Der Rettungsreflex

Gewissenschaft. es ist gar nicht so selten, dass ein mensch in akuter not einen anderen menschen rettet ohne rücksicht auf die eigene sicherheit.

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die medien melden den fall (im wörtlichen sinn) eines kindes, das auf einem ausflug der kita plötzlich vom erdboden verschwand. das kind war im wald in einen alten bergwerksschacht gefallen. der schacht war tief. von dem kind war nichts mehr zu sehen.

die erzieherin zögerte nicht. sie sprang dem kind ins ungewisse hinterher. zum glück verletzte sich weder kind noch erzieherin. in dem 25 m tiefen schacht stand wasser. die frau konnte sich und das kind über wasser halten, bis hilfe von der erdoberfläche kam.

in dem bericht über das geschehen war von dem großen mut der erzieherin die rede. das ist das übliche gerede ohne verständnis für das besondere der tat. die frau handelte nämlich nicht überlegt und nach abwägen aller eventualitäten, sondern spontan. sie hatte keine bedenkzeit.

solche reflexartigen rettungsaktionen sind anrührend, weil sie zutiefst menschlich und zugleich übermenschlich sind in dem sinn, dass wir so etwas nicht von jedermann erwarten können. gleichwohl ist eine genetische disposition verantwortlich für das fraglose rettungsverhalten.

egal ob ein ertrinkender aus gefährlichen fluten oder eisigem wasser gerettet wird, egal ob jemand aus einem brennenden haus oder auto geholt wird, immer wird in solcher notsituation ein reflex aktiviert, den der mensch in grauer vorzeit erwarb und durch den er viele gefahren überlebte.

für uns heute fällt der rettungsreflex aus dem rahmen, weil er in einer solidarischen gemeinschaft entstand, die wir nur noch ansatzweise kennen. der rettungsreflex ist eine art urgewissen, das die zeiten überdauert hat, weil es genetisch verankert ist.

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Geschrieben von

h.yuren

buchveröffentlichung 2017, KRAH - das rabentagebuch, 350 S., 8 fotos ISDN 978-3-945265-45-1; Tb. 15,-

h.yuren

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