drei Tage nicht entscheidbar?“
Mir gelingt es nicht. Zu behaupten, dass es Materie gibt, ist ja nicht ganz dämlich. Ich weiß nicht, inwiefern es gesichert ist, dass das Universum ein thermodynamisches System ist, so weit ich das verstehe, dürfte dann – wenn dem so wäre – nichts weiteres dazu kommen. Das ist ja auch die naturalistische Argumentation, dass es eben Materie gibt und den Rest nicht, allenfalls abgeleitet. Bewusstsein, Geist usw. sind dann nur Abarten von Materie, Materie in Aktion, aber nicht mehr. Ist konsistent.
Will man aber von hier ausgehend die Welt erklären, gibt es etliche Schwachstellen. Die Kosmologie ist eine, da passt nicht viel zusammen, die andere ist Bewusstsein. Und vom Leben weiß man im Grunde auch nicht so genau, was es ist. Nun ist das Problem des Naturalismus, dass er auch Sinn und Ethik pfeift und seine ganze Kraft daraus bezieht, alles viel besser erklären zu können, als alle Systeme zuvor. Wenn aber genau diese Quelle langsam versiegt.
So hat man ein irgendwie unbefriedigendes Patt. Materie kann man schlecht leugnen, dass alles Geist ist, ist auch kaum zu rechtfertigen und der Dualismus ist total unbefriediegend, aufgrund der altbekannten Frage, wie denn nun die völlig getrennten Welten interagieren können.
"Ich weiß nicht, ob [der Zen-Buddhismus] in Konzepten wie dem Sein denken würde."
Gute Frage. Die Buddha-Natur spielt darin eine grosse Rolle, aber das Sein sieht der Zen-Buddhismus aus meiner Sicht überhaupt nicht als Problem an. Und wenn schon, dann nur in dem Sinn, dass es ein Problem ist, das überwunden werden muss, nicht verstanden.
"ich sehe sie aber nicht in Konkurrenz zur Philosophie, da der Ansatz ein ganz anderer ist. Hier wird das Denken ja beobachtend zurückgewiesen."
Na ja, aber in gewissem Sinne ist das schon eine Konkurrenz zu den philosophischen Traditionen im Buddhismus.
Man könnte sagen, dass Zen ganz am Anfang eine philosophische Grundentscheidung getroffen hat und danach alle weitere Philosophie verwirft.
"Das ist aber eben schon ein Unterschied zur Physik. Das Fallgesetz funktioniert im Rahmen seiner Anwendbarkeit (die man kennt) immer."
Das ist kein großer Unterschied. In ihrem Rahmen funktioniert auch die Mathematik immer und die Logik ist sowieso ewig, wenn sie mit endlichen Regeln in einem endlichen Schlusssystem arbeitet.
Bei der Physik ist man sich ja nicht sicher, ob es verborgene Variablen gibt, der Trend geht ja in die andere Richtung.
Aber die Frage ist eben, welche Regeln über alle anderen dominieren und ob man das überhaupt sagen kann. Bei einer Gedichtsinterpretation spielen Fallgesetzte schlicht keine Rolle, aber da ist man dann wieder bei der seltsamen Frage, ob und inwiefern Gesichte überhaupt existieren.
Unsere Sprachregelung ist ziemlich unscharf und läuft meistens auf ein, gibt es schon, aber nicht so richtig hinaus.
Es ist aber nicht nur Markus Gabriel der davon spricht, dass es Zahlen und Fiktionales wirklich gibt, nicht als Existenz zweiter Klasse.
Andererseits, um die Buntheit von wirklich guten Leuten zu illustrieren, hier eine Antwort:
„Aus meiner Perspektive sind die Fragen, die Sie ansprechen und die in dieser Debatte gewälzt werden, längst beantwortet. Man braucht auch keinen aus Hegel und Plotin zusammengeschraubten Monismus von Sinnfeldern, um das zu tun. Diese Versuche, Fragestellungen aus dem 17. und 18. Jahrhundert wieder zu erwecken, halte ich für äußerst sinnlos, auch weil ontologische Fragestellungen immer ein metaphysisches Erbe mit sich bringen, die die Diskussion in einen infiniten Regress schickt. Ich kann dem nichts abgewinnen. Ein Raum der Gründe hat keinen ontologischen Charakter und braucht auch keinen, weil Logik und nicht Ontologie die geltungslogisch grundlegende Perspektive ist (der Logos vom Sein ist ja immer noch ein Logos). Ein Gedanke übrigens, auf den bereits Platon gekommen ist und nach ihm so ziemlich jeder Platoniker. Um eine kritische Anmerkung zu Gabriel aus einem meiner Texte zu zitieren: Das Denken gründet im Sein aber es begründet dieses Gründen im Denken. Was mich an dieser ganzen Debatte sehr ermüdet, ist der Hang zur genetischen Erklärung. Alles muss so behandelt werden, als würde es unabhängig von uns aus irgendwas entstehen oder auf irgendwas wirken. Gründe sind keine Ursachen, sondern die Angabe von Ursachen sind Gründe. Genau das meinte ich mit der unzureichenden Unterscheidung von Faktizität und Geltung.“ (Daniel-Pascal Zorn)
Das ist schon nicht ohne und nicht selten hat man das Gefühl, irgendwie hätte ja alle Recht. Liegt aber oft nur daran, dass man den Gedankengang nicht nachvollziehen kann, samt seiner Konsequenzen.
Am Ende darf und muss man sich sein eigenes Bild machen und entscheidend ist, was man zu aller erst vor sich rechtfertigen kann - die von Ihnen angesprochene intellektuelle Redlichkeit - und ob man sich der begründeten Kritik stellt.
Endpunkte in Einzelfragen gibt es zweifellos, aber im Ganzen ... ich weiß nicht. Poppers Ansicht, dass man mit mutigen Irrtümern schnell zur Wahrheit gelangt teile ich jedenfalls nicht.
„Und wenn schon, dann nur in dem Sinn, dass es ein Problem ist, das überwunden werden muss, nicht verstanden.“
Ja, beim Zen gibt es keine immer gleichen Lösungen, nur Momentaufnahmen dessen, was hier und jetzt richtig ist. Und im nächsten Moment ist es etwas anderes.
„Man könnte sagen, dass Zen ganz am Anfang eine philosophische Grundentscheidung getroffen hat und danach alle weitere Philosophie verwirft.“
Welche?
"Ich weiß nicht, inwiefern es gesichert ist, dass das Universum ein thermodynamisches System ist"
Vor der philosophischen Interpretation der Thermodynamik sollte man sich hüten, auch wenn Boltzmann selbst materialistischer Philosoph war. Der Kern ist genau das, was Sie andeuten: es is n i c h t gesichert, dass das Universum ein abgeschlossenes System im thermodynamischen Sinne ist.
Im Sinne einer Tautologie ist es das - das All ist ein abgeschlossenes System, weil es per Definition keine Umgebung gibt.
Aber daraus zu schliessen, dass es ausser Materie nichts geben kann, ist dann doch etwas kühn. In den Naturgesetzen, die wir kennen, kommt die Rückwirkung dieses Anderen auf die Materie nicht vor und sie bestätigen sich immer wieder.
Nur ist es paradoxerweise ja so, dass wir diese Bestätigung nur erfahren, indem wir von aussen auf die Systeme einwirken und sie von aussen beobachten. Unsere innere Erfahrung ist, dass den Anstoss dazu Gedanken geben.
So hat man irgendwie ein unbefriedigendes Patt, um Sie zu zitieren.
Zum Bewusstsein habe ich übrigens auch noch so eine hübsche naïve Position, die Sie attackieren können. Angenommen, das Bewusstsein sei wirklich nur eine Funktion unseres Gehirns, die strikt biochemisch bedingt ist (also aus Materie abgeleitet). Dann könnte dieses Phänomen immer noch zu komplex sein, um mit der Leistung unseres Hirns verstanden zu werden. Prägnanter gesagt, braucht man ein komplexeres System als unser Hirn, um die Komplexität unseres Hirns zu verstehen.
Damit will ich verdeutlichen, dass wissenschaftliche Erkenntnis prinzipielle Grenzen haben könnte, also dass es Probleme geben kann, die wir zwar als Probleme sehen können, aber die mit unserer intellektuellen Ausstattung unlösbar sind.
Und jetzt werde ich frech: Das sind die Probleme, mit denen sich Philosophie und Religion beschäftigen. Deswegen gibt es dort nur Scheinlösungen.
"Bei der Physik ist man sich ja nicht sicher, ob es verborgene Variablen gibt, der Trend geht ja in die andere Richtung."
Es gibt keine Notwendigkeit, verborgene Variablen anzunehmen.
"Aber die Frage ist eben, welche Regeln über alle anderen dominieren und ob man das überhaupt sagen kann."
Das ist eine entscheidbare Frage. Ich argumentiere in mathematischen Begriffen. Zwei Regelsätze operieren jeweils auf Teilmengen der menschlichen Erfahrung. Wenn diese Teilmengen disjunkt sind, hat die Frage nach dem dominierenden Regelsatz keinen Sinn.
Spannender ist der Fall, wo die Teilmengen überlappen. Der hat zwei Unterfälle.
1. Die beiden Regelsätze sind für die Schnittmenge konsistent. Die Frage nach dem dominanten Satz ist dann wieder bedeutungslos. Beide Regelsätze gelten nebeneinander.
2. Der Regelsatz A macht für die Schnittmenge die richtigen Vorhersagen, der Regelsatz B falsche. Dann handelt es sich gar nicht um eine Schnittmenge. Dieser Bereich gehört exklusiv zu der Teilmenge der Welt, die durch Regelsatz A beschrieben wird.
>>„Man könnte sagen, dass Zen ganz am Anfang eine philosophische Grundentscheidung getroffen hat und danach alle weitere Philosophie verwirft.“
Welche?<<
Nur Erfahrung ist wirklich von Belang.
Mit Worten kann man nur auf Erfahrung hindeuten. Wenn man die Erfahrung gemacht hat, sind die Worte bedeutungslos, so wie man einen Wegweiser nicht mehr braucht, wenn man das Ziel erreicht hat.
„Der Kern ist genau das, was Sie andeuten: es is n i c h t gesichert, dass das Universum ein abgeschlossenes System im thermodynamischen Sinne ist.“
Wie sicher ist das, dass es nicht sicher ist? Also, ist das ein breiterer Konsens in Ihrer Zunft?
„Nur ist es paradoxerweise ja so, dass wir diese Bestätigung nur erfahren, indem wir von aussen auf die Systeme einwirken und sie von aussen beobachten. Unsere innere Erfahrung ist, dass den Anstoss dazu Gedanken geben.
So hat man irgendwie ein unbefriedigendes Patt, um Sie zu zitieren.“
Ja, das ist so ein totes Ende, was ich auch sehe. Man stößt etwas mit dem an, von dem wir keine gute Idee haben, wie es überhaupt etwas anstoßen kann.
„Prägnanter gesagt, braucht man ein komplexeres System als unser Hirn, um die Komplexität unseres Hirns zu verstehen.“
Das stimmt, glaube ich. Ich würde es nur so formulieren, dass wir mit der Sprache, über die wir verfügen, ein viel ausgereifteres System zur Verfügung haben, als mit den Hirnscans. Mit der Sprache (also Theorien) analysieren wir die bunten Bilder, in den bunten Bildern tauchen Phänomene die Begriffe, Logik, Quantentheorien usw, erst gar nicht auf.
„Damit will ich verdeutlichen, dass wissenschaftliche Erkenntnis prinzipielle Grenzen haben könnte, also dass es Probleme geben kann, die wir zwar als Probleme sehen können, aber die mit unserer intellektuellen Ausstattung unlösbar sind.“
Das kann durchaus sein, wäre aber traurig. Da kommen wir vielleicht mit dem Zen weiter, bei dem man m.E. echte Erkenntnisse gewinnen kann, da diese jenseits des gewohnten Denkens liegen – das ja gerade milde zurückgewiesen wird: man lässt es gewissermaßen ins Leere laufen – ist das schwer zu kommunizieren. Unter denen die es erlebt habe ist es leicht, aber man muss das ja auch weiter geben.
Ich habe mal bei Zen erlebt, dass es möglich ist, ohne Ich-Empfinden zu existieren, was man sich im Grunde gar nicht vorstellen kann, weil bei allem die Empfindung, dass ich das bin und/oder erlebe mitläuft, auch wenn wir uns dessen nicht gewahr sind. Seit dem ist mir klar, dass Ichlosigkeit keine Idee, kein rationales Konzept ist.
„Und jetzt werde ich frech: Das sind die Probleme, mit denen sich Philosophie und Religion beschäftigen. Deswegen gibt es dort nur Scheinlösungen.“
Religion und Philosophie haben wenig mit einander zu tun. Bei der Religion geht es um Glauben, je unkritischer, desto besser, könnte man sagen, Luther sagt es sogar so. Bei der Philosophie geht es darum überhaupt nichts zu glauben. Man kann zwar alles behaupten, muss es aber begründen und das wird rein technisch abgeklopft. Wenn man so will, fast ein Messvorgang, nur ist man selbst das Messgerät. Aber dass machen Physiker ja auch nicht anders, Ist was sehr abweichend, denkt man, dass es wohl ein Messfehler sein wird, jemand etwas aufdonnert und wartet erst mal ab, ob das Ergebnis wiederholt werden kann.
Wenn jemand sagt, dass er denkt, dass wir von grünen Engeln auf der Rückseite des Mondes ferngesteuert werden, bringt das Philosophen nicht aus der Ruhe, die würden einfach fragen, was daraus folgen soll. Dann wird es ja erst interessant, wenn Prämissen zusammengeführt werden, erst dann wird daraus ein Argument.
Schön, jetzt nimmt der Austausch langsam Fahrt an, das finde ich gut. Ich muss alles weitere auf morgen vertragen, da ich Frühschicht habe.
Das mit den Regelsätzen ist sehr interessant.
"Wie sicher ist das, dass es nicht sicher ist? Also, ist das ein breiterer Konsens in Ihrer Zunft?"
Sagen wir so, es ist zumindest Konsens, dass die Idee vom Entropietod des Universums nicht schlüssig ist.
Abgeschlossene Systeme streben einen Zustand maximaler Entropie an. Das ist ein Gleichgewichtszustand, danach passiert im Mittel nichts mehr, alle Ordnung ist verlorengegangen.
In der Kosmologie kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, das die Expansion des Universums sich irgendwann umkehrt. Das Universum könnte also über sehr lange Zeiträume auch periodisch oder quasi-periodisch sein, also nie in ein Gleichgewicht kommen.
Im Übrigen ist die übliche Form der statistischen Thermodynamik nichtrelativistisch. An relativistischen Varianten wird geforscht, darüber weiss ich aber fast nichts.
"Bei der Philosophie geht es darum überhaupt nichts zu glauben."
Das ist sehr viel schwieriger - als man glaubt.
„Es gibt keine Notwendigkeit, verborgene Variablen anzunehmen.“
Dann gibt es auch keine Naturgesetze, sondern nur aktuell beschreibbare Regelmäßigkeiten. Das ist z.B. ein sehr interessanter Punkt der hier diskutiert wird, insbesondere unter 8. Necessity.
„"Aber die Frage ist eben, welche Regeln über alle anderen dominieren und ob man das überhaupt sagen kann."
„Das ist eine entscheidbare Frage. Ich argumentiere in mathematischen Begriffen. Zwei Regelsätze operieren jeweils auf Teilmengen der menschlichen Erfahrung. Wenn diese Teilmengen disjunkt sind, hat die Frage nach dem dominierenden Regelsatz keinen Sinn.“
Klar.
„Spannender ist der Fall, wo die Teilmengen überlappen. Der hat zwei Unterfälle.
1. Die beiden Regelsätze sind für die Schnittmenge konsistent. Die Frage nach dem dominanten Satz ist dann wieder bedeutungslos. Beide Regelsätze gelten nebeneinander.
Der Regelsatz A macht für die Schnittmenge die richtigen Vorhersagen, der Regelsatz B falsche. Dann handelt es sich gar nicht um eine Schnittmenge. Dieser Bereich gehört exklusiv zu der Teilmenge der Welt, die durch Regelsatz A beschrieben wird.“
Aber es gibt ja noch den 3. Punkt, dass beide Regelsätze richtige Vorhersagen machen, diese einander aber durchdringen. Die Systemtheorie versucht das gerne auszuklammern, aber im Grunde ist die ganze Psychosomatik – durchaus auch in den alltäglichen Seiten, aber eben auch theoretisch – voll davon. Eng verwandt ist z.B. die Placeboforschung.
Man kann gegen Depressionen mit Medikamenten und mit einem anderen antrainierten Selbstbild vorgehen, beides kann sich gut ergänzen, aber es ist eben auch nicht so, dass man einfach alles was hilft oder helfen (wirkt oder wirken) könnte gibt und macht und dann klappt alles am Schnürchen.
Das ist nicht zufällig, man kann isolieren, was hilft, die gröbste Unterteilung ist in Erwartung und Konditionierung, die sogar bestimmten Organbereichen zugeordnet sind. Aber Erwartungen zerfallen wieder in zig Unterbereiche, da sind dann die Faktoren Größe, Farbe, Preis, Applikationsart eines Medikaments zugeordnet, aber auch wer es verabreicht, Prof oder Praktikantin, mit welchen Worten, welchem Gestus und all das ist keinesfalls marginal. Daher kommt die Unschärfe, aus der Komplexität, die hier noch viel größer ist. Das kann man aber erfolgreich nachjustieren, wenn man die typischen Erwartungen von Patienten kennt, in der multimodalen Schmerztherapie klappt das, für viele chronische Erkrankungen wird das klappen, wenn man diesen Weg verfolgt.
Führt aber zu weit weg und sollte nur illlustrieren, direkt hin führt aber Ihre andere Antwort, die ich darum hier mit verwurste.
>>„Man könnte sagen, dass Zen ganz am Anfang eine philosophische Grundentscheidung getroffen hat und danach alle weitere Philosophie verwirft.“
Welche?<<
„Nur Erfahrung ist wirklich von Belang.
Mit Worten kann man nur auf Erfahrung hindeuten. Wenn man die Erfahrung gemacht hat, sind die Worte bedeutungslos, so wie man einen Wegweiser nicht mehr braucht, wenn man das Ziel erreicht hat.“
Das ist kompliziert, aber wichtig. Auch philosophisch betrachtet, steht Erfahrung nicht gegen Theorie, sondern beide ergänzen einander, bzw. sind mögliche Wege um Behauptungen wahr zu machen/einzulösen. Robert Brandom hat das detailliert ausgeführt, nur ist Brandom (wenigstens in „Expressive Vernunft“) praktisch unlesbar.
Brandoms Ansatz ist ein normativer, in dem er sagt, dass wir ständig Behauptungen aufstellen und uns qua Behauptung festlegen, auf deren Einlösung. Ein rein logisches Spiel, er nennt diese Logik der internen Folgerichtigkeit 'infenrentiell/Inferenz'. Wenn ich behaupte, muss ich liefern, dieses 'Spiel des Gebens und Verlangens von Gründen' ist das Spiel, was uns Menschen auszueichnet und von Schimpansen und KI unterscheidet. Liefert man nicht, sind anderen zu Nachfragen berechtigt, kommen die Erklärungen nicht, sinkt der deontische/soziale Kontostand.
Erfahrungswissen hat aber mehrere Erscheinungsformen. Zum einen eine, die (notfalls) auch ohne Bewusstsein verläuft, die oben erwähnten Konditionierungen. Sie wissen, wie die funktionieren.
Dann aber auch Erfahrungen über Begriffe, Einsichten, aber gerade die – eine Erkenntnis der linguistischen Wende in der Philosophie – sind auch nicht nur bewusst, sondern prägen mich, wiederum über die Mischung aus Gewohnheiten und Beobachtungen aus dem Umfeld, affektiv und kognitiv (das, was die Psychoanalyse/Entwicklungspsychologie erforscht hat) und machen mich zu dem, der nachher annimmt, er verfüge über einen dauerhaften Wesenskern und sei tief im Inneren schon immer genau so gewesen.
Die Worte kämen dann irgendwann dazu und dann kann man sein Inneres auch ausdrücken. Das ist grundfalsch, wie die Philosophie (Wittgenstein, Austin, Habermas) klar zeigte, wir brauchen andere und die öffentliche Sprache, um unser eigenes Inneres nach und nach zu erschließen. Kein banaler Gedanke und sehr selten verstanden und noch seltener dann in der Praxis auch wieder erinnert und berücksichtigt.
Und auch diese allmähliche Erschließung, diese Rekonstruktion von mir und der Welt in die ich immer schon eingebunden/geworfen bin (Heidegger), ist Erfahrungswissen. Mal sprachlich, mal vorsprachlich und rein biologisch konditioniert. Die Psychoanalyse konditioniert übrigens nicht, sie löscht im besten Fall Konditionierung qua Deutung und Reflexion.
Die Idee, es sei an sich alles immer schon da und für alle gleich da und wird dann nur mit Worten benannt, ist die Abbildtheorie, die philosophisch so durch ist, wie die Idee, dass die Erde den Mittelpunkt des Universums darstellt. Worte sind nicht Wege, da was ist auszudrücken, sondern sie erzeugen Eindrücke, Selbst- und Weltbilder, durch das was gesagt wird und oft noch mehr, durch das was ausgelassen und tabuisiert wird. Das ist der Stein, der ins Wasser geworfen wurde, die Wellen ziehen natürlich weite und vernetze Kreise und wie oben gesagt, Konditionierungen und Begriffe sind unterschiedliche Arten von Erfahrungswissen, die einander durchdringen, welche dominiert, ist generell nicht zu sagen, im Einzelfall schon.
Drittens gibt es aber auch noch ein seltenes spirituelles Erfahrungswissen, etwa aus dem Zen. Diese kleineren und größeren Erleuchtungsmomente haben tatsächlich eine große Überzeugungskraft, die rationale (und manchmal pseudorationale) Fragen hier und da einfach obsolet erscheinen lassen. Da soll dann alles wieder sehr klar und direkt sein, eine spontane Einsicht. Eher intuitiv als instinktiv und auch hier gerade keine Konditionierung, sondern das Überwinden aller Konditionierungen, in der Erkenntnis, dass buchstäbliche jeder Moment gleich klar, frisch und neu ist, unsere Routinen machen ihn nur langweilig, die werden beim Zen geknackt, wenn es gut läuft.
Wenn man so will, die drei Augen der Erkenntnis, die Nil oben durch Wilber vorstellte, das stimmt schon, nur ist Zen bei uns (und auch in Japan) natürlich nicht oft praktiziert. Also gibt es auch keine Einsichten.
Aber wie gesagt, all das ist ja nicht getrennt, sondern die Bereiche und ihre Regelsätze durchdringen einander und das ist sogar gut so, denn wo sie getrennt sind, haben wir es mit psychischen Erkrankungen zu tun. In der Borderline-Störung steht man unter Hochspannung und immer wieder knallen die Affekte durch, ohne jede Chance für die bremsenden und ordnenden kognitiven Kräfte. In der Zwangsstörung wird jedes Gefühl von Regularien, Ordnung und starren Abläufen erdrosselt, man weint nicht, ist wütend oder hat Sex, sondern putzt die Wohnung oder ordnet alles ein, beschriftet es und geht von wichtigem Termin zu wichtigem Termin, selbst als Rentner.
Also, die Durchdringung ist der Normalfall und historisch sind einfach zwei Kommunikationssysteme miteinander verbacken, dass der Affekte (Kommunikation/Motivation) und das der Sprache, in all ihren Facetten, mit historischen und kulturellen Einflüssen und all das ist so spannend, wie kompliziert. (M.E. ist praktizierte Spiritualität, wie etwa im Zen das Sitzen) ein weiteres Kommunikationssystem, nur kann man nicht so tun, als hätte man die Einsichten und Erfahrungen schon gewonnen, wenn dies nicht der Fall ist, Klarheit ist der eine Aspekt, aber oft stellen sich einfach noch mehr Fragen, wenn man ehrlich ist.
"Dann gibt es auch keine Naturgesetze, sondern nur aktuell beschreibbare Regelmäßigkeiten."
Auf diesen Standpunkt kann man sich philosophisch stellen, aber das hat nichts damit zu tun, ob in der Quantenmechanik verborgene Variablen angenommen werden müssen.
Dass zum Beispiel die Naturkonstanten auf sehr langen Zeitskalen konstant sind, ist eine Annahme, weil wir sie ja noch nicht so lange kennen. Unter dieser Annahme ergibt sich eine (einigermassen) konsistente Kosmologie (es verbleibt das Problem der dunklen Materie), die auf den Urknall hinausläuft. Beweisbar ist das nicht.
Als experimenteller Wissenschaftler habe ich damit kein Problem. Auf den Zeitskalen, auf denen wir arbeiten und leben, kann man die aktuell beschreibbaren Regelmäßigkeiten wie Naturgesetze behandeln. Das reicht für meine Arbeit aus und das reicht für die ingenieurtechnische Anwendung der Ergebnisse aus. Es gibt kein praktisches Problem, nur ein theoretisches, wenn man in der Theorie die Transzedenz sucht. Aus meiner Sicht verlässt man damit den Bereich der Wissenschaft, jedenfalls denjenigen der Naturwissenschaft.
Der Mensch hat spirituelle Bedürfnisse, ja, aber die sind nicht durch Wissenschaft zu befriedigen. Ich bin in solchen Fragen, wie Nietzsche, für sauberes Denken. Man sollte nicht so tun, als ob die (Natur)wissenschaft etwas leisten kann, was sie in Wirklichkeit grundsätzlich nicht leisten kann.
Ich kann noch weiter gehen. Wie Nietzsche wittere ich dahinter eine Schwäche. Weil die Naturwissenschaft (weitgehend) sichere Vorhersagen machen kann, suchen einige Menschen darin durch einen philosophischen Kurzschluss spirituelle Sicherheit.
