so etwas war ein thema, das in der kalten-kriegs-zeit in der brd nicht publizierbar war. damals war die verfassung längst in kraft, in der steht, dass eine zensur nicht stattfindet. was nützt aber so eine bestimmung, wenn in den köpfen der entscheidenden leutchen die schranken und beschränktheiten mächtig sind?
steht nicht in dieser verfassung auch, dass der tierschutz längst verfassungsrang hat? haben sollte? und was ist die wirklichkeit im lande? eine massentierquälerei neben der anderen. sind die bewohner dieses landes schizophren? oder die regierenden?
siegfried lenz, der autor des bislang unveröffentlichten buchs, war mir der sympathischste der drei einsilbigen: böll, grass, lenz. welche rolle bei diesem fall von zensur der einäugige verfassungsschutz spielte, wäre interessant zu wissen. vor über 60 jahren war der bestimmt noch schlimmer als heute.
ein "iwan-versteher" im kalten krieg wäre natürlich noch mal eine nummer größer gewesen als ein "putin-versteher" heute. so ein buchtitel passte auf keinen fall in die jahre des kpd-verbots. und die vorbereitung der wiederbewaffnung war auch nicht günstig für so ein buch. klar.
die verfassung der brd ist das eine, die verfassung der bürger ist das andere. und dann kommen noch die diplomatischen rücksichtnahmen hinzu, und zwar bis heute. und siegfried lenz hat diese unterdrückung sein leben lang ausgehalten. aber als ich in einem kürzeren text von ihm auf das wort, das mir nicht geläufig war, nämlich ochlokratie stieß, hat mich das nachdenklich gemacht.
Kommentare 44
Arschlochkratie ?
Herzlich Danke für den Hinweis
Aber "Zensur", was für ein schlimmes Wort. Das haben doch nur die die diktatorischen Kommunisten auf der anderen Seite gemacht, auf Befehl eben Iwans ...
Und Ochlokratie, die Herrschaft des Pöbels: Zwar scheint der Pöbel an der Macht, aber das ist nicht der Pöbel der Mehrheit, sondern derjenige, der seit Jahrhunderten hierzulande die Elite abgibgt, Kraft seiner Geburt, seines Reichtums oder seiner Dienste für die "Elite". Und der gibt dem gemeinen Pöbel gern das Gefühl, in Freiheit zu sein, ganz unzensiert, damit der nicht merkt, dass er weiter in Untertanenschaft gehalten wird und dass nur die Etiketten für die Veranstaltung gewechselt wurden. Das Problem: Der gemeine Pöbel, das "Volk" unterhalb der "Elite" fühlt sich seit Jahrhunderten hierzulande anscheinend ganz wohl so als Untertanenschaft ...
Danke nochmal für den Buchtipp
Lieber Helder,
das musste ich erst nachlesen, dieser Begriff war mir unbekannt. Aber nachvollziehbar. Und nun fühle ich mich ratlos. Zu den Putinverstehern wollen sich unsere Ochlokraten im Parlament nicht bekennen, aber zu den merkelschen Erdogan-Verstehern mitschweigend?
Den EU-Gipfel hatdie Erdogan-Versteherin Merkel als Werteversenkungsbecken missbrauchen dürfen?
"Ausverkauf der Werte: Angela Merkel demontiert die EU Deutsche Wirtschafts Nachrichten | Veröffentlicht: 08.03.16 11:04 Uhr"
Schade. Undank ist der Lohn der Welt.
Ohne W. Brandts und Gorbaschows Politik wäre uns Merkel erspart geblieben.
Ein ratloses Eichhörnchen
H.G.
http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2016/03/09/deutschland-fordert-von-russland-einhaltung-der-menschenrechte/
Doch, unser Parlament ist eine Ochlokratie!
In der Zeit des Kalten Krieges war Westberlin die ideologische Frontstadt. Die Ideologie scheint noch in den Steinen zu hängen und die Adern der Regierenden zu verkalken - auch, wenn die Mauer gefallen ist;-(
Neben den in Amt und Würden stehenden Altkadern waren KPD Verbot, Inhaftierung / Verdrangung der zu kritischen Elemente und Zensur die Hard Power - und das war vielen Menschen und besonders den jungen - gar nicht so bewusst. Wahrscheinlich, weil diese Themen auch ausgegrenzt / tabuisiert wurden. War nicht Nestbeschmutzer damals ein gängiges Schimpfwort? Ich meine mich so zu erinnern.
erst im späten nach-hinein wird klar, welche eng-führungen, welche info-korridore gezimmert wurden in der ost-west-konfrontation: es war nicht nur kalt, es war krieg.
im westen wurden wieder-bewaffnungs-gegner als "ohne-michel" geschmäht.
Herr Ohne-Michel denkt nur an sich...so hieß der "Gegen-Slogan"
Wie Sie schon schrieben - Die Ohne-mich-Bewegung war eine pazifistische Bewegung in der Nachkriegszeit und stand im Gegensatz zur Wiederbewaffnung.
Nannte man die Jahre nach 1945 nicht auch 'Restauration'? Und war nicht 'Revanchismus' eine straatstragende Ideologie? Aber nett, dass immer mal wieder zu erfahren ist, wie restaurativ die Fünfziger waren. Aber für zu viele hat sich das nach dem Aufschrei von 1968 leider erledigt, denn heute sind wir ja viel freier und aufgeklärter! So aufgeklärt und frei, dass sich viele in diesem Land zurück in die Fünfziger wünschen.
Das Problem: Der gemeine Pöbel, das "Volk" unterhalb der "Elite" fühlt sich seit Jahrhunderten hierzulande anscheinend ganz wohl so als Untertanenschaft ...
lieber hans, das ist scheinbar der fall. aber der schwammige begriff "volk" wurde und wird gern missbraucht. es sind, glaube ich, inzwischen ein paar leutchen mehr als die unterschicht der klassischen soziologie im widerstand, zumindest im dissens mit dem täglichen staatsversagen.
ochlo- mit einer tendenz zu deiner deutung
Den EU-Gipfel hatdie Erdogan-Versteherin Merkel als Werteversenkungsbecken missbrauchen dürfen?
liebes eichhörnchen.
nein, ratlos musst du nicht sein. es stimmt ja, was die dwn heute schreiben. mrs mörkel macht nur noch murks. und was für einen!
