das rabentagebuch (30).

mein rabe krah. s. o.

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30 nachtrag 2

11. mai 2016. indizienbesuch.

im garten tätig, wurden meine blicke vom lauten alarm der stare im umkreis ihrer nistkästen vom boden nach oben gelenkt. der erste eindruck war ein großer vogel. dachte an einen bussard oder ..., aber im zweiten moment sah ich, dass da ein rabe auf meiner robinie landete, bei mir im garten. wenn ich hier in der gegend einen einzelnen raben sehe, halte ich es immer für möglich, dass es mein krah ist. so auch jetzt.

mir war zudem bewusst, dass noch nie ein krah in meinem garten sich niederließ, auch nicht auf dem höchsten baum. darum rief ich ihn beim namen. krah! und wieder und wieder. krah. der zugeflogene hörte sich das gerufe an, ohne auch nur entfernt eine reaktion zu zeigen. aber dass er überhaupt an der stelle blieb und nicht vertrieben wurde vom ruf des flügellosen da unten, bestärkte mich in der hoffnung, dass krah zurückgekehrt sei an den ort seines zweiten nestes.

erst als der rabe dann abflog, um doch noch nah auf einer birke am bach zu landen, fiel mir ein, dass ich unkenntlich gemacht war für krah, wenn er es denn war, durch meinen grellen sonnenhut. klar, die turbanszene hatte mir ja gezeigt, dass der verfremdende anblick für krah viel stärker wirkt als die vertraute stimme und alles andere.

zu spät. der besucher flog ab. und jetzt ganz weit.

es bleibt die frage, was geschehen wäre, wenn ich den irren sommerhut sofort weggeworfen hätte. wäre krah dann etwa geblieben, womöglich herabgestiegen in der robinie, um neugierig das vertraute terrain näher zu besichtigen und so weiter?

natürlich war es zufall, dass ich gerade im garten war, als der große vogel seine schwarzen flügel einklappte und da oben auf dem turmhohen ast der robinie halt machte. wenn es wirklich krah war, was ich glaube, war es wahrscheinlich nicht das erste mal, dass er zurückkam. nur hatte ich es nicht bemerkt. wenn dem so ist, und wenn mein grässlicher sonnenhut ihn nicht für immer verschreckt hat, wird er wahrscheinlich auch künftig noch das eine oder andere mal im vorbeiflug einen stopp in seinem ehemaligen revier einlegen. ich kann also hoffen, dass ich ihn bei einem seiner nächsten erinnerungsflüge begrüßen kann - dann natürlich ohne die unzumutbare sommer- oder winter-kopfbedeckung.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

h.yuren

buchveröffentlichung 2017, KRAH - das rabentagebuch, 350 S., 8 fotos ISDN 978-3-945265-45-1; Tb. 15,-

h.yuren

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