"Aber es gibt ja noch den 3. Punkt, dass beide Regelsätze richtige Vorhersagen machen, diese einander aber durchdringen. "
In diesem Fall stellt sich für mich die Frage der Dominanz auch nicht, zumindest nicht in einem allgemeinen Sinn. Ich sehe das rein pragmatisch.
Eine richtige Vorhersage ist eine richtige Vorhersage ist eine richtige Vorhersage. Was schert mich, aus welcher geistigen Tradition sie kommt, wenn sie (reproduzierbar) gelingt?
"Robert Brandom hat das detailliert ausgeführt, nur ist Brandom (wenigstens in „Expressive Vernunft“) praktisch unlesbar."
Ich finde unlesbare Philosophie verdächtig. Sprache ist Denken. Wer etwas verstanden hat, kann es auch verständlich machen.
Jedenfalls fällt mir immer wieder Folgendes auf. Wenn ich in den Naturwissenschaften etwas nicht erklären kann, habe ich es noch nicht richtig verstanden. Unter Professoren ist es gut bekannt, dass man manche Dinge erst richtig versteht, wenn man eine Vorlesung darüber halten muss.
Feynman hat es noch weiter getrieben. Er hat irgendwann in einer Vorlesung mal sinngemäss gesagt, es habe wieder nicht geklappt. Er habe jetzt schon mehrfach versucht, dieses Thema zu verstehen, indem er eine Vorlesung darüber halte.
„Sagen wir so, es ist zumindest Konsens, dass die Idee vom Entropietod des Universums nicht schlüssig ist.“
Das ist schon mal ein wichtiger Hinweis, danke. Mir waren die Ideen von Bojowald zwar bekannt, aber ich kann nicht einschätzen, wie ernst die genommen werden.
„"Bei der Philosophie geht es darum überhaupt nichts zu glauben."
Das ist sehr viel schwieriger - als man glaubt.“
In der Tat, da man irgendwann an einen Punkt kommt, den man nicht zur Disposition stellen möchte und gerade der ist oft interessant.
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„Dass zum Beispiel die Naturkonstanten auf sehr langen Zeitskalen konstant sind, ist eine Annahme, weil wir sie ja noch nicht so lange kennen.“
Der philosophische Punkt dabei ist, dass eine Notwendigkeit – dass es a) Naturgesetze gibt und die b) genau so und nicht anders sein müssen – wiederum in einen Dualismus mündet, denn noch vor dem Urknall musste irgendwas die Materie dazu bringen sich auf eine bestimmte, der Materie übergeordnete Weise, Art zu verhalten. Dann begann mit dem Urknall aber nicht alles und außerdem, was ist dieses andere und wie interagiert es?
Weil das alles nicht gut aufgeht, glauben Naturalisten an Regelmäßigkeiten, die sich aus dem zufälligen (= nicht notwendigen; es könnte auch anders sein) Verhalten der Matrie selbst ergeben.
„Als experimenteller Wissenschaftler habe ich damit kein Problem. Auf den Zeitskalen, auf denen wir arbeiten und leben, kann man die aktuell beschreibbaren Regelmäßigkeiten wie Naturgesetze behandeln. Das reicht für meine Arbeit aus und das reicht für die ingenieurtechnische Anwendung der Ergebnisse aus.“
Das ist oft so. Therapien, die qua anderer Denkweisen den Menschen verändern und Psychopharmakologie fußen im Grunde auf Ansätzen, die sich ausschließen, stört aber in der Praxis keinen. Den Philosophen muss es stören, dem Therapeuten darf es egal sein.
„Weil die Naturwissenschaft (weitgehend) sichere Vorhersagen machen kann, suchen einige Menschen darin durch einen philosophischen Kurzschluss spirituelle Sicherheit.“
Ja, ich glaube auch, dass die Heilserwartungen aus der religiösen Welt relativ umstandslos auf die Wissenschaft übertragen wurden. Einiges davon konnte erfüllt werden, aber wir merken, dass etwas fehlt. Nietzsche erkannte die Dimension, die der Tod Gottes für den Menschen bedeutet und kritisierte, dass den meisten diese Dimension nicht (mal annähernd) klar ist. (Aber mal kurz zum Thema zurück: Das zieht dem Szientismus doch den Zahn, der ja dieses oft betont atheistische und zugleich ersatzreligiöse Gepräge hat. Ein schöner Spruch dazu: Es gibt keinen Gott und Richard Dawkins ist sein Prophet.)
„In diesem Fall stellt sich für mich die Frage der Dominanz auch nicht, zumindest nicht in einem allgemeinen Sinn. Ich sehe das rein pragmatisch.
Eine richtige Vorhersage ist eine richtige Vorhersage ist eine richtige Vorhersage. Was schert mich, aus welcher geistigen Tradition sie kommt, wenn sie (reproduzierbar) gelingt?“
Das wäre mir auch egal, aber da spielt die Subjekivität wieder rein, wenn es um Menschen geht. Was A gut tut, muss bei B nicht wirken und kann C schaden, also irgendwie auch eine Frage der pragmatischen Zuordnung und bestimmter Muster, aber man will ja nicht nach trial and error vorgehen.
„Ich finde unlesbare Philosophie verdächtig. Sprache ist Denken. Wer etwas verstanden hat, kann es auch verständlich machen.“
Tut er, nur eben in Fachsprache und versucht nicht mal allgemeinverständlich zu sein.
„Jedenfalls fällt mir immer wieder Folgendes auf. Wenn ich in den Naturwissenschaften etwas nicht erklären kann, habe ich es noch nicht richtig verstanden.“
Ich glaube, das gilt allgemein.
„Feynman hat es noch weiter getrieben. Er hat irgendwann in einer Vorlesung mal sinngemäss gesagt, es habe wieder nicht geklappt. Er habe jetzt schon mehrfach versucht, dieses Thema zu verstehen, indem er eine Vorlesung darüber halte.“
Finde ich super, ich habe es neulich von Navid Kermani gehört, der in einem Interview sagte, wenn er über das Thema schon Bescheid gewusst hätte, hätte er kein Buch drüber schreiben müssen. Ich finde beide Ansätze respektabel.
"Dann begann mit dem Urknall aber nicht alles und außerdem, was ist dieses andere und wie interagiert es?"
Es ist einfach so, dass man hinter den Urknall nicht zurückrechnen kann, dass man also im Rahmen dieser wissenschaftlichen Mythologie (sorry!) nicht wissen kann, was vorher war und ob und ob das Konzept von Zeit an diesem Punkt überhaupt Sinn ergibt.
Sie setzen ja hier schon voraus, dass Zeit etwas Gegebenes ist. Woher nehmen Sie diese Gewissheit?
„Sie setzen ja hier schon voraus, dass Zeit etwas Gegebenes ist. Woher nehmen Sie diese Gewissheit?“
Nein, ich setze das nicht voraus, sondern habe diese Sichtweise skizziert. Ich glaube mit Kant, dass das was er Kategorien nannte, wozu auch Raum, Zeit und Kausalität gehören, Ordnungsprinzipien sind, die wir voraussetzen, um Weltabläufe zu begreifen, um Erkenntnis überhaupt zu ermöglichen. Das ist eine erkenntnistheoretische Aussage und als solche bisher richtig, da die Bedingungen von Erkenntnissen bestimmten Modi unterliegen, die u.a. Kant sauber aufgelistet hat.
Die ontologische Behauptung, dass es Zeit tatsächlich gibt – sie macht ja nichts, auch wenn man ihr zuschreibt, alle Wunden zu heilen, Bäume wachsen, Weltreiche vergehen und Menschen altern zu lassen, die Wirkursachen sind ja immer andere, die dann 'mit der Zeit' sichtbar werden – kann man daraus nicht ableiten.
Es gab immer auch eine B-Theorie der Zeit, die auch so genannt wurde, die im Grunde besagt, dass Zeitabläufe nicht notwendig nacheinander, sondern nebeneinander ablaufen, parallel sozusagen, die ich ganz spannend finde.
Spiritualität ist ja eine Praxis, die Zeit ebenfalls kollabieren lässt. Eine sehr schöne und radikale Botschaft des Zen ist, dass alles Karma genau in dem Moment verschwindet, in dem ein Sitz (im Zazen) sich vollendet. Weil man aus der Zeit ausgetreten und in der Ewigkeit (ungleich Unendlichkeit) angekommen ist. Diese Ewigkeit ist aber nichts Eingefrorenes, ist kein Schnappschuss, keine Momentaufnahme, sondern dynamisch. Sie bedeutet den Daueraufenthalt – das Angebot, die Möglichkeit dazu – im Hier und Jetzt, in dem wichtig ist, was genau eben hier und jetzt gerade wichtig ist.
Das ist atheoretisch, aber nicht irrational, da wir ja in der Meditation ständig Gedanken begegnen. (Unser inneres Geplapper, unsere Phantasiereisen, unser Durchspielen und rationales Einordnen ist unser ständiger Begleiter, weshalb wir so versessen auf Entspannung sind. Drogen, Sex, Zerstreuung und Regression sind häufige Wege.) Die sollen auch nicht weg gehen, wie man manchmal hört, sondern sich einfach ein wenig beruhigen, nicht immer und überall die erste Geige spielen. Wenn das gelingt, hat man jederzeit die Möglichkeit aus der Zeit auszutreten und in Hier und Jetzt zu verweilen, exakt das übt man im Zazen. Nur dieser Atemzug. Der andere Punkt, ebenfalls eine Zen-Erkenntnis: Was fehlt? Genau jetzt?
Alle Einwände, dass die Welt schlecht ist, die Menschen böse, man arm ist, Schmerzen hat, es mit der Rente schlecht aussieht entfalten sich als Projektionen in der Zeit. Der Ansatz ist nicht. dass das nicht eintrifft oder alles toll werden könnte, sondern die Praxis zeigt, dass man aus diesem Zeitstrom jederzeit aussteigen kann. Klar, man altert weiter, die Uhren laufen, das Jahr vergeht, aber niemand kann einen davon abhalten in die Ewigkeit einzutauchen.
Diese Ewigkeit betrachten wir als illusionär, vor dem Hintergrund der Prämisse, dass Zeit eine in jeder Hinsicht reale Größe ist. Gewiss ist daran allerdings wenig.
"Ich glaube mit Kant, dass das was er Kategorien nannte, wozu auch Raum, Zeit und Kausalität gehören, Ordnungsprinzipien sind, die wir voraussetzen, um Weltabläufe zu begreifen, um Erkenntnis überhaupt zu ermöglichen. "
So weit gehe auch ich mit Kant, wobei ich etwas hinzusetze, was er vor Darwin nicht wissen konnte: Dass wir diese Ordnungsprinzipien voraussetzen, war für unsere Spezies evolutionär vorteilhaft. Wir wissen nicht, ob sie sich dadurch entwickelt haben, aber möglich ist das schon. Ziemlich sicher wären sie von der Evolution ausgemerzt worden, wenn sie zur Erkenntnis ungeeignet wären.
Was ich meinte, ist Folgendes: Diese Kategorien sind sicherlich nützliche Ordnungsprinzipien, um e i n e n T e i l der Welt zu verstehen. Wir dürfen aber nicht voraussetzen, dass sie ausserhalb des Erfahrungsbereichs der Urmenschen funktionieren. Offenbar funktionieren sind in einem erstaunlich viel grösseren Bereich - wir können mit diesen Kategorien Quantenmechanik und Relativitätstheorie betreiben. Ob wir damit eine völlige Konsistenz von Quantenmechanik und Relativitätstheorie erreichen können, ist allerdings schon nicht mehr sicher.
Dass wir mit diesen Kategorien den Weltanfang und das Weltende verstehen können - falls es diese überhaupt gibt - ist nichts weiter als Spekulation.
So wie es in der allgemeinen Relativitätstheorie einen Ereignishorizont gibt, jenseits dessen man keine Beobachtungen machen kann, könnte es für uns ja einen Verständnishorizont geben. Dann wäre ein Teil (der Struktur) des Universums unserem Verständnis prinzipiell nicht zugänglich.
"dass alles Karma genau in dem Moment verschwindet, in dem ein Sitz (im Zazen) sich vollendet"
Das hat mich nie überzeugt. Man erhebt sich danach - und schon ist das Karma wieder da.
Hübscher psychologischer Zustand - aber Ewigkeit?
Schöner Text übrigens.
Ich finde, dass Darwin und Kant sich hier gar nicht berühren. Weder ergänzt Darwin Kant, noch widerspricht er ihm. Ich denke auch, dass unser Erkenntnisapparat ein evolutionsbiologisches Erbe hat, Kant wiederum hat gezeigt, was inhaltlich notwendig ist, um überhaupt Erkenntnisse haben zu können.
Dass unsere rationale Erkenntnisfähigkeit Grenzen hat, davon gehe ich auch aus. Viele Bereiche der Statistik, der Logik, der Mathematik, der Physik der kleinsten Teilchen und größten Geschwindigkeiten und Massen sind uns schwer verständlich, dafür sind die Computer, Rechenmodelle und technische Hilfsmittel ja Gold wert.
Aber die Grenzen, die Sie da skizzieren, sehe ich auch dort, was ein Grund dafür ist, dass ich Psychologist bin (der Gegenpol zum Platonismus/Logozismus) und gegenüber ontologischen Aussagen skeptisch bin. Ich meine, dass das was wir wahrnehmen ein Ausschnitt der Realität ist (die ist uns also nicht durch unsere Sinne verbaut, im Gegenteil, gerade dadurch wird sie uns zugänglich), aber nicht die Totalität der Realität ist.
Die Teile interpretieren und zusammensetzten muss aber immer noch und wieder der Mensch. Da ist man dann wieder bei der Frage, als was man etwas ansieht. Allein dass wir Einzeldinge oder Einheiten bilden ist ja alles andere als zwingend.
Den Verständnishorizont hat Kant ja auch gesehen und die 'Dinge an sich' dahinter platziert. Ich bin, da dann tatsächlich aus evolutionären Gründen, aber gar nicht so skeptisch, dass uns prinzipiell nicht gelingen sollte, die Grenzen zu verschieben. Auch die Denkdrüse passt sich ja an, wir üben als Menschheit zudem Denkgewohnheiten ein, gute Studenten verstehen heute physikalische Zusammenhänge, die vor 100 Jahren nur 10 Menschen überhaupt kapiert haben und so können wir den Verständnis- oder Erkenntnishorizont verschieben.
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„Schöner Text übrigens.“
Danke.
"dass alles Karma genau in dem Moment verschwindet, in dem ein Sitz (im Zazen) sich vollendet"
„Das hat mich nie überzeugt. Man erhebt sich danach - und schon ist das Karma wieder da.
Hübscher psychologischer Zustand - aber Ewigkeit?“
Wenn man sagen soll, was fehlt, zum Glück, zur Erleuchtung … dann kann dazu jeder eine lange Liste schreiben. Im Zen würde man die Liste zerknüllen und in die Ecke schmeißen und in die sehr abgeschiedenen, ruhige und labormäßige Bezugsgröße dieses Atemzuges gehen. Genau da fehlt in der Regel (man kann Ausnahmen diskutieren) eigentlich nichts.
Es geht aber gar nicht um eine spirituelle Parallelwelt oder Wellness-Insel zum Aufladen oder Runterkommen, sondern um Erkenntnis. Die Erkenntnis, dass ich es – sagen wir weit- bis weitestgehend – in der Hand habe, ob etwas fehlt. Die Frage ist schon sehr grundsätzlich gemeint. Es braucht keinen besonderen Moment um das zu erfahren, auch nicht die Ruhe und Abgeschiedenheit eines Meditationsraums, es geht da nur besser. Das klappt aber auch am Schreibtisch. Wenn ich hier sitze, atme, keine rasenden Schmerzen habe, nicht vor Kälte zittere oder vor Hunger fast vom Stuhl kippe, dann fehlt jetzt gerade eigentlich nichts.
Dann kommt wieder die Denkdrüse und feuert, erzählt, wie das Leben noch viel besser sein könnte, das interne Unterhaltungsprogramm der Psyche. Man kann unterschiedliche Bilder bemühen, für mich ist Zen (und allgemein die absichtslose Meditation) der Aufbau einer inneren Instanz die Körperempfindungen, Emotionen und Gedanken einfach betrachtet, wodurch diese innere Instanz des reinen Beobachters nach und nach gefestigt wird. So, als wenn man eine neue Sprache oder Geige lernt, man wird immer sicherer.
Wenn das auf dem Sitzkissen gut klappt und man wieder in die Welt geht, ist man vielleicht abgelenkter (glaube ich jedoch nicht, in der Ruhe steppt der Bär erst so richtig, darum sind die ersten Mediationen in der Regel alles andere als erholsam), aber es ändert sich ja nichts. Das Wesentliche dabei ist zugleich auch das, was kaum klappt, die Gedanken zu beobachten und sich von ihnen nicht entführen zu lassen. Wenn man Körpersensationen, Emotionen und Gedanken aber liebevoll zurückweist, tritt anderes zum Vorschein und das verschwindet auch nicht, wenn man zur Arbeit fährt. Es mag in den Hintergrund treten, aber es ist immer da. Daran muss man auch nicht glauben, man erlebt es.
Und es ist nicht irre schwer, sondern vielleicht sogar eher zu einfach. Jetzt fehlt nichts. Dann kommt der nächste Atemzug. Jetzt fehlt auch nichts. Irgendwann kriegt man Durst und dann trinkt man und das Leid ist wieder weg. Dann ist wirklich alles sehr einfach. Man kann auch über sehr komplizierte Dinge nachdenken, auch das hat ja seinen Raum.
Man kann das als psychologischen Zustand beschreiben, aber wann und wo hätten wir denn jemals etwas anderes zur Verfügung? Das ist ein anderer Grund dafür, dass ich Psychologist bin, man kriegt die Psyche nicht abgestreift. Wann immer man ist, ist man ja Psyche und in irgendeinem Zustand.
Und im Denkzustand bin ich der Meinung, dass die Meditation eine nächste, völlig andersartige Stufe der Erkenntnis ist, die mit dem Denken nicht viel zu tun hat. Nach meiner Erfahrung muss man sich von dem was man erlebt hat nicht nachher noch mal überzeugen, weil die Erfahrungen oft eindrucksvoll sind, eher muss man sich disziplinieren, sich das nicht selbst wieder auszureden. Man kann das auch rational einordnen und auf eine Art können wir gar nicht anders, aber warum das Größere dadurch künstlich beschränken, wenn man doch weiß, dass es den Verständnishorizont gibt?
"Weder ergänzt Darwin Kant, noch widerspricht er ihm."
Das sehe ich anders. Kants Ansatz, welche Kategorien bei uns bereits als gegeben vorausgesetzt werden (müssen), stammt aus abstrakten "Gesetzen des Denkens" - er zieht sich da eigentlich schon am eigenen Schopf aus dem Sumpf. Der Punkt aber ist - sie sind angeboren.
Was uns angeboren ist, hat einen Bezug zu Darwins Evolutionslehre, denn vor Darwin war es ein Ergebnis göttlicher Schöpfung und nach Darwin ein Ergebnis von Anpassung an die Umgebung im Wettbewerb mit anderen Spezies. Das ist ein Riesenunterschied, den man in der Philosophie nicht einfach ignorieren kann.
"für mich ist Zen (und allgemein die absichtslose Meditation) der Aufbau einer inneren Instanz die Körperempfindungen, Emotionen und Gedanken einfach betrachtet, wodurch diese innere Instanz des reinen Beobachters nach und nach gefestigt wird. So, als wenn man eine neue Sprache oder Geige lernt, man wird immer sicherer."
D'accord - nur hat das nichts mit Ewigkeit zu tun.
Die hohe Schule ist eben, auch dann neben sich stehen zu können, wenn man nicht sitzt, im Alltag, in dem es die Zeit gibt.
"Im Prinzip stehe ich der Pharmaindustrie wirklich nicht unkritisch gegenüber - das ist ein Bereich, in dem reine Marktwirtschaft nicht (mehr) zu funktionieren scheint."
"reine Marktwirtschaft"
Gab es die denn je und aus wessen Sicht "funktioniert(e)" die dann "gut"?
Zur evtl. Steigerung Ihres kritischen Standpunktes?:
https://www.publiceye.ch/fileadmin/doc/Medikamente/2021_PublicEye_BigPharmaTakesItAll_Factsheet_D.pdf?vgo_ee=GUnpsZktuOVIyoY3vP4ZGQ%3D%3D
Sicher, "reine" Marktwirtschaft gab es nie. Märkte waren immer reguliert, weil es ganz ohne Regulierung gar nicht geht.
Was ich eigentlich meinte, ist Folgendes. Die Pharmaindustrie hat vom Ende des 19. jahrhunderts bis etwa in die 1980er Jahre mit weitgehender Ressourcenallokalisierung durch Marktprozesse durchaus zum Nutzen der Gesellschaft funktioniert.
Inzwischen ist sie in grossen Teilen dysfunktional, insbesondere, was Neuentwicklungen von Pharmaka betrifft. Aus meiner Sicht ist ein Grund, dass die Ressourcenallokalisierung über den Markt auf dem heutigen Stand auf diesem Gebiet nicht mehr funktiniert. Ein anderer Grund ist die Überregulierung bei Zulassungen.
Bei Kant und allgemein philosophischer Genese landet man immer an einem anderen Ausgangspunkt als bei der naturwissenschaftlichen Ursachenforschung. Darum kommt es auch öfter mal zu Missverständnissen.
Am Anfang der naturwissenschaftlichen Evolutionserzählungen steht eben z.B. die Entstehung des Lebens, oder des Universums. Am Anfang der Philosophie steht immer das reflexive Ich. Das leugnet nicht sich Existenz diverser Entstehungsgeschichten, sondern fängt einfach bei den Bedingungen der Möglichkeit von Erkenntnis oder Wissen an.
Die Kognitionspsychologie hat Überschneidungen mit der Erkenntnistheorie, aber weder im Sinnesapparat noch in der Evolution findet man Schlussregeln oder Erläuterungen zu Fehlschlüssen. Die Untersuschung von Sprache, Logik usw. ist einfach kein naturwissenschaftliches Terrain, sondern wird dort vorausgesetzt.
Auf der anderen Seite jeder Theorie steht immer das erkennende Subjekt. Das ist der Dreh- und Angelpunkt, auch wenn es für seine Entstehung andere braucht, von denen es sich a) abgrenzen kann und die es b) als anders markieren, so dass es sich selbst als unterschiedlich wahrnimmt. Zudem ist c) eine Sprache recht gut dabei und das ist noch immer ein großes Mysterium.
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„D'accord - nur hat das nichts mit Ewigkeit zu tun.“
Was würden Sie als Ewigkeit ansehen oder wie sie skizzieren?
„Die hohe Schule ist eben, auch dann neben sich stehen zu können, wenn man nicht sitzt, im Alltag, in dem es die Zeit gibt.“
Das ist die Frage. Da hat tatsächlich Sloterdijk Gutes zu geschrieben (in „Du musst dein Leben ändern!“). Zum einen können wir ja (fast) alle im Alltag ein Stück weit neben sich treten und vom Teilnehmer in der Beobachter Modus wechseln. Nur ist das aber erst mal normale Reflexion.
Zu den spirituellen Übungen meint Sloterdijk, dass jemand der sich ständig selbst beobachtet in gewisser Weise das was er loswerden will (sein Ich) ja noch zementiert. Kann man so oder so sehen. Kein Ich zu sein, heißt aber im Grunde, mit der Tätigkeit eins zu werden, sozusagen selbstvergessen. Diese Einheit geht manchmal in die Empfindung über, was die Wahrnehmung der üblichen Ich-Grenzen mitunter verändern kann.
Das ist ambivalent, weil es an den Bereich heran kommt, auf den gerade die Zen-Meister allergisch reagieren, weil das noch mal die letzte Ausfahrt ist, um sich großartig, privilegiert und besonders zu fühlen und dann war alles für die Katz'. Die Einsicht hier ist, dass man nach der Erleuchtung eben wieder Durst bekommt und dann geht es nicht um Erleuchtung und wie toll das war, sondern darum zu trinken.
Man beachte: "Ein anderer Grund ist die Überregulierung bei Zulassungen."
"Am Anfang der Philosophie steht immer das reflexive Ich."
Wieso wäre der Positivismus nicht Philosophie? Ähnliche Ansätze finden sich schon im antiken Griechenland. Auch von Poppers Kritischem Rationalismus kann man schwerlich behaupten, dass er vom reflexiven Ich ausginge.
Selbst wenn man vom reflexiven Ich ausgeht, ist man in seiner Philosophie doch durch die sicher erkannten naturwissenschaftlichen Erkenntnisse beschränkt. Man kann nichts behaupten, was ihnen widerspricht, wenn man intellektuell ernst genommen werden will.
"Was würden Sie als Ewigkeit ansehen oder wie sie skizzieren?"
Ewigkeit ist etwas nie Beginnendes und nie Endendes.
(Mir ist klar, dass diese Definition nicht zu der christlichen vom ewigen Leben passt, das nur halbseitig ewig ist, weil es mit der Geburt einen Beginn gibt. Meinetwegen können wir halbseitige Ewigkeit zulassen, aber sicher nur die ohne Ende)
>>Da hat tatsächlich Sloterdijk Gutes zu geschrieben (in „Du musst dein Leben ändern!“).<<
Ich finde, dass schon der Titel gegen eine Lektüre des Buches spricht. Woher nimmt Sloterdijk nur diese Frechheit? Mal abgesehen vom Fehlen jeglicher Originalität in diesem Titel.
"Zu den spirituellen Übungen meint Sloterdijk, dass jemand der sich ständig selbst beobachtet in gewisser Weise das was er loswerden will (sein Ich) ja noch zementiert. "
Damit offenbart er nur, dass er's selbst nicht begriffen hat. Hier redet der Blinde über die Farbe. Das kommt unter Philosophen und Priestern häufiger mal vor.
"Kein Ich zu sein, heißt aber im Grunde, mit der Tätigkeit eins zu werden, sozusagen selbstvergessen."
Das ist nur ein Weg, neudeutsch "Flow". Der andere - und das ist das, was Sloterdijk nicht begriffen hat - ist, nicht so furchtbar ernst zu nehmen, was der Kerl gerade tut, der man selbst ist.