Zu den Putinverstehern wollen sich unsere Ochlokraten im Parlament nicht bekennen, aber zu den merkelschen Erdogan-Verstehern mitschweigend?
ja, so einfach ist das.
herzlich
helder
Doch, unser Parlament ist eine Ochlokratie!
platon hat dazu gesagt, die demokratie sei die vorstufe eben jener ochlokratie.
ich weiß aber immer noch nicht, wie siegfried lenz zur notiz dieses netten polithiebs kam. ich habe ihn nur einmal während einer lesung persönlich getroffen.
War nicht Nestbeschmutzer damals ein gängiges Schimpfwort? Ich meine mich so zu erinnern.
liebe stine,
die vokabel aus dem bereich der ornithologie sagt mehr über ihre benutzer als über die angeblichen beschmutzer. ich hab noch nie das nest gesehen. schmutz und verschmutzer umso mehr...
vielleicht oder wahrscheinlich wird berlin darum so wild umgebaut. die alten steine lasten schwer auf dem gemüt.
herzlich, helder
erst im späten nach-hinein wird klar, welche eng-führungen, welche info-korridore gezimmert wurden in der ost-west-konfrontation: es war nicht nur kalt, es war krieg.
und dann ist es nicht so schwer, sich vorzustellen, wie die misere der gegenwart entstanden ist. der schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch.. (brecht)
im westen wurden wieder-bewaffnungs-gegner als "ohne-michel" geschmäht.
das war damals schon wieder hetze für den krieg ... jetzt werden die früchte der propaganda von damals geerntet.
und es war doch das "kriegstrauma" noch ganz nah. aber nicht bei den machern.
Nannte man die Jahre nach 1945 nicht auch 'Restauration'? Und war nicht 'Revanchismus' eine straatstragende Ideologie?
ja, und abermals ja. so waren sie, die guten alten fuffziger. oder sagt man nicht: falsche fuffziger?!
Aber nett, dass immer mal wieder zu erfahren ist, wie restaurativ die Fünfziger waren.
wenn man nettist, spricht man nur von restauration. in vielerlei hinsicht ist reaktion angemessen.
Danke auch von mir für den Hinweis; Bestellung vorgemerkt.
Von den drei einsilbigen: böll, grass, lenz sind mir lediglich Böll und Grass aus eigenen Erlesen bekannt, ist Lenz also nun nachzuholen.
Letzens und nach Jahrzehnten habe ich Bölls "Ansichten eines Clowns" wieder neu gelesen, dessen nach wie vor bestehende Aktualität neu entdeckt.
Und nicht lange davor Bradburys "Fahrenheit 451" ...
Mit dem nun aufgelegten Buch von Siegfried Lenz könnte das ähnlich sein, der sich wohl abzeichnende Erfolg eine wichtige Antwort auf den aktuell, den politisch-großmedial ausgerufenen reload des kalten Krieges signalisieren.
Von den drei einsilbigen: böll, grass, lenz sind mir lediglich Böll und Grass aus eigenen Erlesen bekannt, ist Lenz also nun nachzuholen.
nach meiner kurzen bemerkung zu den drei einsilbigen darfst du mich nicht fragen, weil ich ja doch nicht neutral urteile. mir ist böll früh bekannt geworden, als er noch "haus ohne hüter" und sowas veröffentlichte. sein späteres aktuell politischeres werk habe ich eher als tv-version genossen.
grass konnte ich einfach nicht lesen. habe ein paar mal angesetzt. zwecklos. hab ihn als wahlkämpfer für die spd erlebt.
mich interessierte lenz. als er mit dem manuskript der deutschstunde auf lesetour war, habe ich ihn auch mal nah erlebt.
als junger mann hatte ich mühe, lenz' entscheidung zu verstehen, keine kinder haben zu wollen, weil er bei seiner arbeit zu wenig zeit für den nachwuchs hätte.
Schade, dass hier das eigentliche Skript des Überläufers in Siegfried Lenz gleichnamig grandios geschrieben Roman von 1951 ignoriert wird, nämlich nicht von der Deutschen Wehrmacht zum Gegner Rote Armee nur einfach überzulaufen, sondern sich selber als den einsamen Rest Deutschlands zu deuten, den es zu bergen gilt und alle Soldaten an allen Fronten hüben und drüben einlzuladen, vom Krieg zum Frieden überzulaufen,
Nicht weiter die angebliche Brüderlichkeit mit der Roten Armee als Monstranz sentimental vor sich herzutragen, wenn man, wenn der Herrenmensch niedergeworfen ist. Wehe denn, wenn er wieder aufersteht, der Herrenmensch, Das Schlangenei ist noch warm, aus dem der kroch, egal ob braun, rot, grün, gelb oder bunt. So sinngemäß siehe "Der Überlaufer", Hoffmann und Campe, Segfried Lenz, ( ab Seite 230)
Vielleicht kommt ja am Ende noch investigativ dabei heraus, dass die Veröffentlichung des Romans "Der Überkäufer" von Siegfried Lenz 1951 auch von Verlagen in der DDR aus nahezu eckungsgleichen Gründen im Kalten Krieg verweigert wurde?
Lieber helder,
kann eigentlich nur schreiben , dass ich alles richtig finde, was Du geschrieben hast. Das ist wirklich bedenkenswert. Ich glaube auch, dass es in dem von Dir beschriebenen Sinn auch heute noch viel Zensur gibt.
