Alle Macht geht vom Ministerium aus

Konzentriert Euch! Wie eine Partei in einer Koalition ihr Leben verliert.

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Auf einem Parteitag in Gotha hat die Thüringer Linke ihre Landeschefin Susanne Hennig-Wellsow am Sonntag im Amt bestätigt. Die 38-Jährige setzte sich klar gegen den Weimarer Vize-Kreisvorsitzenden Frank Lange durch. [mdr.de]

Eine Trennung von Amt und Mandat wird es (auch) bei der Linken in Thüringen nicht geben. Macht geht nicht vom Volke aus, sondern von den Ministern.
Was würden Petra Kelly oder Gerhard Gundermann sagen, wenn sie Gäste dieses Parteitages gewesen wären...

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Man mußte kein Delegierter oder Gast in Gotha auf dem Parteitag der Thüringer Linken sein, man konnte per Stream erfahren, wie eine Partei als Anhängsel des Regierungsapparates vertrocknet. Die Generaldebatte, die keine (mehr) ist, offenbart, wie wenig Biss und Emotion, Intelligenz und Wissen sich noch aufs Podium traut. Hier geben sich nur noch Minister und Staatssekretäre die Hände, um von der Verantwortung zu reden. Es gehe letztendlich um den ersten Ministerpräsidenten der Linken, dem alles in großer Verantwortung und Geschlossenheit untergeordnet werden muss.
Zwar gab es warnende Stimmen, die an die Zeit von vor 1989 erinnerten, an Macht und Übermacht, um die Trennung von Amt und Mandat zu fordern, dass der Fraktionsvorsitz einer Regierungs- und Koalitionspartei nicht gleichzeitig noch den Parteivorsitz innehaben könne.
Die Jungen, die früher noch jünger waren, jetzt aber Verantwortung tragen, haben längst vergessen, dass sie damals selbst das Amt vom Mandat trennen wollten. Nun sind sie untrennbar verbunden mit Ministern, Staatssekretären, mit Landtagsabgeordneten und deren Mitarbeitern. So wird gehandelt, was der bürgerliche Schnittmusterbogen hergibt. So wird das Parteiensystem, das System von Wahl, Koalition und Finanzierung gelebt.
Wären Petra Kelly oder Gerhard Gundermann aufs Podium gestiegen, um die Geschlossenheit zu hinterfragen, hätte wenigstens die Chance bestanden, dem Apparat auf Augenhöhe die Leviten zu lesen.
So folgt die thüringer Regierungspartei lieber dem Rat der Erfurter Lückenpresse: "Die Linke muss die Wirklichkeiten einer Regierungspartei zur Kenntnis nehmen. Was soll ein ehrenamtlicher Parteichef gegen einen leibhaftigen Ministerpräsidenten, das halbe Kabinett und seine Fraktionschefin ausrichten? Eben."
Statt "Flüchtlinge willkommen" hätte man lieber "Wir sind angekommen. Eben." in Gotha symbolisieren sollen.
Kelly und Gundermann spielen keine Rolle mehr. Die passen einfach nicht in die Austastlücke der sogenannten Realpolitik.

Laut Kipping ist "R2G" in Thüringen ein Erfolgsmodell.

http://kyf.net/freitag/utb.php?d=15.11.2015

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Geschrieben von

Gustlik

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