Kulturgut Alkohol

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eines der größten probleme in der zivilisation. verheerendstes zivilisationsgift. millionen allein in der brd sind spiegeltrinker, süchtige, kranke.
mehr oder weniger trinkfeste vorbilder laufen überall herum, selbst in der philosophiegeschichte. sokrates z.b. wird von platon als der trinkfesteste gelageteilnehmer gerühmt. sich selbst und anderen per saufritual möglichst großen schaden zuzufügen galt und gilt (wie beim kampf mit degen oder boxhandschuhen) als besonders männlich.
das problem wäre nicht so groß, wenn die zivilisierten nicht so oft allen grund hätten, sich zu berauschen und zu betäuben. gegen das bedürfnis, seine sorgen im alkohol zu ertränken, ist die aufklärung über die schädlichen folgen unwirksam.

die leistung der wirtschaft, abteilung betäubungsmittel-industrie, ist es, für nachschub zu sorgen. die leistung des staates ist es, an der zivilisationskrankheit alkohol sich zu bereichern. wenn in vergangenen jahrhunderten alkoholische getränke wie wein und bier selbstverständlich waren, jedenfalls im gehobenen haushalt, hatte das auch hygienische gründe. wasser in guter qualität stand aus verschiedenen gründen nicht immer zur verfügung, konnte vor allem nicht länger in gutem zustand gespeichert werden, wein und bier schon, wobei der alkoholgehalt eine hilfe war.
allein schon durch die lange tradition ist besonders der wein geheiligt, die kirche legte noch eins drauf, wo der wein bestandteil des rituals ist. europäern ist darum nicht leicht zu erklären, das gesöff sei giftig (wobei man seit paracelsus weiß, es kommt immer auf die dosis an).

dudens tun gerade so, als wäre der alkohol ein chemisches problem und das wörterbuch eine sachlich informierende enzyklopädie:
"1.(Chemie) organische Verbindung mit einer oder mehreren Hydroxylgruppen: primärer, mehrwertiger A."
nach ein paar synonymen wie "Äthylalkohol, Weingeist, Spiritus" ist an letzter stelle die droge an der reihe:
"Weingeist enthaltendes Getränk; geistiges Getränk: keinen A. trinken; den A. nicht vertragen; dem A. verfallen sein ..."
von der traditionsreichen landplage wissen dudens nichts. kein wunder, wo selbst suchthilfevertreter das gift zum kulturgut in diesen breiten erklären. daran müsse man sich von klein auf gewöhnen. es fehlte nur noch, dass der mensch die empfehlung aussprach, man solle mittrinken, dabei aber maß halten.
auto fahren ist hierzulande mit alkohol erlaubt, doch sollte der promillegehalt des blutes möglichst unter 0,5 bleiben. eine schnapsidee. eine fahrlässigkeit mit folgen für blech und blut.

du musst dir nur die giftregale voller flaschen mit literarisch und filmrelevant anmutenden namen anschauen, in den privaten bars wie in den supermärkten, um zu erkennen, was in dieser kultur so alles kultiviert wird, gleichviel was für folgen das hat.

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Geschrieben von

h.yuren

buchveröffentlichung 2017, KRAH - das rabentagebuch, 350 S., 8 fotos ISDN 978-3-945265-45-1; Tb. 15,-

h.yuren

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