Ein Kontrakt hatte gewöhnlich eine Laufzeit von 5 Jahren. Danach stand es den Sklaven auf Zeit frei, entweder unentgeltlich in ihre Heimat zurückzukehren oder aber in Natal zu bleiben. Viele machten Gebrauch vom Bleiberecht, und nicht wenige brachten es, besonders als Geschäftsleute, zu beachtlichem Wohlstand.
Mohandas Gandhi kam auf dem gleichen Seeweg nach Südafrika, aber er kam als Rechtsbeistand im Auftrag des indischen Unternehmens Abdulla & Co.
Der 24-jährige Anwalt ohne eigene Praxis hatte das Angebot, für Abdulla in Südafrika tätig zu werden, sofort angenommen, obwohl seine Bezahlung unter dem Satz eines Anwalts lag.
Es hielt den jungen Gandhi nichts in Rajkot, seinem Heimatort in der Küstenprovinz Kathiawar. Vielmehr war er froh, weggehen zu können, genauso froh wie 5 Jahre zuvor, als er nach Europa ging, um dort in England zu studieren.
Erwartungsvoll stand er an Deck, als der Dampfer in den Hafen von Durban einlief. Unter den übrigen Passagieren sah er eher europäisch aus in seinen blankgeputzten Schuhen und dem englischen Anzug mit weißem Stehkragen und Krawatte. Den Look hatte er sich gleich zu Anfang des Aufenthalts in London zu eigen gemacht. Offenbar gefiel ihm die britische Tracht besser als die indische.
Das Handelshaus Abdulla war in einen langwierigen Prozess gegen ein anderes indisches Unternehmen in Südafrika verwickelt. Für die Dauer des Rechtsstreits - man schätzte noch 1 Jahr - sollte Gandhi in der britischen Kapkolonie bleiben.
Gleich ein paar Tage nach seiner Ankunft in Natal hatte er in der Rechtssache in Pretoria zu tun, der Hauptstadt der benachbarten Burenrepublik Transvaal. Für die etwa 600 km lange Reise hatte die Firma mit einer Bahnfahrkarte 1. Klasse vorgesorgt. Außerdem war ihm geraten worden, eine Schlafwagenkarte zu lösen; zum einen, weil der Zug abends abfuhr, zum anderen, weil es öfter Ärger mit Europäern gab, die nicht mit einem Kuli im selben Abteil reisen wollten.
Vielen Europäern war nämlich der technische Fortschritt und die damit einhergehende Waffenüberlegenheit zu Kopfe gestiegen. Beim Versuch, ihre Weltherrschaft zu rechtfertigen, blähten sie den immer schon dümmlichen Dünkel Einzelner zum Nationalstolz eines ganzen Landes auf; und auf diesem Abweg verstiegen sie sich dann noch ein Stück höher zu der fixen Idee von der Überlegenheit und dem Vorrecht der Bleichgesichter.
Gandhi empfand sich als Bürger des britischen Weltreichs und meinte, auf die Bettkarte verzichten zu können. Er setzte sich in ein leeres Abteil 1. Klasse. In Maritzburg, der Hauptstadt Natals, hält der Zug und ein Europäer wirft einen Blick ins Abteil. Er entdeckt den Kuli und verschwindet wieder, um einen Moment darauf mit dem Schaffner zurückzukommen.
Die zwei Weißen stehen da und starren Gandhi wortlos an, bis wenig später noch ein zweiter Schaffner erscheint, der dem indischen Fahrgast unumwunden erklärt, er müsse das Abteil sofort verlassen; er gehöre in den Gepäckwagen.
Gandhi indes bleibt sitzen und zeigt seine Fahrkarte. Aber das macht auf die Drei überhaupt keinen Eindruck. Der eine Schaffner wiederholt nur drohend seine Aufforderung. Als auch das nicht hilft, ruft man die Polizei. Die fackelt nicht lange, packt den Fahrgast 1. Klasse beim Arm und zerrt ihn auf den Bahnsteig.
Gandhi weiß sich immer noch im Recht, aber er weiß auch, dass er machtlos ist. Die einzig mögliche Gegenwehr ist die Verweigerung. Er steigt nicht in den ihm angewiesenen Gepäckwagen. Er lässt den Zug einfach abdampfen und hat viel Zeit zum Nachdenken. Der nächste Zug fährt erst in 24 Stunden. Gandhi überlegt allen Ernstes, ob er seine Mission in Südafrika unter diesen Umständen nicht sogleich aufgeben soll. Doch was erwartet ihn in Indien? Wird man ihn dort nicht endgültig für einen Versager halten?
Er hat wieder die Gerichtsszene in Bombay vor Augen. Er versuchte sich erstmals als Anwalt. Als er an der Reihe war, sein Plädoyer zu halten, verschlug es ihm die Sprache. Kein Wort brachte er heraus. Mitten in der Verhandlung musste er den Fall an einen Kollegen abgeben.
Nach dem Reinfall war ihm nichts anderes übriggeblieben, als den Schriftkram zu erledigen, den sein Bruder für ihn abzweigte, damit er wenigstens etwas zum gemeinsamen Haushalt beitrug.
In diese bedrückend engen Verhältnisse, die durch die Erinnerung an seine Ehe auch nicht aufgehellt wurden, sollte er zurück? Nicht zu vergessen die religiösen Kleinkrämer seiner Kaste, die ihn schon wegen des Studiums in England ausgestoßen hatten.
Nein, er brauchte keine lange Bedenkzeit, um zu dem Schluss zu kommen, dass sein Platz in der britischen Kolonie am Kap der guten Hoffnung war.
Am folgenden Tag löste er eine Schlafwagenkarte und erreichte ohne die geringsten Unannehmlichkeiten den Grenzbahnhof Charlestown. Dort endete damals die Eisenbahnlinie. Für die Weiterfahrt hieß das: umsteigen in eine Postkutsche. Das unausweichliche Zusammenrücken der Reisenden barg neuen Konfliktstoff, zumal im Burenland Transvaal. Das fing schon gleich gut an:
Der Schaffner lehnt es rundweg ab, den Kuli mitzunehmen, weil angeblich etwas mit der Fahrkarte nicht stimmt.
Doch so leicht lässt sich dieser Kuli nicht abwimmeln. Er sagt dem Mann ein paar passende Worte und darf endlich doch mit, muss aber draußen neben dem Kutscher sitzen.
Gandhi akzeptiert, obschon es eine Zumutung ist. Mit seiner Karte hat er Anspruch auf einen Platz im Innern des Wagens.
Doch nach dem verlorenen Tag in Maritzburg will er jetzt erst einmal weiter. Der Klügere gibt nach, und die Kutsche rollt.
Nach einigen Stunden fällt dem Schaffner plötzlich ein, dass er selbst auf dem Bock sitzen will, den er Gandhi zugewiesen hat, nicht etwa, um die Plätze zu tauschen, sodass Gandhi den Komfort bekäme, der ihm zusteht. Nein, der Schaffner hat sich was Besseres ausgedacht. Der Kuli soll bitteschön mit dem Trittbrett vor dem Kutschbock vorliebnehmen.
Die Herabsetzung in des Wortes doppelter Bedeutung will Gandhi sich nicht bieten lassen. Er protestiert entschieden, wenn auch zitternd, denn er ahnt, wozu der Postschaffner fähig ist. Und richtig, der Kerl packt den seiner Meinung nach ungehörigen Kuli, um ihn gewaltsam vom Kutschbock zu ziehen. Gandhi wehrt sich, indem er sich mit aller Kraft an den Sitz klammert. Darauf schimpft und schlägt der andere auf ihn ein, bis die Mitreisenden es nicht mehr mit ansehen können und sich einmischen.
Der Einspruch der anderen Fahrgäste zwingt den Burenknecht zum Einlenken. Murrend lässt er von seinem Opfer ab, sucht sich aber gleich ein neues. Der auf der anderen Seite neben dem Kutscher sitzende "Kaffernboy" soll Platz machen, aber schnell. Und der Afrikaner, an vielerlei Erniedrigung und Misshandlung gewöhnt, gehorcht und setzt sich auf das Fußbrett.
Das war vor rund 100 Jahren und ist noch heute, Jahre nach dem Ende der Apartheid, ein Stück Alltag in Südafrika.
Der Kampf auf der Kutsche ist ein Bilderbuchbeispiel, das zeigt, wie das Unrecht zu überwinden ist. Gandhi jedenfalls muss unter aller Beleidigung und Unmenschlichkeit seinen Triumph, seinen Weg geahnt haben, muss wenigstens einen Bruchteil jener Kraft gespürt haben, die stärker ist als alle Gewalt.
Kaum in Pretoria angelangt, hat er, anders als in Bombay, jetzt den Mumm, eine Versammlung der Inder dort einzuberufen und seine erste öffentliche Rede zu halten. Er schließt mit dem Vorschlag, eine Gesellschaft zum Schutz der Inder in Südafrika zu gründen.
Der Beifall und die freundliche Aufnahme, die er bei seinen Landsleuten fand, bestärkten Gandhi in seinem Aufbruch.
Die besondere Situation der indischen Minderheit war genau das richtige Milieu, das er zu seiner Entfaltung brauchte. Den Unterschied zu Indien sah und fühlte er so klar, dass er nur mit Unbehagen an die Rückkehr dachte. Aber viel Zeit hatte er für derlei Gedanken nicht. Er nutzte das Jahr, um sich gründlich in die Gerichtspraxis einzuarbeiten; doch verfolgte er auch aufmerksam die politischen Vorgänge im Lande; nicht zuletzt fand er Freunde und machte wichtige Bekanntschaften. Alles in allem legte er in dem einen Jahr in Südafrika den Grundstein für sein Lebenswerk.
Rechtzeitig binnen Jahresfrist war der Prozess der Firma Abdulla durch einen Vergleich, den Gandhi angeregt hatte, zu aller Nutzen und Zufriedenheit beendet. Abdulla buchte für den tüchtigen Anwalt die Schiffsreise und lud in Durban zu einer Abschiedsgesellschaft ein.
Der so ehrenvoll zu Verabschiedende konnte sich allerdings noch immer nicht mit dem Gedanken anfreunden, Südafrika nun tatsächlich zu verlassen. Warum sollte er dem Land den Rücken kehren, das ihm so viel Möglichkeiten bot? Etwa bloß, weil es der Schaffnerin Zeit in den Kram passte?
Vor der ihm zu Ehren versammelten indischen Prominenz griff er die Idee wieder auf, die er in seiner Ansprache in Pretoria vorgestellt hatte: Schutz der Rechte der Inder in Südafrika. Damals hatte er Beifall geerntet. Jetzt in Durban verstand er es, den Geschäftsleuten die bedrohte Rechtslage der Inder so eindrucksvoll zu schildern und dann auch seinen Plan zu ihrem Schutz so einleuchtend darzustellen, dass die Versammlung ihn sogleich mit der Wahrnehmung der indischen Interessen beauftragte.
Gandhi hatte erreicht, was er wollte. Er konnte bleiben. Doch niemand, auch er selbst nicht, ahnte, dass sein Aufenthalt in Südafrika noch fast 20 Jahre dauern sollte.
Er hatte nicht grundlos gewarnt. Noch im selben Jahr, 1894, verschlechterte sich die Lage der indischen Kontrakt-Arbeiter gravierend. Von jedem, der nach Ablauf der 5 Jahre im Land zu bleiben wünschte, verlangte die Kolonialverwaltung plötzlich eine Kopfsteuer von 3 Pfund im Jahr. Der Monatslohn der Leute lag bei 14 Schilling. Die Neuregelung lief darauf hinaus, Inder nur noch als Kulis zu dulden. Ein klarer Fall von Apartheidsunrecht, ohne dass es den rassistischen Begriff schon gab.
Gandhi organisierte den Widerstand durch Gründung des Interessenverbands "Natal Indian Congress". Auch eröffnete er nun in Durban sein eigenes Anwaltsbüro. Nach dem Erfolg im Abdulla-Prozess und bei seinen guten Beziehungen zu indischen Geschäftsleuten in Südafrika waren die Startbedingungen günstig. Der Pressewirbel, der sich um die Zulassung des farbigen Anwalts drehte, machte Gandhis Namen darüber hinaus rasch bekannt. So kam es, dass der Versager aus Bombay nun in Durban äußerst erfolgreich war. Schon bald konnte er es sich leisten, in eine englische Villa im teuersten Viertel der Stadt zu ziehen. Mit 5000-6000 Pfund im Jahr verdiente er das 400fache eines Kontrakt-Arbeiters. Erst um die Jahrhundertwende brach Gandhi aus der Rolle des verwöhnten und verwestlichten Aufsteigers aus.
Als die Europäer am Kap gegeneinander Krieg führten, stellte er sich loyal auf die britische Seite, aber nicht als Soldat. Er bot seine Dienste als Sanitäter an, und es gelang ihm, mit ca. 1000 indischen Rotkreuz-Freiwilligen die Sympathie der Briten zu erringen. Doch zu mehr als öffentlichem Lob und etlichen Kriegsorden reichte es auch bei den siegreichen Briten in der indischen Frage nicht.
Als Gandhi noch ein zweites Mal die britische Uniform getragen hatte, zeichnete sich 1906 sogar ein erneuter Angriff auf den Status der Inder ab. Sie sollten sich ausnahmslos registrieren lassen - bei Androhung hoher Strafen im Unterlassungsfall.
Auf einer Massenversammlung in Johannesburg ruft Gandhi seine Landsleute zum passiven Widerstand auf. Es kommt zu Massenverhaftungen. Auch Gandhi landet im Gefängnis. Der Kampf für die indische Sache tritt damit in seine entscheidende Phase.
Die Inder konnten keine Divisionen ins Feld führen. Ihre Stärke und damit der Ausgang des Kampfes waren schwer zu bestimmen. Alles hing von zwei Faktoren ab: dem Nationalgefühl der Inder und der Leitung im Kader. Eines so indisch wie das andere. Darum gab Gandhi der Widerstandsbewegung auch einen indischen Namen.
Westliche Bezeichnungen wie passiver Widerstand oder ziviler Ungehorsam wecken falsche Vorstellungen. Sie entstammen einem ganz anderen Umfeld.
Die Besinnung auf die indische Tradition war für Gandhi nichts Neues. Schon als Student in London hatte er die Gita für sich entdeckt, die Hindu-Bibel, die er später täglich las. Aber erst nach der Jahrhundertwende und dem Burenkrieg tritt allmählich seine Abkehr vom Westen und sein Bekenntnis zu Indien sichtbar in Erscheinung, gleichzeitig mit dem erstarkenden Nationalismus in Indien.
1905 gründete Gokhale "Die Gesellschaft der Diener Indiens". Gandhi notierte, es sei das größte Glück, im Interesse und zum Wohl des eigenen Landes und seiner Religion zu kämpfen. So gesehen war der Mahatma ganz Kind seiner Zeit, des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts.