Herzliche Grüße
poor on ruhr
Schade, dass hier das eigentliche Skript des Überläufers in Siegfried Lenz gleichnamig grandios geschrieben Roman von 1951 ignoriert wird,
lieber jochen,
willst du damit sagen,dass du das buch schon kennst, schon selbst gelesen hast?
das kann ich noch nicht von mir behaupten. habs heute erst bestellt.
du bist sogar schon über die seite 230 hinaus? stark.
willst du nicht eine vorschau geben hier?
liebe grüße, helder
Ich glaube auch, dass es in dem von Dir beschriebenen Sinn auch heute noch viel Zensur gibt.
lieber por,
danke für deine zustimmung. solange es herrschaft gibt, ändert sich das farbenspiel nicht grundsätzlich. könnte auch sagen, sind die karten miserabel gemischt.
herzliche grüße
helder
"willst du damit sagen,dass du das buch schon kennst, schon selbst gelesen hast?"
Lieber helder,
bin noch beim Lesen, jetzt im 12. Kapitel.
Bin einerseits fasziniert, andererseits ziemlich erschlagen von der Lektüre, weil ich dunkel ahne, was an aufschlussgebender Lektüre uns Nachgeborenen über unsere Väter- , Müttergeneration vorenthalten wurde und womöglich noch immr wird.
Über die Idee einer Vorschau denke ich nach. Vielleicht aber werde ich nach der Lektüre dieses Stoffes diesen erst einmal sacken lassen.
Herzliches Tschüss aus Hamburg
Jochen
Lieber Helder, da bist Du wieder einmal auf ein eklatantes Beispiel gestoßen, wie erklärtes Verfassungsziel und Verfassungswirklichkeit auseinanderfallen. In den frühen Jahren der BRD war es noch schlimmer als heute. Allerdings, wie schlimm es heute ist, ist auch nicht leicht zu ertragen. Die Bonner Republik entwickelte sich zunächst bis zu Willy Brandt positiv, sogar so weit, daß man mit mehr Demokratie wagen die Vorgaben unserer Verfassungsväter zu überbieten versuchte. Danach kehrte sich der Prozeß um, und abgesehen von einer parallellaufenden Symptomatik weltweit kenne ich noch keine schlüssige Antwort auf die Frage, warum es so kommen mußte. Eine Erklärung wäre ein immer noch sehr starker Zusammenhang von objektiver ökonomischer Lage und Bewußtsein. Die Zeit des scheinbar möglichen ungebremsten Wachstums, des Wohlstands für alle, wobei allerdings die 2. und 3. Welt unberücksichtigt blieb, ging immer deutlicher spürbar zu Ende. Und die Diskrepanz von linken Utopien und trister Wirklichkeit, die auch eine zwischen den immer radikaleren und einsameren fortschrittlichen Kräften und der überforderten Masse war, erstickte die sachliche Auseinandersetzung. Trotzdem hat die Linke dank zeitweiliger Meinungsführerschaft Erfolge erzielt, die bis heute nicht rückbaubar waren. Aber der Wind bläst der Linken ins Gesicht.
Dieses Wechselspiel von institutioneller Festschreibung und praktischer Aushöhlung, aber auch umgekehrt einer fortschrittlichen lernenden Praxis und verknöcherten Traditionen, fesselnden institutionellen Zwängen, spielt sich ständig ab, wir sind ständig in solche Dynamik involviert. Wir müssen lernen, diese dialektischen Prozesse besser zu verstehen, um in sie zielfördernd eingreifen zu können.
Schein und Sein finden wir nicht nur in Verfassungsidee und -wirklichkeit, sondern auch in der ideologisch aufgeladenen Idee der Demokratie gegenüber der tatsächlichen Praxis. Damit komme ich zu einem zweiten Stichwort: Pöbel. Die Herrschenden haben ein ambivalentes Verhältnis zum Volk. Sie brauchen es (um es auszusaugen), müssen es mit Nettigkeiten, Opportunismus bei Laune halten, und sie verachten es zutiefst. Sie feiern (schein)demokratische Mehrheiten, sind dann gerne das Volk. Ebenso, wenn es nicht um politische, sondern um die Wahlen der Konsumenten im Markt geht, kann das Volk gar nicht blöd genug sein, um umschmeichelt, umworben zu werden und sich den Ramsch andrehen zu lassen. Jenseits dieser Sphären wird das Volk gering geschätzt und wird zur äußerst negativ konnotierten Eindeutschung des Pöbels. Ganz falsch ist das Urteil der feineren Gesellschaft nicht, es wird aber vergessen, daß die verwahrlosten und brutalisierten Teile des Volks überhaupt erst von den herrschenden Strukturen, vom Verhalten der Gebildeten zum Pöbel gemacht wurden. Die Herrschenden sind selbst verwahrlost und brutal, der Pöbel ist eine Projektion, ist die exorzierte häßliche Wahrheit hinter dem gepflegten Äußeren.
Ist es vorstellbar, dass Lenz Weimar noch so sehr nahe war, erst recht der geadelten Ochlo-Oligarchie ?
Ich habe mir die Buchbesprechung im DL angehört und den Link dazu gelesen. Mich würde eine Besprechung von einem Kritiker der Lenz-Generation sehr interessieren. Zumal die Weltkriege in den Rundfunkanstalen z. Z. Hochkonjunktur haben. Vielleicht hatte der 25j. Lenz mit dieser Erzählung versucht, sich die eigene Frage nach dem Warum zu beantworten und seine eigene Entscheidung zu verstehen.