"Das ist ambivalent, weil es an den Bereich heran kommt, auf den gerade die Zen-Meister allergisch reagieren"
Wer auf etwas in Menschen Vorgehendes allergisch reagiert, ist noch kein Zen-Meister.
Überregulierung?
"Innerhalb der letzten dreißig Jahre hat sich die Zeitspanne zwischen Patentanmeldung und Zulassung von 12 auf 6 Jahre halbiert" (bukopharma.de)
Seit 2006/2014 sind in der EU auch schrittweise, bedingte Zulassungsverfahren (Adaptive Pathways) auf dem Vormarsch.
Der finanzielle Aufwand ist aber nach wie vor so gross, dass es für Start-Ups ohne Partenrschaft mit einem Riesenunternehmen schwierig ist.
"Der finanzielle Aufwand ist aber nach wie vor so gross, dass es für Start-Ups ohne Partnerschaft mit einem Riesenunternehmen schwierig ist."
Wir haben über DIE Pharmaindustrie gesprochen, oder?
Gibt es da heute denn noch "Start-Up-Unternehmungen" (bei der etablierten, übermächtigen Konkurenz (Hallo, Kartell-Amt, jemand zuhause?) ?
Und der finanzielle/investorische Aspekt lässt sich ja nun schlecht (nur) mit einer Aufweichung sicherheitsrelevanter Zulassungsverfahren besser gestalten/vereinbaren.
Biontech wäre (z.B.) ohne die Strüngmann und Gates - Millionen gar nicht erst Start-Up - fähig und ohne Subventionen vom Staat ja auch nicht plötzlich zu einem milliardenschweren Player geworden. Eine vermeintliche Überregulierung sehe ich hier nicht, im Gegenteil.
Ja, es gibt interessante Start-Ups in der Pharmabranche, weil es halt neue Möglichkeiten gibt, die gerade erst aus der universitären Forschung in den Bereich der Anwendbarkeit kommen.
Das ist etwas, das ich nun wirklich aus erster Hand weiss, also durch direkte Gespräche mit Leuten, die in so etwas involviert sind.
„Selbst wenn man vom reflexiven Ich ausgeht, ist man in seiner Philosophie doch durch die sicher erkannten naturwissenschaftlichen Erkenntnisse beschränkt. Man kann nichts behaupten, was ihnen widerspricht, wenn man intellektuell ernst genommen werden will.“
Das ist die szientistische Vorstellung von Philosophie. Die sieht in der Philosophie eine Art früher Allround-Wissenschaft, der dann nach und nach, durch die aufblühenden Einzelwissenschaften, die Themen abhanden kamen.
Ansonsten kann man in der Philosophie alles behaupten, man muss es eben nur prinzipiell nachvollziehbar begründen. Ein zeitlich nahes Beispiel in dem die Sichtweisen der Philosophie und des Biologismus aneinander gerieten, war die Diskussion um die Willensfreiheit um die Jahrtausendwende.
Die biologistischen Hirnforscher machten das Gehirn zu einem Organ unter weiteren, abhängig allein von Naturgesetzen, nicht von Gründen. Das Hirn brauche Zucker und Sauerstoff, keine Argumente. Denken sei überhaupt nur eine Bio-Funktion (abhängig von der Durchblutungssituation bestimmter Regionen) und bald komplett erklärbar, samt Motiven, Gewissen und all dem, was angeblich aus dem Ich käme.
Die Philosophen waren (überwiegend) der Meinung, dass die Willensfreiheit erhalten bleibt und widersprachen den Hirnforschern. Am weitesten drang die Fraktion vor, von der man am wenigsten hört, weil Sie kontraintuitiv ist, aber der prinzipiellen Frage nachgegangen ist und damit ein Beispiel gibt, für eine Betrachtung, die (über die Hirnforschung hinaus) von der Ansicht der Naturwissenschaften unabhängig ist. Gemeint ist der Kompatibilismus, der die ganz grundsätzliche Frage stellt, ob und wie sich denn Determinismus und Freiheit vertragen. Inhaltlich will ich das hier nicht weiter ausführen, aber die Antwort des Kompatibilismus ist, dass Determinismus und Freiheit einander nicht ausschließen. Das gilt nicht nur für die neurodeterministischen Vorstellungen der Hirnforscher, sondern ebenso für den Gen- und weiteren Bio-Determinismus, als auch für den physikalischen Determinismus, der die Abhängigkeit von Naturgesetzen postuliert – wie wir schon sahen, zumeist auf dem Boden einer naturalistischen Auffassung von Regelmäßigkeit, die wenn man es wieder streng und prinzipiell betrachtet, gar keine Naturgesetze zulässt, da diese eine Notwendigkeit voraussetzen, die zumeist geleugnet wird, ich hatte das verlinkt.
Die Frage, wie sich eigentlich Determinismus und Freiheit prinzipiell zueinander verhalten, ist – das ist der wichtige Punkt – völlig unabhängig von dem privaten Glauben des an der Diskussion beteiligten. Es ist eine private Meinung, ob man denkt, dass Universum sei vollkommen oder größtenteils oder eher nicht so determiniert (gar nicht scheidet aus), aber welcher Mode man folgt ist philosophisch uninteressant, weil hier prinzipiell geklärt wird – unabhängig davon, ob man meint, die Welt sei determiniert oder nicht – wie es sich verhalten würde, unterstellt, die Welt sei überall, immer und vollständig von A bis Z determiniert.
Popper spielt eine ganz merkwürdige Rolle. Er ist ziemlich bekannt, Philosophen, wie Naturwissenschaftlern, weil jeder irgendwie mal Wissenschaftstheorie gelernt hat. Eine Disziplin der Philosophie, die das Vorgehen, die Grenzen und Möglichkeiten der Wissenschaften betrachtet. Poppers Behauptungen über Theorienbildung sind berühmt und im Grunde alle falsch. Praktisch sieht man das daran, dass Poppers Falsifikationismus in der Form die Popper beschreibt in der Wissenschaft gar keine Rolle spielt. Der erste schwarze Schwan kippt nicht die Theorie, sondern wird als Messfehler, statistischer Ausreißer, Abweichung von der Norm usw. betrachtet und ändert rein gar nichts.
Das liegt daran – ich greife nur diesen Aspekt heraus, es gibt weitere, bei denen Popper sich irrt – dass Theorien so gut wie nie eine Einzelbehauptung (der Art, dass alle Schwäne weiß seien) sind, sondern komplexe Gebilde, an denen man auch dann festhält, wenn einige Einzelsätze widerlegt sind. Dann wird ein wenig modifiziert und weiter geht’s. Wissenschaftlich irrelevant, irrt er sich philosophisch nicht nur bei den Theorien, ist aber auf der anderen Seite ein unbestechlicher Verteidiger der Demokratie, auch in härtesten Zeiten gewesen, offenbar von tadellosem Charakter. Vielleicht ist der Demokratietheoretiker Popper besser, als der Wissenschaftsphilosoph.
Und wie schon erwähnt, die Ansicht, durch mutige Irrtümer käme man der Wahrheit (weil der Irrtum ja schon weggefallen sei und die Wahrheit übrig bliebe) automatisch näher, setzt eine sehr starre und ich würde meinen naive Vorstellung von Wahrheit voraus.
„Ewigkeit ist etwas nie Beginnendes und nie Endendes.“
Da bin ich mit einverstanden. Ich sehe sie auch als den Hintergrund an, der immer wieder durchschimmert. Wenn Sie Zeit auch eher als Konstrukt sehen, so habe ich Sie verstanden, warum sollte der Hintergrund, die Grundlage nicht zeitlos, also ewig sein? Das ist doch fast zwingend.
Die andere Frage ist dann, kann man zu dieser Ewigkeit durchdringen. Das scheint mir eine Frage des Experiments zu sein, in dem Fall ist es ein mystisches. Die Antwort vieler Mystiker lautet: Ja. Die Anschlussfrage wäre, ob das vielleicht ein Fehlinterpretation der Mystiker ist und nicht vielmehr nur ein psychologischer oder neurologischer Zustand. Da muss man dann wiederum erklären, wie das genau gemeint ist.
„>>Da hat tatsächlich Sloterdijk Gutes zu geschrieben (in „Du musst dein Leben ändern!“).<<
„Ich finde, dass schon der Titel gegen eine Lektüre des Buches spricht. Woher nimmt Sloterdijk nur diese Frechheit?“
Von Rilke. Es ist die letzte Zeile von Rilkes Gedicht „Archaischer Tors Apollos“, das Sloterdijk in dem Buch ausgiebig bespricht.
„"Zu den spirituellen Übungen meint Sloterdijk, dass jemand der sich ständig selbst beobachtet in gewisser Weise das was er loswerden will (sein Ich) ja noch zementiert. "
„Damit offenbart er nur, dass er's selbst nicht begriffen hat. Hier redet der Blinde über die Farbe. Das kommt unter Philosophen und Priestern häufiger mal vor.“
Auch das sind Vorurteile. Auf Sloterdijk trifft das in mehrfacher Weise nicht zu. Erstens ist er einer der ersten neueren Philosophen, die sich dem, etwas phobisch gemiedenen Thema Spiritualität überhaupt annähert, das geschieht in dem Buch sehr umfangreich und wie ich finde, durchaus auch kenntnisreich, was daran liegen mag, dass er selbst mal längere Zeit in einem Ashram verbracht hat, also gerade nicht der Blinde ist, der von der Farbe spricht.
„Das ist nur ein Weg, neudeutsch "Flow". Der andere - und das ist das, was Sloterdijk nicht begriffen hat - ist, nicht so furchtbar ernst zu nehmen, was der Kerl gerade tut, der man selbst ist.“
Vor allen Dingen gibt es bei Flow-Erfahrungen sehr verschiedene zeitliche und Intensitätsgrade. Flow ist also nicht gleich Flow und wenn man mal bei der Nachmittagssensendung ganz gebannt ist und vieles um sich herum vergisst, so ist das Satori des Zen-Meisters doch von anderer Qualität und Dauer. Richtig scheint mir aber zu sein, dass spirituelle Erfahrungen nicht hoch selten sind, sondern recht häufig. Wilber hat (den mystischen Traditionen folgend) spirituelle Erfahrungen systematisiert und vier Stufen der Mystik gefunden, die ich für sehr gut halte.
Ich glaube auch, dass es ganz gut ist, sich nicht zu ernst zu nehmen, aber wie bei Flow-Erfahrungen hat das verschiedene Qualitäten. Wer heute das Gegenteil von gestern behauptet, könnte einfach ein Opportunist sein. Wer sich nicht festlegen will, könnte ein Trickser sein, der immer antestet und zurück zieht, damit man ihm nichts nachsagen kann. Auch das kumpelhaft anbiedernde „Ach, das mein ich doch gar nicht so“, hat durchaus noch ein Geschmäckle, allerdings kann ja auch der Bierernst, mit dem man meint als Dauerentlarver und Spaßbremse durch die Welt gehen zu müssen – nicht selten mit dem sehr bescheidenen gefühlten Auftrag, die Welt zu retten – sehr anstregend sein. Humor und Selbstironie sind da schon eine etwas anderen Kategorie und wohltuend.
„Wer auf etwas in Menschen Vorgehendes allergisch reagiert, ist noch kein Zen-Meister.“
Woher wissen Sie denn, was jemandem zum Zen-Meister qualifiziert? „Es stinkt nach Erleuchtung“ ist einer der Zen-Sprüche, wenn jemand droht, sich zu verdribbeln, gerade wenn und weil er die Erfahrung gemacht hat, dass Spiritualität ja doch mehr ist, als ein wenig Selbstsuggestion. Die Idee, jetzt habe man es endlich und ein für alle Mal begriffen, ist nicht ganz ungefährlich, wenn man sein Ich ganz gerne überwinden möchte.
"Ansonsten kann man in der Philosophie alles behaupten, man muss es eben nur prinzipiell nachvollziehbar begründen."
Was gegen überprüfbare Erfahrungstatsachen verstösst, kann nicht nachvollziehbar begründet werden. Wenn Ihr Satz stimmt, können wir auch darüber diskutieren, wie viele Engel auf die Spitze einer Nadel passen.
Ich habe nichts dagegen, wenn Menschen solche Fragen diskutieren.
Mich interessiert das nicht.
"war die Diskussion um die Willensfreiheit um die Jahrtausendwende"
Ähmm, diese Diskussion ist etwas älter und hat keinen Biologismus nötig.
Nietzsche hat dazu sinngemäss gesagt, dass die These von der Willensfreiheit nur deshalb immer wieder diskutiert werde, weil sie so leicht zu widerlegen sei.
Zu denen, die meinen, dass die These einer Willensfreiheit auf sehr schwachen Füssen steht, gehören neben Nietzsche auch Einstein:
„Ich weiß ehrlich nicht, was die Leute meinen, wenn sie von der Freiheit des menschlichen Willens sprechen. Ich habe zum Beispiel das Gefühl, dass ich irgend etwas will; aber was das mit Freiheit zu tun hat, kann ich überhaupt nicht verstehen. Ich spüre, dass ich meine Pfeife anzünden will und tue das auch; aber wie kann ich das mit der Idee der Freiheit verbinden?"
und in einer hübschen Sentenz Schopenhauer
"Der Mensch kann tun was er will; er kann aber nicht wollen was er will."
Wenn Sie einen Zeitgenossen bevorzugen, so argumentiert Peter Bieri auch nicht biologistisch.
Sie scheinen in dieser Hinsicht Kantianer zu sein, aber das Argument, man müsse in der Praxis so tun, als habe man einen freien Willen, überzeugt mich nicht. Es ist in allem so wie mit Einsteins Pfeife, auch wenn man noch eine Weile herumgrübelt, ehe die tatsächliche Entscheidung fällt. Sie fällt nicht rational.
"unterstellt, die Welt sei überall, immer und vollständig von A bis Z determiniert."
Das ist nicht die Frage. Selbst wenn die Welt nicht von A bis Z determiniert ist, bleibt die Frage ob Ihr Ich sie beeinflussen kann. Und wenn Ja, ob Ihr Ich determiniert ist.
Den Glauben, ihr Ich sei nicht vollständig determiniert, teilen die meisten Menschen, wenigstens intuitiv. In der Praxis ist das ein Argument, in der Philosophie nicht, in der Naturwissenschaft auch nicht.
Wenn ich in Holland auf der Wiese stehe, wirkt die Erde flach. Sie ist es dennoch nicht.
"Woher wissen Sie denn, was jemandem zum Zen-Meister qualifiziert?"
Ich kann keine Eier legen, weiss aber dennoch, ob ein Ei gut oder schlecht ist.
"Dieser Mönch hat es, dieser Mönch hat es nicht."
Das kann man sehen, ohne selbst auf einer sehr hohen Stufe der Erleuchtung zu stehen.
„Was gegen überprüfbare Erfahrungstatsachen verstösst, kann nicht nachvollziehbar begründet werden. Wenn Ihr Satz stimmt, können wir auch darüber diskutieren, wie viele Engel auf die Spitze einer Nadel passen.“
Klar, aber warum sollte man das tun? Man diskutiert ja in der Regel Fragen, die für die Zeit und Kultur in der Also die Impfreihenfolge, oder Fragen der Risikoethik bzgl. Klima und Umwelt, die Fragen des richtigen Umgangs mit Migration, die Willensfreiheit, die Chancen und Gefahren der Gentechnik und so weiter.
Ferner wankt der Naturalismus und man tastet sich zu Ansätzen, die ihn erweitern und ablösen könnten. Für die Zahl der Engel interessiert sich einfach keine Sau, auch nicht in der Philosophie.
„Ähmm, diese Diskussion ist etwas älter und hat keinen Biologismus nötig.“
Das war auch nicht meine Behauptung. Im Grunde hat das schon John Locke entschieden, der lebte von 1632–1704.
Nietzsche, Einstein und Schopenhauer aufzufahren sind Autoritätsargumente, die Philosophen generell nicht interessieren und dort unter Fehlschluss laufen. ;-)
„Der Mensch kann tun was er will; er kann aber nicht wollen was er will.“ (Schopenhauer)
Oft wiederholt, selten in seiner Fehlerhaftigkeit verstanden. Der Mensch muss nicht wollen können, was er will. Wieso sollte er? Er weiß ja, was er will. Wenn man geht, muss man auch nicht das Gehen gehen können, sondern einen Weg. Wenn man trinkt, man nicht das Trinken trinken, sondern Bier, Wasser … Die Forderung einer künstlichen Verdoppelung, dass man das Wollen wollen muss (was immer das heißt), ist völlig unnötig und unbegründbar.
Ich will schlafen, ich will Bier, ich will Sex, das sind doch alles klare Willensbekundungen, die keiner weiteren Begründung bedürfen. Was Schopenhauer meinen könnte, ist, dass der Wille nicht frei von Ursachen ist. Das muss und kann er auch gar nicht, denn der von allen Eindrücken der Umwelt abgeschlossene postuliere freie Wille (der sogenannten Libertaristen) kann überhaupt nichts wollen. Wie sollte er, wenn er die Welt nie kennen gelernt hat? Was sollte er überhaupt wollen? Wenn ich Bier will, dann weil es mir schmeckt. Dazu musste ich es kennen lernen. Wenn ich Schlaf, Bier und Sex nicht kenne, kann ich sie nicht wollen.
Dass wir in Ursachen eingebunden sind, ist kein Makel, dass diese Ursachen uns mitunter determinieren ist exakt das, dem sich Locke gewidmet hat.
„Wenn Sie einen Zeitgenossen bevorzugen, so argumentiert Peter Bieri auch nicht biologistisch.“
Allerdings argumentiert der nicht gegen die Freiheit des Willens. ;-)
„Sie scheinen in dieser Hinsicht Kantianer zu sein ...“
Ich bin eher bei Locke und seinem Kompatibilsimus. Wenn ich innehalten kann (also nicht impulsiv und affektgesteuert bin), abwägen kann (im Zweifel die diversen Prämissen des Für und Widers, die mir rational zugänglich sind, betrachten und hierarchisieren kann) und meine Wahl begründen kann, bin ich frei.
„Es ist in allem so wie mit Einsteins Pfeife, auch wenn man noch eine Weile herumgrübelt, ehe die tatsächliche Entscheidung fällt. Sie fällt nicht rational.“
Dann kann man allerdings die Wissenschaft in toto beenden, die von ihrem Grundaufbau her durch und durch rational ist. Die biologistische These der Dominanz der Affekte bei Entscheidungen ist in vielerlei Hinsicht selbstwidersprüchlich. Schon allein, dass sie rational überzeugen will ist ein performativer Widerspruch.
In einer in ein rationales Konzept integrierten Variante, ist die Intuition aber durchaus mit drin. Wer sagt, er überlasse seiner Intuition das letzte Wort, tut dies ja auch nicht grundlos, sondern, weil er damit gute Erfahrungen gemacht hat. Das ist im Rahmen des Kompatibilismus durchaus drin und ich würde wie Sie wohl auch, dazu raten, die Intuition ins Boot zu holen.
Lassen Sie uns das Thema Willensfreiheit nicht inhaltich diskutieren, ich habe das Jahre getan und jeden Stein mehrfach umgedreht und kein Interesse mehr daran, da ich seit Jahren keinen einzigen neuen Aspekt kennen gelernt habe. Die häufigste Variante ist, dass Zufall und Willkür die Freiheit vergrößern würden, beides lässt sich nicht begründen.
Kontraintuitiv ist es sogar so, dass die Willensfreiheit in einem erheblichen Maße von einer determinierten Welt abhängig ist.
"Er weiß ja, was er will."
Woher?
Mit Verlaub, das ist nun wirklich philosophisch naïv.
"Nietzsche, Einstein und Schopenhauer aufzufahren sind Autoritätsargumente"
Keinsewegs, ich habe ja die entsprechenden Argumente von Einstein und Schopenhauer angeführt, nicht nur die Namen.
Die Argumentation von Nietzsche in dieser Frage hatt ich bei Ihnen eigentlich als bekannt vorausgesetzt. Gerade wenn man ethische/moralische Fragen diskutiert, muss man "Jenseits von Gut und Böse" und die angehängte Streitschrift "Zur Genealogie der Moral" mal gelesen haben.
Ob man damit übereinstimmt, ist dann eine andere Frage, aber man kann nach Nietzsche nicht über Moral diskutieren, ohne diese Argumente zu kennen und mit in die Betrachtung einzubeziehen.
"unterstellt, die Welt sei überall, immer und vollständig von A bis Z determiniert."
„Das ist nicht die Frage. Selbst wenn die Welt nicht von A bis Z determiniert ist, bleibt die Frage ob Ihr Ich sie beeinflussen kann. Und wenn Ja, ob Ihr Ich determiniert ist.
Den Glauben, ihr Ich sei nicht vollständig determiniert, teilen die meisten Menschen, wenigstens intuitiv. In der Praxis ist das ein Argument, in der Philosophie nicht, in der Naturwissenschaft auch nicht.
Wenn ich in Holland auf der Wiese stehe, wirkt die Erde flach. Sie ist es dennoch nicht.“
Wie oben erläutert, dass ich determiniert bin, ist nicht das Problem. Aber wenn ich bestimmte Anfangsbedingungen nicht ändern kann, heißt das nicht, dass ich den weiteren Kurs nicht ändern kann.
Wenn das Argument sein soll, man würde sich nur einreden etwas frei zu wollen, Sie also den Freiheitsbegriff des Kompatibilismus kritisieren – das kann man machen – müssten Sie zeigen, was daran falsch ist und Freiheit selbst anders definieren. Wenn Ihnen das besser gelingt, als den Kompatilisten, haben Sie mich überzeugt.
"Woher wissen Sie denn, was jemandem zum Zen-Meister qualifiziert?"
„Ich kann keine Eier legen, weiss aber dennoch, ob ein Ei gut oder schlecht ist.“
Das mag sein, aber was sind die Kriterien? Die Intuition hat ja auch ihre Grenzen. So sehr man sie auch befürworten kann, so sehr kann man sich auch irren. Sie würden ja auch prüfen, ob etwas funktioniert.
"Dieser Mönch hat es, dieser Mönch hat es nicht."
„Das kann man sehen, ohne selbst auf einer sehr hohen Stufe der Erleuchtung zu stehen.“
Man ist nicht ein bisschen erleuchtet. Es gibt in der Medizin einen gewissen Prozentsatz sogenannter Superheiler. Generell gilt, dass der empathische Arzt besser ist, als der doofe Technokrat. Viele Superheiler machen im Grunde wenig bis nichts richtig, bezogen auf das, was ein guter Arzt/Therapeut tun sollte, aber egal nach welcher Methode sie vorgehen, sie haben immer Erfolg.
Ich kann mir gut vorstellen, dass das gleiche für spirituelle Lehrer gilt, aber im Falle des Superheilers kann der Einzelne entscheiden, ob er gesund geworden ist, da er es merkt. Die Schmerzen hier, das Zucken da, die Einschränkung dort ist weg, warum weiß niemand so genau, aber dass es so ist weiß man. Beim spirituellen Lehrer ist die Kategorie Erleuchtung, was sonst? Eventuell würde ich mich auf einen gehörigen spirituellen Durchbruch runter handeln lassen. Aber weniger geht nicht.
"Die Argumentation von Nietzsche in dieser Frage hatt ich bei Ihnen eigentlich als bekannt vorausgesetzt. Gerade wenn man ethische/moralische Fragen diskutiert, muss man "Jenseits von Gut und Böse" und die angehängte Streitschrift "Zur Genealogie der Moral" mal gelesen haben.
Ob man damit übereinstimmt, ist dann eine andere Frage, aber man kann nach Nietzsche nicht über Moral diskutieren, ohne diese Argumente zu kennen und mit in die Betrachtung einzubeziehen."
Wer sagt Ihnen a) dass ich die nicht kenne und b) ist das einfach der Verusch eine allgemeine Behauptung (was man so sollte oder nicht mehr machen kann) mit einem ad hominem Testballon (der Art: von ihnen hätte ich das eigentlich erwartet) zu kombinieren.
Dass Sie bei Nietzsche vergessen haben zu sagen, auf was Sie sich da genau stützen, macht daraus aber eben ein Autoritätsargument. Sie können das nachhiolen, an Machtspielchen habe ich auch mit Ihnen kein Interesse.
"Er weiß ja, was er will."
"Woher?
Mit Verlaub, das ist nun wirklich philosophisch naïv."
Woher man weiß, was man will? Wenn ich Hunger habe, merke ich das und dann will ich was essen. Sie nicht?
Muss ich, wenn ich Hunger habe, wirklich erforschen, ob ich tatsächlich Hunger habe und es nicht vielleicht ein Juckreiz ist? Nein, es gibt zunächst überhaupt keinen Grund daran zu zweifeln, dass jemand der sagt, er habe Hunger, auch Hunger hat.
Dass das seine Ursachen hat, vom Blutzuckerspiegel über Magenfüllung bis sonst was, klar, aber wo wäre das Problem, bezogen auf die Willensfreiheit. Selbst wenn ich nicht weiß, warum ich - biologisch betrachtet - Hunger habe, weiß ich doch, dass ich Hunger habe und essen will.
Dieses Argument haben Sie selbst in Anspruch genommen, als Sie sagten, auch wenn Sie keine Eier legen, können Sie erkennen, ob sie gut oder schlecht sind.
Um es hier doch noch einmal zu sagen:
Die Welt kann voll determiniert sein (einschließlich der nur statistischen Determination). Aber wäre das der Fall, wären alle diese Diskussionen, die hier hochemotional geführt werden, völlig sinnlos, weil jeder nur das täte, wozu er deterministisch gezwungen ist. Die behauptete Wahrheit wäre nur die Notwendigkeit, dies jetzt als Wahrheit behaupten zu müssen. Es gibt dann keine Wahrheit, weil Wahrheit und Sein identisch sind. Nur ein Gott außerhalb der deterministischen Notwendigkeit könnte die Sache beurteilen und würde keine Notwendigkeit sehen, dafür zwei Begriffe zu verwenden, wovon der eine ohnehin nur eine Differenz zum anderen suggeriert.
