Denn sie wissen nicht, was sie sagen.

Mauscheln. worte werden gewöhnlich nachgequatscht. die sprecher wissen nicht, was das eine oder andere wort genau bedeutet. nur so ungefähr ahnen sie den gebrauchswert. das reicht.

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aus reichlich gegebenem anlass sei darum an die etymologie oder wortgeschichte von "mauscheln" erinnert, aus allgemein zugänglichen quellen. besonders für vielsprecher und -schreiber wie journalisten. ein bekannter journalist benutzte das wort gestern in einer guten halben stunde dreimal.

Das "Etymologische Wörterbuch", 17. aufl. des "Kluge", weiß über die herkunft bescheid:
"im Dt. vom Namen Moses, jüd. Mousche, Mausche abgeleitet, der seit langem zur Schelte des Handelsjuden geworden ist... Mauschel 'Schacherjude' tritt im 17. Jh. auf.
... Dazu mauscheln seit 1622 'reden wie ein Jude'."


nun der duden:
"1. (ugs. abwertend) a) unterderhand u. in zweifelhafter, undurchsichtiger Weise Vorteile aushandeln, begünstigende od. Vorteile verschaffende Vereinbarungen treffen; zweifelhafte u. undurchsichtige Geschäfte machen,
b) (ugs.) beim [Karten]spiel betrügen".


was sich seit jahrhunderten bewährt hat, ist unentbehrlich geworden. die sprecher und der duden sind nicht antisemitisch, wenn sie das wort nach altem brauch mal hier und da einsetzen bzw. den gebrauch dokumentieren. die meisten sprecher wissen nichts über die herkunft des wortes. ihnen antisemitismus vorwerfen zu wollen wegen eines wortes, das im duden steht mit der stilistischen bewertung "umgangssprachlich", ohne deutliches stigma, das wäre wohl ziemlich überzogen oder?


bleibt die frage, warum die dudenredaktion, die ja über die herkunft des lexems im bilde ist, keinen anlass sah, den eintrag für das große publikum klar als antisemitisch zu kennzeichnen. die antwort ist kein geheimnis.
das duden-team versteht sich nicht als aufklärerisches institut, sondern als eine wissenschaftliche arbeitsgruppe von lexikografen, die lediglich den momentanen sprachbestand dokumentieren.

soziolinguistisch korrekt wollen die dudenredaktionäre gar nicht sein. sie berufen sich vielmehr auf die neutrale funktion des dokumentierens. aufklärung verstehen die dudenmacher als "Wegbereiterin der Französischen Revolution". sowas gehört sich nicht für richtige teutonen.

das immer öfter gebrauchte wort ist auch ein indikator für bedenkliche gesellschaftliche umstände. krumme geschäfte und politische machenschaften großen ausmaßes sind an der tagesordnung. mangel an kritischem bewusstsein lässt sich nicht leugnen.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

h.yuren

buchveröffentlichung 2017, KRAH - das rabentagebuch, 350 S., 8 fotos ISDN 978-3-945265-45-1; Tb. 15,-

h.yuren

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