Was freilich diesen Nationalisten von anderen unterscheidet und ihn auszeichnet, ist die Art und Weise seiner Kampfführung.
Statt auf puren Machtgewinn zu setzen, auf Besitz, Rüstung und Eroberung, bereitet Gandhi sich und seine Mitstreiter darauf vor, innere Stärke zu beweisen und auf die Kraft der Wahrheit zu vertrauen.
Er nennt die Widerstandsbewegung "Satyagraha", das ist "Kraft der Wahrheit". Ein Mitkämpfer oder Satyagrahi verteidigt das Recht, indem er Leiden auf sich nimmt, seine Gegner aber möglichst schont. Gandhi geht als Vorbild voran.
Im Verlauf der 2 Jahrzehnte in Südafrika schafft er es, sich Schritt für Schritt in einen Satyagrahi zu verwandeln.
Eine deutliche Wendemarke in seinem Leben war die Gründung der Phoenix-Farm bei Durban 1904. Der wohlhabende Anwalt kauft ein etwa 25 Hektar großes Stück Land und wird zum Teilzeit-Farmer. Er pendelt zwischen der Kanzlei in der Stadt und der Farm in der Wildnis. Was nach Wochenendromantik aussehen könnte, war in Wirklichkeit ein Anlauf, sein Leben radikal zu ändern, nicht auszusteigen aus der Gesellschaft, sondern Ernst zu machen mit Yoga.
Gandhi erwarb das Land nicht, um sich in der Freizeit landmännisch zu betätigen. Gemeinsam mit Familienangehörigen, Freunden und Mitarbeitern zieht er in die Wildnis, um das einfache Leben zu proben und zugleich der indischen Sache zu dienen. Jeder Farmbewohner ist verpflichtet, an der Herstellung der Zeitung "Indian Opinion" mitzuwirken, die Gandhi noch vor dem Umzug gründete.
Einfaches Leben hieß auf der Phoenix-Farm: ora et labora, bete und arbeite. Es hieß auch: nähre dich redlich, nämlich streng vegetarisch, möglichst von den Früchten der eigenen Arbeit auf der Farm.
Westliche Medizin und Schulbücher waren verbannt. Im Krankheistfall verordnete der Farmbesitzer naturheilkundliche Kuren, und auch den Unterricht für die Kinder auf der Farm erteilte der Meister selbst.
Verzicht auf moderne Wissenschaft und Technik, stattdessen die Rückkehr zur gemeinschaftlichen Lebensform mit viel Handarbeit und einer allesbeherrschenden Religion: War das nicht eine hoffnungslos veraltete, romantisch verbrämte Sackgasse?
Der Fall liegt nicht so simpel, wenn wir die Phoenix-Farm als ein Experiment betrachten, ganz im Sinne Gandhis übrigens, der seiner Biographie den Untertitel gab: "Experimente mit der Wahrheit".
Er versuchte, die Wahrheit, wie er sie verstand, in Einklang zu bringen mit dem Leben, kurz: Yoga zu üben.
Das indische Wort heißt ursprünglich "Joch" und steht für die Kunst, das Selbst vom Joch des Allzumenschlichen zu befreien.
Gandhis Satyagraha ist überhaupt nur zu verstehen, wenn man darin auch das Gebot indischer Religion sieht, das Grundgebot, das unterschiedslos gilt, im Alltag ebenso wie im politischen Streit. Es ist das Gebot der "Ahimsa", das Verbot zu verletzen. Dagegen nimmt sich das christliche Tötungsverbot aus wie eine barbarische Vorstufe. Dem frommen Inder sind eben nicht nur die Kühe heilig, wie man im Westen sprichwörtlich sagt und belächelt, sondern das Leben überhaupt. Im Westen kommt Albert Schweitzers "Ehrfurcht vor dem Leben" der indischen Haltung am nächsten.
Im Übrigen tun wir Westler uns schwer, das Gebot der Ahimsa zu verstehen. Es ist ähnlich wie mit der Null in der Mathematik, auch so eine schwer zu begreifende Größe, die wir der Eingebung indischer Denker verdanken. Ohne sie wäre unsere Rechnerkunst nicht, was sie ist.
Ahimsa ist in ihrer Einfachheit als ethische Größe vergleichbar mit dem mathematischen Grenzwert. Nicht verletzen! bringt das Gewissen auf den Punkt, wo es rein ist wie der Nullpunkt der Zahlenskala.
Die barbarische Gewaltmaschinerie der westlichen Technik hat sich in den Weltkriegen und anderen gezeigt und zeigt sich noch in der ungehemmten Zerstörung der Lebensgrundlagen des Planeten. Gandhis Technikfeindlichkeit war insofern begründet. Aber er machte dann doch eine bemerkenswerte Ausnahme: Auf die westliche Nachrichtentechnik mochte er nicht verzichten. Seine Zeitung wurde auf der Phoenix-Farm gedruckt. Er brauchte für seinen politischen Kampf das Mitwissen und Mitgefühl der Welt. Anteilnahme und Einspruch der Mitreisenden in der globalen Kutsche waren nur über die Mithilfe der Massenmedien zu erreichen.
Die Presse war der westliche Anteil der Satyagraha-Bewegung.
Als die südafrikanische Regierung 1913 erneut die indische Minderheit diskriminierte, war Gandhi auf den Kampf besser vorbereitet als je zuvor. Inzwischen lebte er als Mittvierziger nur noch für die indische Sache. Seine Kanzlei hatte er aufgegeben. Mehr noch: Er hatte in einem Gelübde auf jedes Eigentum verzichtet. Insgesamt ging es auf der Tolstoj-Farm, die einreicher Freund gestiftet hatte, noch asketischer zu als vorher auf der Phoenix-Farm. An ein Leben ohne Luxus gewöhnt, konnten die Mitglieder der neuen Gemeinschaft Haftbedingungen leicht ertragen. Nach ihrem Verständnis war der Kerker das eigentliche Kampffeld, auf dem sie ihre innere Stärke und die Kraft der Wahrheit endlich beweisen konnten.
Am 14. März 1913 sorgte ein Urteil des Obersten Gerichtshofs für Unruhe. Danach sollten alle nicht-christlichen Ehen ungültig sein. Wieder waren davon vor allem die Inder betroffen. Nach der Kopfsteuer, der Zwangsregistrierung und dem Einwanderungsverbot nun ein Angriff auf die Religion. So fasste Gandhi das Gerichtsurteil zumindest auf.
Seine Antwort war wohldurchdacht. Er schickte eine Frauengruppe von Natal nach Transvaal, ohne die nötigen Papiere, versteht sich. Denn sie sollten ganz bewusst ins Gefängnis wandern. Die Buren waren berechenbar. Sie verhafteten jeden Farbigen, der illegal einzureisen versuchte. Das klappte wie geplant. Nun zog eine zweite Frauengruppe von Transvaal nach Natal, in Gegenrichtung also, über die Grenze. Sie kam erwartungsgemäß unbehelligt durch und wanderte weiter zum Zechenrevier bei Newcastle. Da agitierte sie unter den indischen Bergarbeitern und rief zum Streik auf.
Es dauerte nicht lange, bis auch diese Frauen hinter Gittern waren. Ihre Verhaftung löste den Streik aus, zu dem sie aufgerufen hatten.
Nun sah Gandhi den Zeitpunkt gekommen, selbst einzugreifen. Er fuhr nach Newcastle mit dem Plan, die streikenden Kumpel nach Transvaal zu führen. Das würde ein sensationeller Demonstrationszug, der die Regierenden in die Verlegenheit brächte, Tausende einsperren zu müssen.
Die Streikenden machten mit, nicht aber die Regierenden. Man ließ den Zug einfach ins Leere laufen und bescherte Gandhi die Verlegenheit: Was tun mit den Tausenden?
Er nahm Kurs auf die Tolstoj-Farm. Aber dann gingen die Sicherungen der Regierenden doch durch, und im nächsten Ort trieb die Polizei die Demonstranten in bereitgestellte Züge und transportierte sie zurück nach Newcastle. Dort zog man Zäune um die Zechen und erklärte die Kumpel zu Gefangenen mit Arbeitsverpflichtung.
Als der Streik dennoch durchgehalten wurde, griffen die Regierenden zum letzten Mittel und schickten Militär. Es gab bald Tote und Verletzte unter der Bergleuten. Das löste den Streik Zehntausender Kontrakt-Arbeiter aus. Auch von den freien Indern saßen bereits Tausende in Haft.
Nachrichten von der Krise in Südafrika gingen um die Welt. Sie brachten Bewegung in die "Mitreisenden". Um keinen Aufruhr in Indien zu riskieren, sah sich der britische Vizekönig und Gouverneur von Indien veranlasst, sich gegen alle Gewohnheit in die südafrikanische Politik einzumischen. Da konnte auch London nicht umhin, ein Wort mitzureden. Diesem Einspruch des Empire musste sich Südafrika beugen.
Anfang 1914 war ein Vertag unterschriftsreif, der die Kopfsteuer für indische Kontrakt-Arbeiter nach 20 Jahren abschaffte. Auch die Rechtswirksamkeit nichtchristlicher Ehen wurde anerkannt.
Damit war Gandhi am Ziel. Und Indien rief ihn zurück. Im Hafen von Bombay begrüßte ihn eine jubelnde Menschenmenge. Tagore, der weltberühmte indische Intellektuelle jener Zeit, gab ihm den Ehrentitel "Mahatma", große Seele.
www.funktexte.net
Kommentare 129
Lieber Helder, bei dir gibt es große Buchstaben??? Befremdlich ... aber nicht der Inhalt des Blogeintrags. Was wäre gewesen, Gandhi wäre in England gelandet ... oder in den rassistischen Staaten von Amerika?
Danke für die Erinnerung an Gandhi und den interessanten Einblick in die Südafrika-Zeit.
So sah er damals aus.
(Gandhi 1906 in Südafrika)
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/e/e5/Gandhi_costume.jpg/220px-Gandhi_costume.jpg
Sieht irgendwie niedlich aus :-)
Toller Beitrag - ich finde die Biographie von Ghandi ja insgesamt ziemlich spannend, aber dieser Teil seiner Geschichte, ganz am Anfang, als er erst der wurde, zu dem er sich später entwickelte, gibt noch mal besondere Aufschlüsse, siehe die Kutschfahrt, während der er am eigenen Leib und erschütternd die Auswirkungen der Apartheid und verächtliche, rohe Herabsetzung erfahren musste.
Gut nachvollziehbar, dass er sich später, nicht nur als Anwalt, so vehement gegen Diskriminierung und für den Widerstand gegen jede unterdrückende Gewalt einsetzt.
Auch seine Herkunft wird noch mal beleuchtet, auch da liegt sicher ein Schlüssel für seine Motivation, in die Welt zu gehen und etwas zu bewirken.
Danke, dass dus hier veröffentlicht hast - ich hoffe, du hast es nicht nur aufgrund meines Vorschlags gemacht, sondern weil du auch selbst davon überzeugt bist, dass der Artikel eine gute Sache ist! ... und auch und gerade in dieser wirren, emotionsgeladenen Zeit voller Ängste, Unruhe und Konflikte einen positiven Impuls setzen kann.
Als Gruß noch ein paar Zitate von ihm:
http://zitate.net/mahatma_gandhi.196.jpgDer Schwache kann nicht verzeihen. Verzeihen ist eine Eigenschaft des Starken.
http://zitate.net/mahatma_gandhi.197.jpgZuerst ignorieren sie dich, dann lachen sie über dich, dann bekämpfen sie dich und dann gewinnst du.
http://zitate.net/mahatma_gandhi.196.jpgDie Welt hat genug für jedermanns Bedürfnisse, aber nicht für jedermanns Gier.
http://zitate.net/mahatma_gandhi.197.jpgWas man mit Gewalt gewinnt, kann man nur mit Gewalt behalten.
http://zitate.net/mahatma_gandhi.196.jpgEs gibt keinen Weg zum Frieden, denn Frieden ist der Weg.
Quelle http://zitate.net/mahatma%20gandhi.html
Da fehlte noch eins:
http://gutezitate.com/bilder/mahatma-gandhi-s1.jpg„Hass kann nur durch Liebe überwunden werden." Mahatma Gandhi
Finde ich auch. Später sah er dann asketisch aus.
Hier habe ich noch Musik zum Thema gefunden.
Paul Barnes performs Philip Glass's Satyagraha in Los Angeles
https://www.youtube.com/watch?v=frCODR0LYqQ
Lieber Helder,
von mir aus Panama eine freundschaftliche Umarmung!
Dank für die gelungene Auffrischung über Gandhis Leben, und wie er seine Ethik aus der Praxis heraus entwickelte. Gibt es in der westlichen Welt ähnliche Beispiele von der Erlangung ethischer Prinzipien? Wir könnten ja hier in der dFC zusammentragen, wie ethisches Handeln heute aussehen müsste? An negativen Beispielen wird es uns nicht mangeln. Würde der Kapitalismus dann schliesslich einknicken wie ein Primel analog zur Apartheid?
LG, CE
>bei dir gibt es große Buchstaben??? Befremdlich ...<
das sieht nur so aus, lieber luggi. das manuskript wurde mal für den hörfunk abgeliefert, nicht für eine druckerei oder so...
nun alle majuskeln zu killen, wäre ein bisschen viel arbeit gewesen. und diejenigen leser hier, die sich beklagt haben, sie vermissten das gewohnte bild mit den übergrößen, können mal richtig durchatmen.
danke für die bereichernde illustration, liebe stine. der junge mann im bild wusste noch nicht, wie es weitergehen sollte mit ihm und seiner umgebung. wie ein armer kuli hat er sich nicht ablichten lassen.
hg helder
liebe lee,
dein beitrag ist gar nicht zu überschätzen. danke, danke, auch für deinen kommentar hier mit den zitaten.
lg helder
Freut mich, wenn du meine "Zitatenschlacht" positiv aufnimmst. Beste Grüße!
P.S. Eventuell gibt es noch mehr "Schätze" in deinem Archiv, die ähnlich zeitlos (und nicht an aktuelle Nachrichten gebunden) sind?
Sehr entspannend, ich lasse das Piano gerade im Hintergrund laufen.... :-)
liebe lee,
bei licht besehen ist dies doch eigentlich dein beitrag, mit allem, was dazugehört. mein anteil sind nur ein paar clicks...
herzlichen dank, helder
Jetzt hör aber auf, helder, soviel Bescheidenheit ist ja kaum auszuhalten ;-)
> Später sah er dann asketisch aus.<
so war ja dann auch sein alltag, bis er krank wurde. es kostete ihn viel überwindung, täglich ein wenig ziegenmilch als heilmittel anzunehmen.