„Die Welt kann voll determiniert sein (einschließlich der nur statistischen Determination). Aber wäre das der Fall, wären alle diese Diskussionen, die hier hochemotional geführt werden, völlig sinnlos, weil jeder nur das täte, wozu er deterministisch gezwungen ist.“
So weit Teil 1 der Übung. Teil 2 ist der, dass man eben nicht weiß, dass und wozu man gezwungen ist – Gott mag wissen, was als nächstes geschieht, wir aber nicht – und so sind wir auf Spekulationen und Theorien angewiesen. Dabei sind wir ja nicht ganz dumm und blind, sondern durchaus erfolgreich. Wir schaffen es zu essen und den Hunger zu beseitigen, aber auch ein fMRT zu bauen, die Logik zu optimieren, den im Grunde saumäßig komplexen Alltag zu bewältigen, Sonden auf Kometen landen zu lassen ...
Es gibt Grund zu der Annahme, dass wir Ausschnitte des Spiels begreifen. Kommt neues Wissen hinzu, modifizieren wir unsere Theorien. Dabei ist es klug, bei wichtigen Entscheidungen die besten Gründen aufzufahren, die kompetentesten Quellen und Experten zu bemühen, usw.
Doch unsere Freiheit gründet letztlich nicht – das ist die ziemlich kontraintuitive Pointe – nicht unserem Wissen, sondern in seiner Begrenztheit. Dass wir nicht alles wissen macht es a) erst möglich und notwendig rational abzuwägen und zu entscheiden, b) gründet unsere Freiheit genau dort. Und sie ist keine Freiheit zweiter Klasse, das wäre sie nur, wenn wir exakt wüssten, was als nächstes geschieht.
Aber zu all dem kommt erschwerend noch hinzu, dass unsere Welt vermutlich nicht zu 100% determiniert ist.
"Doch unsere Freiheit gründet letztlich nicht – das ist die ziemlich kontraintuitive Pointe – nicht unserem Wissen, sondern in seiner Begrenztheit."
Ein "nicht" zu viel.
"Doch unsere Freiheit gründet letztlich nicht – das ist die ziemlich kontraintuitive Pointe – nicht unserem Wissen, sondern in seiner Begrenztheit. Dass wir nicht alles wissen macht es a) erst möglich und notwendig rational abzuwägen und zu entscheiden, b) gründet unsere Freiheit genau dort. Und sie ist keine Freiheit zweiter Klasse, das wäre sie nur, wenn wir exakt wüssten, was als nächstes geschieht."
Lach, das dürfte aber ein Schlag ins Kontor der Christen sein, was deren Vorstellung von Gott betrifft. Also ein weiteres kleines Rätsel, an dem bereits ein größerer Geist mit seiner Theodizee wohl gescheitert ist.
Ich weiß nicht, ob ich Sie richtig verstanden habe, aber für Gott bestünde die Problematik tatsächlich darin, dass er im Grunde nicht wollen kann, wenn er ohnehin weiß, was passiert.
Denn es ist ja beides sinnlos: Erstens, zu wollen, was ohnehin geschieht – ein allwissender Gott wüsste das ja – und zweitens, zu wollen, was ohnehin nicht geschieht.
Diese Vorstellung von Gott ist schwer zu halten.
"also den Freiheitsbegriff des Kompatibilismus kritisieren"
Soweit ich sehe, zeigt der Kompatibilismus nur, dass freier Willen nicht inkonsistent mit einer teilweisen Determiniertheit der Welt und des Ich ist. Daraus folgt, dass freier Willen unter diesen Randbedingungen möglich ist - nicht, dass er notwendig existiert.
Wenn die Frage unentscheidbar ist, weil wir nicht sicher wissen (können), ob die Welt vollständig determiniert ist, dann halte ich mich (wie bei der Frage nach der Existenz Gottes) an das Parsimonie-Prinzip (auch Ockhams Rasiermesser genannt): Die Annahme eines freien Willens ist nicht notwendig, also sollte man bei der Welterklärung auf diese Annahme verzichten.
freiheit gründet in der zum risiko-heruntergebrochen gefahr.
---> dirk baecker:"lebe riskant (aber nicht gefährlich)" NZZ.
s.o.
Sehen Sie nicht den eklatanten Selbstwiderspruch in der Aussage „Die Annahme eines freien Willens ist nicht notwendig, also sollte man bei der Welterklärung auf diese Annahme verzichten.“ Hier wird der freie Wille, eine Annahme zu machen oder sie zu verwerfen, behauptet und bestritten.
Das Thema können wir vielleicht später mal in einem entsprechenden Beitrag diskutieren, also ~ die Frage versuchen zu beantworten, inwieweit sich dabei absolutes Wissen mit Freiheit/Überraschung/Entdeckung/Freude usw. überhaupt noch verbinden lässt. Scheint mir jedenfalls die normalen Denk-Kategorien zu sprengen.
Aber nicht in diesem Blog.
"ad hominem Testballon"
Sie hatten mir einen "Autoritätsbeweis" vorgeworfen, weil ich auf Nietzsche verwiesen hatte. Ich habe lediglich gesagt, dass ich Nietzsches Position bei Ihnen als bekannt vorausgesetzt und deswegen nicht weiter referiert hatte.
Ein Punkt, den Nietzsche als Ungenauigkeit im vorherigen philosophischen Denken erkannt hatte, ist der folgende:
"er rechnet das Gelingen, die Ausführung des Wollens, noch dem Willen selbst zu" (Jenseits von Gut und Böse)
Nietzsche unterscheidet zwischen Willen und Aktion. Die Aktion k a n n mit dem Willen zusammenfallen, muss aber nicht und zwar in beiden möglichen Varianten nicht: Es gibt Wollen ohne Aktion und es gibt Aktion ohne bewusstes oder gar rationalisiertes Wollen.
Wenn man so will, unterscheidet Nietzsche zwischen Willensfreiheit und Entscheidungsfreiheit. Die Entscheidung fällt aber nicht rational, da waren wir Beide uns, glaube ich, schon einmal einig. Wenn die Entscheidung nicht aus dem Willen resultiert, ist die Frage des "freien Willens" ein Scheinproblem.
„Soweit ich sehe, zeigt der Kompatibilismus nur, dass freier Willen nicht inkonsistent mit einer teilweisen Determiniertheit der Welt und des Ich ist.“
Nein, das stimmt nicht. Es ist eine vollständige Determiniertheit gemeint. Sollten Sie irgendwo die Rede vom weichen Determinismus im Zusammenhang mit dem Kompatbilismus gelesen haben – ich weiß, dass das hier und da der Fall ist – vergessen Sie es gleich wieder.
„Daraus folgt, dass freier Willen unter diesen Randbedingungen möglich ist - nicht, dass er notwendig existiert.“
Ja. Der freie Wille ist im Alltag ein gleitendes Kontinuum, da es innere und äußere Zwänge – Süchte, psychische Erkankungen, Messer am Hals und Erpressung gibt es ja wirklich – gibt, die die Freiheit einschränken (Sartre ist da anderer Meinung, aber sein Freiheitsbegriff ist mir zu weitreichend), andererseits packt man nicht bei jeder Alltagsfrage das große Besteck aus und greift auch mal ziellos in das Glas mit Bonbons, obwohl man eigentlich die roten besonders mag.
„Wenn die Frage unentscheidbar ist, weil wir nicht sicher wissen (können), ob die Welt vollständig determiniert ist, dann halte ich mich (wie bei der Frage nach der Existenz Gottes) an das Parsimonie-Prinzip (auch Ockhams Rasiermesser genannt): Die Annahme eines freien Willens ist nicht notwendig, also sollte man bei der Welterklärung auf diese Annahme verzichten.“
Man forscht oder betreibt Politik nicht nur, weil es möglich ist, sondern vertritt ganz gezielte Interessen, von denen man will, dass sie sich durchsetzen. Wie sollte man das anders begründen?
Der freie Wille wird ja nicht unmöglich, weil die Welt determiniert ist, im Gegenteil.
"Wenn ich Hunger habe, merke ich das und dann will ich was essen. Sie nicht?"
Das ist Einsteins Pfeife. Diese Art von Willen hat mit Freiheit nichts zu tun.
Das Phänomen hat schon nicht einmal etwas mit bewusstem Willen zu tun. Der ganze Vorgang kann, bei der Pfeife und bei der Nahrungsaufnahme, völlig unbewusst ablaufen. Wenn ich lange konzentriert arbeite und neben mit steht ein Teller mit Keksen, ist es ziemlich wahrscheinlich, dass meinen "Willen" zu essen zum ersten Mal bemerke, wenn ich zwar noch unbewusst nach dem nächsten Keks gegriffen habe, aber keiner mehr das ist.
Wo wäre da die Freiheit des Willens? Sie könnten natürlich trotz Hungers nicht essen - aber nicht sehr lange, dann ist Schluss mit dieser Freiheit.
D'accord.
„Nietzsche unterscheidet zwischen Willen und Aktion. Die Aktion k a n n mit dem Willen zusammenfallen, muss aber nicht und zwar in beiden möglichen Varianten nicht: Es gibt Wollen ohne Aktion und es gibt Aktion ohne bewusstes oder gar rationalisiertes Wollen.“
Ja, es wird auch zwischen Willen- und Handlungsfreiheit unterschieden. Üblicherweise nimmt man das zusammen, aber die Differenzierung stimmt schon.
Sie geht nur noch weiter. Aktion kann auch ein Kniesehnenreflex sein. Darum spricht man in der Philosophie von Handlung, wenn man die bewusste Aktion meint und meint damit nicht, dass man auf der Treppe stolpert.
„Wenn man so will, unterscheidet Nietzsche zwischen Willensfreiheit und Entscheidungsfreiheit. Die Entscheidung fällt aber nicht rational, da waren wir Beide uns, glaube ich, schon einmal einig. Wenn die Entscheidung nicht aus dem Willen resultiert, ist die Frage des "freien Willens" ein Scheinproblem.“
Der freie Wille ist eigentlich gar kein Problem. Dennoch gibt es Aktionen und vielleicht auf bewusste Handlungen die nur begrenzt mit dem freien Wille zu tun haben und ich stimme zu, dass ich nicht hinter allem ein rationales Konzept sehe.
Aber ich kann ja sagen, dass es Nüsse gibt, aber gleichzeitig meinen, dass nicht alles, was es gibt eine Nuss ist. Ich habe also keinen Zweifel an der prinzipiellen Möglichkeit der Willensfreiheit, aber nicht alles was Menschen tun ist automatisch Ausdruck davon.
Nein, wir können konsistent nur denken: es gibt echte Alternativen, also indeterminierte Verläufe. Und dabei fallen Entscheidungen, die entweder grundlos, rein willkürlich sind, das nennt man Willkürfreiheit und ist im philosophischen Sinne keine echte Freiheit, sondern eben Willkür, und es gibt die einer Begründung folgende, das ist der wirklich freie Wille, von Hegel „Einsicht in die Notwendigkeit“ genannt und meistens mißverstanden.
Das verstehe ich jetzt nicht.
"Diese Vorstellung von Gott ist schwer zu halten."
Zwei Buchstaben zu viel ;-)
(Lösung "se")
Im Ernst, ein allwissender und allmächtiger Gott ist ganz einfach verzichtbar. Ob es den gibt oder nicht, macht keinen weiteren Unterschied, als dass es eine vollständige Determiniertheit impliziert.
Ich denke, das löst das Problem nicht.
Nehmen wir an, dass Person A so determiniert ist, dass sie überängstlich ist und einfach aus psychologischen Gründen jedes Risiko scheut.
Person B sei so risikoaffin determiniert, dass sie Gefahren aus psychologischen Gründen unterschätzt oder abtut.
Nun geben wir A und B den Artikel von Dirk Baecker zu lesen. Wird sich irgendetwas ändern?
„Das Phänomen hat schon nicht einmal etwas mit bewusstem Willen zu tun. Der ganze Vorgang kann, bei der Pfeife und bei der Nahrungsaufnahme, völlig unbewusst ablaufen. Wenn ich lange konzentriert arbeite und neben mit steht ein Teller mit Keksen, ist es ziemlich wahrscheinlich, dass meinen "Willen" zu essen zum ersten Mal bemerke, wenn ich zwar noch unbewusst nach dem nächsten Keks gegriffen habe, aber keiner mehr das ist.
Wo wäre da die Freiheit des Willens? Sie könnten natürlich trotz Hungers nicht essen - aber nicht sehr lange, dann ist Schluss mit dieser Freiheit.“
Natürlich können wir auch halbbewusst handeln, etwa, wenn wir Auto fahren, aber die Tatsache, dass wir so zuweilen agieren bedeutet nicht, dass wir das ständig tun. Ich habe nicht den Eindruck, dass ich Habermas' sehr dickes zweibändiges Buch, was ich jetzt seit langer Zeit und immer noch lese, so ganz zufällig und nebenbei gekauft und gelesen habe, weil ich mich dabei doch ziemlich konzentriere. Dass ich dann am Ende der Lektüre denke, dass ich gar nicht weiß, wie mir geschehen ist, halte ich für relativ ausgeschlossen und auch schwer zu erklären.
Ich kann übrigens auch bei Hunger nicht essen, etwas wenn ich faste und das sogar im Hungerstreik bis in den Tod steigern. Noch der angebliche stärkste Überlebenstrieb wir ja von Selbstmordttentätern und einigen Essgestörten ausgehebelt.
Nein. Ich sehe keinen Selbstwiderspruch. Ich war so determiniert, diesen Satz zu schreiben und ich w e i s s , dass ich @moorleiche nicht überzeugen werde, diesem Rat zu folgen.
Wenn man etwas tiefer nachdenkt, ist das ein Paradoxon wie viele andere auch.
Gerade hier ist Nietzsches Philosophiekritik als Sprachkritik von Belang. Wenn dieser Selbstwiderspruch ein Argument wäre, würde die Existenz von Wörtern wie "wollen" und "sollen" bereits die Existenz eines freien Willens beweisen. Das ist aber offensichtlich Unsinn. Die Existenz dieser Wörter sagt etwas aus über psychologische Phänomene und Beziehungen zwischen Individuen, aber nicht notwendig etwas über die Struktur der Weelt.
"Aber nicht in diesem Blog."
Weil?
Vollständige Determiniertheit ist mit freiem Willen unvereinbar. Punkt.
Zum Zeitpunkt t = 0 werde eine Entscheidung getroffen. Es sei aber bereits alles determiniert, was bei t > 0 geschehen wird. Dann gibt es bei t = 0 entweder keine Wahlmöglichkeit - die Entscheidung ist ebenfalls determiniert - oder die Entscheidung hat keinerlei Einfluss auf die Zukunft.
Letzteres können Sie dann "freien Willen" nennen. Ich nenne es "belanglos".
"Man... betreibt Politik nicht nur, weil es möglich ist"
In dieser Hinsicht bin ich Bismarckianer: Politik ist die Kunst des Möglichen. Alles andere ist Dilettantismus.
"Im Ernst, ein allwissender und allmächtiger Gott ist ganz einfach verzichtbar."
Ich glaube, es ist etwas anders. Wirklich verzichten könnten wir auf den malignen Dämon - der von Descartes skizzierte Gott mit radikalem Desinteresse an uns, bishin zu bösen Absichten - da wir mir dem in keiner Weise ins Geschäft kommen können.
Ob wir bitten, schmeicheln, drohen, fluchen, handeln wollen, es juckt ihn einfach nicht. Wir wären seiner Willkür immer ausgeliefert und die Macht etwas gegen ihn auszurichten fehlt uns.
Einem Gott mit guten Absichten könnten wir gebrauchen, die Frage ist nur, ob es ihn gibt. Da sind die üblichen Zweifel schon nachvollziehbar. Auf der Basis des Naturalismus hat man die meisten Heilsversprechen zuverlässiger eingelöst, auf der Basis einer funktionalistischen Weltsicht.
Im Moment gerät die auf verschiedenen Ebenen ins Stocken. Da der Naturalismus selbst frei von Ethik und Sinnstiftung ist, aber vieles sehr gut erklären konnte, ist er in Gefahr, wenn diese Erklärebene einbricht.
"wenn man die bewusste Aktion meint"
Die gibt es, im Sinne einer bewussten Entscheidung vor der Aktion, aber nicht. Die Entscheidung wird nur rationalisiert, sie ist nicht bewusst.
Sie können nicht mal ein Gedicht bewusst schreiben. Das kommt "irgendwoher".
"es gibt echte Alternativen, also indeterminierte Verläufe. Und dabei fallen Entscheidungen"
Sie sagen es: Dabei fallen Entscheidungen. Das ist grammatikalisch richtig.
Grammatikalisch falsch ist: Dabei fälle ich Entscheidungen, wenn mit "ich" mein bewusstes Selbst gemeint ist. Das fällt keine Entscheidungen. Es denkt vorher nach und nimmt dann zur Kenntnis, was als Entscheidung gefallen ist.
"Vollständige Determiniertheit ist mit freiem Willen unvereinbar."
Da haben Sie die Begründung des Kompatibilismus nicht nachvollzogen.
Der agiert lebensecht auf der Basis, auf der wir uns vorfinden, dass wir nämlich nciht wissen, ob die Welt determiniert ist und selbst wenn sie es wäre, wüssten wir nicht, was als nächstes passiert.
Daher ist es nicht nur Getue, wenn wir uns begründet entscheiden, selbst wenn unsere Entscheidung fest steht. Rational begründbet wäre sie dennoch und genau das macht die Freiheit aus.
Wenn Sie diese Freiheit für zu schmalbrüstig halten, sind Sie frei sie anders zu definieren.
Allmächte Wunscherfüllung ist kein Kriterium unserer menschlichen Freiheit.
Wieso nicht? Ich stimme völlig mit Ihnen überein, dass man in einer vollständig determinierten Welt das Problem der Willensfreiheit überhaupt nicht zu diskutieren braucht. Es tritt dann nicht auf.
Vermutlich denken Sie, ich würde denken, die Welt sei (zumindest statistisch) vollständig determiniert.
Dazu kann ich aber nur sagen, dass ich keinen Gegengrund kenne. Dass ich keinen Gegengrund kenne, bedeutet aber nicht notwendig, dass die Aussage zutrifft. Beweisen kann ich eine vollständige Determiniertheit der Welt nicht.
"und einigen Essgestörten"
Ist jetzt nicht so ein gutes Beispiel für freien Willen.
Sie haben eine Weile überlegt, ob sie sich den Habermas nun kaufen und antun sollen und irgendwann haben Sie es getan.
Woher nehmen Sie das Wissen, dass Sie sich da frei entscheiden haben? Frei wovon?
"Die gibt es, im Sinne einer bewussten Entscheidung vor der Aktion, aber nicht. Die Entscheidung wird nur rationalisiert, sie ist nicht bewusst.
Sie können nicht mal ein Gedicht bewusst schreiben. Das kommt "irgendwoher"."
Alles in Ihrem Leben ist Ihen passiert, ohne dass Sie es wollten? Ich dachte Ihr Anschreiben gegen die handelsübliche Coronadeutung sei der Empörung über die wissenschaftliche Unredlichkeit entsprungen, so dass Sie sich aufgerufen sahen, dagegen zu protestieren. Weil Sie andere Vorstellungen von guter Wissenschaft haben.
Es hat Sie also einfach so erwischt, Sie wissen auch nicht, was Sie warum taten und gute Gründe für Ihre Beiträge und Einstellung haben Sie eigentlich gar keine? Hm.
"Einem Gott mit guten Absichten könnten wir gebrauchen"
Der könnte aber nicht allmächtig und allwissend sein, denn dann würden sich die guten Absichten völlig ohne unser Bitten, Schmeichelei, Drohungen, Dlüche und Handlungen vollziehen.
"Im Moment gerät die auf verschiedenen Ebenen ins Stocken. Da der Naturalismus selbst frei von Ethik und Sinnstiftung ist, aber vieles sehr gut erklären konnte, ist er in Gefahr, wenn diese Erklärebene einbricht."
Erstaunlich nach dem bisherigen Diskussionsverlauf von heute, aber hier berühren wir uns. Ich halte das für eine zutreffende Diagnose.
"Der agiert lebensecht auf der Basis, auf der wir uns vorfinden, dass wir nämlich nciht wissen, ob die Welt determiniert ist und selbst wenn sie es wäre, wüssten wir nicht, was als nächstes passiert."
Das begründet aber doch nur die I l l u s i o n eines freien Willens.
Dass die existiert, bestreite ich nun wirklich nicht.
nach der staatlichen total-mobilisierung zur einwilligung in kriegs-gefahren
in wkI und III.reich hat der heutíge wohlfahrtsstaat
(nicht nur für aus ärmeren gesellschaften zugezogene)
die gefahr des totalen schiff-bruchs eliminiert.
und eine post-materielle einstellung verbreitungs-fähig gemacht.
"die jungen leute traun sich was!". "das gabs bei uns nicht"
hab ich noch in den ohren aus den mündern meiner eltern-generation,
die brot-erwerb-fixierter waren.
ein beruf mit einer langjährigen ausbildungs-zeit (z.b.zum nat.wiss)
gilt vielen schon als lebens-entscheidung/obsession,
einer früheren lebens-hingabe im kloster vergleichbar.
auch dabei spielt das herkunfts-milieu dem ego zu oder läßt es allein.
"und einigen Essgestörten"
„Ist jetzt nicht so ein gutes Beispiel für freien Willen.“
Kommt drauf an. Fragt man die Essgestörten, so erleben die das, was andere als Störung bezeichnen, als eine Gefühl der Macht, beschränkt, wenigstens aber auf diesen Bereich.
Und ist der Selbstmordattentäter nun gestört oder konsequent und zu allem Entschlossen? Was krank und gesund, richtig und falsch ist, ist ganz schwer zu rechtfertigen. Darum wird es ja auch mit soviel Nachdruck vertreten.
„Sie haben eine Weile überlegt, ob sie sich den Habermas nun kaufen und antun sollen und irgendwann haben Sie es getan.
Woher nehmen Sie das Wissen, dass Sie sich da frei entscheiden haben? Frei wovon?“
Wieso wovon, wozu wäre in dem Fall richtig. Ich wäge generell Interesse, Preis, Zeit, Qualität usw. gegeneinander ab. Wie gesagt, es ist ja nicht alles was man tut, vollkommen frei, muss aber auch nicht. Man hat aber die Möglichkeit, innezuhalten, abzuwägen und auf der Basis von Gründen zu entscheidention. Wenn die Situation es erfordert. Umzug, Berufswechsel usw. sind solche Entscheidungen.
Dass alles eine Rationalisierung wäre, ist ja gerade für einen Wissenschaftler seltsam zu behaupten. Ihre Doktorarbeit scheint mir ziemlich aufwendig begründet, das hätten Sie ja einfacher haben können, wenn Sie gesagt hätten, dass Sie das alles so im Gefühl haben und Ihnen einfach zu glauben ist. Vermutlich wären Sie dann jedoch kein Prof geworden. Offenbar konnte man das, was Sie schrieben aber rational nachvollziehen.
Aber wieso lassen Sie sich überhaupt zu so weitreichenden Allaussagen hinreißen?
"Der könnte aber nicht allmächtig und allwissend sein, denn dann würden sich die guten Absichten völlig ohne unser Bitten, Schmeichelei, Drohungen, Dlüche und Handlungen vollziehen."
Es heißt doch, er wolle, dass wir freiwillig folgen. Naja gut, ich bin nicht der beste Werbebotschafter für die Religion.
"Erstaunlich nach dem bisherigen Diskussionsverlauf von heute, aber hier berühren wir uns. Ich halte das für eine zutreffende Diagnose."
Ich sehe uns eigentlich in mehreren Punkten nicht so weit auseinader. Ich finde es sehr erfreulich, dass Sie sich für doch recht viele Bereiche außerhalb Ihrer Profession interessieren und außerdem ein Akademiker zum Anfassen sind.
Das finde ich recht sympathisch, auch wenn es Bereiche gibt, mit denen ich überhaupt nicht einverstanden bin. Dieses Abstecken des Terrains finde ich eigentlich langweilig, die Kräfte zu bündeln und kreativ neue Bereiche zu erschließen ist viel interessanter.
Was zum Beispiel die Grenzen des Naturalismus angeht, da finde ich die Sicht von Fachleuten, die auf ihrem Gebiet viel mehr wissen als ich, immer wichtig, lehrreich und inspririerend.
ess-gestörte und meist auch selbst-mord-attentäter sind zwangs-handler
ein asket, der seinen körper diätetisch disziplinieren will,
handelt um eines gefaßten zieles willen.
manche wollen auch klima-schutz mit der gabel exekutieren.
handlungs-motive sind schwerer zu ermitteln als zu unterstellen!
„Das begründet aber doch nur die I l l u s i o n eines freien Willens.“
Nein, das ist keine Illusion. Die offene Frage ist, ob die Welt determiniert ist, nicht ob es den freien Willen gibt. Das ist vor dem Hintergrund des Kompatibilismus klar mit Ja zu beantworten. Auch wenn feststehen sollte was passiert. Weil wir es, auch wenn es so wäre dennoch nicht wüssten, si und nd wir auf Theorien und Gründe angewiesen.
Wie wir uns entscheiden hat natürlich auch einen Einfluss auf den Verlauf der Welt. Es ist also nicht egal was wir tun. Dass dies vorher schon feststeht, ist vor Gott oder die streng naturgesetzliche Ordnung der Fall, aber nicht für uns, da wir es eben nicht wissen. Ergo sind wir zum Handeln gezwungen. Wenn wir nichts machen, passiert auch nichts, eher mit uns, als durch uns. Aber Determinismus ist ungleich Fatalismus, auch wenn das die Diskussion noch komplizierter macht.
