dann gibt es nur eins(3).

fortsetzung. s. o.

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die besatzung der sportmaschine, die jetzt in geringer höhe vorüberbrummte, warf nur einen flüchtigen blick auf den einzigen see, der in der flachen parklandschaft auffällig heraufblinkte.

es ist aus, alles aus, dachte er, wobei er blass bittend in die offenen picnicgesichter starrte, die ihm zugewandt schienen. sie mussten ihn eigentlich sehen, wenn sie nicht ziellos ins blaue kuckten, mussten doch endlich in bewegung kommen und wenigstens alarm schlagen. aber nichts. sie hingen da in der sonne wie die papierfratzen ausgebrannter lampions. die leute lagen herum wie die kalten reste nach einem fest. sie taten geradeso, als wären sie fix und fertig und warteten nur noch auf den abtransport in madame tussauds wachsfigurenkabinett.

er sah noch, dass evelyn sich vom ufer löste. dann war das wasser über ihm. er gab sich geschlagen, aber es hörte nicht auf, ihn zu quälen. es wollte ihn ersticken.

nie hatte er den ringkampf als kind mit dem nachbarjungen vergessen, in dem er klar und in des wortes eigenster bedeutung der unterlegene war. er lag mit dem gesicht im gras, sein gegner hatte ihn so fest im griff, dass er sich nicht mehr rühren konnte. obwohl der kampf entschieden war, ließ der andere aber nicht locker, sondern wälzte sich nun erst recht auf ihn, als wollte er ihn in den boden drücken. vor atemnot und angst hatte er nach seiner mutter gerufen.

als er auftauchte, trennten ihn nur wenige meter von evelyn. sie schwamm schnell heran und streckte ihm eine hand entgegen. das war eine hilflose geste. sie musste ihre hand sogleich wieder zurückziehen. sie war keine gute schwimmerin, keine rettungsschwimmerin. er sah seine angst in ihrem blick.

leg deine hand auf meine schulter! sie war in angst. vielleicht kann ich dich dann halten. es ging. mühsam, aber sie hielt ihn über wasser. endlich konnte er luft schnappen. allerdings waren evelyns kräfte bald erschöpft.

lass mich los, bitte, lass mich los! flehte sie. wir gehen sonst zusammen unter.

er sah, wie recht sie hatte. und versuchte, wieder aus eigener kraft zu schwimmen. doch seine bewegungen waren überhastet und unkoordiniert wie bei einem ängstlichen anfänger. er planschte mehr, als dass er schwamm. er wehrte sich gegen den würgegriff des wassers, verzweifelt, erfolglos. er konnte sich nicht hochreißen aus den überschwappenden wellen, so wie er aus den kissen des kinderbetts hochfuhr, als ihn der stickhusten anfiel. er konnte sich an gar nichts klammern, so wie er sich damals an das stabile hohe brett am kopfende geklammert hatte, als er die wände hochgehen wollte vor atemnot.

das wasser war grausam. es trieb seinen schabernack mit ihm, es hielt ihm mund und nase zu, und es gluckste und gluckerte ihm in die ohren, als lachte es ihn aus. ja, es ließ ihn sogar noch einmal auftauchen, so wie die satte katze die gefangene maus noch einmal freigibt.

er hörte geschrei und rufe und sah gegen die sonne einen dicken bunten ball auf sich zu fliegen. seine arme streckten sich, seine hände fassten, rutschten aber ab, griffen ins leere. wie betäubt ging er diesmal unter. alle muskeln waren krank vom sauerstoffarmen blut. er sank bewegungslos hinunter wie ein empfindlich getroffener boxer. dumpf nur noch hörte er schreie und rauschen wie durch eine wand. er spürte deutlich das wasser kühler werden. er versank mit geschlossenen augen. dann wurde es in ihm dunkel.

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Geschrieben von

h.yuren

buchveröffentlichung 2017, KRAH - das rabentagebuch, 350 S., 8 fotos ISDN 978-3-945265-45-1; Tb. 15,-

h.yuren

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