Bettelbriefe an Karl-Theodor und Guttenberg

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Die Bundeswehr soll kleiner werden. Ob sie friedlicher wird, steht damit noch nicht fest. Sie wird einfach nur effektiver, das geht zur Rohstoffnot auch ohne Frieden.
In der ostdeutschen Gemengelage, in Thüringen, geht die Angst um. Die Gefahr, dass ein Bundeswehrstandort geschlossen werden könnte, lauert überall. Politische Initiativen sind gefragt. Stadträte und Bürgermeister verfassen Resolutionen, um auf den "Wirtschaftsfaktor Bundeswehr" hinzuweisen. Hier zeigt man Geschlossenheit vom flachschwarzen bis ins tiefrote Lager. Da wird schon mal auf eine "topmoderne Gebäudeautomation" hingewiesen, "womit sich die Heizkosten und der Energieverbrauch extrem gut dosieren lassen".
Karl-Theodor bekommt also Post aus der Provinz. Wundern wird er sich vielleicht über Unterschriften von linken Kommunalpolitikern. Er kennt doch die Partei, die offiziell gegen den Afghanistaneinsatz protestiert und u.a. fordert, Rüstungsgelder in zivile Investitionen umzuwandeln. Doch ist davon was zu lesen in jenen Briefen und Resolutionen? Sollte ein linksnachdenkender Mensch, der über den kommunalen Tellerrand schaut, ein Simulationszentrum, wo das Schießen mit automatischen Gewehren bis hin zur Bewaffnung von Panzern sehr realistisch nachgestellt wird, als Standortvorteil bewerben? Wohl sicher nicht.
Da geben sich dfg-vk.de und bundeswehr-wegtreten.org alle Mühe, um Haltung und Protest zu organisieren, schon stolpert manch Linksvertreter in der kommunalen Umklammerung in die Geschlossenheitsfalle, lässt den nötigen Abstand vermissen, den man schon garnicht bei Neujahrsempfängen der Bundeswehr findet.
Was bleibt also vom Frieden, von einer solchen Ausstrahlung, in Gotha, in Bad Salzungen, in Sondershausen, in Bad Frankenhausen und im Sonst? Plakatiert steht "Bundeswehr - Raus aus Afghanistan" in den Abgeordnetenbüros. Doch im Smalltalk der Lokalität kann es schon mal wichtigerere Dinge geben - Arbeitsplätze!
Ja sicher, Arbeitsplätze! Menschen, die doch nur ihren Job machen wollen. Dürfen sie? Nein.
Eine Kaserne ist nur der "Tag der offenen Tür" eines Rüstungsbetriebes, die Bundeswehr lädt allsommerlich dazu ein. Jeder kann sich mit Freude über die Schlagkraft der Truppe informieren. Wenn man Glück hat, treffen unsere Kinder in der Schule auf einen Jugendoffizier. Für die gute Stimmung sorgen Patenschaften.
Sollte es Protest gegen diesen Lauf der Dinge geben, trifft uns ein Schlag an Verachtung. Wie könnten wir es wagen, das gute Klima, das tolle partnerschaftliche Verhältnis zwischen Kommune und Bundeswehr zu stören!
Trotzdem. Es gibt gute Gründe für mehr Utopie, statt im Wettstreit der Resolutionen und Briefe blass zu werden. Es schreibt doch sowieso nur Kommune A von Kommune B ab. Und eigentlich ist man sich fast sicher, dass man damit ein Nichts erreicht.
Die kommunale Linke meint, man könne alles unterschreiben, da wäre nur noch das Eigentlich, das einklammierte Afghanistan, die schwammige Haltung vor der Truppenfahne.
"Gemeinsam stark!"
- Der Standortälteste der Kyffhäuserkaserne lädt zum feierlichen Gelöbnis am 5. Mai auf den Kyffhäuser ein.

http://kyf.net/freitag/utb.php?d=22.01.2010-2

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Geschrieben von

Gustlik

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