Aber von mir aus, Strich drunter, leicht bis ins Banale ist das so oder so nicht (das haben Sie in Ansätzen nun gesehen) und ich bin da etwas in der Zwickmühle. Wenn ich sage, dass das tatsächlich sauschwer ist – und das ist es, bis man den Bogen raus hat – stachle ich Ihren Ehrgeiz an und wir diskutieren hier noch lange, wozu ich gar keine Lust habe. Sie werden es auf jeden Fall irgendwann heraus kriegen, sind aber aktuell nicht nah dran und da sind noch viele Fehler zwischen geschaltet.
Wenn Sie die Lösung wollen und innerlich überzeugt sein wollen, konzentrieren Sie sich auf die Definition der Freiheit. Fast alle Gegner der Willensfreiheit fallen in das Loch, dass sie glauben, sie bräuchten keine Definition, da sie ja meinen es gäbe keine Willensfreiheit. Das ist ein zirkuläres Argument und entlastet nicht. Also die bessere Definition als die des Kompatibilismus (innehalten und Prämissen hierarchisieren, rational abwägen und begründen) ist gesucht. Wenn keine zu finden ist, sollte man die beste akutelle akzeptieren.
Das ist der direkteste Weg, er ist wirklich schwer genug. Der Hinweis ist, dass unser Nichtwissen die Lösung ist, nicht das Problem. Unser Nichtwissen zwingt uns zur rationalen Spekulation und Theoriebildung.
Eine gute Hinführung ist die hier.
„ess-gestörte und meist auch selbst-mord-attentäter sind zwangs-handler“
Frag mal den Selbstmordattentäter. Für die sind der Rest der Welt Warmduscher.
Ist aber ein wenig, wie mit dem Terroristen und dem Freiheitskämpfer.
Ich bin auf dem Gebiet zu den meisten Schandtaten bereit.
„Wieso nicht? Ich stimme völlig mit Ihnen überein, dass man in einer vollständig determinierten Welt das Problem der Willensfreiheit überhaupt nicht zu diskutieren braucht. Es tritt dann nicht auf.“
Doch, wir müssten. Gerade da liegt das Problem, da der Determinismus und die Willensfreiheit einander gar nicht in die Quere kommen.
„Vermutlich denken Sie, ich würde denken, die Welt sei (zumindest statistisch) vollständig determiniert.
Nein, das glaube ich nicht. Sie gehen ja nicht vor verborgenen Variablen aus, insofern fällt der Glaube an eine umfassende Determiniertheit flach.
Der Punkt ist, dass das für die Freiheit des Willens kein Problem darstellt. Der Kompatibilismus ist keine ontologische Behauptung, sondern ein Gedankenexperiment, das die Frage klären soll, was wäre, wenn die Welt vollkommen, zu 100%, bis in jedes kleinste Detail determiniert wäre. Wäre Willensfreiheit unter diesen Bedingungen noch möglich. Intuitiv sagt man sofort: Auf gar keinen Fall und dann beginnt die mühselige Begründung, an deren Ende das exakte Gegenteil steht.
"Alles in Ihrem Leben ist Ihen passiert, ohne dass Sie es wollten?"
Das halte ich für eine philosophisch naïve Position.
Angenommen ich bin ein Schauspieler in einem Monumental-Epos, das ein Ausserirdischer geschrieben hat. Ich habe eine Rolle. Ich fülle diese Rolle aus. Ich identifiziere mich mit dieser Rolle, gehe in ihr auf. In gewissem Masse muss das jeder gute Schauspieler tun. Meine Textpassage und Handlungen nehme ich in diesem Fall nicht aus einem Drehbuch, sie wreden mir aus dem Unterbewussten heraus suggeriert.
Daraus folgt nicht, dass ich am Drehbuch mitschreibe.
Das stimmt alles.
Anderseits ist auch die Lebenssituation der Generation meiner Doktorandinnen und Doktoranden (tatsächlich etwa halbe/halbe) eine ganz andere als die meiner Generation.
Postmateriell schon, aber mit viel mehr Ungewissheiten und einem sehr viel verschwommeneren Bild der Zukunft.
Ob postmateriell für die gesamte Lebenszeit dieser Generation anhalten wird, ist aus meiner Sicht noch dahingestellt.
Der totale Umbau des Wirtschaftens usw., der gerade propagiert und vermutlich auch in Angriff genommen wird, ist nicht zu Ende gedacht. Die uneingestandene Annahme ist, das wir dabei unser Technologieniveau mindestens halten können und sogar für den Umbau nötige neue Technologien entwickeln können. Diese Annahme wird nicht sehr lange richtig bleiben. In der postpostmateriellen Gesellschaft wird es wieder um das gehen, was man zum (Über)leben braucht.
"Fragt man die Essgestörten, so erleben die das, was andere als Störung bezeichnen, als eine Gefühl der Macht, beschränkt, wenigstens aber auf diesen Bereich."
Ähmm, das ist jetzt sogar ein extrem gutes Beispiel gegen die Behauptung, dass der erlebte (gefühlte) freie Wille ein tatsächlicher freier Wille ist.
"Und ist der Selbstmordattentäter nun gestört oder konsequent und zu allem Entschlossen?"
Gestört. Ich weiss, es gibt bei Fontane die Szene von dem einen preussischen Soldaten, der sein Leben geopfert hat, um einem Angriff zum Durchbruch zu verhelfen, was dann die Schlacht entschieden hat. Fontane lässt das eine seiner Romanfiguren als Beispiel echten Heldentums ansehen. Allerdings its das noch einmal etwas leicht anderes, weil der Soldat den Krieg nicht begonnen hat und damit immerhin Leben seiner Kameraden gerettet hat. Der Selbstmordattentäter zerstört nur.
Ich gebe Ihnen aber in einem Recht. Der Selbstmordattentäter ist konsequent und zu allem entschlossen. Wer tatsächlich glaubt, dass es in religiösen oder politischen Fragen genau eine richtige Antwort gibt und dass es bei der Durchsetzung dieser Antwort auf ein paar Menschenleben nicht ankommt, der sollte eigentlich so handeln.
"Es heißt doch, er wolle, dass wir freiwillig folgen."
Wir reden über denjenigen, der die Sintflut verursacht und Feuer und Schwefel hat über Sodom und Gomorrha regnen lassen und dessen Sohn allen nicht so Folgsamen schreckliche Qualen nach dem Tode vorhergesagt hat?
"auch wenn es Bereiche gibt, mit denen ich überhaupt nicht einverstanden bin"
Zum Glück auch, worüber sollten wir denn sonst diskutieren ;-)
"(...) und außerdem ein Akademiker zum Anfassen sind."
Na so was @Moorleiche, so hatte ich Sie bisher noch gar nicht gelesen. ;-)
Alles weitere lasse ich mal weg, denn ich möchte der Ablenkung von Herrn Jeschke in seiner Freizeit nicht unbedingt Nahrung bieten. Dazu ist auch bereits genug geschrieben worden.
"Wenn wir nichts machen, passiert auch nichts"
Ersten können wir gar nicht nichts machen und zweitens passiert auch dann etwas, wenn wir gerade nichts machen.
Das irgendetwas durch uns passiert, setzt den freien Willen ja schon voraus.
"Wenn keine [Definition der Freiheit] zu finden ist, sollte man die beste aktuelle akzeptieren."
Sie setzen hier drei Dinge voraus. Erstens, dass es eine beste Definition geben muss. Wenn aber verschiedene Definitionen der Freiheit denkbar sind, ist nicht ausgemacht, dass eine davon die beste ist. Es bedeutet eher, dass das Wort "Freiheit" im Alltagsgebrauch verschiedene Bedeutungen hat und dass man eigentlich für die philosophische Diskussion verschiedene Fachbegriffe einführen müsste, die den einzelnen Bedeutungen entsprechen.
Zweitens setzen Sie voraus, dass man, wenn es eine beste Definition gibt, diese finden könnte, ohne in ein zirkuläres Argument zu geraten. Wenn zum Beispiel die beste Definition diejenige ist, welche eine kompatibilistische Diskussion zulässt, dann ist das gerade so gut, wie zu sagen, ich will beweisen, dass es einen freien Willen gibt, deshalb definiere ich "Freiheit" jetzt so, dass das auch geht.
Drittens setzen Sie voraus, dass aktuelle Definitionen der Freiheit besser sind als früher aufgestellte. Das halte ich für gewagt. Wenn man Philosophie studiert und eine Stelle ergattert hat, muss man ja auf dem Gebiet auch etwas schreiben, ganz unabhängig davon, ob man tiefer oder sauberer denken kann als etwa Nietzsche. Das kann sehr gut funktionieren. Nietzsche kann ja nicht mehr zur Gegenrede ansetzen.
"Unser Nichtwissen zwingt uns zur rationalen Spekulation und Theoriebildung."
Sagte der Gepard, weil ungewiss war, ob er den Wettlauf gegen die Gazelle gewinnen würde.
Meine Rede.
Das gilt auch - und sogar vorzugsweise - für die eigenen.
"insofern fällt der Glaube an eine umfassende Determiniertheit flach."
Nein. Das ist wieder die Frage des Messproblems, die wir schon einmal hatten. Da sind Sie einer falschen Behauptung über Quantenmechanik aufgesessen.
Ich muss jetzt ganz leicht mathematisch werden, aber nur ganz leicht.
Wir betrachten das ganze Universum als ein abgeschlossenes quantenmechanisches System. Das ist eine sehr gute Annahme, nach allem, was wir wissen. Wir lassen mal das Problem weg, dass wir keine vollständig relativistische Quantenmechanik haben oder nehmen an, dass wir eine solche relativistische QM mit Gleichungen der gleichen Struktur ausdrücken können, wie die nichtrelativistische.
Der Zustand des Universums wird durch eine Wellenfunktion beschrieben. Diese hängt von sehr vielen Variablen ab, aber keine davon ist verborgen, im Sinne von unmessbar. Das interessiert uns aber sowieso nicht, denn wir müssen nie messen.
Die Wellenfunktion psi(0) zum Zeitpunkt t = 0 sei gegeben. Wie sie sich zeitlich entwickelt, wird durch den Hamilton-Operator H bestimmt, der von den gleichen Variablen abhängt. Dieser sei auch gegeben. Für das philosophische Problem der Determiniertheit ist es völlig unerheblich, ob wir die Wellenfunktion und den Hamiltonian kennen oder nicht (wir kennen sie nicht), sondern nur, ob sie existieren. Wenn das Universum ein quantenmechanisches System ist, existieren sie auch.
Dann gilt die zeitabhängige Schrödingergleichung:
i h/2 pi d/dt psi = H psi
wobei i die imaginäre Einheit, h das Planck'sche Wirkungsquantum und d/dt die Ableitung nach der Zeit ist. Mit psi(0) können wir psi zu jedem Zeitpunkt t >= 0 berechnen, zumindest im Prinzip und das reicht für die philosophische Abklärung. Die Wellenfunktion des gesamten Universums ist vollständig determiniert, bis in alle Zukunft.
Das ganze Missverständnis, dass die Quantenmechanik Determinismus ausschliessen würde (sofern es keine verborgenen Variablen gibt), kommt nur daher, dass wir in der Phsyik nicht über das ganze Universum und nicht über strikt abgeschlossene Quantensysteme reden. Die Messung ist eine Wechselwirkung mit dem System und in der Quantenmechanik niemals störungsfrei.
Letzten Endes kommt das Problem daher, dass wir einen Beobachter einführen, der ausserhalb des Systems stehen muss. Wir Menschen als Beobachter stehen aber nicht ausserhalb des Universums. Die Argumente, die einen Determinismus in der QM ausschliessen, sind nicht auf das Universum anwendbar, das uns mit einschliesst.
Wenn Sie über Willensfreiheit reden wollen, reden Sie über eine holistische Welt, zu der wir auch gehören.
Jemehr ein Mensch Selbsterkenntnis erlangt, um so weniger determiniert ist er oder umso freier ist er. Es gibt hier also eine Reihe von Freiheits g r a d e n, die zu mehr oder weniger Freiheit oder Determiniertheit führen.
"Jemehr ein Mensch Selbsterkenntnis erlangt, um so weniger determiniert ist er oder umso freier ist er."
Finden Sie?
Könnte es sein, dass es sich auch dabei nur um gefühlte Freiheit handelt?
Meine gefühlte Freiheit wird absolut, wenn ich gar nichts mehr will, denn dann unterliege ich subjektiv auch keinen Beschränkungen mehr. Objektiv gesehen unterliege ich aber denselben Beschränkungen wie vorher, als ich noch etwas wollte, mich daher an den Beschränkungen stiess und daher unfrei fühlte.
Mit anderen Worten: Ist Selbsterkenntnis sicher von Resignation unterscheidbar?
"Könnte es sein, dass es sich auch dabei nur um gefühlte Freiheit handelt?"
Kann sein, im besten Fall aber sind Gefühl und Verstand oder Herz und Kopf gleichermassen beteiligt. Je nach dem Freiheitsgrad.
"Meine gefühlte Freiheit wird absolut, wenn ich gar nichts mehr will, denn dann unterliege ich subjektiv auch keinen Beschränkungen mehr. Objektiv gesehen unterliege ich aber denselben Beschränkungen wie vorher, als ich noch etwas wollte, mich daher an den Beschränkungen stiess und daher unfrei fühlte."
Ja......
Und mehr Freiheit geht immer mit mehr Verantwortung/Pflichten einher.
"Mit anderen Worten: Ist Selbsterkenntnis sicher von Resignation unterscheidbar?"
Auf den unteren Freiheitsgraden liegen sie wohl sehr nah beieinander.
Gefällt mir.
"Und mehr Freiheit geht immer mit mehr Verantwortung/Pflichten einher."
Das ist ein eher preussisches Verständnis der Sache, wenn ich das so sagen darf. Davon ist allerdings, wie auch von Preussen, aus meiner Sicht nicht so viel übrig geblieben.
Ob das ein preusisches Verständnis ist kann ich nicht beurteilen, habe mich wenig mit Preusen beschäftigt. Eine integrale evolutionäre Entwicklungspsychologie sieht das so.
Ich versuche das mal ein wenig zu raffen.
Wenn andere das Drehbuch meines Lebens komplett schreiben, macht die Rede vom Unbewussten und Therapien, die es aufdecken ja keinen Sinn, weil ja sämtliche meiner Motive unbewusst wären.
Es gibt allerdings auch Menschen, die beliebig von einer Rolle in die nächste schlüpfen und tun, was dort von ihnen erwartet wird, die haben in der Regel ihr Ich nie gefunden.
Was nun Pathologie ist und warum, ist eine lange Diskussion, die reine Abweichung von der Norm reicht meist nicht aus.
„Sie setzen hier drei Dinge voraus. Erstens, dass es eine beste Definition geben muss. Wenn aber verschiedene Definitionen der Freiheit denkbar sind, ist nicht ausgemacht, dass eine davon die beste ist.“
Immer in dem Sinne, dass man mit einer besonders und begründet einverstanden ist. Das kann das kritisiert werden. Was gar nicht erst kritisiert werden kann, ist keine diskutable Aussage.
„Zweitens setzen Sie voraus, dass man, wenn es eine beste Definition gibt, diese finden könnte, ohne in ein zirkuläres Argument zu geraten.“
Ich meine das hier auch im halbwegs normalen Rahmen. Wir sehen uns im Alltag ja als frei an, bestimmte Dinge zu entscheiden, zu anderen fühlen wir uns gezwungen. Davon ausgehend kann man fragen, was jemand eigentlich unter Freiheit versteht. Das kann er dann sagen und andere können es kritisieren.
„Drittens setzen Sie voraus, dass aktuelle Definitionen der Freiheit besser sind als früher aufgestellte.“
Nein, ich hänge selbst einer Lesart aus der Mitte des 17. Jahrhunderts an. Übertriebener Modernismus ist das glaube ich nicht.
„Wir betrachten das ganze Universum als ein abgeschlossenes quantenmechanisches System.“
Jetzt doch abgeschlossen? Ich dachte, das sei unsicher oder nicht mehr Mehrheitsmeinung.
Philosophisch ist es unerheblich, ob das Universum determiniert ist, bezogen auf die Frage nach der Freiheit. Das würde also kein Problem sein, ein Problem wäre ein sehr undeterminiertes Universum, in dem wir aber offenbar nicht leben.
„Die Messung ist eine Wechselwirkung mit dem System und in der Quantenmechanik niemals störungsfrei.“
Ja, das hatte ich verstanden. Heute gilt ja im Grunde allgemein, dass Messung so gut wie nie reine Beobachtung ist, sondern mehr als man denkt Interaktion, wenn auch nicht immer auch quantenmechanischen Gründen. Aber immer steht dabei eine bestimmte Betrachtung im Vordergrund und anderes fällt unter den Tisch, was aber im Wesen einer Messung liegt, die ja irgendwas heraus greift.
Bei den unterschiedlichen Möglichkeiten der Betrachtung wird aber wieder die Frage relevant, welche Art des Blicks relevanter ist, als eine andere. Wann ist welcher Blick geeigneter, als ein anderer?
„Wenn Sie über Willensfreiheit reden wollen, reden Sie über eine holistische Welt, zu der wir auch gehören.“
Ja. Genau darum ist es ja auch nicht egal, wie wir uns entscheiden. Wir verändern das System.
"Na so was @Moorleiche, so hatte ich Sie bisher noch gar nicht gelesen. ;-)"
Da sehen Sie mal, wie facettenreich ich doch bin.
„Mit anderen Worten: Ist Selbsterkenntnis sicher von Resignation unterscheidbar?“
Resignation lässt die Flügel hängen und sagt, alles hätte ohnehin keinen Sinn mehr. Die andere Seite ist ein generellen Einverstandensein, eine Abwesenheit von Widerständen.
Allerdings haben manche Menschen Probleme damit, wenn man zu einverstanden ist, weil diese glauben, die Welt sei ungerechter, als sie sein sollte oder könnte und das dürfe man nicht hinnehmen.
"die beliebig von einer Rolle in die nächste schlüpfen und tun, was dort von ihnen erwartet wird, die haben in der Regel ihr Ich nie gefunden"
Oder eben gerade. Sie können zwischen Rolle und Selbst unterscheiden.
Berühmtes Beispiel: Der römische Kaiser Augustus auf dem Sterbebett ("Klatscht Beifall, Freunde, die Komödie ist zu Ende").
"Jetzt doch abgeschlossen? Ich dachte, das sei unsicher oder nicht mehr Mehrheitsmeinung."
Wenn ich schreibe: "Wir betrachten...", dann mache ich eine Annahme. In diesem Beispiel ging es nur darum, ob die Quantenmechanik mit vollständigem Determinismus vereinbar ist, ohne dass man verborgene Variablen annimmt. Das ist der Fall m i n d e s t e n s d a n n, wenn das Universum ein abgeschlossenes System ist.
Es ist auch noch ein Unterschied, ob es ein abgeschlossenes System oder ein solches im Sinne der Thermodynamik ist. Im ersten Fall kann es keine Energie oder Materie mit einer Umgebung austauschen. Das impliziert der Begriff Universum tatsächlich. Im Sinne der (statistischen Thermodynamik) wird in einem abgeschlossenen System die Entropie maximal und dann ist es in einem Gleichgewicht. Ob das auf das Universum zutrifft, wissen wir nicht.
"Genau darum ist es ja auch nicht egal, wie wir uns entscheiden. Wir verändern das System."
Ich glaub', ich geb's auf. Wenn das System vollständig determiniert wäre, könnte es durch unsere Entscheidung nicht beeinflusst werden - oder unsere Entscheidungen wären auch vollständig determiniert. Das ist wirklich grundlegende Logik.
"Resignation lässt die Flügel hängen und sagt, alles hätte ohnehin keinen Sinn mehr. Die andere Seite ist ein generellen Einverstandensein, eine Abwesenheit von Widerständen."
Und sie finden nicht, das generelle Einverständnis könne auch ein intellektueller Vorhang sein, der die Resignation vor dem Selbst verbergen soll?
"Ja, Genau darum ist es ja auch nicht egal, wie wir uns entscheiden. Wir verändern das System"
Genau und zwar so,
wir malen uns ein Ziel oder Bild im Kopf, was Glücksempfindung auslöst, beschreiben es - sprechen die Worte deutlich aus. Die Worte prägen sich in die vordere Hirnregion, dann die hintere - und sendet Impulse weiter an das Sonnengeflecht (Solar Plexus), dem Sitz des Unterbewusstseins.
Am besten üben wir diese Affirmation morgens oder abends. Weil zu diesen Zeiten (müde) die Tür zum Unterbewusstsein geöffnet ist.
Im Unterbewusstsein sitzt der Weltgeist. Wir alle sind mit diesem verbunden. Das Unterbewusstsein steuert alle lebenswichtigen Funktionen unseres Seins. Immunsystem, Herzschlag, Wachstum (alle elf Monate Zellerneuerung) und beeinflusst auch unser Leben, was Glück, Zukunft und Wohlstand betrifft. Das Unterbewusstsein kennt keinen Schlaf und steuert alle Abläufe.
Das Unterbewusstsein ist jedem Menschen mit der Saat in die Wiege gelegt.
Diese von Dr. Murphy 1962 publizierte Studie ist in seinem Buch "Die Macht des Unterbewusstseins" inzwischen von neuesten Erkenntnissen der Epigenetik per ct untermauert.
Es besteht also kein Grund zur Resignation, im Gegenteil, fangen wir an die Mitwelt zu denken und zu leben.
Interessanter Gedanke.
Ihr Bewusstsein sind also Sie, Ihr Unterbewusstein ist aber etwas anderes, nämlich der Weltgeist.
Nun sitzt in meinem Unterbewusstein dann aber auch der Weltgeist, an den mein Ich (mein Bewusstein) Impulse sendet, aber andere (es ist ja bekannt, dass wir nicht immer der gleichen Meinung sind).
Wie entscheidet sich nun der Weltgeist?
Danach ob Sie besser malen als ich? Oder ob Ihre Hirnregionen grösser sind (meine gewiss nicht, ich habe einen weit unterdurchschnittlich kleinen Kopf, bei der Armee hat nie jemand sein Tschako mit meinem verwechselt) oder besser vernetzt? Oder hängt es davon ab, wer uns uns den grösseren Solarplexus hat?
Und was passiert, wenn mir jemand auf den Solarplexus haut und ich dadurch k.o. gehe (kommt beim Boxen vor)? Tut das dann dem Weltgeist weh?
„Oder eben gerade. Sie können zwischen Rolle und Selbst unterscheiden.“
Ja, das ist der normalgesunde Prozess. Man lässt sich auf Rollen ein – als Vater, Sportsfreund, Gast im Restaurant, Geschäftspartner, Patient beim Arzt … - ist man immer ein einer etwas anderen Rolle, ohne dass man sich (sein Ich) dabei komplett verlieren muss oder darunter leidet, auch eine Rolle zu bedienen.
Beim reinen Rollenspieler sieht das anders aus.
„Es ist auch noch ein Unterschied, ob es ein abgeschlossenes System oder ein solches im Sinne der Thermodynamik ist. Im ersten Fall kann es keine Energie oder Materie mit einer Umgebung austauschen. Das impliziert der Begriff Universum tatsächlich. Im Sinne der (statistischen Thermodynamik) wird in einem abgeschlossenen System die Entropie maximal und dann ist es in einem Gleichgewicht. Ob das auf das Universum zutrifft, wissen wir nicht.“
Mir war nicht klar, dass es eine Differenzierung zwischen abgeschlossenem System und Thermodynamik gibt und bei Letzterem die Entropiezunahme der entscheidende Punkt ist. Ich dachte, der Punkt sei, dass das Universum 'offen' ist. Habe ich jetzt aber kapiert, danke.
„Und sie finden nicht, das generelle Einverständnis könne auch ein intellektueller Vorhang sein, der die Resignation vor dem Selbst verbergen soll?“
Das Grundproblem bei Aussagen dieser Art ist eigentlich immer gleich. Es wird unterstellt, dass niemand sich selbst versteht, man im Grunde fremdgesteuert ist und von woher oder wem auch immer auch noch Emotionen eingespielt werden, die diese Fremdsteuerung überlagern oder überdecken, quasi, damit man nicht merkt, wie man sich wirklich fühlt.
Von sich selbst hat man also keinerlei Ahnung, über die Motive anderer weiß man aber bestens Bescheid. Wie soll das klappen?
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Aber jetzt der entscheidende Punkt:
„Ich glaub', ich geb's auf. Wenn das System vollständig determiniert wäre, könnte es durch unsere Entscheidung nicht beeinflusst werden - oder unsere Entscheidungen wären auch vollständig determiniert. Das ist wirklich grundlegende Logik.“
Hier ist der Punkt, an dem Sie stolpern, schauen Sie genau hin, dann kommen Sie weiter.
„Wenn das System vollständig determiniert wäre, könnte es durch unsere Entscheidung nicht beeinflusst werden“
Warum nicht? Unsere Entscheidungen sind doch Teil der Welt. Natürlich verändern sie, wie alles, was Teil der Welt ist, den Lauf der Dinge.
„oder unsere Entscheidungen wären auch vollständig determiniert.“
Ja klar, so ist das Szenario doch angelegt. Alles ist zu 100% determiniert. Jeder Gedanke, jeder Reflex, jeder gelungene Schluss, jeder Irrtum, jede Resignation. Das sind die Grundbedingungen. Interessant ist nun das, was Sie denken, aber nicht sagen, weil Sie denken, es ergäbe sich zwingend. Ihr Schluss ist nämlich, dass wenn alle unsere Gedanken, Gefühle und Aktionen und Handlungen determiniert sind, es klar wie Kloßbrühe ist, dass wir gar nicht frei sein können, weil wir doch determiniert sind.
Und genau diese geglaubte Sicherheit ist falsch (und die Begründung eine petitio principii, wie aus dem Lehrbuch). Zur Begründung: Ja, alles was wir denken und tun steht fest, en detail, ohne Ausnahme. Aber unsere Freiheit ist ja definiert als die Fähigkeit innezuhalten, abzuwägen und rational zu entscheiden. Wieso ist die denn angekratzt? Weil das Ergebnis schon feststeht? Ja, das tut es, aber wir wissen es nicht. Sonst würden wir den Lottoschein mit den 6 Richtigen ausfüllen und den Urlaub, bei dem das Essen mies ist, nicht buchen. Eine Beziehung, die scheitert gar nicht erst eingehen. Wir können planen, darin sind wir gut, aber unser Wissen hat Grenzen. Wir haben zu dem Ergebnis unserer Determination keinen Zugang. Obwohl wir (in diesem Szenario) determiniert sind.