"satyagraha" ist die bezeichnung seines kampfes, hier der titel des klavierstücks.
danke sehr, liebe stine, dass du den bogen oder den flügel so weit spannst, bis L.A. und zur wortlosen feier in der musik.
herzlich, helder
>Gibt es in der westlichen Welt ähnliche Beispiele von der Erlangung ethischer Prinzipien?<
lieber hermann,
ja, die gibt es. sie werden nur nicht gern erwähnt oder gar laut und deutlich herausgestellt, vielmehr wurden und werden sie bewusst unter verschluss gehalten oder nur am rande unter ferner liefen behandelt. nur zu verständlich. denn die ethischen prinzipien stören stets das geschäft mit der gewalt.
>Würde der Kapitalismus dann schliesslich einknicken wie ein Primel analog zur Apartheid?<
ja, das wird er, aber vergiss nicht, wie lange es dauerte von gandhis ankunft in durban bis zur offiziellen abdankung der apartheid.
dank und grüße, helder
>Da fehlte noch eins:
http://gutezitate.com/bilder/mahatma-gandhi-s1.jpg„Hass kann nur durch Liebe überwunden werden." Mahatma Gandhi
liebe lee,
diese formel ist im privaten leben schon nicht ganz einfach umzusetzen, im gesellschaftlichen rahmen wird es vollends unmöglich, sie praktisch zu handhaben...
wenn hass feuer wäre und liebe wasser, wärs leicht...
herzlich, helder
> gibt es noch mehr "Schätze" in deinem Archiv<
wo ein nugget gefunden wurde, liebe lee, könnte auch ein zweites sein. du kennst das einhorn, das dir behilflich sein kann bei der suche...
herzlich, helder
"Hass kann nur durch Liebe überwunden werden. Mahatma Gandhi
diese formel ist im privaten leben schon nicht ganz einfach umzusetzen, im gesellschaftlichen rahmen wird es vollends unmöglich, sie praktisch zu handhaben"
Da stimme ich dir absolut zu (was ich selten tue, also "absolut" zustimmen)!
Diese Formel ist keine alltagstaugliche Lebenshilfe im Umgang mit Konflikten oder gar im Arbeitsalltag mit Vorgesetzten oder Kollegen.
Mein Zitat von Ghandis Worten sollte hier auf gar keinen Fall auf solche Weise verstanden wären.
Für mich beziehen sie sich eher auf innere Vorgänge, also in meinem persönlichen Gefühlshaushalt.
Wann immer ich (berechtigt oder nicht) Wut, Ärger bis hin zu Hass auf einen anderen Menschen oder bestimmte Umstände spüre - was ganz selten mal vorkommt ;-)), wird mir meist klar, dass mein Impuls, aggressiv dagegen anzukämpfen, zu einer Eskalation führt, bei der der Konflikt immer weiter hochkocht und die angewandten Mittel immer "kriegerischer" werden.
Da hilft mir oft, einen Schritt zurück zu machen und mich auf mich selbst zurück zu besinnen. Meine Lebensfreude (auch die könnte im weitesten Sinne zum Thema "Liebe" gehören) und die positiven Aspekte wieder nach vorne zu bringen.
Wenn ich selber ausgeglichen und mit einem positiven Grundgefühl auf andere Menschen und die Welt zugehe, bin ich weniger anfällig, gleich auf jeden Streit und jede Provokation einzugehen.
Die "Liebe" im privaten, zwischenmenschlichen persönlichen Bereich ist hierbei weniger gemeint. Diese bezieht sich eher auf enge Beziehungen, Familie, Freunde, das allerprivateste Umfeld.
Mir ist bewusst, ein solches Zitat über Liebe und Hass online zu stellen, schon etwas zwiespältig ist.
Ich hoffe, dass diese Fragwürdigkeit durch Mahatma Gandhis Kraft und Energie überstrahlt wird!
>Jetzt hör aber auf, helder, soviel Bescheidenheit...<
deinen protest, liebe lee, spiegele ich entschieden zurück. du übersiehst deinen entscheidenden anteil. einspruch zwecklos...
herzlich, helder
Na gut, dann: Danke dir gleichfalls!
Aber auch du scheinst deinen "entscheidenden Anteil" nicht ganz zu würdigen, wie es aussieht...
Aber gut: Peace :-)
>Wenn ich selber ausgeglichen und mit einem positiven Grundgefühl auf andere Menschen und die Welt zugehe, bin ich weniger anfällig, gleich auf jeden Streit und jede Provokation einzugehen.<
liebe lee,
du beginnst mit einem bedingungssatz. es müssen bestimmte bedingungen im eigenen gefühlshaushalt erfüllt sein, damit ich etwas übrig habe für andere. dieser überschuss an interesse am anderen ist nicht allein abhängig vom eigenen zutun. andere helfen uns, ausgeglichen und gerecht zu erscheinen. so sind wir alle voneinander abhängig. oder mit schiller: es kann der frömmste nicht in frieden leben, wenn es dem bösen nachbarn nicht gefällt.
herzlich, helder
>Aber auch du scheinst deinen "entscheidenden Anteil" nicht ganz zu würdigen, wie es aussieht...<
die auflösung ist, finde ich, ganz einfach, liebe lee. mein anteil liegt lange zurück in der vergangenheit, dein anteil ist aktuell.
einverstanden?
pace sowieso. herzlich, helder
und @ Lee Berthine
Es gibt eine Oper als Grundlage des Klavierstückes, mit der ich mich allerdings musikalisch etwas schwer tue. Das Klavierstück gefällt mir.
Philip Glass komponierte Ende der 1970er eine Oper in drei Akten mit dem Titel Satyagraha als Auftragswerk der Stadt Rotterdam. Er zeichnet mit Mitteln der minimalistischen Musik die Entwicklung Gandhis in Südafrika nach. Die Oper handelt von der Zeit, die Gandhi in Südafrika verbrachte (1893–1914) und im Kampf um den „Black Act“ das Konzept Satyagraha entwickelte, welches schließlich durch gewaltfreie Aktionen die Rücknahme des Gesetzes bewirkte. Nach seiner Welturaufführung im Jahr 1980 durch Bruce Ferden an der Nederlandse Oper Amsterdam erlebte Satyagraha 1981 in der legendären Inszenierung Achim Freyers, die später von den Wuppertaler Bühnen übernommen wurde, am Staatstheater Stuttgart unter der Leitung von Dennis Russell Davies seine deutsche Erstaufführung.
Die Oper beginnt mit einer Einführung der Thematik im Rahmen einer Szene aus der Bhagavad Gita, das Sanskrit des Textes wird über das gesamte Werk beibehalten. Die drei Akte stehen jeweils unter einer spirituellen Leitfigur: Leo Tolstoi, mit dem Gandhi einen intensiven Schriftwechsel führte, Rabindranath Tagore, die einzige lebende moralische Autorität, die Gandhi anerkannte, und Martin Luther King jr., der „Gandhi des modernen Amerika“. Damit sind auch drei Aspekte des Satyagraha thematisiert, die Verbindung von Politik und Spiritualität, die moralische Verantwortung des Individuums sowie die Praxis der Gewaltfreiheit. „Tolstoi, Tagore und King repräsentieren die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft von Satyagraha.“ (Philip Glass).
„Satyagraha stellt einen gewaltigen Unterschied zum
https://de.wikipedia.org/wiki/Satyagraha
Und hier sind noch zwei Fotos aus der Südafrika-Zeit (von Wikipedia).
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/9/9e/Gandhi_Zulu_war.jpg/220px-Gandhi_Zulu_war.jpg
Gandhi (mittlere Reihe, Vierter von links) und seine Sanitätereinheit während des Zulu-Aufstands von 1906
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/6/6e/Gandhi_satyagrahi.jpg/220px-Gandhi_satyagrahi.jpg
Gandhi 1913, als Satyagrahi
Die Zitate sind sehr weise.
LG
Stine
Es wäre schon viel geholfen, wenn die Politiker weniger auf ihren persönlichen Vorteil bedacht wären, mehr Mut aufbrächten, pragmatischer, unabhängiger, klüger und persönlich integer wären, weniger Probleme leugneten und Verantwortung für das Wohl des Volkes, der Nachbarn und des Planeten übernehmen würden. Wäre das zuviel verlangt? Ich sehe es eigentlich als Selbstverständlichkeit an.
>Die Zitate sind sehr weise.<
liebe stine,
danke für die info über die oper satyagraha. nichts davon war mir bekannt, oder ich habe es vergessen. das klavierstück gefällt mir jedenfalls. die beiden fotos kommen mir bekannt vor.
und was ist gemeint mit: die zitate sind sehr weise? welche zitate?
herzlich, helder
> wenn die Politiker....<
liebe stine,
darf ich an prof mausfelds vortrag über das schweigen der lämmer erinnern? der psychologe von der uni kiel sagt, merkel sei gar nicht das machtzentrum. das kanzleramt vertritt klar die interessen der lobbyisten aus der wirtschaft und aus dem militärisch-industriellen komplex. es zertritt die interessen der bevölkerung.
herzliche grüße, helder
>Was wäre gewesen, Gandhi wäre in England gelandet ... oder in den rassistischen Staaten von Amerika?<
lieber luggi,
nichts wäre gewesen. denn gandhi war auf die unterstützung durch die indischen unternehmen und die indischen kontrakt-arbeiter angwiesen. in england wie in den usa hätte ihm diese basis gefehlt.
hg helder
Ich meine die Gandhi-Zitate von Lee Berthine
Sie können Orientierung sein und regen zum Nachdenken an. Ich denke, wir brauchen heute solche ethischen Vorbilder. Auch, wenn wir sie nicht 1:1 umsetzen, aber wir können unser Handeln daraufhin reflektieren. Zum Beispiel die Unterscheidung zwischen Bedürfnissen und Gier, dass der Weg Aspekte des Ziels beinhalten soll oder die Gefahr des Einsatzes von Gewalt im Hinblick auf die Folgen.
LG
Stine
das kanzleramt vertritt klar die interessen der lobbyisten aus der wirtschaft und aus dem militärisch-industriellen komplex. es zertritt die interessen der bevölkerung.
Deswegen plädiere ich für Unabhängigkeit und Verantwortung.
Merkel ist kleingeistig und opportunistisch und sehr ehrgeizig, das ist aber nur meine bescheidene Meinung aus der Ferne.
>Ich meine die Gandhi-Zitate von Lee Berthine<
hab sie noch einmal gelesen. ja, das ist eine lesenswerte sammlung. allein schon "Die Welt hat genug für jedermanns Bedürfnisse, aber nicht für jedermanns Gier." enthält soviel politikziele, dass die sogenannte realpolitik sich davor schämen müsste.
herzlich, helder
>Deswegen plädiere ich für Unabhängigkeit und Verantwortung.<
liebe stine,
ich könnte davon sprechen, dass alle länder mit ihren politniks ein transportproblem haben. wie wäre es möglich, die besten in die positionen zu bewegen, die besonders wichtig fürs funktionieren des ganzen sind? jetzt sind die plätze fehlbesetzt. darum wird nur gewurschtelt. man nennts krisenbewältigung. nur werden die krisen so mies verwaltet wie seinerzeit und bis heute die vergangenheit bei der vergangenheitsbewältigung.
durch wahlen wird nichts besser. was also kann helfen?
herzlich, helder
erst einmal dank für diesen beitrag. man kann nicht genug über ihn schreiben, um ihm den nimbus des über-alles-stehen-könnens zu nehmen und zu merken, dass er einer von uns ist. Ich meine das so provokant, wie ich es sage, denn gandhi selber hat dies unermüdlich betont, z.b.: „i deny being a visionary. i do not accept the claim of saintliness. i am of the earth, earthy…i am prone to as many weaknesses as you are. but i have seen the world. i have lived in the world with my eyes open” (1920) – ein paar anmerkungen zu deinem text. Du hast deutlich beschrieben, wie er im laufe der zeit sich seine innere kraft zunutze machen konnte und sich von den privilegien eines aufsteigers zu lösen vermochte. Mir bleibt es jedoch fraglich, inwiefern gandhis idee des passiven widerstandes mit der indischen kultur zu tun habe; du setzt die idee der „ahimsa“ weit über das christliche tötungsverbot und meinst, albert schweitzer käme mit seiner idee dem am nächsten. Was albert schweitzer betrifft, möchte ich dir zustimmen. wo aber ist in der geschichte indiens dies zum tragen gekommen? es gab einmal kurz eine phase der relativen gewaltlosigkeit - ich meine unter buddhistischer herrschaft, ansonsten aber weist das (offiziell abgeschaffte) kastensystem für mich eine unmenschliche brutalität auf, die nicht zu solchen ideen wie ahimsa passt. über das leben der heiligen kühe, die in den straßen ein gequältes leben führen, kann man nur weinen, geschlachtet werden die tiere dann von den muslimen, damit die hindus nicht das gewaltverbot durchbrechen. kurz gesagt: ich verstehe nicht, warum ahimsa für uns westler, wie du schreibst, schwerer zu verstehen sein soll als für menschen im indischen kulturkreis.
gandhi wird in indien heute auf einen sockel gehoben, verehrt und sichtbar gemacht, damit man sich um seine lehre nicht mehr zu kümmern braucht.das ist ein großer jammer. Ich war auf einer dienstreise in indien, dem land mit den meisten milionären. Die armut ist so schlimm, wenn man sie vorher dermaßen krass noch nie erlebt hat, außer über die medien. gandhi ist für mich universell. Man kann nichts über ohne von ihm lesen, ohne nicht berührt zu sein und darüber nachzudenken, was man ändern kann oder soll.
herzlich, elke
durch wahlen wird nichts besser. was also kann helfen?
Tun, was man für richtig hält. Schau nach Frankreich - die Bauern blockieren tagelang die Autobahn, Abgeordnete besuchen die Krim und machen sich selbst ein Bild. Ich denke wir als Bürger nutzen unsere Freiräume oft nicht.
habe die oper seinerzeit in wuppertal sehen und hören können. war mehrmals dort. nachdem ich mich eingehört hatte, zog es mich unaufhörlich in den bann. empfehlenswert.
nichts über ohne von ihm lesen nichts über oder von ihm lesen
Live ist es sicher auch ein anderes Erlebnis. Kann sein, dass man Zeit braucht um sich einzulassen.,
> wo aber ist in der geschichte indiens dies zum tragen gekommen?<
liebe elke,
du musstest dich hier zu wort melden, denn du warst schon mal in indien, was für die meisten von uns nicht zutrifft.
ich habe nur mal in einem tv-film gesehen, wie inder heute und wie mittel-europäer heute mit den belästigungen durch "wildtiere" umgehen.
die indische bevölkerung war auch nicht begeistert über den besuch der kletterkünstler in und an ihren häusern. die affen wurden vergrätzt und verjagt. in berlin und andernorts ist die erste anlaufstelle der belästigten leute ein jäger...
>ansonsten aber weist das (offiziell abgeschaffte) kastensystem für mich eine unmenschliche brutalität auf,<
hierzulande kennen wir keine kasten. wir haben bloß sichtbar die klassen beim reisen per bahn oder flugzeug. das ist noch nicht das gleiche, heißt es zu recht, wie die angeborenen kasten in indien. auch die hierzulande stets und zu recht bemängelten unterschiede beim schulerfolg, der nirgendwo so eng gebunden ist an das elternhaus der lernenden, reicht nicht zum vergleich. dem kastenunwesen aber sehr nahe kommen hiesige verhältnisse, wenn die arbeitswelt etwas genauer unter die lupe genommen wird. das beliebte outsourcen verlagert z.b. die schlechtest bezahlte drecksarbeit möglichst in äußerst arme weltregionen. oder billigstlöhner im agro- oder schlachtbetrieb werden hergeholt, damit sie unter unmenschlichen bedingungen hier arbeiten. oder im pflegebereich etc.
der kapitalismus sorgt für vergleichbare inhumanität in europa und indien.
> über das leben der heiligen kühe,<
haben schon große deutsche philosophen wie hegel sich schlapp gelacht. die armen schweine in den massenställen hierzulande möchten wahrscheinlich schon tauschen mit dem los der kühe in indien...
> kurz gesagt: ich verstehe nicht, warum ahimsa für uns westler, wie du schreibst, schwerer zu verstehen sein soll als für menschen im indischen kulturkreis.<
was dort eine jahrtausendealte tradition hat, stößt hier im westen auf großes unverständnis. buddhismus und dschainismus trennen nicht scharf zwischen mensch und tier beim tötungsverbot. die christliche schöpfungsidee hat nicht zu einer idee von der gemeinschaft aller geschöpfe geführt. ausnahmen wie franziskus und albert schweitzer bestätigen die regel.
>gandhi ist für mich universell. Man kann nichts über oder von ihm lesen, ohne nicht berührt zu sein und darüber nachzudenken, was man ändern kann oder soll.<
das meinte auch tagore mit dem titel mahatma. wir durchschauen nur einen kleinen teil der bedingungen, die den satyagrahi in seine rolle wachsen ließen.
herzliche grüße und dank
helder
>Tun, was man für richtig hält.<
liebe stine,
als jugendlicher musste ich mir den weg suchen. die formel, die ich damals fand: handle so, dass dein tun vor dem tod bestehen kann bzw. mit dem tod versöhnt, klingt ein bisschen nach dem motto eines jugendlichen selbstmordattentäters. von denen war aber damals nicht die rede.
nur, die milliarden menschen auf dem schrumpfenden globus halten ganz unterschiedliche bis konträre ziele für richtig...
die devise, tun was man für ökologisch richtig hält, ist schon ein wenig konkreter. und menschheitlicher.
herzliche grüße, helder
Liebe Stine,
ich sehe das Problem der Politiker darin, dass sie "Berufs-Politiker" im Auftrage von Parteien sind, die Macht anstreben. Sie fühlen sich nicht in erster Linie an den Auftrag einer Zivilgesellschaft gebunden, deren Wohlfahrt an erster Stelle steht. Erst wenn wir unabhängige Politiker hätten, die der Zivilgesellschaft gegenüber verantwortlich wären und ggf. zurückträten, sollten sie dem mitgegebenen Mandat nicht genügen, könnten wir auf Besserung hoffen. So jedenfalls sehe ich die politischen Dinge.
LG, CE
Lieber Helder,
wie lange dauert es, bis sich ein gesellschaftlicher Fortschritt, wenigstens ein kleiner, durchsetzt?
Wenn wir von der heutigen Merkel-Republik ausgehen und uns theoretisch einen kleinen Fortschritt des "Deutschen Wesens" vorstellen, was müsste geschehen und wie lange würde es dauern, vom "Gier-Deutschen" zum "empathischen Deutschen" zu kommen (selbstverständlich sind das gesellschaftliche Durchschnitte, aber gerade die zählen, weil herrschaftsstabilisierend)?
LG, CE
PS: Streicheleinheit aus der Ferne für den "armen" Vogel!
>wie lange dauert es, bis sich ein gesellschaftlicher Fortschritt, wenigstens ein kleiner, durchsetzt?<
lieber hermann,
du sprichst von fortschritt, gesellschaftlichem fortschritt gar? ich vermag sowas nirgends zu entdecken, rückschritt durchaus. technisch hat sich etwas bewegt, wenn ich die paar jahrzehnte zurückschaue. das telefon ist mobil geworden, zur zentrale aller information. medizintechnisch ist fortschritt auch nicht zu übersehen. und in sachen mobilität: ausbau des straßennetzes gegen den rückbau des schienennetzes ein rückschritt in jeder hinsicht, ökologisch sowieso.
und gesellschaftlich ist der rückschritt so fassbar, dass der einzige fortschritt, die annähernde gleicberechtigung der frau, dagegen wie ein trostpflaster erscheint. vor allem der anschluss und die militarisierung überlagern alles andere. im bereich der arbeitswelt überwiegt der rückschritt auch eindeutig.
ökologisch ist ein fortschritt auf dem weg, das ziel in weiter ferne.
nein, ich erwarte von diesen residenzlern nichts gutes, keinen gesellschaftlichen fortschritt...
lg, hy
ps: ja, der arme vogel ist in der mauser und nimmt deine ferne streicheleinheit dankend an. er antwortet mit einem kräftigen krah-krah
Lieber CE.
Ich stimme dir zu. Auch ein Freund, der Parteifunktionär wurde und inzwischen Bundestagsabgeordneter ist, hat sich dadurch sehr verändert. Er verschwand hinter der Parteilinie. Bei Abgeordneten Watch schaue ich ab und zu, wie er abstimmt und bin sehr enttäuscht. Aber muss es so sein? Es gibt doch auch Politiker quer durch alle Parteien, die sich nicht scheuen, Profil zu zeigen.
LG
Stine
Lieber Helder,
Tun, was man für richtig hält -- Richtig ist relativ und hängt auch von den eigenen Wertigkeiten ab. Das eigene Gewissen oder der Gedanke nichts bereuen zu müssen ist eine Leitlinie.
Ökologisches Handeln ist zweifelsohne wichtig. Wir sind Natur, wenn wir Raubbau treiben, fällt der Schaden auf alle zurück. Auch mitmenschliches Handeln finde ich wichtig. Geben und nehmen, Andere leben lassen, sich nicht alles gefallen lassen usw.
Gruß Stine
>Tun, was man für richtig hält -- Richtig ist relativ und hängt auch von den eigenen Wertigkeiten ab. Das eigene Gewissen...<
liebe stine,
eigentlich ist mir das sujektive und relative zu wenig, obschon nicht auszuschließen.
den ganz falschen weg sehe ich in der struktur der gesellschaft, das konzert der souveränen staaten als supersubjekte bedeutet immerwährenden kampf und krieg. das kann nicht richtig sein, das ist grundfalsch.
wie diesem irrweg zu entkommen, ist meine frage und aufgabe.
das subjektive gewissen muss durch das objektive gewissen ersetzt werden. weg von den zufälligen helden und verbrechern!
eine voraussetzung ist gegeben: die wissenschaft. die andere voraussetzung fehlt: die g-wissenschaft. deren ziel ist das objektive gewissen.
auf den beiden beinen könnte die menschheit, könnte die erde noch jahrtausende leben. ohne diese kleine veränderung nicht.
herzliche grüße, helder
das subjektive gewissen muss durch das objektive gewissen ersetzt werden. weg von den zufälligen helden und verbrechern!
eine voraussetzung ist gegeben: die wissenschaft. die andere voraussetzung fehlt: die g-wissenschaft. deren ziel ist das objektive gewissen.
Wir hatten Versuche mit anderen Gesellschaftsordungen, die aber noch viele Fehler hatten und unter äußerem Druck nicht stand hielten.
Was lernen wir aus den alten überschaubareren Gesellschaftsformen. Ich habe einmal gelesen, dass die jeweiligen Nachbarn des Protagonisten normative Funktionen übernommen haben und Verantwortungs- und Beratungsbefugnisse hatten. Ginge so etwas mit Nachbarstaaten?
Da die Menschen und Gesellschaften unvollkommen sind, brauchen sie eine Ebene des Gewissens, des Achtsamen, Nachdenkens, Besinnens, der Einkehr. Kann in der Gesellschaft die Gewaltenteilung das leisten? - Unsere Verfassung ist eigentlich ok und lässt auch andere ökonomische Strukturen zu, aber vieles verselbständigt sich, bildet den Kern der Macht und ist intransparent: Geheimdienste, Militär, Korruption, Lobbyismus, Finanzwesen.
Das sind alles noch lose Gedanken.
Liebe Stine,
es gibt auch die anderen, weniger korrupten BT-Abgeordneten, die leider die Ausnahme sind. Aber wie in Bürokratien auch, es gilt immer, die Parteilinie zu verteidigen. Das kannst Du am ehesten am Wahltag erkennen, wenn die Parteisoldaten gemeinsam auf das Ergebnis warten und dann in Jubel oder Depression verfallen. Mit jedem Prozentpunkt sind nicht nur Abgeordnete im Futter oder ausserhalb, sind zukünftige Pensionen hoch oder niedrig, nein, die Wahl entscheidet auch über Entscheider-Stellen im Staatsapparat. Würdest Du genaue Nachforschung betreiben, wieviel Entscheider-Stellen die SPD durch die GROKO für sich gesichert hat und nur einmal die jeweiligen 100.000 Euro/Jahr/SPD-Entscheider akkumulieren, wirst Du auf einen unverhältnismässig hohen Anteil von SPD-Knete am gesamten Staatshaushalt kommen. Ich schätze einmal, dass die CDU nach der nächsten Wahl die Grünen korrumpiert. Deren zukünftiger Knete-Anteil wird weit unter dem der SPD liegen, aber sie werden viele SPD-Soldaten aus den Ämtern verdrängen und gewaltig Fett ansetzen gegenüber ihrem tatsächlichen Stimmenanteil. Das ist leider das Selbstverständnis unseres "demokratischen", pluralistischen Seilschaften-Systems seit 1949. Ich sehe die Grünen schon in der Wahlnacht 2017 jubeln, wenn eine Koalition mit der Union möglich wird. Da wird dann echt zugelangt, es sei denn, Gabriel kann seine Mitgenossen überreden, geschlossen in die Union überzutreten. Dann Prost-Neujahr!
LG, CE
Lieber Helder,
dass es dem Vogel gut geht, kann ich mir vorstellen.
Blähen sich zuweilen nicht auch die Ministerien und sonstigen staatlichen Stellen überproportional auf, weil vor jeder Wahl die alten Parteien noch Plätze festzurren und nach der Wahl die neuen Parteien, ihre Leute aufpfropfen. Oder es wird hin- und hergeschoben.
Das müsste eigentlich verändert werden. Die Stellen sind zu lukrativ - so findet man keine Menschen, denen es um die Sache geht.
Übrigens könnte ich mir denken, dass die FDP wieder kommt.
Jetzt stinkt's mir aber. Wieder ein Kommentar futsch!
Du hast recht. Es wird aufgepfropft nach Strich und Faden. Wenn die FDP-Konsorten wieder aus den Löchern kommen und es womöglich eine Union, Grüne, FDP-Koalition gibt, dann "Gute Nacht Marie!"
Vielleicht erneuert sich die SPD dann ja mal rund in der Opposition und kommt auf den Teppich ;-)
Vielleicht erneuert sich die SPD dann ja mal rund in der Opposition und kommt auf den Teppich ;-)
Das kann ich mir nun absolut nicht vorstellen. Der Unvereinbarkeitsbeschluss der SPD gegenüber linken, radikalen Organisationen (strikt seit den 60er Jahren angewandt) sowie der Radikalenerlass, der seit Willy (1972) unabhängige Linke zu Staatsfeinden machte, sind so klare Aussagen, auf die Spitze getrieben durch die Agenda 2010, dass ich einfach keine Hoffnung auf ein Runterkommen auf den Teppich habe. Da müsste sich ja eine so "alte" Partei völlig häuten. Die Geschichte sagt einfach, dass so etwas nicht drin ist. Und bei den heutigen SPD-Grosskopfeten sehe ich überhaupt keinen Streif am Horizont. Sollte heute abermals durch eine Jugendbewegung der "Gang durch die Institutionen" angetreten werden, wie wir es 68 versuchten, wird dieser Gang ebenfalls im Parteiensumpf alsbald seinen Stillstand erleben.
>Ginge so etwas mit Nachbarstaaten?<
nein, liebe stine, und zwar darum nicht, weil das konstrukt staat alle ingredienzien hat, die destruktiv sind. staat ist ohne militär nicht denkbar. und da gehts schon los. die militärische masche der über- und unterordnung unter ein oberkommando ist vom ansatz unmenschlich. dass es nicht besser wird, wenn die leute mit oder ohne uniform eines tages losschlagen, ...
staat, sage ich ungeprüft, ist hervorgegangen aus raubbanden. mit dem staat, wenn er nicht abgeschafft wird, kann das ende der menschheit schon mal angezählt werden.
> Kann in der Gesellschaft die Gewaltenteilung das leisten?<
wenn es in einer gesellschaft eine gewaltenteilung gäbe, die den namen verdient, wäre das die voraussetzung für besseres. der gedanke von montesquieu war ein versuch, den staat in seiner widerwärtigsten gestalt (absolutismus) zu reformieren. der versuch ist gescheitert. wir kennen nur eine sogenannte gewaltenteilung.
meine konkreten gesammelten gedanken über eine gesellschaft mit zukunft habe ich unter dem titel "Homo rapiens rapiens" veröffentlicht. der springende punkt ist nur, wie von dieser insel der verfluchten zur insel der seligen eine brücke bauen.
herzlich, helder
>dass es dem Vogel gut geht, kann ich mir vorstellen.<
lieber hermann,
er meldet sich just, wahrscheinlich weiß er mehr und verrät es mir wie so ein wotansrabe, von der schulter ins ohr...
nein, so richtig gut wird es ihm und mir gehen, wenn er wieder fliegen kann. die gegenwärtige mauser muss es bringen.
lg, hy
Danke für den Lesetipp - mit dem Staat als solchen habe ich mich noch nicht eingehend beschäftigt. Ich seh allerdings auch, dass bei zerfallenen Staaten die Bevölkerung leidet.
Die SPD Großkopfeten empfinde ich als arrogant und kurzsichtig - gelenkt vom Opportunismus. Die nächste Generation, wie Maas und Nahles sind auch schon im Sack. Wenn die Wählerzahlen noch mehr in den Keller gehen, wäre also ein Nachwuchs dran und könnte auf den Tisch hauen, wenn der Nachwuchs denn da ist. Wenn nicht - ist die altehrwürdige Partei am Ende. Aus Mitleid tritt keiner ein.
Den Radikalenbeschluss hatte Brandt ja bereut. Jetzt ist von der SPD der Versuch zusammen mit den Grünen gestartet worden, diese Geschichte aufzuarbeiten. Z.B. wurde in Niedersachsen ein Arbeitsgruppe im Landesparlament gegründet und die GEW unterstützt den Prozess. Wer noch bremst, ist die Verwaltung, denn da ginge es auch um materielle Rehabilitierungen, Verdienstausfälle, Renten / Pensionskompensationen usw.