Gute Erzählung
Gerade für Lenz-Freunde sei das Buch unbedingt zu empfehlen, sagte Magenau. "Da kann man sehen, wo er eigentlich herkommt, was ihn umgetrieben hat in dieser Zeit und was für ein wirklich toller Erzähler er ist", sagte er. "
Und ich stolpere über den Satz:" Da kann man sehen, wo er eigentlich herkommt. "
Er kam aus dem Krieg und hatte wie jeder Soldat eine bitterböse Menschheitserfahrung, die mit nichts zu überbieten ist und mit seinen 25 Jahren denke ich sehr laienhaft aber eine Sprachbegabung und Intellekt, seine Leser authentisch zu informieren. Ich werde das Buch mit einem anderen altersgemäßen Hintergrund und meiner Gesinnung als Pazifistin wohl anders lesen und verstehen als Herr Magenau. Ich habe noch den politischen Zeitgeist der Adenauerära in Erinnerung und verstehe sehr wohl, was die Desertation eines Soldaten für diesen bedeutete. Und was für ihn die Diskriminierung der Gesellschaft bedeutete, die bis in die heutige Zeit reicht, ist nicht zu vergessen. MP Filbinger, der Richter, stand/steht für dieses Kriegsrecht. Vielleicht war das der entscheidende Punkt für den Verlag, dieses Buch zu "vergessen".
Lieber Helder,
ich möchte meinen versäumten Gruß an Dich nachholen. Danke für das nachdenkenswerte, spannende Thema.
H.G.
Eichhörnchen
Danach kehrte sich der Prozeß um, und abgesehen von einer parallellaufenden Symptomatik weltweit kenne ich noch keine schlüssige Antwort auf die Frage, warum es so kommen mußte.
lieber wolfgang, dein kommentar erhöht mal wieder das mittel des spezifischen gewichts aller kommentare spürbar. danke.
dafür wäre ja auch ein göttlicher blick in die verhältnisse und ihre veränderungen vonnöten. ich habe diese wende bereits vor jahrzehnten kommen sehen, mich gewundert, dass sie erst so spät sich zeigte. das staatskonstrukt ist die eine bedingung, die parteiprogramme und ihre verfechter als oberagenten die andere. ja, und die besitzverhältnisse, die sind auch nicht so.
wenn ich sehe und höre, dass in den nachrichten des dlf nicht einmal der wetterbericht stimmt, muss ich mir den rest nicht mehr antun. die wetterlage zwischen dem nordosten und dem südwesten unterscheidet sich so offensichtlich, dass die andern regionen mal sehen müssen, was für sie noch abfällt.
will sagen, wie die nazionalmeteorologen sind auch alle andern nazionalexperten überfordert angesichts der masse an daten.
meine formel fürs land und für die ganze erde lautet seit jahren "wahn und gewalt". mit dem wahn ist die ideologie und die historie gemeint, die zum wahn wesentliches beiträgt.
wenn abgesehen von den fakten des gewöhnlichen raubs ich an das unbewusste denke, das nach freud stärker ist als die ratio, wenn ich dann meine erfahrungen und erlebnisse mit dem raben, den ich anderthalb jahre in pflege hatte, vergleiche mit dem allzu menschlichen verhalten, sehe ich schreckliche parallelen, etwa in der angst vor neuem und fremden. vergesse nicht die worte des wdr-korrespondenten in london, der über seine kinder sagte, sie seien stockkonservativ. sie wollten, dass alles so bliebe, wie sie es kannten. das ist tierisch oder rabisch. die lernfähigkeit hält da einfach nicht mit.
meine sicht auf die verhältnisse war von anfang an durch platons kritik an demokratie und polis geprägt. mir leuchtete sofort ein, dass die inkompetenz und das unbewusste die gesellschaft wie ein winziges boot in rauher see aussehen lassen. vergesse nicht, dass willy brandt den radikalen-erlass unterschrieb.
und denke an den ökonomen schumacher mit seinem slogan: "small is beautiful". die undurchsichtigkeit und das künstliche chaos machen die aussichten ja nicht besser.
kurz, ich erwartete immer nur, dass die brd nichts gutes bringen könnte, weil hier nicht nur unter den talaren der muff von 1000 jahren wabert und weil die aufklärung hier nie eine chance hatte. aufklärung im französischen sinn.
was die sogenannten (ver)leitmedien gerade bieten, kann nicht mit einfachen bordmitteln repariert werden.
wir haben es, so mein eindruck, mit zweierlei pack zu tun, an der spitze und an der basis. von wegen ochlokratie.
die globale lage macht es nicht einfacher.
Danach kehrte sich der Prozeß um, und abgesehen von einer parallellaufenden Symptomatik weltweit kenne ich noch keine schlüssige Antwort auf die Frage, warum es so kommen mußte.
Ein nicht unwichtiger Faktor für die Einschüchterung und Resignation dürfte der Radikalenerlass sein. Die Berufsverbote und Aktivitäten des Verfassungsschutzes hielten eine große Anzahl von jungen Menschen von politischer Betätigung ab, um die berufliche Existenz nicht zu gefährden.
Im entsprechenden Themenportal gibt es folgende Auskunft allein zu den bekannten Überprüfungsfällen:
Wie viele Betroffene gab es? Die genauesten, am gründlichsten belegten Zahlen enthält nach unserer Kenntnis das 1990 in den USA und dann 1992 auf Deutsch erschienene Buch Politische Loyalität und Öffentlicher Dienst des amerikanischen Professors Gerard Braunthal (siehe unten in der Bibliografie) auf S. 63-65 der deutschen Ausgabe bzw. S. 47/48 der amerikanischen Originalausgabe. Doch es gab wohl eine hohe Dunkelziffer. So gab es beispielsweise - laut Braunthals Quellen - in Baden-Württemberg 70.000 „Sicherheitsüberprüfungen“, 487 „negative Akten“ und 50 „Entlassungen“. Doch im baden-württembergischen Hauptstaatsarchiv lagern laut Stuttgarter Zeitung (pdf) und Schwäbischer Zeitung (Ravensburg) (pdf) aus dem Bestand des Innenministeriums (1967-2001) Akten der Kategorie „Politische Betätigung von Beamten“, Untertitel: „Überprüfung der Verfassungstreue“ mit 2000 Namen. In Bremen gab es laut Braunthals Quelle 1973-75 421 "negative Akten" und 15 Ablehnungen. Tatsächlich gefunden wurden bei der Aufarbeitung in diesem Bundesland 2012/13 noch 63 Dossiers, die 27 Ablehnungen beinhalten. Da könnte also im Lauf der Jahrzehnte einiges geschreddert worden sein ...