Also sind wir genötigt, so gut es geht, auf der Basis unseres Teilwissens – mal rationaler, mal intuitiver, mal klüger, mal dümmer, mal oberflächlicher, mal gründlicher – zu entscheiden. Warum ist das eingeschränkt? Es steht fest, welchen Weg wir wählen, welche Entscheidung wir treffen, was wir sehen, auch was wir übersehen, aber das sieht Gott, oder der große Programmierer, der Supercomputer vielleicht, wir selbst jedenfalls nicht. Wir arbeiten mit dem, was wir zur Verfügung haben, so gut wie es geht, unwissend wie wir uns selbst entscheiden werden, aber auf der Basis unserer besten Gründen und größten Mühe, also falls wir das große Besteck auspacken. Die freie und rationale Entscheidung ist a) weiterhin möglich, b) tatsächlich vorhanden und c) könnten wir dennoch vollständig determiniert sein.
Ihr aktuell noch existierendes Vorurteil sagt Ihnen, dass jemand der vollständig determiniert ist, gar nicht frei sein kann. Begründen Sie mal, warum das Ihrer Meinung nach so ist. Locke war klar, dass das nicht stimmt. Sie können alternativ auch den kompatilistischen Freiheitsbegriff als zu eng ansehen. Wie würde eine bessere Definition für Freiheit aussehen? Oder wie sieht Ihre überhaupt aus?
„Im Unterbewusstsein sitzt der Weltgeist. Wir alle sind mit diesem verbunden. Das Unterbewusstsein steuert alle lebenswichtigen Funktionen unseres Seins.“
Mit dieser Formulierung werden Sie Probleme haben. Nicht, weil der Begriff Weltgeist in der Regel anders besetzt ist – jeder ist frei, Begriffe zu verwenden, wei es beliebt, er muss nur sagen, was er darunter versteht – sondern weil die Behauptung, wir seien alle unbewusst verbunden schwer zu halten ist. Unsere Biofunktionen werden zwar in der Tat von einem 'Programm' das wir nicht kennen gesteuert, aber warum sollte nicht jeder für sich, diese Informationen genetisch in sich tragen?
Verbinden tut uns das metaphorisch. In dem Sinne, dass wir alle Zähne haben. Aber wenn meine schmerzen, merken Sie davon gar nichts.
"Unsere Biofunktionen werden zwar in der Tat von einem Programm das wir nicht kennen gesteuert, aber warum sollte nicht jeder für sich, diese Informationen genetisch in sich tragen?"
Tun sie ja, mit dem Samen ist jedwede Information gesetzt. Sogar die Fähigkeit gegeben - Stammzellen während des Lebens umzuprogrammieren.
Ist inzwischen durch neueste Forschung in der Epigenetik belegt. Was bedeutet, dass der Mensch in der Lage ist, den Verlauf chronischer Erkrankungen mit Geisteskraft positiv zu verändern.
Dies geschieht dadurch, dass auf "Lesezeichen" oder den Stammzellen aufgesetzte "Reiter" mittels Gedanken (via Sonnengeflecht) ausgelöste Impulse direkt auf das Immunsystem einwirken, und die Heilungsprozesse anregen.
Hier wird man in Zukunft noch einiges herausfinden.
Liebe Grüsse
Auch @ Moorleiche, kleiner Nachtrag zum Determinismus
Hier muß ich einmal bedingt zustimmen. Der scheinbare Widerspruch zwischen geschlossen und abgeschlossen wäre, was noch nicht gelungen ist, durch einen noch fundamentaleren Relativismus aufzulösen. Die Wellenfunktion ist ein Konstrukt in einem abgeschlossenen unendlichen Raum, ist sehr gut bestätigt, widerspricht aber der Endlichkeit der Welt. Daher würde ich den Determinismus des quantentheoretischen Systems anerkennen, nur andere Schlußfolgerungen ziehen.
Denn der Determinismus einer durch die Wellenfunktion beschreibbaren physikalischen Welt sagt eben nichts aus über den De- oder Indeterminismus der vollständigen, emergierten Welt. Mal andersherum argumentiert: wenn wir heute erkenntnistheoretisch in der Physik den absoluten Standpunkt von außerhalb aufgegeben haben, aus den besten wissenschaftlichen Gründen, warum sollten wir jenseits der Physik (nur der Physikalismus kann dieses Außen leugnen) den absurden Versuch restituieren, von außerhalb zu denken?
Siehe auch meinen Vorkommentar.
Wenn Entscheidungen vollständig determiniert sind, sind es keine Entscheidungen. Man muß sich schon entscheiden, ob man sich entscheiden kann oder nicht. Eine Aporie. Die aber nur in eine Richtung auflösbar ist, wenn sie auflösbar ist. Ist sie es nicht, würde die Logik verlangen, daß man die Frage ausschließt. Damit kann auch ein Indeterminist, wie ich es bin, gut leben.
Der Kompatibilismus ist selbstverständlich so wenig zu widerlegen wie der Physikalismus. Aber er macht biofunktional keinen Sinn. So wenig wie die Vorstellung der Neurophysiologen, daß es willensunabhängig in uns denkt und wir nur die Illusion haben, Subjekte dieses Denkens zu sein, im Nachhinein uns als Herren, Organisatoren unseres Denkens zu fühlen/denken. Zugegeben, es muß keinen Sinn machen, wenn es keinen Sinn gibt. Aber ich finde es sehr unbefriedigend, denken zu müssen, daß aller Sinn nur Illusion ist. Wie man das denken und wegstecken kann, ist mir ein Rätsel. Oder wie man auf dieser Grundlage so tun kann, als ob.
Okay, ob die Wirkungsweise wirklich so ist, da würde ich mich nicht festlegen wollen, aber was den Zusammenhang als solchen angeht, da stimme ich Ihnen zu.
„Wenn Entscheidungen vollständig determiniert sind, sind es keine Entscheidungen. Man muß sich schon entscheiden, ob man sich entscheiden kann oder nicht.“
Doch, es ist nur schwierig zu verstehen. Zu klären ist die Frage, unter welchen Bedingungen ich frei entscheiden kann. Wenn man nun immer wieder sagt: „Ja, wenn die Entscheidung schon fest steht, dann kann sie nicht frei sein“, so ist das gewiss nichts, was ich nicht verstehe. Das ist ja intuitiv vollkommen einleuchtend, schon weil wir gelernt haben zwischen Determiertheit und Freiheit einen Widerspruch an sich zu sehen.
Aber wann genau bin ich in meiner Entscheidung frei? Wenn ich tun und lassen kann, was ich will? Willkür und Zufall werden immer als Mittel zur Freiheit gesehen. Es ist falsch.
Aber ich glaube, dass Du weißt und verstehst, dass und warum Willkür die Freiheit nicht vergrößern (sondern in Wahrheit einschränken), also ist der zentrale Begriff um den es geht die Freiheit. Wann, unter welchen Bedingungen kann man davon reden, dass jemand frei war in seiner Entscheidung?
„Der Kompatibilismus ist selbstverständlich so wenig zu widerlegen wie der Physikalismus.“
Dieser Gegensatz ist falsch. Man kann Physikalist und Kompatibilist sein. Derjenige, der meine inkompatibilstische Auffassung korrigiert hat, ist beides in Personalunion.
„Aber ich finde es sehr unbefriedigend, denken zu müssen, daß aller Sinn nur Illusion ist.“
Die These lautet ja in der Regel, Sinn sei etwas, was wir irgendwie brauchen, aber nichts, was es an sich gäbe. Da frage ich mich ja, was diese „an sich“ Position ist. Doch nicht etwa den „view from nowhere“, den es nicht gibt?
das mit der "sozialen rolle" ist ein schein-lösungs-denkfigur!
1. sind soziale rollen durch erwartungen anderer konstituiert.
2. werden soziale rollen durch die rollenträger immer ausgestaltet,
und erwartungen modifiziert.
das reduktionstische role-taking-modell ist längst dem role-making-modell
gewichen. und man kann auch auf beide verzichten.
Gewöhnlich unterscheidet man, ob jemand ganz in den Rollen des Lebens, die man natürlich von anderen übernimmt, aufgeht und im Grunde nie man selbst ist (oder sich eben willfährig in die jeweiligen Rolle fügt, samt aller Widersprüche zu anderen Rollen, die man ebenso bereitwillig übernimmt), ob ob jemand zwar auch in einer Rolle schlüpft, aber ein eigener Kern erkennbar bleibt oder er auch im Zweifel bereit ist, den Rollenerwartungen nicht zu entsprechen, wenn diese den höheren Werten des Selbst - falls vorhanden - widersprechen.
Ich mag Wilbers Darstellung an der Stelle:
"Pathologie von Rollenselbst und kognitivem Skript
Drehpunkt 4 beginnt aufzutauchen, wenn das zentrale Selbst seine ausschließliche Identifikation mit dem repräsentierenden Geist (und seinen ödipalen Projekten) transzendiert und anfängt, sich mit dem Regel/Rollen-Geist zu identifizieren. Der Regel/Rollen-Geist (oder „Konop“) ist, wie Piaget (1977) demonstrierte, die erste Struktur, die nicht nur eine Rolle imitieren, sondern tatsächlich die Rolle anderer übernehmen kann. Dies eröffnet eine ganz neue Dimension von Objektbeziehungen mit einem neuen Selbstgefühl (Loevinger), einer neuen Gruppe von Selbstbedürfnissen (Maslow), einer neuen moralischen Sensibilität (Kohlberg), einer neuen Art des Lebens und einer neuen Art des Sterbens. Bei den D-3-Pathologien (den Psychoneurosen) drehten sich die Leben/Tod-Kämpfe (oder Kämpfe zwischen Erhaltung und Negation) im wesentlichen um körperliche Belange und Impulse Wunsch nach libidinös-körperlichen Objekten, Angst vor körperlichem Verlust (Kastration, Verstümmelung etc.). Die Leben/Tod-Schlachten des D-4-Selbstdagegen drehen sich mehr um seine Regeln und Rollen einen Wunsch, sich anzupassen, zugehörig zu sein, seinen Platz oder seine Rolle unter anderen Rollen zu finden, die Regeln zu verstehen; dem entspricht die Angst, das Gesicht zu verlieren, die Rolle zu verlieren, die Regeln zu brechen (Loevingers konformistisches Stadium, Kohlbergs konventionelles, Maslows Zugehörigkeit etc.). Bei „Skriptpathologie“ oder „Skriptneurosen“ habe ich beispielsweise die ausgedehnte Arbeit der Transaktionalen Analyse über Spieltheorie und Entwürfe im Sinn sowie die von Kommunikationstheoretikern über Rollenübernahme (Selman & Byrne, 1974; Watzlawick,1967). Offenbar reichen konzeptuelle Spiele und Skripts (und ihre Vorläufer) zurück in die D-3-Entwicklung, doch bei D-4 nehmen sie einen zentralen und dominierenden Einfluß an. Der herausragende Abwehrmechanismus dieses Stadiums ist die „doppelte Transaktion“ das Individuum übermittelt offen eine Botschaft (z. B. „Ich will nur dein Bestes“), verdeckt aber gleichzeitig eine andere („Lass mich nicht allein“); wenn auf die verdeckte Botschaft hingewiesen wird, streitet das Individuum sie heftig ab. Die verdeckten Botschaften sind die entscheidenden pathogenen Strukturen beim D-4-Selbst; im Extremfall führen sie zu einer inneren Spaltung oder Dissoziation des Skript-Selbst, analog zu Verdrängung bei D-3 und Abspaltung bei D-2. Die Skriptpathologie und die Gründe, warum man sie nicht auf psychoneurotische Pathologie reduzieren kann, werden eingehender im 5. Kapitel erörtert
[…]
Identitätsneurose
Das Auftauchen der formal-reflexiven Basisstruktur eröffnet die Möglichkeit der D-5-Selbstentwicklung: eine hochdifferenzierte, reflexive und introspektive Selbststrukturierung. Das D-5-Selbst ist nicht mehr unreflektiert an soziale Rollen und konventionelle Moral gebunden; zum ersten Mal kann es sich auf seine eigenen individuellen Prinzipien von Vernunft und Gewissen stützen (Kohlbergs postkonventionelles, Loevingers gewissenhaft-individualistisches Selbst etc.). Zum ersten Mal kann das Selbst eine mögliche (oder hypothetische) Zukunft konzipieren (Piaget) mit ganz neuen Zielen, neuen Möglichkeiten, mit neuen Wünschen (Leben) und neuen Ängsten (Tod). Es kann mögliche Erfolge und Misserfolge abwägen auf eine Art, die es sich zuvor nicht vorstellen konnte. Es kann nachts wachliegen vor Sorge oder Begeisterung über alle seine Möglichkeiten. Es wird Philosoph, ein Träumer im besten und höchsten Sinn; ein innerlich reflexiver Spiegel, staunend über seine eigene Erkenntnis. Cogito, ergo sum."Identitätsneurose" bezeichnet spezifisch alle Dinge, die beim Auftauchen dieser selbstreflexiven Struktur schiefgehen können. Ist sie stark genug um sich von Regel/Rollen-Geist freizumachen und für ihre eigenen Gewissensprinzipien einzustehen? Kann sie, wenn nötig, den Mut fassen, nach einer eigenen Melodie zu marschieren? Wird sie es wagen, selbst zu denken? Wird sie von Angst und Depressionen erfasst angesichts ihrer eigenen Möglichkeiten? Diese Dinge – die leider von vielen Theoretikern der Objektbeziehungen auf die D-2-Dimension von Trennung und Individuation reduziert werden – bilden den Kern des D-5-Selbst und seiner Identitätspathologie. Erikson (1959, 1963) hat die vielleicht definitiven Studien über die D-5-Selbstentwicklung geschrieben („Identitiät vs. Rollenkonfusion“). Hier kann nur die Beobachtung hinzugefügt werden, dass philosophischen Probleme ein integraler Bestandteil der D-5-Entwicklung sind und philosophische Erziehung ein integraler und legitimer Bestandteil der Therapie auf dieser Ebene ist.“ (Ken Wilber, Das Spektrum der Psychopathologie, in: Wilber, Engler, Brown et al., Das Spektrum der Befreiung, Scherz 1988, S.124f)
"Von sich selbst hat man also keinerlei Ahnung, über die Motive anderer weiß man aber bestens Bescheid."
Ich denke nicht, dass man über die Motive anderer bestens Bescheid weiß.
Es kann aber in gewissen Fällen tatsächlich einfacher sein, die Motive (oder tiefenpsychologischen Beweggründe) einer anderen Person zu durchschauen als die eigenen. Das liegt daran, dass man in den eigenen Fall stäker emotional verstrickt ist und dass das zu Blockaden einer rationalen Betrachtung führen kann.
Wenn ich es böse formulieren will, kann ich sagen, dass im Bezug auf einen selbst kognitive Dissonanz der Normalfall ist.
"Aber unsere Freiheit ist ja definiert als die Fähigkeit innezuhalten, abzuwägen und rational zu entscheiden. Wieso ist die denn angekratzt? Weil das Ergebnis schon feststeht?"
Ja. Es ist dann nur noch eine Illusion von Freiheit.
Illusionen können sehr schön sein. Das gebe ich zu. Aber sie bleiben Illusionen.
"aber warum sollte nicht jeder für sich, diese Informationen genetisch in sich tragen?"
Und sie dann Weltgeist nennen?
"Nicht, weil der Begriff Weltgeist in der Regel anders besetzt ist – jeder ist frei, Begriffe zu verwenden, wei es beliebt, er muss nur sagen, was er darunter versteht"
Ja, klar, ich kann weiss blau nennen und umgekehrt und das in ein obskures Buch schreiben und danach auf dieser Weise argumentieren. Ich darf mich nur dann nicht beschweren, wenn mich keiner mehr versteht.
Ein ärmelloses Hemd ist kein Norwegerpullover.
"Was bedeutet, dass der Mensch in der Lage ist, den Verlauf chronischer Erkrankungen mit Geisteskraft positiv zu verändern."
Sehen Sie, obwohl ich Naturwissenschaftler bin, habe ich diese Vermutung schon lange, länger sogar, als ich von Epigenetik weiss.
Allerdings würde ich sagen, dass Epigenetik zwar ein möglicher Mechanismus dafür ist, aber dass wir bisher keinen Beweis dafür haben, dass dieser Mechanismus involviert ist. Es könnte durchaus sein, dass der Effekt (geistiger Einfluss auf chronische Krankheit) existiert, aber durch etwas vermittelt wird, das wir noch nicht kennen.
"widerspricht aber der Endlichkeit der Welt"
Ja, deshalb hatte ich die volle Relativistik ausgeschlossen. Es ging mir eigentlich nur um die Erklärung, dass es die Sache mit den verborgenen Variablen nicht braucht, um ein abgeschlossenes QM-System als deterministisch zu betrachten.
"Denn der Determinismus einer durch die Wellenfunktion beschreibbaren physikalischen Welt sagt eben nichts aus über den De- oder Indeterminismus der vollständigen, emergierten Welt."
Einverstanden. Ich wollte nicht den Determinismus des Universums beweisen (ich denke, meine Formulierung oben gibt diese Interpretation auch nicht her).
"wenn wir heute erkenntnistheoretisch in der Physik den absoluten Standpunkt von außerhalb aufgegeben haben, aus den besten wissenschaftlichen Gründen, warum sollten wir jenseits der Physik (nur der Physikalismus kann dieses Außen leugnen) den absurden Versuch restituieren, von außerhalb zu denken?"
Nicht einverstanden. Damit beschränken Sie die Welterklärung auf das, was mit den Methoden der Physik erkennbar ist.
Ich gebe gern zu, dass man über den Rest (vergleichsweise) nur spekulieren kann. Aber warum sollte Spekulieren verboten sein?
Ich sehe auch keinen logischen Widerspruch. "Von draußen" ist die Gottesperspektive. Die Physik lehrt uns, dass "Draußen" nicht erkennbar ist. Fast alle sind sich schon sehr lange einig, dass Gott nicht erkennbar ist.
"Aber ich finde es sehr unbefriedigend, denken zu müssen, daß aller Sinn nur Illusion ist."
Dass eint Sie mit fast allen Menschen. Nietzsche hat sich nicht genau dazu geäussert, aber viele seiner Überlegungen umkreisen genau diesen Punkt. Ich glaube zu wissen, was er darauf entgegnen würde, kann es nur nicht in einem so guten Stil wie er aufschreiben:
Dass wir Menschen das unbefriedigend finden und vielleicht nicht einmal damit leben können, sagt nichts darüber aus, ob es wahr ist. Es könnte ja sein, dass die Lüge in Bezug auf diesen Punkt eine Grundbedingung unseres Daseins ist.
Ich fürchte, ich bin in dieser einen Hinsicht Nietzsche sehr ähnlich. Ich schaudere nicht davor zurück, in den Abgrund zu blicken, selbst wenn ich weiss, dass der Abgrund zurückblickt.
"Aber ich finde es sehr unbefriedigend, denken zu müssen, daß aller Sinn nur Illusion ist. "
Nachdem ein paar hundert Jahre ziemlich viele scharfsinnige Leute versucht haben, ein Perpetuum mobile (erster Art) zu konstruieren und es niemandem gelungen ist, hat man irgendwann einen 1. Hauptsatz der Thermodynamik aufgestellt, nach dem das unmöglich ist.
Vielleicht sollte man, nachdem über zweitausend Jahre lang die so ziemlich scharfsinnigsten Leute aller Zeitalter ergebnislos nach dem Sinn gesucht haben, einen 1. Hauptsatz der Philosophie aufstellen.
Oder man macht es wie Strittmatter:
"Der Sinn meines Lebens scheint mir darin zu bestehen, hinter den Sinn meines Lebens zu kommen." (aus: Selbstermunterungen)
Der intelligenste Kommentar, den ich zu dem Thema kenne, ist 90 Minuten lang und stammt von Monty Python.
"und man kann auch auf beide verzichten."
Auf die Modelle schon, aber nicht darauf, Rollen zu spielen.
Das tut man bewusst oder unbewusst - und besser bewusst.
Jetzt aber mal ran! Der Mann hat nun bereits 8 Kommentare vorgelegt und immer noch keine Resonanz.
Sie meinen nachgelegt.
So viel Genauigkeit muss bei diesem Thema sein.
das ist schon ein treppenwtz:
daß einer zu heuristischen zwecken/zur funktionalistischen analyse
geborenenen kategorie("rolle") ein eigen-leben, eine realität zugesprochen wird.
ist wohl auch beim "homo oeconomicus" geschehen
(dort: ein modell das mit "rational choice" amalgamiert ist)
und das man deshalb noch asymmetrien durch macht-verteilung,
und "identitäts-krisen" im nachhinein noch einarbeiten muß.
inkonsistenz-erfahrungen und abhängigkeit von sozialen situationen
werden dann als "rollen-konflikte" hypostasiert.
formulieren Sie böse, seien Sie böse
zu gedanklichen theorien/konstrukten.
kartenhäuser provozieren zum pusten!
das ist besser als gegen leibhaftige menschen böse zu sein!
dem handlungs-akteur sind die sozialen
zuschreibungen/erwartungen bewußt/un-bewußt,
er folgt einem eigenen script oder
läßt sich von situationen überwältigen.
er muß keine ahnung von soziologischen/psychologischen
theorien haben.
noch ist er exekutor einer wissenschaftl. system-vorstellung:
er lebt in einer folge von mehr oder weniger dichten situationen.
Jeschke mal wieder allein zuhause. Und hieraus + ff ergibt sich keine Kommunikation/Austausch?
Was ich bei Ihnen einfach nicht kapiere ist die Tatsache, dass Sie auf ihrer Ebene offensichtlich keinen gemäßen Austausch haben. Und falls doch, scheinen Sie einen echt erlesenen Arbeitsplatz zu haben.
Im Übrigen lese ich bei ihren bisher 129 Beiträgen nicht 1 x etwas über Ihre wissenschaftliche Arbeit bei der ETH Zürich selbst. Bringen Sie darüber doch mal etwas in aufbereiteter Form, dass dürfte Ihnen doch keine Schwierigkeiten bereiten.
"das ist besser als gegen leibhaftige menschen böse zu sein!"
Das habe ich mir wirklich fast abgewöhnt, obwohl es in manchen meiner Blogs anders aussieht. Eigentlich greife ich da immer nur Verhalten an, nicht Personen, nur Rollen und schon gar nicht Menschen.
"er lebt in einer folge von mehr oder weniger dichten situationen"
Und sehnt sich in den dichten nach den weniger dichten und umgekehrt.
"Jeschke mal wieder allein zuhause."
Tja, der glückliche Einsiedler halt.
Aber immerhin, was immer das Subjekt ist, dieses Atrribut dazu muss man erst mal haben.
"nicht 1 x etwas über Ihre wissenschaftliche Arbeit bei der ETH Zürich selbst. Bringen Sie darüber doch mal etwas in aufbereiteter Form, dass dürfte Ihnen doch keine Schwierigkeiten bereiten."
Warum sollte ich das h i e r tun?
Auf dem Gebiet fehlt es mir nun wirklich nicht an Austausch, wie Sie ja selbst herausgefunden haben.
"Warum sollte ich das h i e r tun?"
Ganz einfach, weil es von Interesse sein könnte. Und 'aufbereitet' heißt dann auch so, dass es Freitagleser kapieren können.
Oder doch so dröge, dass Sie zumindest seit etwa sechs Jahren hier eine ungewöhnliche, professorale Nebentätigkeit ausüben/benötigen.
Aber egal, vermutlich werden Sie die tieferen Gründe nicht nennen (wollen), was dann auch dazu gehört.
"Es könnte durchaus sein, dass der Effekt (geistiger Einfluss auf chronische Krankheit) existiert, aber durch etwas vermittelt wird, das wir noch nicht kennen."
Dr. Joseph Murphy konnte sich in seinem Buch "Die Macht des Unterbewusstseins" von 1962 damals "nur" auf Studien von Kollegen sowie eigenen Beobachtungen berufen.
Heute jedoch, sind diese Beobachtungen Dr. Joseph Murphys durch Messungen beziehungsweise visueller Darstellung als Livestream der Aktivitäten in verschiedenen Hirnarealen via ct beobachtbar. Und unumstritten!
Heute ist der Mechanismus entschlüsselt, wie Kranke trotz ihres Leides noch Lebenskraft und - freude, also eine Lebensqualität erfahren können, ganz ohne Medikamentencocktail. Das ist schon eine sensationelle Entdeckung wie ich finde.
Durch Gedanken (positiv wie negativ), Ernährung und bewusste Lebensweise lässt sich das Immunsystem (Zellinformation, Zellerneuerung) beeinflussen. Traumata wie auch Schmerzen wirken sich genetisch aus und können sogar vererbt werden. Umgekehrt können positive Gedanken über das Unterbewusstsein die Heilungskräfte anregen.
Die Epigenetik hat hier eine Tür aufgemacht, welche der Medizin in Zukunft neue Möglichkeiten in die Hände gibt.
Machen Sie sich schlau und schaun sich mal auf youtube um. Da sind Filme zu aktuellen Studien bezüglich der Epigenetik und seiner revolutionären Perspektive zu finden. Dann freue ich mich nochmal mit Ihnen über dieses Wunder zu reden.
Ich bin ja nur Laie, aber war baff, als ich davon erfuhr.
Gegen diese Pandemie hat die Wissenschaft, Politik und Wirtschaft ja nichts mehr im Köcher. Da bleibt nur noch die Eigenverantwortung und die Suche nach kreativen Köpfen, die es ja gottseidank auch in der Wissenschaft der Epigenetik gibt.
es ist wohl ein drang der intelligiblen,
die welt zu konzeptualisieren.
genauso ist es deren aufgabe,
eng-führende konzepte zu zerstören,
ehe sie eine böse macht werden, weil sie hirne ergreift
und besetzt.
das ist eher an popper als an marx.
oda?
"eine ungewöhnliche, professorale Nebentätigkeit ausüben"
Nebentätigkeit ist es, wenn jemand dafür zahlt - und ich vermittle hier ja nicht geradezu Maskenlieferungen. Sonst ist es Freizeitbeschäftigung.
"Aber egal, vermutlich werden Sie die tieferen Gründe nicht nennen"
Nee, wieso sollte ich auch begründen, was ich in meiner Freizeit tue.
Haben Sie mich schon mal gefragt, aus welchen niederen Beweggründen ich pro Jahr an einem Triathlon-Wettkampf teilnehme, wobei ich regelmässig auf einem der hinteren Plätze lande?
Falls ja, hier noch einmal die Antwort: Ich habe Freude daran.
„Wenn ich es böse formulieren will, kann ich sagen, dass im Bezug auf einen selbst kognitive Dissonanz der Normalfall ist.“
Naja, das ist die nächste Behauptung, in einem bunten Reigen weiterer. Wo sind die Belege? Man kennt sich nicht, ist irgendwie ferngesteuert, die anderen kennt man auch nicht, aber andererseits wissen Sie das alles, obwohl doch auch Sie weder sich noch andere kennen.
Immer wieder behaupten Leute, wir seien alle manipuliert, nur sie selbst sind dann die Ausnahme. Klingt dann nicht so ganz konsistent.
„Ja. Es ist dann nur noch eine Illusion von Freiheit.“
Nein, bei der Antwort an w.endemann habe ich noch mal aus anderer Perspektive erläutert.
Aber eigentlich geht es auch nur darum, zu zeigen, worum es in der Philosophie geht und gehen kann.
Die Willensfreiheit ist nur ein Aspekt. Das Privatsprachenargument von Wittgenstein, wäre ein nächster Bereich, der in aller Regel nicht verstanden wird und in dem die Intuition uns in die Irre leitet. Wenn man meint, Philosophie sei, sich Sonntags mal eben hinzusetzen und etwas Gedanken über die Welt zu machen, weil das im Grunde eh nur Gerede ist, das jeder der halbwegs intelligent ist sofort drauf hat, wenn er will, der kann sich da korrigieren.
„Und sie dann Weltgeist nennen?“
Ich würde das nicht tun, auch schon, weil anders besetzte Begriffe zu verwenden in der Regel nicht zur Klärung beiträgt.
„Ja, klar, ich kann weiss blau nennen und umgekehrt und das in ein obskures Buch schreiben und danach auf dieser Weise argumentieren. Ich darf mich nur dann nicht beschweren, wenn mich keiner mehr versteht.
Ein ärmelloses Hemd ist kein Norwegerpullover.“
Richtig.
„Vielleicht sollte man, nachdem über zweitausend Jahre lang die so ziemlich scharfsinnigsten Leute aller Zeitalter ergebnislos nach dem Sinn gesucht haben, einen 1. Hauptsatz der Philosophie aufstellen.
Oder man macht es wie Strittmatter:
"Der Sinn meines Lebens scheint mir darin zu bestehen, hinter den Sinn meines Lebens zu kommen." (aus: Selbstermunterungen)“
Mir scheint das einfach ein Spiegel der Frage nach Regelmäßigkeit/Regularismus und Notwendigkeit/Regulismus zu sein.
warum spielen (auch intelligente) leute das zeit-raubende
spiel: schach?
Ich verstehe nicht, was Du gegen Rollen einzuwenden hast. Ich sehe sie als folgerichtiges Resultat sozialer Begegnungen in einer Gemeinschaft oder Gesellschaft. Einer muss eben Wache schieben, Torwart sein oder Hofnarr.
Es wird zu viel, wenn man sich in den Rollen verliert und keinerlei Ich-Konturen sichtbar werden, aber ansonsten als super Eintrittpforte in die Gesellschaft und als Lösung vieler Probleme, darum sag mal, was Dich daran stört.
"Haben Sie mich schon mal gefragt, aus welchen niederen Beweggründen ich pro Jahr an einem Triathlon-Wettkampf teilnehme, wobei ich regelmässig auf einem der hinteren Plätze lande?"
Masochismus will ich mal nicht vermuten.
Und ob ich mich das gefragt habe, also jetzt nicht speziell bei Ihnen, aber all bei denen, die auch außerhalb dieser Extremsportart ihre Freizeitbeschäftigung mit der Forsetzung/Übertragung beruflicher Zwänge unreflektiert beibehalten. Extremsportarten, bzw. speziell deren Teilnehmer dürfte ein eher männlich dominiertes Adrenalinausgleichsmodell sein.
Woran man das erkennen kann? Allein daran, mit welcher Verbissenheit sich z.B. die Jogger (mit ständiger Prüfung ihrer Körperfunktionen) bei gestöpselten Ohren durch die Landschaft quälen. Allerdings kann ich da einen positiven Rückgang feststellen, wobei es jetzt mehr relaxtere Fahrradfahrer gibt.
Sie sind aber vermutlich eine Ausnahme.
Menschen die anders sind, als ich, machen was falsch.
Herrlich.
Ich wenigstens nur bei die Kommasetzung.
- nenne mir jemand, der nicht nur rigiden vorgaben folgt,
sondern sein selbst in einer zugeschriebenen rolle
verliert...
das kann nur eine literarische/kaffkaeske, fiktionale figur sein.
und das ist das konzept der "sozialen rolle": eine fiktion
aus heuristischem anlaß.
- versuche zu erklären, wie sich rollen-auffassungen verändern.
und daß es solche veränderungen gibt,
sollte jedem klar sein , der kind-sein und eltern-sein im
historischen prozeß vergleicht.
"Heute ist der Mechanismus entschlüsselt, wie Kranke trotz ihres Leides noch Lebenskraft und - freude, also eine Lebensqualität erfahren können, ganz ohne Medikamentencocktail. Das ist schon eine sensationelle Entdeckung wie ich finde."
Das ist zu optimistisch. Es handelt sich nicht um ein reproduzierbares Verfahren. Wenn jemand Kurse anbieten könnte und dann alle oder wenigsten viele, die den Kurs ernsthaft absolvieren, hinterher ihre chronischen Krabnkheiten zurückdrängen könnten, dann würde ich Ihnen zustimmen.
Dem ist aber nicht so.
"Gegen diese Pandemie hat die Wissenschaft... ja nichts mehr im Köcher."
Ausser, dass die Impfungen nachweislich funktionieren.
Ich finde Popper in der Tat recht gut, auch wenn er nach Feyerabend in seiner eigenen Arbeitsgruppe wohl nicht unbedingt die Konzepte der offenen Gesellschaft und des kritischen Denkens umsetzte. Feyerabend hat das in etwa so formuliert, dass Poppers berühmtes Buch auch hätte den Titel haben können "Die offene Gesellschaft - von einem ihrer Feinde".
Solche Phänomen sind gar nicht so selten. Rousseau hat über Erziehung theoretisiert und seine Kinder ins Waisenhaus gegeben.
"Immer wieder behaupten Leute, wir seien alle manipuliert, nur sie selbst sind dann die Ausnahme. "
Dazu gehöre ich nicht. Das sollten Sie eigentlich wissen.
"Wenn man meint, Philosophie sei, sich Sonntags mal eben hinzusetzen und etwas Gedanken über die Welt zu machen"
Na ja, da kam das schon mal her. Und es ist immer noch besser, als sich gar keine Gedanken zu machen. Dass die gesamte Menschheit Vollzeit Philosophie betreibt, ist weder möglich noch auch erstrebenswert.
„- nenne mir jemand, der nicht nur rigiden vorgaben folgt,
sondern sein selbst in einer zugeschriebenen rolle
verliert...“
Kinder. Die üben regelmäßig diverse Rollen ein. Spielen 'Vater, Mutter, Kind', Cowboy und Indianer (demnächst wegen kultureller Aneignung verboten – übrigens auch eine schöne Rolle: Wer ist der/die/div Heiligster:innen im ganzen Land? ) obwohl ihnen, decken für die Eltern den Tisch und wollen braver Junge/gutes Mädchen sein), auch wenn sie niemand dazu zwingt.
Ansonsten Menschen, die in der Kneipe erzählen, wie sie alles im Griff haben, zu Hause aber stramm stehen, oder der Frau erzählen, wie sie regelmäßig dem Chef die Meinung geigen, im Betrieb aber auf der eigenen Schleimspur ausrutschen …
Mädchen, deren dringendster Wunsch es ist, sobald die 18 sind, diverse Schönheits-OPs durchführen zu lassen oder sich diverse Tattoos stechen zu lassen.
Das geht bis ins Einkaufs-, Berufs-, Bildungs- oder Sprechverhalten, hast Du das gelesen: Der blinde Fleck der neuen Akademikerklasse
„- versuche zu erklären, wie sich rollen-auffassungen verändern.
und daß es solche veränderungen gibt,
sollte jedem klar sein , der kind-sein und eltern-sein im
historischen prozeß vergleicht.“
Dass Rollen sich ändern ist klar, aber aber das spricht doch nicht gegen ihre Existenz und ihre Möglichkeiten und Gefahren.
"Masochismus will ich mal nicht vermuten."
Warum nicht? Der kann ja auch Freude machen.
"Extremsportarten, bzw. speziell deren Teilnehmer dürfte ein eher männlich dominiertes Adrenalinausgleichsmodell sein."
Bei mir ist es nur olympische Distanz, das ist nicht extrem. Man sieht da weniger Frauen als Männer, aber dass die Frauen da eine verschwindend kleine Minderheit wären, ist ein Mythos.
Ohrenstöpsel benutze ich nicht, eine Sportuhr habe ich tatsächlich. Nur habe ich ein ironisches Verhältnis zu diesem Schätzeisen, das mich beim Laufen am Uferrand gern auch mal ein ganzes Stück im See verortet.
"hast Du das gelesen: Der blinde Fleck der neuen Akademikerklasse
Der Beitrag ist gut. Vielen Dank für das Link.
„Dazu gehöre ich nicht. Das sollten Sie eigentlich wissen.“
Theoretisch erzählen Sie aber genau das, wenn Sie von einer Alldominanz des Unbewussten ausgehen und fertig geschriebenen Rollen. Auch wenn es nur im Rahmen des Nebenthemas Willensfreiheit ist, geht es ja darum die eigenen Aussagen zu verstehen.
„Und es ist immer noch besser, als sich gar keine Gedanken zu machen. Dass die gesamte Menschheit Vollzeit Philosophie betreibt, ist weder möglich noch auch erstrebenswert.“
Darum geht es nicht. Es ist doch analog zur Statistik, zur Messung und so weiter. Deren Wert liegt darin, dass man mit ihnen als Hilfsmittel in Bereiche vorstößt, die intuitiv nicht gut zugänglich sind – im Grunde der Inhalt von Kahnemans dickem Buch. Wir wollen ja unsere Erkenntnisgrenzen erweitern, mehr Wissen und Verstehen.
Für mich hat das sogar einen erheblichen Selbstzweck, da ich damit keine Geschäfte machen will, sondern ich will verstehen. Das ist für mich ein direkter Lustgewinn, insofern ist intellektuelle Redlichkeit keine moralische Forderung (das natürlich auch), sondern man zieht sich selbst den Stecker, wenn man sich betuppt.
Für manche ist das Fake-Dasein offenbar die bessere Alternative, ich finde das einfach zu umständlich. Philosophie entfaltet ihre Kraft auch nur, wenn man sie ernsthaft betreibt. Einen Zugang dazu haben Sie auf anderem Gebiet, sonst hätten Sie nicht über das Suchtpotential von rein mathematischen Berechnungen schreiben können, die dann irgendwann wieder an die empirische Oberfläche kommen. Genau das erleben aber auch Künstler oder Philosophen (und natürlich noch andere).
Ich bin da nicht so rigoros wie Daniel-Pascal Zorn, aber im Grunde teile ich seine Auffassung, wenn er dies schreibt: Zur phil.cologne – und warum sie nichts mit Philosophie zu tun hat
Wenn irgendwas davon im eigenen Leben zündet, ist das ein großes Glück.
Manche davon sind auch in Behandlung, leider.
- kinder: es gibt einen deutlichen unterschied
zwischen imitations-lernen des kindes in einem von erwachsenen
geschaffenen "künstlichen klima"(d.claessens, kind und rolle),
in dem die macht-rolle der erwachsenen
zu einer verantwortungs-rolle gewandelt ist,
zum erlernen kommunikativer kompetenz
in interaktionen, die durch autorität/überlegenheit/macht-rollen
bestimmt sind.
es dürfte zu schwer für kinder sein, die position von eltern,
die zugleich partner-erwartungen zu erfüllen haben,
zu antzipieren und darzustellen*
dazu vielleicht später mehr.
- kneipen-gespräche enthüllen, daß das praktizieren
von rollen-distanz/ die modulation von macht-gestützen
ansprüchen/erwartungen/autoritativen vorgaben/sanktions-
bewehrten normierungen weniger stattfindet als imaginierte
souveränität gegen soziale imperative.
*das konzept der rolle,dessen "begriff aus der umgangssprache
entstammt, erweist sich als stärke und schwäche zugleich;
denn einerseits hat jeder schnell den eindruck,
er wisse, was gemeint ist,andererseits fällt es ...schwer,
die schärfe des begriffs als instrument bündiger erklärung"
zu sichern(l. krappmann.lernen durch rollenspiel)
Ich möchte ja den Plauderton hier nicht stören, dieser und die nächsten Kommentare können und werden wohl ignoriert werden, sollten aber die vorherige Diskussion komplettieren.
Ja, der entscheidende Begriff hier ist „Freiheit“. Die Willkürfreiheit ist eigentlich keine Freiheit. Ich erläutere es mal, wird ja hier immer gerne getan, an einem physikalischen Beispiel: nehmen wir ein Fadenpendel, das auf der Höhe 0 am Punkt M aufgehängt ist, bei gespanntem Faden der Länge l auf einer Höhe zwischen 0 und -l festgehalten wird. Dann beschreibt die Halbkugel mit dem Rand √(x²+y²)=l die möglichen Orte des Pendels. Wenn dann das Pendel losgelassen wird und Stöße auf das Pendel tangential zur Halbkugel, aber ohne Höhenkomponente erlaubt sind, ist die Halbkugel der Möglichkeitsraum der Pendelbewegungen. Das Pendel hat zwei Freiheitsgrade. Die Bewegung des Pendels ist völlig durch die potentielle und die Rotationsenergie determiniert, die Freiheitsgrade definieren den Möglichkeitsraum der Bewegungen. In dieser Situation ergibt sich trotz des Begriffs „Freiheitsgrad“ ein vollständiger Determinismus, wenn die Kräfte, die auf das Pendel wirken, sich vollkommen determiniert entwickeln. Umgekehrt haben wir eine auf die Freiheitsgrade beschränkte Bewegungsfreiheit, wenn wir als Willens-Subjekte die Kräfte einsetzen können. Liegt ein vollkommener Determinismus vor, ist die „Freiheit“ in den „Freiheitsgraden“ nur unsere Unkenntnis, welche Kräfte wirken, und die Halbkugel ist nur die durch unser beschränktes Wissen zum mindesten mögliche Einschränkung der erwartbaren Bewegungen, den Rest halten wir für indeterminiert. Wenn wir aber die Gestaltungsfreiheit haben, die Bewegungen auszulösen, sind wir die Subjekte der Determination im Möglichkeitsraum.
Wie schon gesagt, kann der totale Determinismus nicht ausgeschlossen werden, aber er widerspricht sowohl unserer Evidenz, als Willenssubjekte zu existieren, als auch, und das ist der entscheidendere Punkt, der Tatsache, daß der biofunktionale Sinn von Bewußtsein und der reflexiven Dopplung in der Modellierung der Welt in der Kognition nur irredundant, keine dysfunktionale Verschwendung ist, wenn sie genau diese Möglichkeit bereitstellt, den Gang der Dinge zu ändern nicht nur als stümperhafte Versuche nach dem Motto „blindes Huhn findet auch mal ein Korn“, sondern als intentionale Selbstorganisation. Zufälliges Sein oder Bestimmtsein statt Anderssein oder Andersbestimmtsein ist keine Freiheit, Freiheit ist das Handeln in der Selbstverpflichtung auf die eigene kognitive Selbstorganisation. Insofern ist der freie Wille nicht die willkürliche Entscheidung, sondern das Befolgen der selbstgesetzten Notwendigkeit. Man ist frei, indem man sich an die selbstbestimmte kognitive Ordnung hält (mein immer wieder zitiertes Hegelsches Axiom). Der Determinismus löst diese Freiheit der Selbstbestimmung (sie ist immer gemeint im Terminus „Selbstorganisation“) auf die oben beschriebene paradoxe Weise in eine Selbsttäuschung auf.
„Dieser Gegensatz ist falsch. Man kann Physikalist und Kompatibilist sein.“ - Das war auch von mir nicht als Gegensatz gemeint, sondern im Gegenteil als die Aussage, daß der Kompatibilist ein verbrämter Physikalist ist, darum lehne ich den Kompatibilismus ab.
„Nicht einverstanden. Damit beschränken Sie die Welterklärung auf das, was mit den Methoden der Physik erkennbar ist.“ - Nein, da haben Sie mich nicht verstanden. Im Gegenteil, ich halte nur das erkenntnistheoretische Prinzip, von Innen, mit den Dingen, die uns gegeben sind, die Dinge zu erforschen, dieses imprädikative Denken, für das einzig vernünftige, auch im Bereich der transphysischen Dinge des sinnhaften Universums, der bedeutsamen Welt der Subjekt-Objekte.
<"Aber ich finde es sehr unbefriedigend, denken zu müssen, daß aller Sinn nur Illusion ist." Dass eint Sie mit fast allen Menschen.>
Das habe ich (auch @ Moorleiche) zu defensiv formuliert und möchte ich dahin korrigieren, wie ich es auch sonst ausdrücke. Daß aller Sinn nur Illusion ist, ist nach dem, was ich im vorvorstehenden Kommentar gesagt habe, für mich nicht anders als „absurd“ zu bezeichnen. Aber ja, vielleicht leben wir in einem absurden Universum. Dann ist der Mensch der heroische Versuch, dem wie Sisyphos die Vernunft eines Steines mit immer größerer potentieller Energie entgegenzurollen.
Es ist ja so, daß die ihre Vernunft nicht bemühenden Menschen sehr gut in ihrer sinnlosen Welt leben, nicht sie leiden, sondern die intellektuellen, die aber den Ausweg aus diesem Leid kennen und darum Intellektuelle sind. Wollen Sie es als Vernunft propagieren, auf Vernunft zu verzichten?
Auch hier noch ein passender Hegelspruch: „Um so schlimmer für die Wirklichkeit.“
"Und hieraus....."
Aber eine gewisse (unbewusste) Faszination löst der Herr Jeschke schon bei Ihnen aus, oder?
Ich meine, wer den Diskussionspartner so hinterherspioniert und diffamieren tut?
Armselig.
„Liegt ein vollkommener Determinismus vor, ist die „Freiheit“ in den „Freiheitsgraden“ nur unsere Unkenntnis, welche Kräfte wirken, und die Halbkugel ist nur die durch unser beschränktes Wissen zum mindesten mögliche Einschränkung der erwartbaren Bewegungen, den Rest halten wir für indeterminiert. Wenn wir aber die Gestaltungsfreiheit haben, die Bewegungen auszulösen, sind wir die Subjekte der Determination im Möglichkeitsraum.“
Bingo!
„Wie schon gesagt, kann der totale Determinismus nicht ausgeschlossen werden, aber er widerspricht sowohl unserer Evidenz, als Willenssubjekte zu existieren, als auch, und das ist der entscheidendere Punkt, der Tatsache, daß der biofunktionale Sinn von Bewußtsein und der reflexiven Dopplung in der Modellierung der Welt in der Kognition nur irredundant, keine dysfunktionale Verschwendung ist, wenn sie genau diese Möglichkeit bereitstellt, den Gang der Dinge zu ändern nicht nur als stümperhafte Versuche nach dem Motto „blindes Huhn findet auch mal ein Korn“, sondern als intentionale Selbstorganisation.“
Ist aber für die prinzipielle Frage nach der Möglichkeit von Freiheit im Determinismus (die kompatibilistische Frage) unerheblich. Freiheit und Determinismus schließen sich nicht aus, das ist es, was zählt. Ob die Welt nun determiniert ist, ist eine andere Frage.
„Man ist frei, indem man sich an die selbstbestimmte kognitive Ordnung hält (mein immer wieder zitiertes Hegelsches Axiom).“
So ist es, bzw. so ist es gut definiert. Eine bessere Definition ist nicht ausgeschlossen, sie muss nur kommen.
Sie sollten bisweilen in Erwägung ziehen, dass Ihre nahezu untertänige, weitgehend blinde Gefolgschaft weit armseliger sein könnte. Kritisches Denken hingegen und der Mut dazu gelten zumindest unter denkenden, nicht länger rückwärts gewandten Menschen als intellektuelle Errungenschaft. Wo liegt der Fehler?
Schaffe ich erst heute Abend.
Aha, dieser Blickwinkel ist wohl ein speziell Stillerscher. Denn Recherche im Netz über den Hintergrund des einen oder anderen Schreibers sollte selbstverständlich sein. Und gerade dann, wenn jemand recht sparsam mit seinen Daten umgeht und andererseits bemüht ist, sich mit alternativen und grenzwertigen Stellungnahmen zu platzieren.
Selbst Sie haben übrigens die öffentliche Seite gefunden und nun wieder ab ins Körbchen ihrer Vorurteile.
Wo der Fehler liegt?
Darin, dass Sie in Ihrer arroganten Selbstüberschätzung meinen, kritisches Denken und "nach vorn gerichtetes" (und selbstverständlich niemals "queres"!) Denken (was immer Sie damit auch meinen) sei nur so aussergewöhnlich klugen Leuten wie Ihnen vorbehalten/zu eigen.
Wenn Sie mal ein paar Monate zurückblättern würden bzw. nicht erst später in die Community eingestiegen wären, würden Sie feststellen, dass es mit meiner vermeintlich "blinden, untertänigen Gefolgschaft" nicht ganz stimmen kann.
Der/ein Unterschied der (u.a.) zwischen G.J. auf der einen, und Ihnen und demjenigen, den Sie hier glauben verteidigen zu müssen auf der anderen Seite besteht ist der, dass er auf harsche Kritik trotzdem immer sachlich und niemals unter der Gürtellinie reagiert(e).
Nein, dieser Blickwinkel hat was mit einem gewissen Netiquette-Anstand zu tun.
Solcher Art vermeintlicher "Recherche" ist in einem Forum, wo 99% anonym unterwegs sind und nicht die namentliche Courage eines G.J. besitzen, eben nicht selbstverständlich.
Und schon gar nicht die ungefragte und unautorisierte Verlinkung zu einem (was eigentlich zur Sache taugenden und was bitte beweisen wollenden?) Gruppenfoto.
Und was bedeutet der Vorwurf, "sparsamer Umgang mit eigenen Daten"?
Wo sind denn die erschöpfenden Daten zu Ihnen, Herr (oder Frau/da fängt es schon an) "Pleifel"?
"Andere Meinungen" als die von den "offiziellen Quellen" geäusserten und erlaubten können nicht nur "grenzwertig und alternativ" sein, sie müsssen und sollten es im Verhältnis zu diesen sogar sein.
Sonst könnten wir uns diese Meinungs!!!- Forum hier auch sparen.
Und "Grenzwertig und alternativ" in Ihren "Stellungnahmen" sind natürlich immer nur die anderen.
Ihr "Vorurteils-Körbchen" schiebe ich Ihnen mal zurück.
Sie wissen schon wohin.
Ich messe an den Inhalten und ihrer Angemessenheit und nicht an meiner "außergewöhnlichen Klugheit". Dann hätten Sie ja keinerlei Chance auch nur irgendwie Beachtung zu finden - oder etwa doch?
Aufgrund Ihrer obigen Aussage und Ihrem allseits bekannten Auftreten stelle ich fest, dass Sie die Gürtellinie bei anderen stets sehr sehr tief verorten. Man könnte fast glauben, dass Sie Gürtelline mit Schuhriemen verwechseln. Aber immerhin bewahrt Sie das vor dem Vorwurf des Unterirdischen.
Nun haben Sie ja ihrer Meinung quantitativ Ausdruck verliehen. Sorry, wenn Sie sich durch mich so belastet fühlten. Jetzt, da alles raus ist, müsste es doch wieder besser sein.
Vorschlag: Sie 'meinen' zukünftig woanders und umgekehrt.
"Vorschlag: Sie 'meinen' zukünftig woanders"
Abgelehnt.
Selbst das muss Ihnen noch erklärt werden? Sie kommen noch drauf.
"Aber immerhin bewahrt Sie das vor dem Vorwurf des Unterirdischen."
Danke. Kann das Kompliment leider nicht erwidern.
"Selbst das muss Ihnen noch erklärt werden? Sie kommen noch drauf."
Kaum. Mir geht Ihre unermessliche Weisheit und Allwissenheit ab.
Wie konnte ich es wagen.
"Kaum." Also noch mal für Sie: wir Kommentieren uns im Forum nicht mehr. Kriegen Sie das hin?
Also in dem Fall die Steigerung von 'Stiller' --> 'still'.
"Theoretisch erzählen Sie aber genau das, wenn Sie von einer Alldominanz des Unbewussten ausgehen und fertig geschriebenen Rollen."
Der Unterschied ist, dass ich nicht behaupte, selbst davon ausgenommen zu sein.
"Für mich hat das sogar einen erheblichen Selbstzweck, da ich damit keine Geschäfte machen will, sondern ich will verstehen."
Das ist eigentlich bei aller guten Wissenschaft so, auch in der Naturwissenschaft. Eigentlich geht es um Erkenntnis, nicht Anwendung. Die Anwendung fällt ab.