Bei neuen Parteien ist zurzeit eher im rechten Lager Bewegung. Von den Piraten hört man wenig. Die Linke ist nicht mehr neu, aber stagniert anscheinend in der Wählergunst. Ich finde gut, wie sie und die Grünen mit ihren Parlamentsanfragen immerhin eine aufdeckende Politik betreiben. Ein Problem sind die konformen Medien. Unsereins bekommt im Internet viel mit, aber als ich gearbeitet habe und die Kinder klein waren, hatte ich definitiv keine Zeit und so geht es vielen, da ist man auf die Nachrichtensendungen und die Zeitung angewiesen.
Das Problem ist auch, dass durch die Agenda 2010 die traditionellen Arbeitsstrukturen nicht mehr tragen und die Gewerkschaften geschwächt wurden und die Studenten müssen Klausuren schreiben und Punkte sammeln - da ist nix mehr mit teach-ins.
> Ich seh allerdings auch, dass bei zerfallenen Staaten die Bevölkerung leidet.<
liebe stine,
die sogenannten failed states, von denen die erfolgreichen staaten immer mehr herstellen, sind wie etwa somalia oder afghanistan schlecht für die bevölkerung, weil die erfolgreichen staaten unter leitung der usa die infrastruktur zerstören und bewaffnete islamistengruppen auch den rest destabilisieren.
massengesellschaften brauchen eine feste ordnung für alle bereiche, sei es güterverteilung, sicherheit oder medizinische versorgung usw. aus dieser notwendigkeit zu schließen, jede gesellschaft bräuchte die staatliche ordnung, die wir kennen, ist ein fehlschluss.
der historisch entstandene staat hat sein rückgrat im militär, darüber hinaus im sicherheitsapparat mit polizei, geheimdienst und grenzkontrollen. der kapitalistische staat stützt sich ferner auf die konzerne. das parlament hat nur eine scheinfunktion.
der parlamentarismus ist so oder so beizubehalten, wie das königtum in holland etc. beibehalten wird. es hat keine echte bedeutung, keine regierungsmacht mehr.
wie die bürgerlichen parlamente an die stelle der monarchischen gremien getreten sind, so müssen neue gremien des sachverstands und der ethik den parlamentarismus stück um stück verdrängen. experten können nur von experten gewählt werden, nicht vom sogenannten volk. das gleiche gilt für die gremien der ethischen kontrolle.
wenn die neuen kontrollgremien, die zentren der neuen macht, etabliert sind, ist die erneuerung der gesellschaft noch nicht abgeschlossen. vier hauptziele müssen zusätzlich erreicht und verankert werden: regionalisierung, ökologisierung, aufklärung (medien und bildung), wahn- und gewaltfreie erziehung.
nur die regionalisierung braucht eine kurze erläuterung: hier geht es um die abkehr vom wachstumskult, das heißt auch, vom einheitsstaat. gewaltenteilung muss ernst genommen werden, die regionalisierung schmälert die gewalt der zentralen staatslenkung.
das sind jetzt auch nur ein paar punkte der utopie.
herzlich, helder
> Ein Problem sind die konformen Medien. Unsereins bekommt im Internet viel mit, aber als ich gearbeitet habe und die Kinder klein waren, hatte ich definitiv keine Zeit und so geht es vielen, da ist man auf die Nachrichtensendungen und die Zeitung angewiesen.<
liebe stine,
ich dräng mich mal vor, weil ich deinen kommentar gerade las. die medien haben, zumindest die ör, eine informationsaufgabe laut vertrag, halten sich aber meist nicht mehr daran. das ist ein so gravierendes manko, dass damit das öffentliche bewusstsein zur manipulationmasse wird. und das i-tüpfelchen der unverschämtheit ist neuerdings, dass wir für die propaganda auch noch zwangsgebühren zahlen müssen.
es stimmt ganz genau, das ist auch meine erfahrung, dass die arbeitende und reproduzierende generation praktisch angewiesen ist auf den verdunkelungskram der medien. eine doppelt miese geschichte.
herzlich, helder
In den Regionen ist direkte Demokratie und sogar eine gewisse Transparenz noch möglich. Die Macht sollte dann zu 80% in den Regionen liegen, die verbleibenden 20% könnten durch ein routierendes und kontrolliertes zentrales Verwaltungssystem genutzt werden, um logistische koordinierende Funktionen zu übernehmen.
Das ist natürlich nur eine grobe Skizze.
Hier passt vielleicht auch ein toller Literaturtipp rein, den ich im Theodorakis-Blog von Doncoz eben bekommen habe.
http://www.magazin-auswege.de/data/2015/07/Eisenberg_Wider_die_Unterernaehrung_der_sozialistischen_Phantasie.pdf
>Das ist natürlich nur eine grobe Skizze.<
aber mit jedem strich nimmt die sache gestalt an, liebe stine. bin vollkommen einverstanden mit der mittel- und machtverteilung auf regionen und zentralgewalt. wenn wir uns einig sind, ist das kein zufall, sondern beweiskräftig...
wo fangen wir an?
herzlich, helder
>ein toller Literaturtipp<
liebe stine,
wie ist "toller" zu verstehen? etwa so wie in diesem satz:
>Eine linke Strategie, die
nicht ein GranAbenteuerlichkeit enthält,
ist nichts wert.<
ist toll etwa sowas wie abenteuerlichkeit?
kann mich an werbung für die bundeswehr erinnern. der beruf des soldaten wurde als abenteuer dargestellt und bezeichnet.
warum nicht gleich in ein werbebüro stolpern?!
kann mich an werbung für die bundeswehr erinnern. der beruf des soldaten wurde als abenteuer dargestellt und bezeichnet.
Die Bundeswehr ist sehr geschickt darin, Bedürfnisse anzusprechen, wenn sie Rekruten werben will. Sie sagt nicht, dass es sich um Horror-Abenteuer handelt.
In dem Aufsatz geht es darum, dass Linke nicht nur ökonomisch argumentieren, sondern Bedürfnisse des sinnerfüllten Lebens ansprechen. Und dazu gehört auch Abenteuer. Oder etwa nicht? Warst Du kein Pfadfinder?
>Warst Du kein Pfadfinder?<
doch so'n richtiger baden-powel-fan! mit uniform!
nee, liebe stine, und ja. denn ich war nur mit der familie im turnverein. warum, weiß ich nicht. aber die pfadfinder mit hut und halstuch oder sowas gabs satt in der gegend. ich ging meiner wege, betonung auf meiner. fand so wege, die kein fader finder kannte. das war abenteuerlich. zu fuß und per rad. einmal konnte ich noch in letzter sekunde bremsen, als vor mir auf dem feld-wald-und-wiesen-weg ein riesenrad der kreuzspinne über den weg gespannt war. die dicke spinne vor meiner nase mitten im netz. meist war ich allein und nicht im trupp unterwegs. träger oder sowas brauchte ich ja nicht. aber ich fertigte skizzen der wege, bäche usw. an. das war eine nahe aneignung der umgebung. hab ja dann später u.a. geographie studiert. die exkursionen hab ich in guter erinnerung.
du kennst den ursprung der pfadfinderei?
Ich weiß ein bisschen über die Pfadfinder und kenne Leute, die eine gute Zeit hatten inn denn Gruppen und dadurch viele Jahre ihre Beziehungen pflegen. Ursprünglich ist es naturbezogen und paramilitärisch. Hier in unserer Gegend sind die gRuppen auch sozial engagiert und mit der Kirche verbunden.
Deine frühen Ausflüge waren bestimmt interessant und abenteuerlich. Wenn ich als Kind Zeit hatte, war ich auch gern unterwegs als kleine Forscherin. Mein Ding war Blumen pflücken, Eier suchen und Experimente.
>Ursprünglich ist es naturbezogen und paramilitärisch.<
darum hab ich gefragt, liebe stine. ich kenn die geschichte aus dem englisch-unterricht, ob als schüler oder lehrer, weiß ich nicht.
>Mein Ding war Blumen pflücken, Eier suchen und Experimente.<
ersteres war meins nicht, aber die beiden anderen punkte sind auch für mich gültig.
ad eiersuche: mein nachbarjunge war bauernsohn, mit dem ich oft spielte. eier suchen von wilden nestern der freilaufenden hühner z.b. kam öfter vor.
ad experimente: mit dem nachbarmädchen, mit dem ich auch oft zusammen war, habe ich einer toten maus den bauch aufgeschnitten. nach der operation, weiß gar nicht, woher das scharfe messer hatten, wurde der mausleichnam in einem boot aus blech auf den bach gesetzt.
Das Blumenpflücken war sehr interessant, weil es früher auf den breiten Feldrainen ein sehr vielfältiges Pflanzenwachstum gab. Es wurden auf den Feldern noch kaum Pflanzengifte gespritzt, allerdings Saatgut gebeizt mit DDT. Das ist heute verboten.
Experimentieren und beobachten konne ich viel. Ich habe z. B. versucht, neben einem Dieselfass Pflanzen zu sähen - ohne Erfolg. Dann habe ich mal Tinte aus Pflanzenfarben hergestellt,- ging gut aber schimmelte nach einiger Zeit.
lieber helder, mein indienbesuch vor fünf jahren ist zufällig zustande gekommen; meine beschäftigung mit gandhi jahrzehntealt. noch einmal zu den kasten. das perfide ist gewiss, dass man vorschnell mit dem finger auf das indische kastenwesen zeigt und dabei die subtile, nicht aufgeschriebene ordnung (du nanntest sie einmal mordordnung )in unserer westlichen welt übersieht. das ist mir schon lange klar. dennoch habe ich den schock noch nicht überwunden, zu erfahren, dass in der zeit vor der kolonialisierung der briten die indische geschichte keinesfalls friedlich war. trotz ermangelung moderner technik gab es folter und unterdrückung in unvorstellbarem maße. von dieser warte aus erscheint mir gandhi eine ganz große ausnahme, die sich nicht aus einer bestimmten kultur heraus erklären lässt, auch wenn er dem hinduismus in gewisser weise treu geblieben ist. sich gegen die idee der reinheit aufzulehnen und die dalits als mitmenschen zu sehen, das allein hätte schon für ruhm und ehre gereicht. gewaltlosigkeit ist für alle ein neues konzept und eine große aufgabe für die zukunft. andererseits wissen die bundestagsabgeordneten heute genau, wie man als vorbild das einfache leben gestalten kann. ^^
Im übrigen haben die lehrpläne gandhi so heimlich gestrichen; vermehrt findet man artikel, die beweisen sollen, dass er sich z.b. um die frauenfrage nicht gekümmert hat (was stimmt, aber was sollte er noch alles getan haben?). das interesse am historischen wird zugedeckt durch ein allgemeines bild vom modernen indien. das finde ich sehr schade. gandhi bedeutet der jugend immer noch sehr viel. schließlich haben wir wenige beispiele von menschen, die das, was siesagen und lehren auch in der realität umsetzen.
Die neuere biographie von joseph lelyveld liegt noch ungelesen auf meinem schreibtisch.
beste grüße, selbstverständlich auch an den geheimnisvollen vogel, elke
>Experimentieren und beobachten konnte ich viel.<
ich auch, leider waren meine experimente nicht so harmos wie das mit der toten maus oder wie deine pflanzen versuche. ich hatte es mit tieren zu tun, und das ist den tieren nicht immer gut bekommen. z.b. hielt ich eine große kreuzspinne im glas. sie wurde reichlich mit fliegen gefüttert. ich wollte so nicht nur das tier beobachten, sondern auch meine spinnenphobie bekämpfen. mäuse, fische, eidechsen etc. alles wildfänge.
übrigens ist das experimentieren eine gute brücke zurück zum gandhi. der experimentierte vor allem mit sich selbst, etwa beim kochen, essen, krankheit kurieren etc.
>dennoch habe ich den schock noch nicht überwunden, zu erfahren, dass in der zeit vor der kolonialisierung der briten die indische geschichte keinesfalls friedlich war.<
liebe elke,
den schock verstehe ich nicht. wie konntest du von den zeiten und menschen vor der aufklärung anderes erwarten als das, was du jetzt weißt? allerdings muss man differenzieren. indien ist so riesig, dass es dort zu verschiedenen zeiten und in den verschiedenen regionen auch sehr unterschiedliche verhältnisse gab. mein indienbild war geprägt von der lektüre des buchs "Kreuz und quer durch Indien". autor unbekannt. das indienbild entsprach dem klischee vom wunderland.
spätestens seitdem ich vor etwa drei jahrzehnten anfing, mich für geschichte zu interessieren, änderte sich alles. meine suche galt dem gold der goldwäscher vergleichsweise. die suchen etwas seltenes und kostbares. das suchte ich auch. etwas, das ich später 'das menschenmögliche' (im positiven sinn) nannte.
so entdeckte ich gandhi, aber auch die dschainas, die society of friends, multatuli, peter cheltschitzki. alle fünf funde bilden den stoff für die schulfunkserie (für erwachsene).
insofern hast du recht, elke, dass gandhi eine ausnahme war. wie die vier anderen in der serie auch. alle standen sie den üblichen formen der gesellschaftlichen gewalt kritisch gegenüber. für alle fünf gilt, dass sie sich nicht zurückzogen in ein kloster oder auf eine ferne insel (nach defoes muster oder gauguins). vielmehr stellten sie sich quer.
> erscheint mir gandhi eine ganz große ausnahme, die sich nicht aus einer bestimmten kultur heraus erklären lässt, auch wenn er dem hinduismus in gewisser weise treu geblieben ist.<
albert schweitzer setzte sich in seinem kampf um lambarene so für die vom kolonialismus und der sklaverei arg benachteiligte bevölkerung der afrikanischen tropen ein. es wurde ihm nichts geschenkt. leider verband er mit der krankenheilung auch die christliche mission. aber so war er aufgewachsen in europa.
gandhi war von der indischen tradition beeinflusst, insofern er kontakt zur gruppe der dschainas hatte. ich vergleiche diese gruppe der inder/hindus mit der gruppe der friends, die vom europäischen christentum beeinflusst sind. vergleich nicht als gleichsetzung.
aber beide gruppen reagieren sehr empfindlich auf gewalt. wie es zur bildung und tradition dieser beiden gruppen kam, hat in beiden weltregionen und zu ganz unterschiedlichen zeiten mit der erfahrung exzessiver gewalt zu tun. sprich, mit kriegen.
> gewaltlosigkeit ist für alle ein neues konzept und eine große aufgabe für die zukunft.<
sorry, liebe elke, ich zeige genau das gegenteil. george fox lebte im 17. jh. in england, und mahavira vor ca. 2500 jahren in indien. ahimsa hier und die ablehnung von kriegsdienst auch dort im wilden westen europas, wo das british empire langsam gegründet wurde.
der fortschritt in ethischer hinsicht ist keine frage des kalenders wie in wissenschaft und technik. es gab und gibt inseln im meer der gewalt.
>Im übrigen haben die lehrpläne gandhi so heimlich gestrichen<
das ist kein zeichen von fortschritt, wohl aber bezeugt es einen großen mangel an ethischem bewusstsein. oberflächlichkeit.
nun kann ich auch nicht unkritisch mit diesen lichtgestalten umgehen. es waren menschen mit schwächen und falschen vorstellungen. aber wie schopenhauer sagte, soll man große vorbilder und meister nicht an ihren mängeln messen, sondern an ihren hervorragenden leistungen. wer das nicht tut, hat gründe fürs verschweigen und übergehen der menschen, die beispielhaft sind für das menschenmögliche.
liebe grüße, auch vom schnabelträger in schwarz
helder
Lieber Helder,
Du musst mir unbedingt schreiben, wenn er wieder fliegen lernt. Das würde mich gewaltig freuen. Und Dir grossen Dank dafür! CE
Liebe Stine,
ganz herzlichen Dank für den Link, den ich mit grossem Interesse gelesen habe. Als humanistischer Anarchist ist mir die Argumentation gängig und entspricht auch meiner Praxis in verschiedensten Ländern der Welt. Ohne Lebenslust und Herzenswärme wird bestehende Herrschaft nicht abgelöst werden, höchstens durch eine andere Herrschaftsform ersetzt. In meinen Projekten wurde selten ein Wochenende ohne Fest, ohne Tanz und Musik begangen. Nach jedem selbst erarbeiteten kleinen Fortschritt war das gemeinschaftlich begangene "Fest" obligatorisch und Reproduktion und Produktion (fürchterlich öde Begriffe) wurden miteinander verschmolzen. Allerdings steht sich da der meist verbiesterte, linke, deutsche Kopfmensch selbst im Weg und tanzt mit einem Besenstiel im Kreuz und der nächsten Marx-Lektion im Kopf herum. Kennzeichnend: Der stupide "nordische" Rockrhythmus bum, bum, bum, mit allenfalls Kopf- und Armfuchteln wird im Süden zu Salsa, Bossa Nova und Tango, die aus der Hüfte und dem Bauch kommen.
LG, CE
hallo liebe lee, wo bleibst du? am 28. hast du um 23:27 uhr unverkennbar angesetzt zu einem kommentar, den du aber dann doch aus irgendeinem grund nicht geschrieben hast, so dass dort nun eine leerstelle auf füllung wartet...
wie kannst du das nur ertragen;-)
in umkehrung der frage, die gern nach einer dichterlesung in den 70er jahren gestellt wurde, muss ich doch hoffentlich nicht länger auf die frage warten, wo bei gandhi das negative bleibe. ein kleiner hinweis:
Gandhi notierte, es sei das größte Glück, im Interesse und zum Wohl des eigenen Landes und seiner Religion zu kämpfen. (aus dem blog)
er notierte das vor über einem jahrhundert. trotzdem kann das für gewisse zeitgenossen heute noch gelten, aber ...
Schluß mit dem Mythos! Gandhi war ein Befürworter des indischen Kastensystems, dessen Privilegien er genoß und nicht missen wollte, und ein Rassist. Keiner der Armen und Entrechteten im heutigen Indien verehrt Gandhi - sondern vielmehr B. R. Ambedkar, der, einst selbst ein "Unberührbarer", sich wirklich für die Abschaffung der Kasten einsetzte. Und auch die Schwarzen in Afrika waren für ihn auch nur "Kaffern", "dreckig und geborene Lügner", gerade recht für niedere Arbeiten ...
... sagt Arundhati Roy, Indiens große Schriftstellerin, Kapitalismus- und Globalisierungskritikerin. Sie stützt sich dabei auf Dokumente Gandhis, gerade aus seiner Zeit in Afrika. Zu sehen und hören in diesem ttt-Beitrag vom 14.12.2014, der immer noch via Mediathek aufrufbar:
http://www.daserste.de/information/wissen-kultur/ttt/videos/das-andere-gesicht-mahatma-gandhis-100.html
Ich wundere mich, dass dazu noch keine größere Diskussion eingesetzt hat! Naja, solche Mythen sind nicht so einfach umzuwerfen ...
Btw.: Von wem ist eigentlich der obenstehende Text? Keine Credits, keine Quellen??!! Von Dir selbst, h. yúren?
Korrektur:
(...) Und auch die Schwarzen in Afrika waren für ihn [Gandhi] auch nur "Kaffern", "dreckig und geborene Lügner", gerade recht für niedere Arbeiten ...
stimme voll zu, wenn du meinst, dass es ideen zu gewaltlosigkeit schon viel früher und aus unterschiedlichen kulturen erwachsen, gibt. über deine angeführten mesnchen bzw. gruppen weiß ich noch zu wenig, werde mich aber kundig machen.
herzlichen gruß! elke
Ich staune doch sehr, wie schnell Sie Frau Roys Schlagwörter als gegebene Wahrheiten hinstellen. Sätze wie "Gandhi war ein Rassist" sind schon eine gewaltige Unterstellung. Soweit ich weiß, war Gandhi in Südafrika sehr damit beschäftigt, seinen Landsleuten die Grundlagen einer hygienischen Lebensweise nahezulegen, mit der sie einfach nicht vertraut waren.-
Roy stellt die These auf, Gandhis Gewaltlosigkeit sei auf Gewalt aufgebaut, weil er das Kastensystem nicht wirklich kritisierte. Sein Disput mit Ambekhtar wäre eigentlich ein eigenes Blog wert. Selbst wenn Gandhi den Hinduismus, genauso wie andere Religionen, als wichtig gelten ließ, so lebte er nicht nach dem starren System. In seinem Ashram lebten meines Wissens sehr wohl auch Unberührbare. Seine Deutung dieser Kaste als "Kinder Gottes" hat mich nie überzeugt, dennoch ist es ein bemerkenswerter Versuch, durch die Praxis das Kastensystem aufzuweichen. Es stimmt, dass seine Projekte durch Wohlhabende unterstützt wurden, dennoch hat er selbst durch seine einfache Lebensweise jeglichem Wohlstand abgeschworen. Privilegien hat er nun wirklich für sich nicht ausgenützt. In Zukunft stellte er sich Politiker auch als Vorbilder vor, die ihre Regierungsgebäude einfach halten usw. - Dass er als Anwalt für reiche Inder tätig war, kann man ihm nun wirklich nicht aufs Butterbrot schmieren. Er war jung und nicht als "Gewaltloser" geboren, sondern musste sich erst umsehen...Als er die Not der Menschen in Indien sah, reagierte er mit Klugheit und großer Willenskraft. Was er von anderen forderte, hat er selber gelebt. Wie kann man dan sagen, er habe ein archaisches Privilegiensystem unterstützt?
Dass Gandhi in Indien in öffentlichen Gebäuden hängt und Ambekhtar nicht, finde ich auch bedauerlich; wer heute Gandhi verehrt in Indien, ist schwer zu sagen. Die Verehrung, die ihm von der herrschenden Elite entgegengebracht wird, ist eine Farce, auf die er nicht stolz wäre.
Gandhi als "Mythos" abzuschaffen, finde ich in Ordnung; ihn als Rassisten und Privilegiertenfreund darzustellen, ein herber Versuch, ihn seiner Integrität zu berauben.
Eine etwas differenziertere Sicht dazu in Graswurzelrevolution.
"Ich staune doch sehr, wie schnell Sie Frau Roys Schlagwörter als gegebene Wahrheiten hinstellen."
Ich gebe zu, dass ich die Aussagen Roys als Teaser an den Anfang meines Kommentars setzte und es wie zunächst so aussieht, als wären das meine Ansichten. Jedoch schreibe ich, dass all' das Roy behauptet.
"Sätze wie "Gandhi war ein Rassist" sind schon eine gewaltige Unterstellung."
Aber Roy zitiert dazu Gandhi. Wie authentisch diese rassistischen Aussagen sind ..., tja ... wer weiß. Ich denke aber auch, dass Roy sich das nicht ausgedacht haben wird.
"Soweit ich weiß, war Gandhi in Südafrika sehr damit beschäftigt, seinen Landsleuten die Grundlagen einer hygienischen Lebensweise nahezulegen (...)"
Ja, soweit wissen wir's - dass er sich um die Inder gekümmert habe. Das allein widerlegt aber auch nicht den Rassismusvorwurf.
>Schluß mit dem Mythos!<
na endlich! in meinem letzten kommentar wies ich nachdrücklich darauf hin, dass wir uns doch auch ein wenig mit dem negativen in gandhis vita befassen sollten...
arundhati roy wird schon recht haben mit ihrer kritik. mir ist nicht bekannt, dass sich gandhi in seiner zeit in südafrika für die interessen der afrikaner eingesetzt hätte.
ja, das blog habe ich wie gesagt auf vorschlag von lee berthine aus meinem archiv mit funktexten hier rübergeholt.
Was verlangt man eigentlich von Menschen, die so unendlich viel mehr für den gesellschaftlichen Fortschritt geleistet haben als man selbst?
Soll jeder ein Heiliger sein? Gesteht man niemandem eine Entwicklung zu, der in seiner Kindheit und Jugend nicht mit der täglichen Predigt der Menschenrechtserklärung aufgewachsen ist?
Wenn jemand herkommt und ein unappetitliches Detail in der Biografie eines solchen Helden aufstöbert, verfällt man sofort in unruhige Erregung und verliert die Gesamtschau?
Sowas kann nur jemanden erschüttern, der sich einen Altar mit Ikonen aufgestellt hat.
>Wenn jemand herkommt und ein unappetitliches Detail in der Biografie eines solchen Helden aufstöbert, verfällt man sofort in unruhige Erregung und verliert die Gesamtschau?<
richardk, eine nur allzu berechtigte frage. danke.
viele menschen hättens lieber ganz oder gar nicht...
>Eine etwas differenziertere Sicht dazu<
danke sehr für den link zur sache.
Habe nachgelesen in Joseph Lelyveld's kritischer Biografie: Great Soul. Mahatma Gandhi and his Struggle with India, 2011.
In Gandhis frühen Schriften in Südafrika findet man tatsächlich rassistisches Gedankengut. Herablassend formuliert er über den Kaffir: "...the raw Kaffir, whose occupation is hunting and whose sole ambition is to collect a number of cattle to buy a wife, and then pass his life in indolence and nakedness." Derselbe Gandhi, der später von sich sagte, er wolle selber "as naked as possible" leben... Lelyveld ordnet diese Aussagen ein als zu Gandhis Obsession mit Reinheit gehörend, ein Thema, das in den Hindu-Schriften maßgeblich ist, das Kastensystem bestätigt und später auch Gandhis Idee der sexuellen Enthaltsamkeit beeinflusst. 1908, in der Zeit zwischen seinen zwei Gefängnisaufenthalten, spricht er bei einer Diskussionsveranstaltung vor dem YMCA in Johannesburg zum Thema: "Are Asiatic and Colored races a menace to the Empire?" Er beginnt: "In a well-ordered society, industrious and inteligent men can never be a menace". Hier spricht er sowohl von Indern und Afrikanern. Die hässliche stereotype Vorstellung des "rauen Kaffirs" spielt hier keine Rolle mehr, zum ersten Mal werden beide, Inder und Afrikaner, implizit auf eine Ebene gestellt.-
Richtig also, in seinen ersten Jahren in SA gab es von Gandhi rassistische Aussagen. Ich meine, man sollte solche Äußerungen nicht verstecken. Was mich gestört hat, war die platte Aussage, "Gandhi war Rassist". Sie haben das wohl nicht so gemeint, sondern sich über das Festhalten an Mythen beschwert. Diese Diskussion hätte schon längst beginnen müssen, ansonsten verfällt man in denselben Fehler wie der Großteil Indiens oder auch westliche Gandhi-Bewunderer: Gandhi auf einen Sockel zu stellen, um sich mit seinen Ideen nicht auseinandersetzen zu müssen.
Gruß, Ro
"Was mich gestört hat, war die platte Aussage, "Gandhi war Rassist". Sie haben das wohl nicht so gemeint (...)"
Ich möchte noch einmal darauf verweisen, dass in meinem ersten Kommentar die Worte über Gandhi nicht die meinen, sondern die Roys sind. Sie sollen auch nicht so verstanden werden, als hätte ich sie bereits an- bzw. übernommen und mir also eine abschließende Meinung über Gandhi gebildet. Vielleicht hätte ich doch lieber Roy zitiert, als sie zu paraphrasieren ...
Jedenfalls hat ja nun hier eine Diskussion eingesetzt und andere Sichtweisen bzw. auch modifizierende Einsprüche gegen Roy sind gekommen. Darauf wollte ich nicht hinaus.
Ob es sich hinsichtlich des Rassismus um so etwas wie 'Jugendsünden' Gandhis handelt, die vielleicht auch unter zeitgeschichtlichen Aspekten gesehen werden müssen und/oder dass Gandhi daran auch gewachsen ist, wird wohl so ohne weiteres nicht zu klären sein. Wenn Roy keine bisher unbekannten oder von den Biografen und Forschern unberücksichtigten oder verschwiegenen Quellen aufgetan hat, so hat sie vielleicht auch eine ganz spezifische Sichtweise auf die Dinge. Immerhin agiert sie ja auch als politische Aktivistin und 'Anwältin' der Armen Indiens.
Besten Dank für Ihr Nachschauen und das Zitieren Lelyvelds!
Korrektur:
Darauf wollte ich nichthinaus.
(wat is denn heut nur los, verschreib mich ständig ...)
Danke schon einmal - lese ich noch nach.
Einen guten Kommentar zu Roy haben Sie da verlinkt. Demnach scheint es so zu sein, dass Roy eine Perspektive auf Gandhi anlegt, die fordert, sich vollkommen aus den traditionellen gesellschaftlichen Kontexten Indiens zu lösen. Lou Marin erklärt Gandhi als "kritischen Traditionalisten", der für ein hierarchieloses, horizontales Kastensystem eintrat. Roy ist das nicht genug; sie neigt offenbar mehr den in Europa, zwischen französischer Revolution und Marxismus, gewachsenen Ideen von prinzipieller Gleichheit und der vollkommenen Überwindung von Klassen(!)gegensätzen zu. Damit fordert sie vielleicht gerade für die Zeit des frühen 20. Jh. in Indien - unter eine Gemengelage von Maharadscha- und Kastentradition und Kolonialreich - zu viel und tut Gandhi so wohl auch unrecht. Vielleicht kann man es so verkürzen: In dem sie nahezu dasselbe wollen, war Gandhi mehr Inder und handelte wohl auch indischer, als heute Roy, die sehr von westlich geprägtem Antikapitalismus und Klassenkampf geprägt zu sein scheint.
Ich hatte nach ihrem 1ten Kommentar von Roy deren Kritik an Gandhi in Erinnerung, wusste aber nicht mehr, wo ich es gelesen hatte. Aus anderen Quellen kannte ich noch einige Aspekte zur "Entwicklung" Gandhis von Afrika nach Indien und später. Über die starke Kritik von Roy war ich damals irritiert.
