Gehörig verrechnet

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wenn eine krisenkonferenz die andere jagt wie jetzt (zu finanzblasen, wirtschaftsflaute, klimawandel), erinnert sich womöglich der eine oder die andere an die warnungen, die schon ein paar jahrzehnte her sind, warnungen vor unbeherrschbaren entwicklungen. notfalls hilft der dem frühwarner dennis meadows verliehene japan-preis der besinnung auf die sprünge.

anfang der 70er jahre hatte ein team des massachussetts institute of technology (MIT) im auftrag des club of rome globale entwicklungen der bevölkerung und der lebensmittelproduktion, der industrie und der umwelt sowie des rohstoffverbrauchs auf etwa 100 jahre hochgerechnet. leitung dennis meadows. das ergebnis war die studie "Die Grenzen des Wachstums" ('72).

heute bekennt meadows im interview, sie hätten sich seinerzeit gehörig verrechnet. das krisen- und katastrophenstadium sei wesentlich früher anzusetzen. schon in den kommenden jahrzehnten werde es weltweit einschneidende veränderungen geben.

doch der vordenker der hochrechnungen und computersimulationen erklärte nicht, wie es zu dem schwerwiegenden rechenfehler gekommen war.

das technologenteam hatte bei seiner arbeit ganz bewusst scheuklappen getragen: alles militärische blieb ausgeblendet, obgleich den leuten sehr wohl bekannt war, dass rüstung und kriegführung zumindest die bereiche industrie und umwelt unmittelbar tangierten. die rede vom militärisch-industriellen komplex zum beispiel war geläufig.

obschon fakten und zahlen in den vergangenen vier jahrzehnten unleugbar den hochrechnungen folgten, machten die macher in politik und wirtschaft keine anstalten, sich vom wachstumswahn zu verabschieden, ja, noch jetzt in der tiefsten depression hoffen sie auf ein rasches ende der talfahrt und reden neues wachstum herbei, wollen, koste es, was es wolle, auch vier jahrzehnte nach dem menetekel schlicht durchstarten zum nächsten aufschwung.

angesichts der weltweit ansteigenden ausgaben für rüstung und krieg, das heißt, für die größtmögliche ressourcenverschwendung überhaupt, ist dem führungspersonal nicht bloß ein hier oder da unterlaufener rechenfehler vorzuwerfen, sondern massiver realitätsverlust. die weiterfahrt kann nur heiter werden.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

h.yuren

buchveröffentlichung 2017, KRAH - das rabentagebuch, 350 S., 8 fotos ISDN 978-3-945265-45-1; Tb. 15,-

h.yuren

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