Das wird nur nicht mehr so gut verstanden, weil durch die Anwendbarkeit so viel Geld in die (Natur)wissenschaft geflossen ist und jetzt ist sie angefixt und bruacht viel Geld. Auch da bin ich nicht ausgenommen, die Forschung meiner Gruppe ist nicht gerade billig.
"sondern man zieht sich selbst den Stecker, wenn man sich betuppt."
Wieder mal ein Punkt, in dem wir uns völlig einig sind.
"aber im Grunde teile ich seine Auffassung, wenn er dies schreibt: Zur phil.cologne – und warum sie nichts mit Philosophie zu tun hat
Er beschreibt da genau das, weswegen ich Vorbehalte gegen zeitgenössische Philosophie habe - oder eben das, was sich so nennt.
Allerdings muss ich sagen, dass ich Sloterdijk, der nun kein Precht ist, für verblasen halte. Es ist wie mit vielem heute. Die vernünftige Mitte fehlt.
Was sind denn Ihrer Meinung neue philosophische Werke der letzten 10 Jahre, die es lohnt zu lesen?
Ich hatte (bereits beim ersten Mal) verstanden, was Sie meinten. Ich kann allerdings nicht versprechen, Sie und Ihre Kommentare jetzt generell zu ignorieren (warum auch).
Wenn Sie das mit den meinen tun wollen, bitte schön.
"nehmen wir ein Fadenpendel"
Das Beispiel ist gut.
"aber er widerspricht sowohl unserer Evidenz, als Willenssubjekte zu existieren"
Das würde ich nicht Evidenz nennen. Es ist ein Eindruck, oder wie definieren Sie "Willenssubjekt"?
"daß der biofunktionale Sinn von Bewußtsein und der reflexiven Dopplung in der Modellierung der Welt in der Kognition nur irredundant, keine dysfunktionale Verschwendung ist"
Das ist aus meiner Sicht eine biologistische Argumentation. Sie sagen hier, die Natur sei nicht verschwenderisch, unser Bewusstsein sei keine Blume, sondern funktional (und das stünde fest).
Ich sehe nicht, wie man es beweisen könnte. Das Argument reiner Funktionalität ist übrigens etwas, was mich am Darwinismus nie überzeugt hat. Wenn man alle Eigenschaften von Lebewesen durch funktionale Anpassung im Kampf ums Dasein erklären will, braucht man oft ziemlich an den Haaren herbeigezogene Argumentationen.
"ich halte nur das erkenntnistheoretische Prinzip, von Innen, mit den Dingen, die uns gegeben sind, die Dinge zu erforschen"
Okay, das war dann wirklich ein Missverständnis. Als Forschungsansatz halte ich das auch für den einzig vernünftigen. Ich würde mir nur gern den Aussenblick als Argument vorbehalten, um zu verdeutlichen, dass wir manches nicht sicher wissen (können).
"Es ist ja so, daß die ihre Vernunft nicht bemühenden Menschen sehr gut in ihrer sinnlosen Welt leben, nicht sie leiden, sondern die intellektuellen"
Touché
"die aber den Ausweg aus diesem Leid kennen"
Finden Sie?
Das bestätigt sich aus meiner Sicht geschichtlich nicht - und schon gar nicht für die gegenwärtigen Intellektuellen, die, wenn Sie es genau bedenken, mehrheitlich einen Hass auf die Menschheit und ihre Errungenschaften empfinden.
Wer einen Ausweg aus dem Leid kennt, hasst aber nicht.
"Wo liegt der Fehler?"
Dass ein Link auf Bilder meiner Arbeitsgruppe nichts mit kritischen Denken zu tun hat, vielleicht?
"Und gerade dann, wenn jemand recht sparsam mit seinen Daten umgeht"
Sagt jemand, der unter Pseudonym kommentiert.
Kennen Sie die Arbeiten des Biologen Rupert Sheldrake zu den Formbildungsursachen? Zum Beispiel warum eine Zelle beim Menschen Menschenohren bildet und beim Hasen Hasenohren usw.
Sie sind mit ihrem Job an der ETH Zürich quasi schon eine öffentliche Person und mit dem Eintrag hier wird das in gewisser Weise auch unterstrichen.
Mit anderen Worten, bei Ihnen ließe sich das eh nicht lange außen vor halten/durchhalten, ansonsten würde auch ihr spezielles Auftreten hier nicht bei dem einen oder anderen so leicht auf fruchtbaren Boden fallen. Zudem (und das ist mein Eindruck), brauchen Sie auch diese unverschleierte Publicity, die Sie als "glücklicher Einsiedler" mit Onlineanbindung hier schreiben lässt.
(Wiki dazu: "Einsiedler — Mhd. einsidelære, einsam siedeln — ist der Sammelbegriff für Menschen, die sich mit ihrem Gedankengut oder ihrer Lebensweise selbst gewählt einsam etablieren, sei es geographisch, gesellschaftlich oder mental.)
Damit sind Sie aus dieser Situation heraus auch allein für sich verantwortlich, wogegen bei mir halt zumindest eine weitere Person möglichen Folgen meiner Schreiberei ausgesetzt wäre und bei all dem, was sich da im Laufe der Zeit so beobachten ließe, ist das wohl überlegt gewesen.
Ich denke, damit dürfte der Zusammenhang plausibel belichtet sein.
Nein, sollte ich wahrscheinlich kennen, kenne ich aber nicht.
Ja, zwischen der Rolle als spielerischer Probelauf und der Erfüllung mehr oder weniger komplexer Erwartungen ist ein klarer Unterschied, das sehe ich auch so.
Die negativen Elemente der Rolle und ihrer durchaus ich-absorbierenden Kraft, ansonsten vermutlich integerer Menschen zeigt das Milgram-Experiment.
Bei Tomasello ist die Rolle eher ein Platzhalter für eine gemeinschaftlich benötigte Position, die jemand einnehmen kann und sollte, damit das Ganze funktioniert, wie gesagt, fünf gute Stürmer bringen nichts, wenn der Torwart fehlt.
Meine Idee ist, dass Rollen ein Ersatz für Geld sein könnten und ein Mittel der Akzeptanz. Wenn wir Rollen finden, die in der Breite tatsächlich angesehen sind, kann man damit seinen sozialen Kontostand peppen und das unabhängig von dem damit erzielten Einkommen. Ich denke, die Spanne wichtiger Rollen ist heute breiter als je zuvor und es sollte nicht schwer sein, das Benötigte mit den passenden Interessen zu kombinieren.
Ich glaube, so kann man auf einem einfachen und direkten Weg zu einer Ansatz kommen, bei dem jemand es in der Hand hat akzeptiert zu werden, ohne die Opferschiene zu bemühen, ohne alle zu verachten/verachtet zu werden, ohne den Umweg über die Statuserhöhung durch Geld zu gehen, einfach, in dem man macht, was man gerne macht und dies gewürdigt wird.
„- kneipen-gespräche enthüllen, daß das praktizieren
von rollen-distanz/ die modulation von macht-gestützen
ansprüchen/erwartungen/autoritativen vorgaben/sanktions-
bewehrten normierungen weniger stattfindet als imaginierte
souveränität gegen soziale imperative.“
Das habe ich nicht ganz verstanden, Meinst Du, dass man sich den sozialen Rollenerwartungen nicht/schwer entziehen kann?
Ehrlich gesagt weiss ich selbst nicht, wer mich in der Wikipedia "verewigt" hat.
Aber wenn ich mich hier als Dirk Igel angemeldet hätte - oder auch als Eintagsfliege - hätte mich auch so nie jemand "enttarnt".
"brauchen Sie auch diese unverschleierte Publicity"
Ja und nein. Wenn ich keine Freude daran hätte, würde ich es sicher nicht tun. Aber wenn es nicht mehr ginge, würde mich das auch nicht unglücklich machen.
Dass ich nicht unter Pseudonym schreibe, hat jedenfalls nichts mit Öffentlichkeitssucht zu tun. Sonst hätte ich vielleicht doch eher versucht, mich in andere Medien als die dFC zu drängen.
„Das würde ich nicht Evidenz nennen. Es ist ein Eindruck“ - das kann man einen starken Eindruck nennen. Ich habe ja konzediert, daß man rein theoretisch nicht ausschließen kann, daß es ein falscher Eindruck ist; daher bin ich gerne bereit, von „mindestens scheinbarer Evidenz“ zu reden.
„Das ist aus meiner Sicht eine biologistische Argumentation.“ - Selbstverständlich, wie anders als evolutionsbiologisch soll man denn die Entstehung von Kognition erklären. Das Denken entsteht funktional, es entwickelt sich zum autonomen, nicht mehr ausschließlich biofunktional gebundenen Denken. Systemtheoretisch würde ich sagen, die Kognition ist ein relativ autonomes Subsystem des Organismus.
„Sie sagen hier, die Natur sei nicht verschwenderisch, unser Bewusstsein sei keine Blume, sondern funktional (und das stünde fest). Ich sehe nicht, wie man es beweisen könnte.“ - Was ist an der Blume nicht biofunktional. Richtig ist der Hinweis, daß die Natur nicht gezielt die unaufwändigste Lösung sucht, sie produziert auch Verschwendung, aber langfristig erhalten kann sich nur, was nicht zu großzügig verschwendet. Das Wunderbare am Menschsein, an der menschlichen Fitness ist, daß wir uns so viel Verschwendung leisten können, daß wir Opernhäuser bauen und die höchsten Berge besteigen (um nichtbiofunktional zu hören und zu sehen).
"die aber den Ausweg aus diesem Leid kennen" Finden Sie? - Selbstverständlich. Wer sich auf einen intellektuellen Weg begibt, und das nicht aus Neugier, Erwartungslust, kognitivem Bedürfnis, Tatendrang, Glückserfahrungen auf diesem Weg – der ist kein Intellektueller, sondern ein Idiot. Übrigens hab ich an anderer Stelle schon mal gesagt, Glück ist immer nur temporär, nicht ohne sein Gegenteil zu haben. Dies im Hinterkopf: Das Glück der Dummen oder das Glück der Intellektuellen, und alles Glück dazwischen; alles andere ist Mist. Was gibt es (für einen Intellektuellen) schöneres als einen kniffligen mathematischen Beweis verstanden zu haben, ein Streichquartett von Schönberg zu hören, sich auf Bühne und Leinwand die comédie humaine anzuschauen und von einem virtuellen Entsetzen gefesselt zu werden, usw. Aber auch beim Sonnenuntergang am Meer, den fast keiner verschmäht, wird man kognitiv aufs schönste animiert. Noch größer als in der passiven Intellektualität kann das Glück in der aktiven sein, im Herstellen von nützlichen und schönen Dingen. Und wenn man das erlebt, packt einen das Entsetzen, was so viele andere Menschen stattdessen erleben müssen. Apropos: Kommunist zu sein, ist auch ein großes Vergnügen.
Sie haben recht: „Wer einen Ausweg aus dem Leid kennt, hasst aber nicht.“
"Gehirne denken, Gehirne vernetzen sich
lat.:
cortices cogitant, cortices conjunguntur"
https://www.youtube.com/watch?v=j6-HWkjIoOY
Lydia Baumann • Vortrag: Der Polsprung und seine Folgen – Von Weltuntergangsprophezeiungen zur Geowissenschaft.
>>„mindestens scheinbarer Evidenz“<<
Entschuldigung, bei "scheinbarer Evidenz" schaudert es mich.
"Selbstverständlich, wie anders als evolutionsbiologisch soll man denn die Entstehung von Kognition erklären. "
Sie setzen hier die darwinistische Evolutionstheorie als sowohl korrekt als auch als v o l l s t ä n d i g voraus. Dass es keine andere Hypothese gibt, wie sich Bewusstsein entwickelt hat, ist nicht ganz richtig, es könnte ja gottgegeben sein. Vor allem aber verstehen wir das Bewusstsein nicht, insbesondere nicht einmal im Ansatz, wie es physiologisch zustande kommt. Daher finde ich Ihren Schluss ziemlich kühn.
"Was ist an der Blume nicht biofunktional. "
Die Blütenform und Blütenfärbung. Sie brauchen ziemliche argumentative Arabesken, wenn Sie behaupten wollen, dass alle Blütenformen und Blütenfärbungen funktional sind.
"der ist kein Intellektueller, sondern ein Idiot"
Das kann schon sein. Aber in dem Fall gäbe es sehr viele Idioten, die von sich glauben, Intellektuelle zu sein.
"Übrigens hab ich an anderer Stelle schon mal gesagt, Glück ist immer nur temporär, nicht ohne sein Gegenteil zu haben."
Sicher, aber darum geht es hier nicht.
Es geht um eine tiefenpsychologisch verankerte Haltung der Mehrheit der Intellektuellen, dass der Mensch als solcher schlecht für den Planeten oder mindestens für die Natur ist (den Menschen selbst hierbei von der Natur ausgeschlossen).
Diese Haltung ist nicht mit einem Erkenntnisstand vereinbar, auf dem man das Leiden überwunden hat.
Mir scheint ja, der Trend geht eher von den Wissenschaften zu Weltuntergangsprophezeiungen.
„Der Unterschied ist, dass ich nicht behaupte, selbst davon ausgenommen zu sein.“
Explizit nicht, implizit schon. Sie stellen ja eine Behauptung über das allgemeine Sosein auf, dass man überhaupt nur aus einer Metaposition aufstellen kann. Ob Sie nun meinen, das beträfe auch Sie oder nicht, ändert daran nichts.
„Das wird nur nicht mehr so gut verstanden, weil durch die Anwendbarkeit so viel Geld in die (Natur)wissenschaft geflossen ist und jetzt ist sie angefixt und bruacht viel Geld. Auch da bin ich nicht ausgenommen, die Forschung meiner Gruppe ist nicht gerade billig.“
Ja, das ist ein Dilemma. Vielversprechende Forschungen werden nicht weiter verfolgt, weil das Geld nicht mehr fließt. Habe ich schon zig mal gehört (ich habe früher mal für eien Website geschrieben, die Studenten für das Ingenieursstudium gewinnen wollte), im Zuge einiger Recherchen hörte ich, dass einfach das Geld nicht mehr floss, obwohl man auf einem guten Weg war.
„Er beschreibt da genau das, weswegen ich Vorbehalte gegen zeitgenössische Philosophie habe - oder eben das, was sich so nennt.“
Okay, nur wäre das für ihn eben nicht zeitgenössische Philosophie, sondern eher deren Imitation. Aber da sind wir auch einer Meinung.
„Allerdings muss ich sagen, dass ich Sloterdijk, der nun kein Precht ist, für verblasen halte. Es ist wie mit vielem heute. Die vernünftige Mitte fehlt.“
Mich stört an Sloterdijk, dass bei ihm die Bildung aus allen Knopflöchern dringt und das finde ich etwas anstrengend, außerdem arbeitet er sich etwas zwanghaft an der Franfurter Schule ab. Man kann auch seine Sprache (diese technizierenden Begriffe) seltsam finden, aber das hat schon fast wieder einen gewissen Charme.
„Was sind denn Ihrer Meinung neue philosophische Werke der letzten 10 Jahre, die es lohnt zu lesen?“
Puh, da muss ich drüber nachdenken. Ich komm' drauf zurück.
„Die Blütenform und Blütenfärbung“ - ist absolut funktional, die Bestäuber müssen angelockt werden, man muß als lohnendes Ziel von weitem erkennbar sein. Eine Art Artenegoismus.
nach-klapp:
sollten wir das philosophieren/das suchen
nach letzt-begründungen/ansprüche auf wahrheit
nicht hintan-setzen(im sinne richard rortys)?
der das erbe lessings, die empathische suche
nach zwischen-menschlichen lösungen/ förderlichem
zusammenleben an die spitze stellte...
pech nur, dass 99,9 % aller insektalen bestäuber dazu über gar kein oder nicht hinreichend ausgebildetes farbsehen verfügen. und sowohl die beobachtung im freien als auch im kontrollierten labor zeigt, dass für den anflug formen (abgesehen von der grundform "blüte") und farben nahezu keine rolle spielen. vielmehr verfügen bienen z. b. über ein ausgefuchstes lokations- u. memorationssystem, das sie diejenigen blüten anfliegen lässt, wo schon mal ordentlich was zu holen war, - bis die quelle zur neige geht (erfahrungslernen).
ähnlich ist das höchst verbrauchsintensive gehirn der menschen ein überschuss-phänomen (aus besseren zeiten/paradiesen), das zur individual- u. arterhaltung/ -weiterentwicklung zunächst gar nicht erforderlich, -aufgrund des hohen verbrauches sogar eher hinderlich - war, wie mio. bis milliarden von arten u. individualexistenzen außerhalb der homini/den/ eben zeigen. sein gebrauch zur/seine interferenz mit/ der menschl. persistenz ist evolutionsbiologisch gesehen mehr die folge/wirkung und weniger die ursache seines vorhandenseins.
und ernten nicht die dümmsten bauern die größten kartoffeln, fickt dumm nicht prima (-> reproduktion/artpersistenz) usw.? dazu kommen die beobachtungen des letzten jahrhunderts, dass hohe intelligenz, beste persönliche fähigkeiten & potentiale eher von den "besten plätzen" der gesellschaften ferngehalten, ihre träger eher prekär als bestgestellt werden?
s. auch: -> leitungs-/eliten-problem, seit mind. 40 jahren bekannt gemacht; sowie -> sinkende iq's in den letzten 10-20 jahren
zu 2.):
manche können sich macht-gestützter erwartungen schwer
entziehen: das liegt an einer ich-schwäche,
die die rahmung der situation nicht infragestellen kann.
meistens aber an institutionalisierten macht-gesättigt-
vorgegebenen definitionen der situation(milgram).
zu 1):
der status, der durch rollenübernahme erreicht werden kann:
ist prekär.
dadurch, daß jemand als torwart ins tor kommandiert wird,
ist ihm wenig geholfen. oda?
"Sie stellen ja eine Behauptung über das allgemeine Sosein auf, dass man überhaupt nur aus einer Metaposition aufstellen kann."
Wieso das? Der "Weltgeist" stellt diese Behauptung auf dem Umweg über mich und meine Tastatur auf.
"außerdem arbeitet er sich etwas zwanghaft an der Franfurter Schule ab"
Dein Eindruck habe ich auch. Und zwanghafte Philosophen finde ich verdächtig.
"Man kann auch seine Sprache (diese technizierenden Begriffe) seltsam finden, aber das hat schon fast wieder einen gewissen Charme."
Für diesen Charme scheine ich unempfänglich zu sein. Ich finde das maniriert.
"die Bestäuber müssen angelockt werden, man muß als lohnendes Ziel von weitem erkennbar sein"
Das Argument kenne ich. Wenn ich auf eine Alpenwiese schaue, halte ich es für unglaublich, dass jemand auf so etwas kommen kann. Welche Form und Farbe ist denn nun die, welche die Insekten mögen?
Und warum sieht das Schneeglöckchen so hübsch aus? (Tipp: Es ist in der Regel ein Selbstbestäuber, zu der Jahreszeit fliegt nämlich nix)
"die empathische suche
nach zwischen-menschlichen lösungen/ förderlichem
zusammenleben an die spitze stellte..."
Ich glaube, dazu sind Blogs und soziale Medien nicht so gut geeignet. Man tut das am Besten in der eigenen sozialen Umgebung.
"sinkende iq's in den letzten 10-20 jahren"
Ein (preisgekrönter) amerikanischer Lehrer hat bereits 1992 ein Buch über die wahrscheinlichen Ursachen geschrieben.
Das Verrückte daran ist allerdings: Die Besten, die aus diesem System kommen, sind im gleichen Alter weiter als meine Generation war. Es ist wie mit Vielem, eine Spaltung der Gesellschaft in ganz oben und ganz unten mit dünner und kleiner Mitte, auch in der Bildung.
Zu 2.) Okay.
„zu 1):
der status, der durch rollenübernahme erreicht werden kann:
ist prekär.
dadurch, daß jemand als torwart ins tor kommandiert wird,
ist ihm wenig geholfen. Oda?“
In den Moment, wo es mehrere Bewerber gibt, wird man ja nicht abkommandiert, es tritt eher Rollenknappheit auf, denk an Heinsohn, die überzähligen jungen Männer, denen Rollen fehlen.
Soweit ich das sehe, haben wir diese Rollenknappheit oder vielleicht eher einen Rollengeiz (der einigen, nicht nur Migranten, verweigert 'einer von uns' zu sein) auch aktuell. Würden wir mehr, wirklich sozial anerkannte Rollen zur Verfügung stellen, könnten sich mehrere, sich außen vor fühlen zugehörig fühlen. Wenn die Rollenangebot nicht linear an Geld gekoppelt sind, schwächen sie den Wert des Geldes (oder die Vorstellung und Geld als Wert) und wenn sie mit den Neigungen und Talenten der jeweiligen Menschen korrespondieren, machen sie auch noch Spaß. Wenn das Angebot etwas knapper ist, ist das nicht schlecht, das erhöht die Attraktivität der Rollen und die Motivation.
Zu den Ursachen sinkender IQ's gehört auch diese Problematik:
https://www.deutschlandfunknova.de/nachrichten/neurowissenschaften-umweltgifte-schädigen-intelligenz
https://www.scinexx.de/news/medizin/dumm-durch-chemikalien/
„Der "Weltgeist" stellt diese Behauptung auf dem Umweg über mich und meine Tastatur auf.“
Der wohnt aber, wie die Naturgesetze, in jedem. Das ist die Schwäche aller Ansätze, die darauf bauen, dass einen eine höhere Macht übernimmt: Es läuft am Ende auf die Individualität hinaus, die man am Anfang leugnet.
„Und zwanghafte Philosophen finde ich verdächtig.“
Hat natürlich seine Geschichte, die „Menschenpark“ Bücher sind von Habermas hart attackiert worden, aber Philosophen sind auch nur Menschen.
„Für diesen Charme scheine ich unempfänglich zu sein. Ich finde das maniriert.“
Kann ich verstehen, muss man mögen. Mich stört es nur, wenn ich zu viel davon lese.
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Warum es schwer ist, die Philosophie Bücher der letzten 10 Jahre zu empfehlen, war eine gute Frage, die mich beschäftigt hat. Am Ende scheint mit die beste Erklärung zu sein, dass sich in der Philosophie gerade (wieder mal) viel verändert, das ist in aller Regel keine Zeit der Werke mit einem dicken !
Es ist eher tastend, man entdeckt die Philosophie anderer Kulturen und Perspektiven und das in ernsthafterer Weise. Zudem ist es auch so eine Zeit des Umbruchs und da Philosophie im Grunde versucht die Reflexionsstufe aller Entwicklungen zu sein, ist sie auch eher tastend. Es gibt Ansätze wie die von Brandom, McDowell und Gabriel, die versuchen eine Alternative zum Naturalismus anzubieten und vielleicht war Brandom, der 2000 in Deutschland erschienen ist, das letzte ! Aber immer wenn die Philosophie scheinbar reduziert wurde, weil die Einzeldisziplinen autonom wurden, ging sie gestärkt daraus hervor. Als ihr scheinbar nur noch die Sprache blieb, erkannte man die ungeheure Bedeutung der Sprache und da haben wir eine Parallele zur Physik, etwa der gleichen Zeit, so richtig verstanden ist das bis heute nicht.
Markus Gabriel, als ein eigener Vertreter der „Neuen Realismus“ will Akzente setzen, ich sehe ihm dabei interessiert zu, weil der Mann wirklich ungeheuer quirlig und schlau ist, aber er macht in meinen Augen immer wieder irgendwelche Schnitzer, die mir seltsam vorkommen. Ich kann mir vorstellen, dass da noch was kommt, derzeit sind zentrale Begriffe bei ihm unterbestimmt und das darf nicht sein.
Daniel-Pascal Zorn finde ich wirklich sehr gut, ich werde irgendwann sein (erstes, ich denke auch da kommt noch was) Hauptwerk lesen, der Ernst mit dem er Philosoph betreibt, ist beeindruckend, auch wenn das eigentlich Standard sein sollte.
Eske Bockelmanns Buch über Geld (der ist aber Philologe) könnte wirklich sehr wichtig sein, ich lese es gerade, bislang ist ein beeindruckend gut.
Es gibt andere, die Spitze sind und Philosophie leben, die man in der Breite gar nicht kennt. Einen durfte ich mal kennen lernen, eine seltsame Mischung eines Mannes der völlig uneitel ist (ich habe ihn mal auf seine unfangreiche Vita angesprochen, sein beiläufiger Kommentar war, dass er da längst nicht alles aufgeführt habe und dass ich mich davon "doch wohl hoffentlich nicht beeindrucken lasse") und dessen Fähigkeit auf den Punkt zu kommen, fast etwas Brutales hat. Oder nennen wir es: Schnell, klar und präzise. Das sind einfach trainierte Denker, die, wenn sie sehr gut sind, völlig rigoros sind. Er arbeitet als Dozent an der Uni, hat mal ein Thema im Semester bearbeitet und sich die gängigen Definitionen, die kursieren angeschaut und fand ganz einfach alles schlecht und falsch. :-)
Aber wie gesagt, da rinnt aus vielen Quellen etwas hinaus, aber die neuen Meisterwerke … werden vielleicht gerade geschrieben. Aus den Rinnsalen sind schon Flüsse geworden aber der große mitreißende Strom aus Werken in Serie, wie damals jene mit einem „und“ verbundene „Sein und Zeit“, „Erkenntnis und Interesse“ usw. ist wohl gerade nicht.
Schlank, tastend und ungewiss, aber ich habe das Gefühl, dass das was in der Luft liegt. Die Spannung ist nicht raus, es knistert.
jetzt kommen wir zum kern der sozialen rolle: die soziale position.
es gibt solche, die anerkennung, aufmerksamkeit mit sich bringt
und solche, die nicht-system-relevant, un-gewürdigt, rand-ständig,
überflüssig, als allgemeine belastung erscheinen.
es gibt eine knappheit an relevanten sozialen positionen,
diese sind rivalisierend erstrebt und umkämpft.
die position des ungesehenen gibts gratis.
die inflationäre vergabe von blech-orden wird wenig geschätzt.
oda?