http://www.berufsverbote.de/index.php/Radikalenerlass.html
liebes eichhörnchen,
kann leider noch nichts entschiedenes zum buch und seinem inhalt sagen, viel weniger zur situation, in der lenz es geschrieben hat.
mir reichte es, zu hören, dass so ein titel von diesem autor in die schublade abgeschoben wurde. ich kenne die zeit auch nur aus meiner jungenperspektive. was dkp-verbot bedeutet, habe ich in der nachbarschaft gesehen.
was lektorate und verlage anrichten können, ist nicht so neu.
herzliche grüße, helder
Ein nicht unwichtiger Faktor für die Einschüchterung und Resignation dürfte der Radikalenerlass sein.
danke, liebe stine, für diese antwort. den radikalenerlass sehe ich genauso. es war die antwort des establishments auf die revolte.
und unterschrieben hat willi brandt das papier. der angebliche hoffnungsträger... stand jemand mit der knarre hinter ihm, als er und damit er unterschrieb? oder wie war das?
Zur Entstehung der Berufsverbote hat der Historiker Dominik Rigoll recherchiert. Diesen Artikel zu seinem Buch fand ich ganz interessant.
http://www.zeit.de/2013/29/berufsverbote-radikalenerlass-1972/komplettansicht
Liebe Stine, Berufsverbote waren mit Sicherheit eine wirkungsvolle Haßantwort der provozierten Macht. Sie erklären aber kaum die Restauration, man bedenke, daß anfangs die Obrigkeit noch berittene Polizei gegen die Demonstranten losschickte, ohne den Protest eindämmen zu können, im Gegenteil. Und die Restauration fand auch in den Ländern ohne Berufsverbote statt. Daher schließe ich auf allgemeinere kulturelle oder entwicklungslogische Gründe, ohne zu einem belastbaren Ergebnis zu kommen.
Danach kehrte sich der Prozeß um, und abgesehen von einer parallellaufenden Symptomatik weltweit kenne ich noch keine schlüssige Antwort auf die Frage, warum es so kommen mußte.
ich setze noch einmal an, lieber wolfgang, weil mir nicht genügt, was ich dazu schrieb (wenns auch nicht wenig war).
ich sehe es ganz anders, als du es in deiner frage ausdrückst. es geht dir darum, was die erfreuliche entwicklung umkehrte.
ich sehe es so, dass die teilweise gute entwicklung in teilen der brd und der westlichen welt gar nicht so umfassend war und auch nicht so eindeutig. sozusagen ein heller schein, der wieder aus dem raum verschwand. warum es dazu kam, ist unbekannt. man könnte sich an kant erinnern und seine bemerkung, dass die kriegtreibenden staaten nach einem heftigen schlagabtausch wie boxer in den seilen hängen und des kämpfens müde. erholung ist dann fällig. auch kommen andere stimmen zu wort als vor und während der schlachten. dieses kleine ungleichgewicht zugunsten dessen, was gemeinhin frieden genannt wird, das kant aber realitätsnah als waffenstillstand bezeichnete.
diese stimmung, dass es nun endlich aufwärts gehen müsse, die kann eine weile anhalten, aber nicht lange. als die wiederbewaffnung der brd begann, kehrte sich das blatt. und als hierzulande des öfteren das wort normalität bemüht wurde, war es bereits vorbei. da war die waage bereits aus der balance, sie neigte sich wieder zum krieg, zur zerstörung, zum unfrieden.
wie oberflächlich und bloßer schein die gute stimmung einiger war, wie hohl die hochstimmung, zeigte nicht nur das braunbuch, das in der ddr beizeiten aufzeigte, wie die tide im westen kippte.
ich kann aber auch ganz anders ansetzen, um dann doch zum gleichen unhappy end zu kommen.
nach knapp acht jahrzehnten unter menschen habe ich sehr viel verständnis für diogenes mit der lampe auf dem markt von athen. überhaupt zeigt diogenes viel klarer als der gefeierte platon, was die alten griechen drauf hatten. er war das kontrastmittel, das die athenische gesellschaft so nackt vorführte wie andersen den kaiser. der krieg war der vater aller dinge damals.
ich verstehe nicht, wie die sogenannten deutschen klassiker wie goethe den ewigen krieg und unfrieden nicht sahen, den schönen schein nicht durchschauten. überlieferung gab es doch genug.
für mich ist der beste beweis der verkommenheit des systems immer noch milgram, der selbst sagte, die gesellschaftlichen verhältnisse seien viel härter als die bedingungen der vp im versuch. also würden, sagte er voraus, in der realität noch viel mehr unbescholtene bürger zu mördern und folterern als im experiment. die konstruktion der gesellschaft ist so, dass wir von glück sagen können, wenn es nicht an allen enden der welt so zugeht wie jetzt in syrien.
kurz, ich erwarte keine besserung, sondern wundere mich jeden tag, an dem das system noch nicht explodiert und out of joint ist.
mit diesem wort von shakespeare erinnere ich an die zustände, die im hamlet die historische kulisse bilden. der autor des stücks deutet die weltlage nur an, und man könnte meinen, das müsse er tun, um den gehalt des stücks abzurunden. zu ergänzen. das fasse ich aber nicht so auf. ich sehe vielmehr den seitenblick auf die hastige aufrüstung in diesem und jenem land als realismus. die menschheitsgeschichte ist sozusagen falsch eingefädelt worden. damit es gut werden könnte, müsste das ganze noch mal zurückgedreht und neu, aber anders beginnen.
da geht es um das, was ich die distanzrelation nenne. mensch sieht nicht nur weniger bis gar nichts mit zunehmender distanz. mensch empfindet auch weniger bis nichts. daher die drohnen als späte nachfahren der der ersten fernwaffen in form von speeren und pfeil und bogen. die perspektivische beschränktheit lässt die perspektive für die menschheit ungut erscheinen.
