Von einem, der auszog, Arbeit zu finden

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

    Früher kam die Arbeit zu den Menschen.
    Heute kommt der Mensch zur Arbeit.


Im allwerktägliche Strom zur Arbeit ist das Auto das wichtigste Transportmittel. Man muss kein Ökonom sein, um sich ausrechnen zu können, dass der Individualist, der da vereinsamt hinter seinem Lenkrad sitzt, in einigen Jahren mehr und mehr an seine Bewegungsgrenzen stößt. Was wird aus dem flachen Land?

Ein Blick in die heutige Zeitung, jene, die den Menschen hier ganz nah sein will. Stellenanzeigen sprechen eine deutliche Sprache:

  • Gebietsleiter Vertrieb in Tübingen (heimatlos mit 444km)
  • Fenstermontage in Hagendorn/Schweiz (heimatlos mit 646km)
  • Vertriebsmitarbeiter in Karlsruhe (heimatlos mit 443km)
  • Ingenieure in Bodman (heimatlos mit 550km)
  • Zimmerer/Schreiner in Oberrot-Scheuerhalden (heimatlos mit 387km)
  • Pflegefachkräfte in Starnberg (heimatlos mit 481km)
  • Kraftfahrer in Neuenmarkt (heimatlos mit 247km)
  • Tischler in Capellen/Luxemburg (heimatlos mit 545km)
  • Erzieher in Frankfurt/Main (heimatlos mit 312km)
  • Heimleitung in Hamburg (heimatlos mit 386km)

Es gibt natürlich auch im unspeckulären Gürtel Arbeit. Die Nähe erkauft man sich mit Teilzeit, Zeitarbeit oder Befristung. Das Einkommen halbiert oder drittelt sich, wenn man näher zur Arbeit will, um den Spätsonntag auch noch in den eigenen Heimatwänden verbringen zu können. Den Tatort will man doch nicht auf der Überholspur der Autobahn erleben!?

Die Region, unsere, blutet aus. Flucht zu den Ausbildungsstätten, Flucht in die http://kyf.net/freitag/img/rollator.jpgpulsierenden Zentren des Aufschwunges. Wir kümmern uns derweil um den Ausbau der Rollatorwege. Die Region, Dorf und Stadt vergreisen. Hörgeräte sind angesagt, Kinderwagen weniger. Die Seniorenjournalität berät uns Tag und Nacht zu Tag und Nacht. Natürlich gehört Alter zum Leben. Natürlich gehören Oma und Opa zum Leben. Doch eine Region, die eigentlich wegen Insolvenzverschleppung auf die Anklagebank gehört, rollert mehr und mehr in eine Einseitigkeit, in eine Abhängigkeit, die eine Eigendynamik entwickelt. Kaum jemand kommt zurück!

Ein Ausweg?

Wir tun so, als wären ländliche Regionen eine Errungenschaft, versuchen es mit Tourismus und speziellen Angeboten für Senioren. Ein Irrwitz.

Mit Speckgürtel fängt man keine Mäuse und schön ökologisch ist es auch nicht.

Eine unvollendete Tatsache.

http://kyf.net/freitag/utb.php?d=12.02.2011-1

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Gustlik

aufgedacht und nachgeschrieben

Gustlik

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden