das phänomen ist nicht neu. tucholsky fand seinerzeit schon, dass gewisse leutchen einen vornehmen genitiv spazieren führten.
der sprachbeobachter sebastian sick bringt die entgegengesetzte tendenz im titel seines bestsellers: Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod. these und beleg in eins: der 3. fall [grundschuldeutsch] im sprachlichen flachland ersetzt des öfteren den 2. fall. beispiel: wegen dem regen [fiel der spaziergang aus].
zum glück gibt es aus dem sprachlichen hochland die entgegengesetzte tendenz, den genitiv an stellen im wortgefüge, wo man ihn gar nicht vermuten möchte.
so blendete die tagesschau gestern ein wort des ministers der verteidigung ein, der sich gegen vorwürfe verteidigte. dabei glaube ich die phrase gehört zu haben: "entgegen anderslautender berichte ..."
wenn das man kein vornehmer genitiv ist! das wort des adeligen ministers in der tagesschau!
die redaktion hatte die einblendung wohl ganz in ordnung gefunden.
denn der edelmann kämpft nicht allein auf verlorenem posten, umzingelt von lauter lauten dativ-fans. nein, nein. so ist das nicht. der genitiv hat durchaus mächtige verteidiger.
so las ich vor einiger zeit den mutigen spruch aus dem munde eines professors, der anhub: "Entgegen des offiziellen Selbstverständnisses ...", und im nämlichen text erkühnte sich der seine akademischen titel vor sich hertragende mann zu der fügung: "Entgegen des dramatisierend wirkenden Titels ..."
gegen soviel hochsprachliche genitivstilparaden macht die flachsprachliche vorliebe für den dativ keine gute figur.
wenn du genau hinhörst, wirst du ohrenzeuge/in beim spannenden kampf zwischen genitiv und dativ, der überall unverhofft ausbricht. früher oder später wirst du in das geschehen hineingezogen und musst partei ergreifen oder die flucht.
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