jetzt sind sie wieder zu hören nach ihrer rückkehr aus dem süden in die brutgebiete, die möchsgrasmücken. selten sind sie (noch) nicht, eher selten zu sehen, weil sie sich meist im dichten gebüsch bewegen und, falls männlich, es zum klingen bringen.
trotzdem haben vogelkundige ihnen nach bewährtem muster einen namen verpasst, der sie leicht unterscheidbar macht von den dorn-, garten-, masken-, klapper- etc. grasmücken. sie tragen nämlich scheinbar eine kappe, wie die schornsteinfeger in schwarz die männchen, wie die mönche in braun die weibchen und jungvögel.
was lag da in teutonien näher, als den unauffälligen vogel wie schon den gewissen geier nach der allgemein bekannten kopfbedeckung der einst überall präsenten ordensmänner zu benennen?
wahrscheinlich ist die christliche taufe des singvogels, was das bestimmungswort betrifft, nicht jahrhundertealt, worauf schon die hochdeutsche form schließen lässt. das verhält sich ganz anders mit dem grundwort oder dem familiennamen grasmücken. die bezeichnung ist nachweislich tausend und mehr jahre alt. so alt, dass ihre lesart umstritten ist.
die etymologen rekonstruieren aus dem überlieferten althochdeutschen "grasemucca" das wurzelwort *grasa-smucka. über die bedeutung des zweiten teils "-smucka" sind sich die gelehrten einig. es hat nichts mit mücke zu tun, wohl aber mit schmücken, mehr noch mit schmiegen. die altvorderen hatten offenbar genau beobachtet, dass der durch seinen gesang, nicht durch sein schlichtes federkleid auf sich aufmerksam machende sänger sich vor allem ans dickicht hält und irgendwie anschmiegsam hindurchschlüpft.
über den ersten teil des namens hingegen herrscht keine einigkeit. die einen sagen, der singvogel bevorzuge das gras, die anderen sehen in der anfangssilbe gar kein gras, sondern die farbe grau, die in verschiedenen tönungen das kleid des vögelchens kennzeichnet.
wir haben also theoretisch die wahl zwischen zwei deutungen, die eine sieht den singvogel im gras, die andere sieht ihn grau.
da die mücke als missverständnis oder volksetymologie anerkannt ist und das vögelchen sich kaum im gras aufhält, dürfte die ganze namengebung als grasmücke ein deutlicher hinweis auf verständnisloses nachplappern sein. das papageien hatten die leute in teutonien in den lateinischen kirchen und klöstern sich angewöhnt. so fanden die mönche zu den grasmücken und vice versa.
das erklär mal knapp und eingängig einem kind oder deutschlernenden!
Geschrieben von
h.yuren

Kommentare 14
ah Vogelkunde... gut!
Hier sind schon die Schwalben angekommen.... Hab sie aber nach Westfalen und Niedersachesen weitergeschickt
schnell wie eine schwalbe bist du hier gelandet, hibou.
wo hältst du dich und die meisten schwalben übrigens auf? hier kommen jedes jahr weniger an bzw. zurück.
nee, nicht vogel-, sondern namens- oder wortgeschichtskunde.
ich weiß natürlich, dass die meisten autofahrer- und pflastertreter/innen, mit so einem namen wie grasmücke erstmal gar nichts anfangen können. aber ich bin nun mal bewusst eine landratte.
Mir hat dein Beitrag sehr gut gefallen und die Vögelchen mag auch. Äthümohlogisch gibt es aus der Systematik noch einiges spaßiges zu berichten. Kirschroter Speitäubling (Pilzsystematik) oder wie kommt man auf Kuckucks-Lichtnelke wobei sich der lateinische Name herrlich ausspricht Lychnis flos-cuculi.
ja es kommen immer weniger. zb hatten wir eine flache lagune, wo die flamingos station machten. nun hat ne neue siedlung ihre abwaesser da hineingeleitet. flamingos blieben fern......
ich weiß nix,
und ab, kr
das kommt davon, dass du total verstädtert bist und daher von der rustikaleren landwirtschaft nicht so die richtige kenne haben kannst, lieber rainer.
