man sagt fliegen, meint aber brettern.

"fliegekunst". otto lilienthals werk über seine flugversuche trägt den titel "Fliegekunst". er ging aus vom flug der störche. und baute einen primitiven flugapparat, und stürzte ab.

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neuerdings wird ein flugzeug des öfteren "flieger" genannt. das ist ein euphemismus. in analogie zu "reiter" oder "fahrer". man macht aus dem ding oder zeug eine treibende kraft, ein agens. aber schon das zeug zum fliegen, das flugzeug, ist selbst eine schönfärberei. das zeug fliegt nicht, sondern brettert durch die luft wie eine tischplatte, die aus dem siebten stock geworfen wird.

omnibus wäre eine passendere bezeichnung, wenn die nicht schon vergeben wäre. er bleibt am boden wie eine bahn. auf dem wasser heißt der omnibus fähre oder schiff. aber es gibt zum vergnügen auch wasserskier, die rutschen auf den brettern übers wasser, wenn sie mit macht vom schnellboot gezogen werden. durch die luft ziehen die bretter, sprich: tragflächen, propeller oder düsen.

was fliegen heißt, ist damit nicht zu vergleichen. an den stürmischen tagen neulich konnte man beobachten, dass kein vogel einen flug ausfallen ließ, von der kleinsten meise bis zum großen storch. die leibhaftigen flieger können bei jedem wetter ihre kunst beweisen, sofern sie keine anfänger sind. die durch die luft gebretterten passagiere haben zu recht oft angst. aber keine flugangst. denn fliegen können sie ja nicht.

sieh den raben im böigen wind, wie er durch kleinste bewegungen die wirbelnden luftbewegungen ausgleicht! das ist die fliegekunst, die lilienthal im sinn hatte, nicht aber das wackelige gestell zum gleitflug, mit dem er dann verunglückte. es war ein irrweg, den vogelflug nachahmen zu wollen. segeln wie ein storch oder bussard kann mensch, falls er es gelernt hat. der rest ist brettern wie mit dem rennwagen.

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Geschrieben von

h.yuren

buchveröffentlichung 2017, KRAH - das rabentagebuch, 350 S., 8 fotos ISDN 978-3-945265-45-1; Tb. 15,-

h.yuren

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