Das Schulwegdunkel

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warum müssen wir die kinder jetzt im winter auf dunkle schulwege schicken? sollen sie auf der geisterbahn mit grellen lichteffekten fit gemacht werden für the struggle for life? muss the survival of the fittest nicht erst im unterricht, sondern schon auf den dunklen schulwegen anfangen?

den kultusbürokraten dürfte die zu dieser jahreszeit ansteigende kurve der unfallstatistik für den straßenverkehr doch nicht ganz unbekannt sein. statt die kinder mit reflektoren in rot und weiß zu dekorieren, reflektoren als alibi für schutz- und sicherheitsbemühen, müssten die fürsorglichen schulverwalter den unterrichtsbeginn ab oktober nur ins taghelle verschieben. das wäre kein novum, aber wirksam.

nun wird das risiko und der stress für die schulkinder im winter nicht allein durch die dunkelheit erhöht, sondern nässe und glätte tun ein übriges. und die beförderung per schulbus ist auch nicht ohne.

zur steigerung der schulischen effizienz transferierte die schulpolitik eine zentrale idee der freien marktwirtschaft auf den bildungssektor, die fixe idee, nur größere einheiten seien leistungsstark und wettbewerbsfähig. so entstanden überall im land schulzentren, die im mittel längere schulwege nach sich zogen. um die längeren schulwege wenigstens zeitlich zu verkürzen, werden großzügig busse eingesetzt, die die schüler und - innen befördern. kosten und unkosten spielten zur zeit der schulbuserfindung noch eine geringere rolle.

müssen die kinder hierzulande auf dunkle, relativ lange und stressige schulwege geschickt werden, weil die schulpolitik nicht in der lage ist, ein modell zu entwickeln, das die wege verküzrt, dadurch die schulbusfahrerei minimiert und im winter die stundenpläne notfalls verkürzt? dann sollten die schulverwalter irgendwo sitzen bleiben, nur nicht in ihrem amt.

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Geschrieben von

h.yuren

buchveröffentlichung 2017, KRAH - das rabentagebuch, 350 S., 8 fotos ISDN 978-3-945265-45-1; Tb. 15,-

h.yuren

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