Hi! Hier ist die Vorschau un Rezension:
https://www.freitag.de/autoren/joachim-petrick/klick-klick-macht-das-mg-oder-die-klicke
JOACHIM PETRICK 10.03.2016 | 23:36
Klick, Klick macht das MG, oder die Klicke
Der Überläufer Vorschau und Rezension:Siegfried Lenz: Der Überläufer. Roman. Hoffmann und Campe. 370 Seiten, 25 Euro..Für Walter Proska wird klar, Schuld liegt auf allen Seiten
Lieber Helder, ein bißchen kommt mir unsere Differenz wie das halbleere und das halbvolle Glas vor (ging auch schon mit Aussie so). Ich kann sehr wohl Deine Perspektive nachvollziehen. Tatsächlich denke ich vielleicht etwas positiv-lastig, die Motivation dazu kann ich allerdings begründen, aber recht eigentlich stehen bei mir die Gleichgewichte im Zentrum. Also: es gibt zwar einseitige, „monistische“ Impulse, denen das Gegenstück des inversen Impulses fehlt. Dennoch möchte ich unterstellen, einfach weil es erfolgreicher ist, sich daher evolutiv durchsetzt, daß die übliche Steuerung des Verhaltens durch Paare komplementärer Impulse erfolgt.
Daher stelle ich, wenn es um unsere tierische Natur geht, dem Egoismus den Altruismus oder umgekehrt gegenüber, dem Angriff die Flucht, der Spannung die Entspannung, usw. Wir wollen ja beides, siegen (dominant sein) und geliebt werden (geborgen sein). Sogar die Du Machtkranke nennst wollen das. Nur daß sie sich das eine meinen kaufen zu können und darum ungehemmt und lustvoll nur noch das „kriegerische“ Ziel verfolgen. Nein,ich korrigiere mich, das nur noch ist schon übertrieben, Hitler liebte auch seinen Hund (oder seine Eva). Anzumerken wäre, daß aufgrund der biologischen Arbeitsteilung hauptsächlich hormonell das Gleichgewicht zwischen aggressivem und fürsorglichem Verhalten bei Frauen, den potentiellen Müttern, in die Richtung des letzteren verschoben ist. So wäre es möglich und wünschenswert, das Patriarchat durch das Matriarchat zu ersetzen, gegen den Willen der Männer ist das jedoch nicht durchsetzbar.
Was Du beschreibst, ist insofern richtig. Es gibt ein Gleichgewicht, das artet mal in Krieg, mal in Frieden aus. An diesem (Gleichgewichts-)Punkt (Waffenstillstand) besteht unsere Differenz darin, daß Du anklagst, wo ich mit der Schulter zucke. Der Mensch ist, wie er ist. Das kann man eigentlich nicht beklagen, das wäre wie wenn die Drohne sich beschwerte, keine Arbeitsbiene zu sein. Davon müssen wir ausgehen. Wir Linken sind an der Entwicklung (natürlich zum Besseren) interessiert, aber wir dürfen nicht die starke Konstanz in der menschlichen Natur ignorieren. Es ist also unter Umständen nicht falsch, in der Friedensbereitschaft nur eine temporäre Variation zu sehen. Doch das ist keineswegs alles. Der Mensch ist ein seine Natur modifizierender. Er lernt. Er kann den Gleichgewichtspunkt verschieben. Dabei ist das Verschieben kein rein voluntaristischer Akt, sondern ein komplizierter dialektischer Prozeß, im Zusammenhang mit den sich verändernden Lebensbedingungen. Als Materialisten müssen wir fragen, was wir tun können, damit er sein Gleichgewicht näher bei der Solidarität, mehr im Konstruktiven sucht. Das ist ein sehr, sehr schneckenhafter, quälend langsamer Fortschritt (mit unvermeidlichen Rückschritten). Der stärkste Motor zur humanistischen Zivilisation ist für mich und, wenn Du über Deinen pessimistischen Schatten springst, doch auch für Dich die Bildung (Du würdest sagen: nicht nur des Wissens, sondern auch des Gewissens, und ich würde zwar anders formulieren, aber in der Sache nicht widersprechen).
lieber wolfgang,
habe deinen kommentar zweimal gelesen, weil er mir gefällt. wollte aber über diesen gleichgewichtspunkt hinausgelangen. das war auch im zweiten durchgang möglich.
wenn ich gleichgewicht höre/lese, denke ich an die situation, in der ich das große gleichgewicht erlebte. es war am strand, do das meer wie eine übermacht anbrandet, aber keinen zentimeter an boden gewinnt. das gleichgewicht der kräfte verhinderts.
Was Du beschreibst, ist insofern richtig. Es gibt ein Gleichgewicht, das artet mal in Krieg, mal in Frieden aus. An diesem (Gleichgewichts-)Punkt (Waffenstillstand) besteht unsere Differenz darin, daß Du anklagst, wo ich mit der Schulter zucke.
sobald du das gleichgewicht in der natur überträgst auf zustände der gesellschaft oder auch des menschlichen verhaltens, kann ich nicht folgen. ein gleichgewicht, das mal in krieg und mal in frieden "ausartet", kenne ich nicht. aber schön, ich darf den blick nicht zu sehr auf die gegenwart und die in schulbüchern verkehrte geschichte lenken. wenn ich die vielen jahrtausende und die hoffentlich noch folgenden in betracht ziehe, ist dein bild vom großen gleichgewicht aufs ganze gesehen womöglich zutreffend. das weiß ich nicht.
nur ein in frieden ausartendes gleichgewicht muss ich lehrerisch ankreiden. und das naturprodukt mann kann ich nicht gelten lassen, wenn es weniger mensch ist als frau. das ungehobelte soll keinen passierschein kriegen.
ich muss keinen weltrekord im springen aufstellen, um meinen pessimismus zu überspringen. ich bin nämlich ein optimist im grunde meiner seele. nur hindern mich die widerlichen fakten, meinem angeborenen optimismus freien lauf zu lassen.