Da man sich nicht selbst zum Experten in allen Angelegenheiten machen kann, bleibt nur die Suche nach verlässlichen Quellen, die wiederum aus dem Inhalt überzeugende Darstellungen liefern sollten, die hoffentlich von einem erkannt werden können, um zu qualifizieren.
Aufgrund ihrer einleitenden Kritik "Schluss mit dem Mythos", bin ich noch mal auf Suche gegangen. Da ich des Öfteren schon in Graswurzelrevolution gute Texte gefunden hatte, bin ich da hängen geblieben. Die Ursache waren aber Sie. :-) Und das meinte ich in einem anderen Beitrag von @Mopperkopp, dass es die Verbreiterung des Blickwinkels ist, zu dem ein Forum wie hier behilflich sein kann.
Ich finde mich in ihrer Zusammenfassung gut wieder. Die revolutionären "Kinder/ Roy" sind manchmal zu ungeduldig (streng) mit ihren Vorbildern und übersehen die Gemeinsamkeiten (Verdrängung?).
>In Gandhis frühen Schriften in Südafrika findet man tatsächlich rassistisches Gedankengut.<
mich wundert das wenig, liebe elke. hatte gandhi doch in der kapkolonie für seine landsleute gekämpft, auch mit ihnen, gegen die europäer der apartheid. sein kampf war nazional. und dann sprang er auch noch auf den nazionalistischen zug der zeit auf.
>Gandhi notierte, es sei das größte Glück, im Interesse und zum Wohl des eigenen Landes und seiner Religion zu kämpfen. (aus dem blog oben)<
das größte glück für ihn war es, für jene da zu sein und von denen heimgeholt zu werden, vor denen er früher nur fliehen konnte. aber das war schnell vergessen und verziehen, als die heimat ihn rief...
er war in die fremde hinausgezogen und hatte dort für die indische sache erfolgreich gekämpft. nazionale einstellungen waren damals so selbstverständlich wie heute noch immer in großen teilen der bevölkerung. die menschheit, welche die französischen lumières im sinn hatten, gilt den meisten bis heute wenig. wie zu diderots zeit. gandhi machte aber später deutliche versuche, die engen grenzen zumindest zu weiten.
herzlich, helder
was ich damit eigentlich sagen wollte, aber durch den schwund des ersten kommentars futsch ging:
wo nazionalismus im spiel ist, darf mit großer wahrscheinlichkeit auf andere formen des fremdelns gefasst sein. wie rassismus, fremdenfeindlichkeit usw. zu gandhis zeit waren diese beiden ismen zur hochform aufgelaufen, weltweit. gandhi war insofern und in jenen jahren wenig weise. später hatte er mehr eigengewicht - nicht in kilos.
Ich denke, der Hinweis auf neue Sichtweisen ist schon gerechtfertigt. Leider habe ich Lelyvelds Biografie noch nicht ganz gelesen. Es scheint mir jedoch sehr wohl möglich zu sein, zu einer genaueren Beurteilung zu kommen. Die Sendung mit Roy ist natürlich schrecklich verkürzt und nur provokativ.
Bei Lelyveld habe ich auch gelesen, dass in den Gefängnissen die Inder unter sich auch Schwierigkeiten hatten, z.B. neben jemandem, der einer anderen Kaste angehörte, zu liegen. Wir machen uns keine Vorstellung davon, wie sehr Menschen damals diese Kasteneinteilung für richtig hielten und Gandhi war zu dieser Zeit zumindest am Anfang ebenso darin gefangen. Es dauerte nicht lange, bis er sich davon löste..Im modernen Indien ist vor allem bei Heiratsannoncen immer wieder versteckt eine Anspielung auf die erwünschte Kaste zu finden.
Nicht zu vergessen die Kasten in unserer Gesellschaft. So schnell ist das wohl mt dem Kopf nicht abzuschaffen. Allen voran die Politikerkaste...
Ich habe Ihr Anliegen schon richtig verstanden - und stimme damit überein!
ja, lieber helder, wenn ich mir den kontext der situationen im damaligen südafrika vergegenwärtige, dann sind gandhis ideen nicht ganz so überraschend. ich musste allerdings - weil mit modernen Augen gelesen - zunächst schon über den eindeutigen ton schlucken. insofern wird es sich lohnen, lelyvelds biografie ganz zu lesen. dass bei gandhi so vieles immer neu gedacht wurde,werde ich in zukunft meiner schülerschaft noch mehr verdeutlichen können als bisher. und für mich persönlich ist diese auseinandersetzung ebenso eine bereicherung; ich meine ja stets, gewaltlosigkeit ist nur ein aspekt bei gandhi. seine positive sturheit, ein anderer. das bild von dem lieben friedfertigen hat sich zu sehr falsch eingeprägt und die enorme willenskraft, die er an den tag legte, gerät oft in vergessenheit. - erstaunt hat mich dann doch, bei lelyveld zu lesen, wie schnell gandhi einseitigkeiten bemerkt und korrigiert hat.
die zu hochform aufgelaufenen ismen, wie du sagst - ich sehe immer neue kommen, dennoch lohnt es sich, im sinne der lumieres nicht aufzugeben. gandhi macht einfach mut.
herzliche grüße, selbstverständlich auch an krah, elke
Ja, das Kastenwesen ... so etwas können wir uns wohl gar nicht vorstellen.
Pleifel hat ja einen interessanten Text, der Kommentar zu Roy ist, verlinkt. Dazu siehe vielleicht auch meinen Kommentar 03.08.2015 | 19:42
Ja, das habe ich gelesen, war ein wichtiger Hinweis.
Kastenwesen: Als ich ein kleines Mädchen war, musste ich im konservativen Österreich vor Nonnen, die einem auf der Straße entgegenkamen, einen Knicks machen. Mein Herz schlug jedes mal bis zum Halse. -Ein früherer Freund ais Indien erzählte mir, dass, sollte ich Indien und seine Familie besuchen, seine Großmutter nach dem Händeschütteln sofort ein Bad zur Reinigung nehmen würde. Dazu habe ich unzählige Geschichten gehört. Was die Unberührbaren erdulden mussten, kann man hier nicht in Worte fassen.
Haben wir es hier im Westen überwunden? 1. und 2. Klasse im Zug, Automarke, Wohngegend, Prekariat usw. - wäre fast einmal ein eigenes Blog wert!
"Haben wir es hier im Westen überwunden? 1. und 2. Klasse im Zug, Automarke, Wohngegend, Prekariat usw."
Klar, Gleichheit, als Prinzip, das gepflegt und auch durchgesetzt und verteidigt wird, ist nirgendwo erreicht. Trotzdem besteht ein Unterschied zum Kastensystem. Du hast so ziemliche keine Chance, deiner Determination qua Geburt zu entkommen. In früheren Jahrhunderten war das in Europa ja ähnlich: Dem dritten Stand konntest du auch nicht entkommen; Kind von Bauern blieb Bauer. Heute, im Westen, gibt es eigentlic nur die Regel, dass Geld zu 1. Klasse und Premium verhilft. Zwar stimmt es auch heute noch überwiegend, das Fett immer oben schwimmt - aber es gibt zumindest theoretisch die Aussicht, 'oben' dabei sein zu können. Das allein das Geld nur an die Stelle von 'Gottgegebenheit' getreten ist, ist aber auch kaum ein Fortschritt. Denn möglichst viel Geld für sich oder auf einer Seite anzuhäufen, lässt es immer auf einer anderen Seite fehlen.
Korrektur:
Trotzdem besteht ein Unterschied zum Kastensystem. Dort hast du so ziemliche keine Chance, deiner Determination qua Geburt zu entkommen.
>wenn ich mir den kontext der situationen im damaligen südafrika vergegenwärtige, dann sind gandhis ideen nicht ganz so überraschend.<
liebe elke,
genau, das damalige südafrika war für gandhi erst einmal das wiederbelebungslabor, in dem er aktiv werden konnte, so wie er gebaut war, musste. ein politiker kann nur mit den möglichkeiten spielen oder arbeiten, die sich ihm anbieten. die indische minderheit hatte gewissermaßen auf den befreier gewartet.
dass gandhi in seiner situation als schwächerer mitspieler auf die schwächen seiner gegner achtete und sie nutzte für seine ziele, ist in asien nicht so besonders wie in europa. bekannt von den asiatischen sportarten. (denke nicht an sumo)
dass die frauen der kulis bereit waren, von natal nach transvaal zu wandern, damit sie dort eingesperrt wurden, war nur unter den besonderen bedingungen südafrikas möglich.
gewaltfrei wird die kampfart vor allem von westlichen haudraufs gesehen. gandhi setzte auf die gewalt der gegner sowie auf die leidensfähigkeit der eigenen leute, dabei immer die "mitreisenden" im blick. er brauchte die gewalt der gegner, um bei den "mtreisenden" unwillen zu produzieren, brauchte aber auch die opfer(bereitschaft) der eigenen leute. das spiel habe ich nie als gewaltfrei empfunden. dass die herrschenden jederzeit bereit sind, im notfall militär einzusetzen, wie beim streik der bergleute in newcastle, garantierte das mitgefühl der "mitreisenden" via presse, aber eben auch tote und verletzte auf der eigenen seite.
>dass bei gandhi so vieles immer neu gedacht wurde,werde ich in zukunft meiner schülerschaft noch mehr verdeutlichen können als bisher.<
ich möchte sagen, auf die mischung kommt es an. gandhi war einerseits stockkonservativ. er las die gita, übrigens schon als student in london (das war in der fremden umgebung noch ganz verständlich), dass er auch die großen kästen der kasten mit sich herumscheppte, passte zum nazionalisten, zu dem er in südafrika im kampf nur für die indische sache wurde. modern an gandhi war sein experimentieren, das bedeutete immer auch das infragestellen des gewohnten. ob es ums essen ging oder um fragen der gesundheit/medizin oder um arbeit und besitz. nur, indien als nazion und den hinduismus als nazionale religion konnte er nicht aufgeben. das war der boden, auf dem er stand.
>dennoch lohnt es sich, im sinne der lumieres nicht aufzugeben. gandhi macht einfach mut.<
hm, die kombination kommt mir ein bisschen komisch vor...
gandhi mag in alle richtungen untersucht und verehrt werden, ein aufklärer war er nun wirklich nicht.
reichsadler krah hat gestern nachmittag den nachbarn doch einiges abverlangt während seiner gesangsproben im garten.
herzlich, helder
>Ja, das Kastenwesen ... so etwas können wir uns wohl gar nicht vorstellen.<
nun, ganz so gestrickt wie die indischen uraltkasten haben wir nichts. aber kannst du dich in die lebens- und gedankenwelt der milliardäre hineinversetzen? weit unter sich die winzigen millionäre erster, zweiter und dritter klasse...
demokratie der altgriechischen machart.
>Haben wir es hier im Westen überwunden? 1. und 2. Klasse im Zug, Automarke, Wohngegend, Prekariat usw. - wäre fast einmal ein eigenes Blog wert!<
nichts haben wir überwunden, liebe elke. wenn ich daran denke, wie willy brandt, der ja nun für hiesige verhältnisse schon jemand besonderer war, wie willy brandt im wahlkampf die kleinen parteien runtermachte als splitterparteien. und von parteiungen haben wir eine menge. allein die komplizenschaft von staat und kirche hierzulande ist sowas wie das kastenerbe der inder. milliarden steuergelder, die an kirchen und militär verschwendet werden, jedes jahr, und das ist nur ein brocken.
herzlich, helder
>Trotzdem besteht ein Unterschied zum Kastensystem. Du hast so ziemliche keine Chance, deiner Determination qua Geburt zu entkommen.<
ja, das ist so. aber beobachter der bildungsszene hierzulande im vergleich mit anderen ländern kommen jedesmal zu dem schluss, dass in keinem land der bildungserfolg der kinder so sehr vom elternhaus abhängt wie hierzulande. das ist vielleicht ein besser versteckter, aber nichtsdestotrotz schwerwiegender defekt des systems. kein zufall.
"aber kannst du dich in die lebens- und gedankenwelt der milliardäre hineinversetzen? weit unter sich die winzigen millionäre erster, zweiter und dritter klasse..."
Na klar kann ich das. Mir fehlt auch nicht mehr viel, um mich dort mit an den Tisch zu setzen.
:-)
Spaß beiseite: Natürlich kann ich mich nicht in deren Welt hineinversetzen. Aber siehe vielleicht auch diesen Kommentar:
03.08.2015 | 22:40
Ah, sehe jetzt, Du hast den Kommentar ja schon gelesen.
"... dass in keinem land der bildungserfolg der kinder so sehr vom elternhaus abhängt wie hierzulande."
Und das erstaunt mich jedes Mal aufs Neue, wenn ich es höre! Nicht, dass ich es bestreiten wollte oder könnte. Aber dass D da so absticht gegenüber anderen europäischen Ländern ...
>Aber dass D da so absticht gegenüber anderen europäischen Ländern ...<
mich wunderts weniger, miauxx. wenn ich an andere alleinstellungsmerkmale der berliner republik denke, etwa die komplizenschaft von staat und kirche. jahrhundertealt, nicht wegzudenken. die nazis waren auch in der hinsicht keine ausnahme. dass der kaiser seinen krieg "mit gott" führte gegen die bösen feinde, versteht sich.
Das stimmt natürlich alles. Und obwohl das Kastensystem in Indien offiziell abgeschafft ist, ist die "größte Demokratie der Welt" weit entfernt von irgendeinem meritokratischen System. Jobs bekommt man durch Beziehungen. - Da sind wir hier im Westen einfach ein zu gutes Vorbild, das man nicht so schnell nachahmen kann. ^^
hm, die kombination kommt mir ein bisschen komisch vor...
gandhi mag in alle richtungen untersucht und verehrt werden, ein aufklärer war er nun wirklich nicht.
ich meinte, an deinen etwas erweiterten begriff der aufklärung anknüpfen zu können..gewissen entwickeln, sich selbst schonungslos auf die schliche kommen, änderungen nicht nur bei anderen, sondern auch bei sich erwarten, einsichten in den alltag umsetzen usw...es gibt, das behaupte ich nun mal, aufgeklärte religiöse und aufgeklärte nicht-religiöse...
gesangsproben sind schön, vor allem bei könnern, und ein solcher ist krah, an sich gemessen, vielleicht doch.^^
herzlich, elke
ein paar statistiken über einkommens-und vermögensverhältnisse verdeutlichen das ebenso.
