Sperrmüll der Woche

Thüringer Monitor Vom süßen Brei hinter den sieben Bergen.

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In Erfurt sitzt ein Parlament. Das macht Politik für Thüringen. Dort wird regiert und opponiert, gelesen und abgestimmt, dafür und dagegen, der Rest enthält sich oder fehlt entschuldigt oder unentschuldigt. Die Regierenden werfen den Opponierenden eine Blockadepolitik vor, die Opponierenden den Regierenden ein Versagen, die Regierenden winken ihre Anträge durch und lehnen die Anträge der Opponierenden regelmäßig ab. So war das schon immer. Die Reden und Erwiderungen in unseren freiheitlich demokratischen und grundordentlichen Parlamenten sind austauschbar. Übernehmen die Opponierenden nach einer Wahl die Regierung, übernehmen sie auch die Platzhalter, die Worthülsen und so nach und nach das Tun und Lassen. Oder?

Diese Woche wurde auch über den Thüringen Monitor, den alljährlich das Institut für Soziologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena betextet, gesprochen. Der Thüringen Monitor ist überschrieben mit „POLITISCHE KULTUR IM FREISTAAT THÜRINGEN“. Wenn die Sitzungen beendet sind, das Volk sich mehr oder viel weniger dafür interessiert, sollte immer mal wieder ein Testbild auf den Monitor geschaltet werden. Damit können dann Farben und Ausrichtung der politischen Mattscheiben bestimmt und korrigiert werden.

Es klingt wie ein verzogenes Weihnachtsmärchen… In Erfurt gibt es ein Abgeordnetenhaus, das gehört der Stadt. Dort konnten bisher Abgeordnete des Landtages übernachten, wenn sie aus tiefsten Nächten und Entfernungen nach Erfurt zurückkehrten. Das Abgeordnetenhaus mussten die Manchmalübernachter räumen, da die Stadt Erfurt dort jetzt minderjährige elternlose Flüchtlinge untergebracht hat. So weit, so gut! Nun hätte die Geschichte (gut) enden können. Doch der Abgeordnete Blechschmidt begründete im Namen der Fraktionen (Linke, SPD, Grüne, CDU), dass man ja nun das Abgeordnetengesetz anpassen müsse, um die „Übernachtungsbedarfe“ zu regeln. Letztendlich ginge es darum, dass im „Flächenland“ Thüringen die Pendelwege erheblich sind, „Tagesrandlagen“ schnell erreicht werden und besonders im Winter bei „Schnee und Matsch“ schwierige Straßensituationen herrschen. Der Wähler wünsche sich doch „gut ausgeschlafene und hellwache Abgeordnete“. So wurde nun in (fast) großer Geschlossenheit beschlossen, dass es ab 20km(!) hinter den sieben Bergen von Erfurt bereits einen Zuschuß von maximal 80€ pro Tag gibt, um „normale Zimmer“ in Hotels zu buchen. Ob dann dort auch süßer Brei gereicht wird, ist nicht belegt.

Der Billiglohner und Weitpendler aus Thüringen, der sich Arbeiterklasse, Werktätiger oder Arbeitnehmer nennt, darf sich weiter mit seinem Steuerformular rumschlagen, um dort seinen Zweitwohnsitz oder die Unterbringungskosten anzugeben. Wenn es ein Pendler aus dem Märchenland ist, kümmert er sich dann noch ehrenamtlich und unentgeltlich um Flüchtlinge in seinem Heimatort. Wann die nächsten Wahlen zum Landtag in Thüringen stattfinden, interessiert ihn nicht. Er hat seinen Monitor schon vor Wochen auf die Straße geworfen und hatte die Hoffnung, es träfe einen unsensiblen Politiker.

http://www.irancartoon.com/static/media/uploads/political%20cartoon/quino222666.jpg[Quino-Argentinien]
http://kyf.net/freitag/utb.php?d=28.11.2015

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Geschrieben von

Gustlik

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