du siehst natürlich auch, dass die einzige supermacht nicht gerade anlass zu fröhlicher zuversicht gibt. und du siehst wie ich, dass die fortschritte in der waffentechnik und aufrüstung nicht sehr viel spielraum lassen für beflügelnde aussichten. und dann, fällt mir jetzt wieder, hast du kein wort verloren über die großen hebelarme der machtkranken in politik und wirtschaft. was ich als historisch bedrohliches phänomen die distanzrelation nenne.
milgram hat nun mal vorgeführt, welche folgen das hat, unabhängig vom wollen und können der beteiligten. was für die ahnen vor 10 000 jahren pfeil und bogen waren, sind jetzt raketen und drohnen. eine glatte überforderung des menschlichen potenzials. da artet nichts mehr in frieden aus. krieg ist ewig. und allgegenwärtig;-)
wenn du auf harmonie und gleichgewicht machst, muss ich ja zwangsläufig einen schrillen zug machen... im unendlichen wird daraus dann wieder etwas gleichgewichtiges.
Es ist ganz offensichtlich, lieber Helder, daß wir beide uns vergeblich bemühen, dem jeweils anderen die rosarote oder graue Brille von den Augen zu nehmen. Solange wir im Grunde das Gleiche sehen, ob beschönigt oder dramatisiert, können wir das so nebeneinander stehen lassen.
sobald du das gleichgewicht in der natur überträgst auf zustände der gesellschaft oder auch des menschlichen verhaltens, kann ich nicht folgen.
Da der Mensch Natur- und Kulturwesen ist, übertrage ich nicht das Gleichgewicht in der Natur auf gesellschaftliche Zustände, sondern es ist Teil, ein Aspekt derselben.
nur ein in frieden ausartendes gleichgewicht muss ich lehrerisch ankreiden. und das naturprodukt mann kann ich nicht gelten lassen, wenn es weniger mensch ist als frau.
Da allerdings muß der Herr Lehrer nachsitzen: 1. meinte ich sogar, Dich korrekt wiederzugeben mit dem Bild vom Gleichgewichtszustand, der nicht mehr Krieg und noch nicht Frieden ist, ein kalter Krieg/Frieden (Waffenstillstand) als Normalzustand, in dem sich Friedenssehnsucht und Kriegslust die Waage halten, von dem dann zeitweilig zum mörderisch-heißen Krieg oder zu einem ernst gemeinten Frieden abgewichen wird. 2. Ich rede nicht von weniger Mensch. Mann (ungehobelt, unsensibel) und Frau (zänkisch, heimtückisch) sind genetisch und hormonell unterschiedlich gesteuerte (ansonsten gleichermaßen) Menschenwesen (was die Kultur mit Leichtigkeit überformen kann). Oder willst Du geschlechtsspezifisch signifikante statistische Unterschiede im Charakter leugnen?
Da allerdings muß der Herr Lehrer nachsitzen: 1. meinte ich sogar, Dich korrekt wiederzugeben mit dem Bild vom Gleichgewichtszustand, der nicht mehr Krieg und noch nicht Frieden ist, ein kalter Krieg/Frieden (Waffenstillstand) als Normalzustand, in dem sich Friedenssehnsucht und Kriegslust die Waage halten, von dem dann zeitweilig zum mörderisch-heißen Krieg oder zu einem ernst gemeinten Frieden abgewichen wird.
lieber wolfgang,
und was ist, wenn der pauker oder pädagoge sich weigert nachzusitzen, weil er dieses sogenannte gleichgewicht nirgendwo sieht?
ich sehe überall das wahnsinnige ungleichgewicht oder mit shakespeare zu reden: the time is out of joint. es genügt, die nachrichten von heute als momentaufnahme zu wählen. ein pilot reißt 150 passagiere in den tod. in ankara reißt eine autobombe über 30 menschen in den tod. an der elfenbeinküste fallen 15 (?) menschen dem anschlag einer islamistenbande zum opfer. bei den landtagswahlen hierzulande sind populistische und rechte parteien die eigentlichen gewinner. wieviel menschen in europa auf den straßen umkommen, wird nie gemeldet. nur die staus sind es wert, in die hauptnachrichten zu kommen, wenn auch als anhängsel.
wo ist das gleichgewicht in dieser gegenwart? ich seh es nicht. was mir als jungem mann wie eine große balance erschien, das waren naturerscheinungen wie meer und insel, tag und nacht, fliehkraft und schwerkraft usw.
ich sehe die menschheit auf der schiefen ebene. da gibt es kein halten mehr. wenn ich nicht mental im gleichgewicht wäre, könnte ich so einen satz wie den letzten nicht ruhig hinschreiben, ich müsste ihn laut, sehr laut hinausschreien. ein satz für expressionistische bühne.
und was die charaktere von männlein und weiblein betrifft, bin ich mir nicht sicher, wie das urteil ausfiele, wenn ich tausende muster kennen würde und dann den durchschnitt ermitteln wollte. kann ich nicht, will ich nicht.
Na gut, dann mache ich mal eine Bemerkung, die Deine Sicht eher unterstützt. Ob sie Dir gefällt, ist eine andere Frage.
Im Tierreich kann man zwei Strategietypen ausmachen, das Überleben der Art zu sichern, die quantitative und die qualitative. Die erstgenannte bedeutet, soviel wie möglich Nachkommen zu zeugen, um die Chance zu erhöhen, daß einige Exemplare die Reife erreichen und sich erneut fortpflanzen. Die qualitative besteht darin, den Nachwuchs so stark zu machen, daß jedes Exemplar große Chancen hat, die Reife zu erreichen. Das sind die biologischen Programme. Die Kulturentwicklung, Zivilisation, muß man als tendenziellen Übergang zur qualitativen Methode betrachten, in der jeder Einzelne zählt. Hinzu kommt, daß die qualitative Steigerung für die Menschen nicht in der biologischen Funktion aufgeht, sondern einen hohen Eigenwert darstellt. Viele geschichtliche Veränderungen können in diese Perspektive eingeordnet werden. Jedoch ein wirklicher zivilisatorischer Durchbruch, da gebe ich Dir recht, ist noch nicht passiert.