>ich meinte, an deinen etwas erweiterten begriff der aufklärung anknüpfen zu können..<
während ich mich vergeblich bemühe, mit meinem supermailprogramm ins reine zu kommen, liebe elke, erblühen und leuchten mir drei sonnenblumen.
mein erweiterter neuer begriff der aufklärung schließt beide arme ein, den des wissens und den des gewissens. nun war gandhi kein unwissender, aber um wissen im sinn der europäischen aufklärung (alter gebrauch und altes verständnis) hat gandhi sich nun doch keine verdienste erworben. sich auch gar nicht darum bemüht.
schiller traf und beklagte in der gesellschaft seiner zeit überall nur noch teilmenschen, ja, so hat er die genannt. damit griff er den verhältnissen der spezialisierung heute vor, am fließband wie in der wissenschaft.
mein begriff der aufklärung überfordert also die meisten menschen doch sehr. wenn darin kein platz für gandhi ist...
so wie krahs linker flügel zwar vorhanden, aber arg beschädigt ist, und er dadurch nicht flugfähig, so haperts in der aufklärung meist auf der einen oder anderen flügelseite. leider. aber ist es nicht auch zu erwarten, dass menschen nicht auf allen gebieten hervorragendes leisten, zu viel verlangt?
andrerseits muss der maßstab der aufklärung die menschheit sein. hat nicht gandhi viel mehr für sein land indien getan wie auch für die indische minderheit in südafrika als für die menschheit?
herzlich, helder
>ein paar statistiken über einkommens-und vermögensverhältnisse verdeutlichen das ebenso.<
hm, weiß nicht, was die beweisen, liebe elke? ungleichheit in grandiosen ausmaßen hier wie dort in indien, ja. oder?
"Jobs bekommt man durch Beziehungen. - Da sind wir hier im Westen einfach ein zu gutes Vorbild, das man nicht so schnell nachahmen kann. ^^"
Ach ja ...
Dass ich immer wieder staune ob schlechter Sozialausweise für Deutschland, liegt wohl daran, dass ich dieses Land innerhalb der kapitalistischen Welt immer noch - zumindest bis zu den jüngeren Sozialreformen - für ein vergleichsweise (!) soziales gehalten habe. Es ist ja auch so, dass es etwa in Spanien, aber auch in den 'neukapitalistischen' Ländern Osteuropas noch nicht einmal so etwas wie Hartz IV, bzw. Grundsicherung aufgrund von Bedürftigkeit, gibt.
Dass ich immer wieder staune ob schlechter Sozialausweise für Deutschland, liegt wohl daran, dass ich dieses Land innerhalb der kapitalistischen Welt immer noch - zumindest bis zu den jüngeren Sozialreformen - für ein vergleichsweise (!) soziales gehalten habe.
dann kennst du wohl nicht die britische untersuchung zweier sozialwissenschaftler, die sich gleich eine ganze serie für ihren vergleich vorgenommen hat. brd unter ferner liefen wie usa und gb. die skandinavier schnitten am besten ab.
untersucht wurden die sozialen unterschiede im jeweiligen land. das hat auch etwas mit gewalt zu tun, freilich nicht individuelle, sondern gesamtgesellschaftliche und strukturelle.
nicht aus lust am widerspruch, lieber helder, aber ich finde "die menschheit" ist ein zu verkopfter begriff. ähnlich wie shakespeare für alle zeiten ist (er wird in unglaublich vielen ländern der erde aufgeführt, auch in solchen mit einer ganz anderen gesellschaftsstruktur als england im 16 und 17. jhd sie hatte), so spricht gandhi auch unsere jugend immer wieder sehr an, trotz zum teil für uns fremdartiger religiöser vorstellungen. insofern ist er nicht nur für indien bedeutsam. ich müsste das noch genauer ausführen, schaffe das im moment jedoch nicht.
platz für krah ist auch immer - schönen abend! gruß, elke
ich finde "die menschheit" ist ein zu verkopfter begriff.
liebe elke,
mit dieser feststellung befindest du dich in gemischter gesellschaft, goethe hat sich ähnlich geäußert und nach ihm auch oswald der untergangs-spengler.
wäre die verkopfung abgemildert, wenn ich 'mensch und erde' sagte? soviel weltgewicht wie die hiroshima-bombe haben nur sehr wenige ereignisse und taten.
gandhis wirksamkeit (be)traf das britische empire und indien vor allem. die britische herrschaft über indien war andrerseits genau wie der rest des empire in auflösung als folge des weltkriegs. wie die anderen europäischen kolonialmächte, etwa holland, belgien und frankreich, waren die briten an der reihe. gandhi hat den prozess beschleunigt, aber nicht ausgelöst oder vollendet.
das ende der apartheid in südafrika ist von gandhis wirken in der kapkolonie ganz unabhängig mit großer verspätung gekommen. mein eindruck ist, dass gandhi in den ländern der indoeuropäischen sprachen deutliche spuren hinterlassen hat, und da wiederum besonders im bereich bildung und literatur.
übrigens bin ich wie so oft weder mit goethe noch erst recht mit spengler der ansicht, wort und begriff menschheit seien etwas verkopftes und unwirkliches. für die lumières hatte l'humanité einen ganz anderen klang, weil menschheit die menschlichkeit einschloss. und diese ist wie jene nicht an staatlichen grenzen zu ende. pardon, die encyclopédistes haben bedeutung auch über ihr siècle hinaus. aber die damals als land der dichter und denker apostrophierte region mitteleuropa hatte und hat probleme, die welthistorische rolle frankreichs zu sehen.
krahs morgengesänge um diese stunde vielleicht schon erträglich, könnten ein wenig früher in die träume der nachbarn hineinwirken...
herzlich, helder
lieber helder, mehrere überlegungen. - mit dem begriff menschlichkeit kann ich mich sehr wohl anfreunden. alles andere möchte ich erst beantworten, nachdem ich lelyvelds biografie gelesen habe. das kann ich im moment nicht schaffen, trotz großen interesses. manchmal hilft es aber auch, wenn gedanken zeit zum wachsen haben.
krahs zeitgefühl möchte ich haben, vor allem im moment^^. herzliche grüße, elke
Ich nehme an, du meintest diesen Kommentar, auf den ich noch nicht geantwortet hatte?
Ja, das stimmt, wir sind teilweise auf Gedeih und Verderb vom Wohlwollen unserer Nachbarn und dem sozialen Umfeld überhaupt angewiesen. "Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben,...", ja, das stimmt auch - wusste gar nicht, dass das von Schiller stammt.
Dennoch glaube ich, dass meine Anfälligkeit, Disposition oder "Bereitschaft" auf negative oder manchmal auch nur als negativ interpretierbare Äußerungen oder Handlungen eines Menschen in meiner Nähe einen Konflikt entsprechend beschwichtigen und runterfahren oder anheizen und eskalieren können. Aber das ist dir sicher ohnehin klar.
Da ich beim Nachbarn und seiner Einstellung eh nichts ändern kann, kann ich ja wenigsten bei mir selber anfangen und möglichst für eigene gute und "friedliche" Stimmung sorgen. So denke ich.
Das leere Kommentarfeld ganz oben ist vermutlich entstanden, weil die FC-Redaktion die Fotos (von Gandhi) wegen Urheberrechten löschen mussten. Da hätte ich wohl besser aufpassen und drauf achten müssten. Hoffentlich sind sie mit einer Abmahnung davongekommen.
Das leere Kommentarfeld ganz oben ist vermutlich entstanden,
ach, liebe lee, so war es doch nicht von mir gemeint, dass du nun suchen sollst und nachtragend sein;-)
ich dachte an deinen ansatz am 28.7. um 23:27, aber das ist jetzt vorbei.
Ach so: der Ansatz am 28.7. um 23:27 war wahrscheinlich ein seltender Ansatz von mir, einfach mal zu schweigen, meditativ zu pausieren und den Quassel-/Schreibapparat mal ruhen zu lassen. :-)
Manche sagen, dass ich schweigenderweise noch viel (!) sympatischer rüberkomme ;-)
Ansonsten kann es gut sein, dass ich gelegentlich nachtragend bin wie ein Elefant. Aber selten bösartig.
Danke für das freundliche Gespräch, lieber Helder.
Manche sagen, dass ich schweigenderweise noch viel (!) sympatischer rüberkomme ;-)
hm, alles zu seiner zeit oder?
Ansonsten kann es gut sein, dass ich gelegentlich nachtragend bin wie ein Elefant. Aber selten bösartig.
trägst du dann auch so wuchtige sachen nach wie ein olifant (so heißt das tier auf niederländisch)? ähm, warum beichtest du mir das alles, liebe lee? weißt du übrigens, dass ich "lee" immer englisch lese, d.h. mit einem langen ie?
kann es sein, dass du manchmal auch flunkerst? frag das, weil wir gerade beim beichten sind. das wort "wahrscheinlich" oben hat mich auf diese abwegige frage gelenkt;-)
übrigens kommst du trotz der maschinellen einschränkungen ganz sympathisch zu mir rüber;-))
herzlich, helder
Danke, danke, die Sympathie ist beidseitig! Ja, ich gebe zu, ich war sehr gesprächig in meinen letzten Kommentaren hier, denke aber, das Pendel schwingt langsam wieder zurück zu etwas zurückhaltender Kommunikation.
Zu beichten hab ich nix, Helder. Flunkern, herrlich altmodisches Wort, ja, wer flunkert denn nicht ab und zu? Die "Lee" hat ja mehrere Bedeutungen: windabgewandte Seite eines Schiffs, ein Vorname und was dir als Schlaufuchs ;-) sicher nicht entgangen ist: zusammen kann man den Namen auch als Li-bertine lesen, wobei ich mich jedoch nicht (!) der Gruppe der Libertins zugehörig fühle, sondern mich als Li-Bertine, also eine der Freiheit (vor allem des Geistes) verpflichtete Frau empfinde. Eine Neuschöpfung sozusagen.
Wuchtige Sachen? Ich glaube, eher nicht. Mein Prinzip ist, möglichst wenig an materiellem Besitz anzuhäufen oder mit mir rumzuschleppen, was mir auch ganz gut gelungen ist. Aber ich trage auch keine wuchtigen Sachen anderen Leuten nach, denn das halte ich nicht für meine Aufgabe und möchte anderen ihre Verantwortlichkeiten nicht abnehmen. Zwar funkt mir manchmal ein nicht ganz abgeheiltes Helfersyndrom dazwischen.... ;-) Hoffe, dir geht es gut, ich stelle mich dir mit einem Raben auf der Schulter vor, im Grünen... In den nächsten Tagen werde ich in der FC kaum präsent sein, ein Fahrradausflug ist geplant. Beste Grüße!
Die "Lee" hat ja mehrere Bedeutungen:
und ich kenne eine, die du wahrscheinlich nicht kennst, liebe lee. als erdkundelehrer und wettermann kenne ich die lee als visavis von luv, etwa bei dünen. und hier im gandhiblog ist das ende mit unseren off topic einträgen so etwas wie der windschatten oder die lee des blogs oder?
Eine Neuschöpfung sozusagen. dass dein name ein neologismus ist, wusste ich nicht. und obschon ich wie gesagt lee als li richtig gelesen hab, bin ich nicht ganz bewusst auf die neuschöpfung gekommen. da hast du mich überschätzt. aber glückwunsch zu soviel kreativität!
ich stelle mich dir mit einem Raben auf der Schulter vor, im Grünen...
das ist nicht ungewöhnlich, dass mir der rabe vom arm auf die schulter hüpft. muss dann an die sagenhaften raben denken, die beim obergott der germanen auf seinen beiden schultern hockten und ihm geheime botschaften ins ohr flüsterten...
wenn ich mit krah auf der schulter durch den grünen garten geh, bleibt er aus irgendeinem grund nicht sitzen, sondern springt ab. manchmal singt krah, wenn er nebenan in seinem zimmer oder davor im garten steht. und das sind so seltsame quietschtöne, aber auch kunterbunt iprovisierte laute, dass er zeigt, was für ein singvogel er doch ist.
zu deinem fahrradausflug wünsche ich beste bedingungen, was das drumherum betrifft wie schönes wetter und gute laune.
herzlich, helder
Lee als Windschatten eines Blogs, da muss ich erst drüber nachdenken, du bist einfach zu klug ;-)
Na, der Krah will bestimmt lieber selber laufen oder hüpfen und sich nicht tragen lassen - ein autonomes Wesen halt.
Gut wäre, wenn das "Einflüstern" der beiden Vögel auf der Schulter von Odin (?) ausgewogen auf ihn einwirkte. ... also ich stelle mir gerade einen Yin- und einen Yang-Vogel vor :-)
Und lieben Dank für die guten Wetterwünsche - das wünsche ich dir ebenfalls. In der Nacht auf Donnerstag sollen ja bei freiem Himmel die Perseiden zu sehen sein.... Beste Grüße und gute Nacht!
Lee als Windschatten eines Blogs, da muss ich erst drüber nachdenken, du bist einfach zu klug ;-)
das ist nur die eine lesart, liebe lee. die andere geht so, lee und helder im windschatten des gandhi-blogs. das heißt, ziemlich unsichtbar für nicht eingeweihte... so wie die perseiden bei tag.
der Krah will bestimmt lieber selber laufen oder hüpfen und sich nicht tragen lassen - ein autonomes Wesen halt.
gute erklärung, danke. wie so manche kleinkinder, die vom arm herunter wollen. krah hat überhaupt manche ähnlichkeit mit dem kleinkindverhalten...
Gut wäre, wenn das "Einflüstern" der beiden Vögel auf der Schulter von Odin (?) ausgewogen auf ihn einwirkte. ... also ich stelle mir gerade einen Yin- und einen Yang-Vogel vor :-)
na, der typ, nach dem in england und holland der mittwoch mal wednesday mal woensdag heißt. der deutsche mittwoch sieht dagegen stark nach verdrängung der heidnischen namen aus... eine schöne vorstellung machst du daraus mit den beiden chinesischen vögeln. kennst du die mär vom chinesischen vogel pi-hi?
schönes radeln und herzliche grüße
helder
Danke für deine Antwort, das mit dem Windschatten verstehe ich jetzt etwas besser.
Bin bereits beim Packen für die Radtour - es wird ernst :o
Nein, die kenn ich nicht, bitte erzähl die Mär vom chinesischenVogel pi-hi, vielleicht sogar in einem neuen Blog(?).
Bis bald, wenn ich vom Radeln zurück bin, vermutlich nächsten Montag, beste Grüße!
Bin bereits beim Packen für die Radtour - es wird ernst :o
liebe lee,
jetzt bist du womöglich schon in oder auf fahrt. aber ernst sollte die nicht sein, lieber froh und munter...
aber mir fällt aus einem bestimmten grund das reimwort 'runter' ein. denn wenn man nicht aufpasst (wie ich gestern), ist man ganz schnell vom rad runter. es blieb bei zwei kleinen hautabschürfungen, als meine hand kontakt mit dem asphalt aufnahm. diese stellen pflege ich seit gestern mit wechselnden pflastern. das bleibe dir erspart, liebe lee. das radfahren ist nun mal anders als das laufen eine künstliche art bewegung. also ist höhere aufmerksamkeit geraten. ach, sorry, da kam wieder mal der alte lehrer zum vorschein;-)
während du deine radtour genießen sollst, freue ich mich auf deine rückmeldung.
herzlich, helder