15% weniger verkehrstote im ersten halbjahr, zitiert das massenleitmedium der rückwärtsrepublik das statistische bundesamt in wiesbaden. es drohen im jahresverlauf erstmals weniger als 4000 straßentote zu werden. etwa das quantum, das in afghanistan und anderswo in der schutztruppe aufs spiel gesetzt wird. aber der hauptkriegsschauplatz ist und bleibt bis auf weiteres die straße.
ein grund dafür außer der tradition, die überall übermächtig mitspielt, ist sicher das großaufgebot an sportlichen panzern (gelobt sei die eisen- und stahlindustrie!) der großen heimischen autobauer.
immerhin landete ein leichteres modell dieser marken auf platz 5 der weltrangliste umweltverträglicher pkw. eine 5 im ökologisch verantwortlichen autobau. michel, schäm dich!
weitere gründe für die tausende straßentoten (vergessen wir dabei bitte nicht die verletzten!) jahraus jahrein:
die verkehrskontrollen sind bei der maut sehr genau, in sachen verkehrssicherheit lassen sie viel zu wünschen übrig. jobs bei der polizei für diesen zweck werden eher gestrichen als aufgestockt. alibi-kontrollen im fernsehen verdecken das defizit nicht.
tempolimit und null toleranz für schnapsfahrten fehlanzeige. sicherheit hat nur im kampf gegen den internationalen terrorismus vorfahrt.
schließlich ein unsicherheitsfaktor, den diejenigen verkehrsteilnehmer darstellen, die, wenn sie im radio gemeldet werden, geisterfahrer heißen. geisterwissenschaftlich ist den querfahrern nicht beizukommen, wohl aber technisch. eine ventilfunktion für autobahnausfahrten ist das verfahren, die geister zu bannen und frontalfahrer auszuschließen.
klar, es hat eine weile gedauert, bis die mautbrücken funktionierten. aber ein ventil ist keine so innovative technische aufgabe. das müssten deutsche ingenieure schaffen.
leider sind die meldungen über frontalzusammenstöße alltäglich und betreffen nicht in der hauptsache die autobahn als vielmehr bundes- und landstraßen. das ausscheren auf die gegenfahrbahn ist dato überall möglich bis auf die wenigen strecken, die bereits eine längssperre zwischen den fahrbahnen haben.
betonköpfe brauchen viel beton, um in der bahn zu bleiben.
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14:48 19.08.2010
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Geschrieben von
h.yuren
buchveröffentlichung 2017, KRAH - das rabentagebuch, 350 S., 8 fotos
ISDN 978-3-945265-45-1; Tb. 15,-

Kommentare 23
Auch daran sind bestimmt die 68er Schuld. Die nahmen es mit dem Verkehr doch nie so genau.
wem sagst du das?
Kommen eigentlich die Autofahrer, die schwere Verkehrsunfälle verursacht haben nebst ihren Autor auch in Sicherheitsverwahrung oder dürfen die - nach entsprechender Zeit - wieder frei herumgurken und neue Verkehrsteilnehmer gefährden? Frage ich mich.
Überhaupt, mit welcher Gelassenheit diese vielen Toten als "Schicksal" hingenommen werden. Das verstehe wer will.
korr. Nebst ihren Autos.
@Magda
Kommen eigentlich die Autofahrer, die schwere Verkehrsunfälle verursacht haben nebst ihren Autor auch in Sicherheitsverwahrung oder dürfen die - nach entsprechender Zeit - wieder frei herumgurken und neue Verkehrsteilnehmer gefährden? Frage ich mich.
Wenn du eine Verkehrsstraftat begehst (Körperverletzung durch einen Unfall etwa oder auch Nötigung durch dichtes Auffahren) oder wenn du 18 Punkte in Flensburg oder mehr gesammelt hast, dann wird dir der Führerschein entzogen. Eine Führerscheinwiedererteilung ist nur möglich, wenn du zuvor die MPU bestehst.
Wenn wieder mal ein Rowdy einen schweren Unfall verursacht, bejammert man das lasche Strafrecht, wenn Kumpel Erwin zum Depperltest muß, bejammert man die Willkür der Führerscheinstelle und des MPU-Gutachters.