Andrerseits kann ich die schiefe Ebene, die Du siehst, trotz der von Dir herausgestellten Kriegs-, Verkehrs-, Wohlstandsverwahrlosungs- und Elendstoten nicht erkennen, denn im biologischen Sinn ist der Mensch ja immer noch erfolgreich, die Geburtenrate größer als die Todesrate, die quantitative Strategie weiterhin erfolgreich. Aber der Einzelne zählt nach wie vor wenig. Manche wünschen ja, ganz schön absurd, eine Kriegs- oder Naturkatastrophe geradezu herbei, damit ein Neustart mit einer Kleinpopulation möglich wird. Warum sollte es danach besser laufen? Weil wir nur aus Katastrophen lernen? Ich bin dafür, unser Denken vor der Katastrophe einzuschalten.
Ich bin dafür, unser Denken vor der Katastrophe einzuschalten.
hm, lieber wolfgang, die possesiva haben es oft in sich. meinst du etwa uns beiden? das kann ich mir nicht vorstellen? meinst du aber uns und alle anderen homines sapientes? das reimt sich meines erachtens ebenso wenig. warum dann gebrauchst du das possessivum?oder sollte ich mich nicht án einem wörtchen festbeißen?
der nächste knackpunkt: denn im biologischen Sinn ist der Mensch ja immer noch erfolgreich, die Geburtenrate größer als die Todesrate, die quantitative Strategie weiterhin erfolgreich.
ich fürchte, die biologische rettung, ehrenrettung der spezies ist auch so ein knaller wie der verzweifelte versuch, den menschen durch rassismus oder nazionalismus selbstwertgefühle einzuimpfen. sobald die biologie eine sonderrolle spielen soll, geht das schief. kurz, biologisch ist der mensch nicht zu retten. schon gar nicht quantitativ. die hilfskonstruktionen der majestät und der majorität sind schon gescheitert, ehe sie etabliert waren. edel sei der mensch... des herren göthe. na, schön, er wusste es nicht besser, und er wollte es nicht besser.
aber es ist sehr aufschlussreich, wenn jemand sein menschenbild zu erkennen gibt, vor allem, wenn dieses vom gesellschaftsbild ergänzt wird. aber ich gebe zu, dass die rkk es nicht anders versucht als die staatsregierungen, den bestand (ihrer macht)zu sichern durch die quantitäten. einerseits durch verhinderung der verhütung, andererseits durch finanzielle anreize zu vermehrung.
Im Tierreich kann man zwei Strategietypen ausmachen, das Überleben der Art zu sichern, die quantitative und die qualitative.
man kann die biologie so verstehen, muss man aber nicht. denn die arten, die über die große zahl zu überleben "hoffen", tun das ja gerade nicht bewusst. es ist eine feststellbare sache.
genauso bei den starken. es steckt keine absicht dahinter. beide "strategien" sind schlicht evolutionsresultate.
beim menschen kann es nicht darum gehen, riesen zu zeugen. die menschlein finden zu viele größere und stärkere spezies, dass die strategie eine erfolglose wäre.
nein, ich sehe das so, dass menschen in den vergangenen jahrtausenden bewusst oder instinktiv eine relative sicherheit gefunden und gesucht haben in der gesellschaftspyramide. in den höheren stockwerken der gesellschaft ist das leben und überleben leichter. macht und reichtum sind in den märchen die ersehnten positionen - innerhalb der derselben art. das ist m.e. keine biologische strategie, sondern eher eine soziologische oder soziale. ersatzweise ist das gesammelte ansehen auch eine art drachenblutanzug. kann lebensretten wirken, wie bertrand russell in seiner autobiographie schreibt. er war umzingelt von aufgebrachten leuten, die auch knüppel und ähnliche einfache waffen trugen, und die atmosphäre war hasserfüllt, so dass die härtesten frontleute sich den einen ollen anführer vorknüpfen wollten. zum glück wendete ein rufer das blatt. er rief laut und deutlich, der mann da sei ein englischer lord. und die kämpfer ließen augenblicklich die knüppel sinken. very british.
so sorry, lieber wolfgang, dass ich immer was zu mäkeln finde...
wo du doch etwas vorbringen wolltest, das meine weltsicht mal unterstützt, so dass übereinstimmung angesagt wäre.
vielleicht handelt es sich aber ursächlich um ein generation gap, wenn ich mal mit dem alter zu kokettieren wagen dürfte.
Es ist immer wieder sehr unterhaltsam, mit Dir die geistigen Klingen zu kreuzen. Trotzdem breche ich hier meinerseits ab, weil ich ein schlechtes Gewissen habe, dieses allgemeine Forum zu unserem Privatvergnügen zu mißbrauchen. Man möge diesen Kommentar um eine Position zurückdatieren, denn ich möchte Dir das schöne Schlußwort lassen, auch wenn die Alterspyramide wieder nur ein quantitatives Argument ist (wenn's überhaupt stimmt).
Es ist immer wieder sehr unterhaltsam, mit Dir die geistigen Klingen zu kreuzen. Trotzdem breche ich hier meinerseits ab, weil ich ein schlechtes Gewissen habe, dieses allgemeine Forum zu unserem Privatvergnügen zu mißbrauchen.
wolfgang, danke für die blumen, in denen du aber einen widerspruch versteckt hast. du vergaßest, dass dieses allgemeine forum zugleich eine arena ist für mitleser. keine privatbühne für privates. seit dem internet ist das private öffentlich, sagen die experten, die es wissen müssen.
und wie viele romanpassagen und bühnenstücke leben von der dialogszenerie. von platon gar nicht zu reden.