Lustig... grasemucca... im Italienischen heißt die Kuh "mucca", der Katholizismus hat dort bekanntlich seine Heimat und wer weiß, vielleicht ist auf verschlungenen Wegen und über die Alpen ein Mönchlein geschlichen und hat dem Vogel sein Käpplein aufgesetzt. Warum allerdings eine sizilianische Süßigkeit namens minni di virgini, zu dt. "Jungfrauenbrüstchen", ihren Namen hat, bleibt kein Geheimnis, nur das Warum: sie wurden in Klöstern hergestellt, und zwar für Anlässe wie Allerheiligen und Allerseelen.
Wunderhübscher Artikel - darf ich dennoch die traute Eintracht über die papageienden Mönche in Teutoniens Klöstern stören?! Das Wort "Grasmücke" setzt sich nachweisbar zusammen aus "gra-" (grau; vgl. Gragas, isl. Graugans) und "smoccho" (= Untergewand aus Leinen; belegt schon bei Notker Teutonicus, St. Gallen, 10. Jh.), paßt also sehr schön zum Erscheinungsbild des Vogels. So ornithologisch treffsicher war man aber doch nicht: Grasmugge ist im 12. Jh. auch die mittelhochdeutsche Bezeichnung für "philomela" (griech. Nachtigall; auch ein unscheinbarer Kleinvogel im Gehölz). Mönche und Volk wußten also vor 1000 noch Bescheid; die Volksetymologie setzt also erst im Spätmittelalter ein.
Danke für den hübschen Artikel und auch für die ergänzenden bemerkungen hier. Was lerne ich? U.a., dass Etymologie auch keine exakte Wissenschaft ist, sondern zu guten Teilen Interpretation?
im süden, fängt in den germanischen südstaaten schon an, ist die frömmigkeit etwas anders beschaffen als im kühlen norden, fürchte ich, mingus.
deine lesart ist bei wikipedia zu finden. tatsächlich näher an der wahrheit als das, was dudens sich zusammengereimt haben.
klar, lieber kampfstrampler, vor 1000 jahren strampelte mensch noch ganz unwissenschaftlich durch die sümpfe germaniens.
danke für dein etymologischen ergänzungen, ks.
lieber goedzak, das war die "äthümohlogie" noch nie. sieh dir doch nur mal die große meisterschaft im schummeln im großen wörterbuch an, wo man großen wert auf die herleitung der lemmata legt.
Och nö, werter nordmünsterländischer Wortschmücker. Eben so war es bei Wiki nicht zu lesen (abgesehen davon, daß dort wie zumeist die Belege fehlen). Näher kommt man dem Ganzen schon über über das Deutsche Wörterbuch der Gebrüder Grimm: Bei "Grasmücke" hatten sie es noch nicht gemerkt, daß "smoccho" das Leinengewand heißt (kannten auch Notker nicht), dann aber s.v. "Schmuck". Letzteres Wort wird von Minnesängern bis zu Oswald von Wolkenstein tatsächlich als das (auch nächtliche) Unterkleid (westfäl. Pölter) beschrieben: "daz da mit nahem smukke ergie ein ümbevank mit armen blank" (alles anderes wohlgemerkt nicht blank, wg. der Sittlichkeit). Nur das älteste Zeugnis des St.Galler Mönchs ist auch dort nicht verzeichnet - und die Sümpfe Germaniens hatten durchaus Inseln der Schriftlichkeit (Notker ist der älteste deutsche Aristoteles-Kommentator). Sollen wir mal zu den Nonnen nach Borghorst gehen?! (Genauer gesagt, zu den Resten ihrer Büchererstausstattung bei Prinz Oskar auf Schloß Steinfurt). Die Damen kannten besser ihr Latein als ihr Bischof und konnten es auch volkssprachlich glossieren.
lieber ks, dank deiner gründlichen recherche wissen wir nun ganz genau, warum die grasmücke keine grasmücke ist. aber zu den nonnen und prinzen zu stemmert und steinfurt müssen wir nun doch nicht unbedingt pilgern, wiewohl das heutzutage, ohne nasse füße zu bekommen, möglich wäre.
nebenbei: wie komme ich zum ehrentitel "Wortschmücker"?