Keine Gefahr

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in der urananreicherungsanlage (uaa) im westfälischen gronau gab es am 21. januar einen unfall, den man heutzutage gern als "Störfall schönt. nichts passiert, keine gefahr für die bevölkerung, es lief nur nicht ganz so geräuschlos wie sonst, soll das heißen.

ein arbeiter wurde kontaminiert. das fachwort verschleiert unauffällig die tatsache, dass besagter arbeiter eine dosis radioaktivität abbekam, als er mit einem fass zu tun hatte, in dem angeblich kein uranhexafluorid (UF6) war. es trat dennoch eine unbekannte menge des hochgiftigen zeugs aus und traf den arbeiter.
werksfeuerwehr-alarm. der unter schock stehende mann wurde ins krankenhaus befördert, der kontaminierte raum verschlossen und über filter nach außen entlüftet. die ärzte der spezialklinik für nuklearmedizin in münster untersuchen den patienten. bis jetzt konnten sie nur feststellen, dass er uran im urin hat.
doch es bestand zu keinem zeitpunkt eine gefahr für die bevölkerung. so tönt es unisono aus den medien und der uranfabrik. es sei lediglich ein sechstel der für ein wochenende genehmigten dosis radioaktivität in die umgebung des werks gelangt.

darunter soll sich niemand etwas vorstellen können. verschleierung hat methode in einem betrieb, der den stoff herstellt, den die akw's als brennstoff brauchen. für die friedliche nutzung der atom-energie, wie man weiß.

während kanzler schröder mit viel medialem aufwand den atomausstieg verhandelte und schließlich mit siegerlächeln verkündete, genehmigte dieselbe rotgrüne regierung den zügigen ausbau der urananreicherungsanlage.die koinzidenz war, was zu deutsch zufall heißt. ein schelm, wer irgendetwas dabei denkt.

die bevölkerung freilich lässt sich so leicht nicht beirren. in allen umfragen lehnt sie die gefährlichste technologie der menschheit rundweg ab. die parteioberen wissen allmählich, dass demokratie und atom-industrie inkompatibel sind. trotzdem will die neue schwarzgelbe regierung unter kanzlerin merkel die alte atompolitik fortsetzen und die laufzeiten der atomkraftwerke verlängern. farbsymbolisch und auch sonst ist das keine überraschung. das zeichen, das vor radioaktivität warnt, ist schwarzgelb.

die regierenden setzen auf bevölkerungsanteile, die so ahnungslos und gewissenlos sind wie der artikelschreiber des regionalblatts, der gestern atomlyrisch titelte: "Von Aufregung keine Spur"; untertitel: "In der Stadt stört sich niemand an der Urenco GmbH - der Zwischenfall ändert daran nichts."
schaun wir mal. der nächste stör-, zwischen- oder unfall kommt bestimmt.
doch muss man auch wissen, dass gronaus kassen ziemlich leer sind. die uranfabrik ist der größte steuerzahler am ort. allein die stadtbücherei kann sich jedes jahr über einen zuschuss von 30 000 € freuen, den die urenco locker macht. auch allerlei vereine und andere institutionen werden durch spenden aus dem u-werk bei laune gehalten, sagt man.
atomindustrie und demokratie, siehe oben. keine gefahr für niemand.

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Geschrieben von

h.yuren

buchveröffentlichung 2017, KRAH - das rabentagebuch, 350 S., 8 fotos ISDN 978-3-945265-45-1; Tb. 15,-

h.yuren

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