Ich hätte da sowieso einen bahnbrechenden Vorschlag:
www.freitag.de/community/blogs/wolfram-heinrich/justizreform---strassenverkehr
Ciao
Wolfram
dieser satz
"es drohen im jahresverlauf erstmals weniger als 4000 straßentote zu werden." liest sich herrlich eindeutig. so dass ich mich fragte: da wird sich doch was machen lassen?
ist das, was du gelassenheit nennst, liebe magda, nicht vielleicht etwas anderes?
wenn dahinten am hindukusch einer oder gar zweie von der bundeswehr getötet wird/werden, gibts erst mal viel mediengetön und dann womöglich eine art staatsbegräbnis. wenn aber 1000 oder zweie auf den straßen hierzulande getötet werden, ist das für die statistiker interessant.
die kriegskultur ist abgebrüht durch hunderte kriegserfahrungen nebst kollateralschäden en masse. das ist meine erklärung.
lieber wolfram, dein vorschlag zur justizreform in sachen straßenverkehr ist psychologisch sehr wertvoll. ich glaube, selbst bei einer partiellen neuregelung in deinem sinn könnte mensch harte männer weinen sehen.
allerdings kommen mir 2 bedenken:
es handelte sich um eine neue form der folter. karlsruhe zöge womöglich nicht mit.
außerdem, du hast es selbst schon gemerkt, würde dein vorschlag arg die schadenfreude stimulieren in einer branche, die unverdient profitieren würde.
hast du etwa an eine gesetzliche regelung gedacht, liebe rahab, die alle autofahrer und -innen beim tanken dazu verpflichtet, einen kräftigen schluck eines geistigen getränks zu sich zu nehmen? ohne voll zu tanken, versteht sich.
na gut, wenn dir dir nichts anderes einfällt, wie sich diese schreckliche drohung abwenden ließe...
@h.yuren
es handelte sich um eine neue form der folter. karlsruhe zöge womöglich nicht mit.
Das Mutterland der Demokratie, die USA, hatte vor kurzem erst nicht die mindesten Probleme damit, Folter zuzulassen. Und ferner: Wie lustig denkst du, ist es wohl, 1, 2 oder 5 Jahre im Gefängnis zuzubringen?
außerdem, du hast es selbst schon gemerkt, würde dein vorschlag arg die schadenfreude stimulieren in einer branche, die unverdient profitieren würde.
Arbeitsplatz, Arbeitsplatz, Arbeitsplatz...
Ciao
Wolfram
@h.yuren
hast du etwa an eine gesetzliche regelung gedacht, liebe rahab, die alle autofahrer und -innen beim tanken dazu verpflichtet, einen kräftigen schluck eines geistigen getränks zu sich zu nehmen? ohne voll zu tanken, versteht sich.
Ich darf mich der Einfachheit halber selbst zitieren:
"Im Dezember des Jahres 1982 hatte der regionale Polizeipräsident in drei niederbayerischen Landkreisen verstärkte Alkoholkontrollen durchführen lassen. Die „Aktion Blasrohr“, so der offizielle Name, sollte bis in die Sommermonate 1983 hinein dauern und war eine Reaktion auf die in ganz Niederbayern auffallend hohe Unfallhäufigkeit unter Alkoholeinfluß. Da man die Kraftfahrer in erster Linie nicht erwischen, sondern sie vielmehr vom alkoholisierten Fahren abschrecken wollte, war der Plan einige Zeit vorher in den Medien bekanntgemacht worden.
In den Monaten Dezember ‘82 und Januar ‘83 ging die Zahl der Unfallverletzten um 50 Prozent zurück, die Zahl der Unfalltoten gar von 4 in den beiden Vergleichsmonaten des Vorjahres auf Null in diesem Jahr zurück.
Zahlen für Februar etc. konnten nicht erhoben wurden, da die Aktion Ende Januar 1983 wieder gestoppt wurde.
Die „Aktion Blasrohr“ hatte nämlich den Nebeneffekt, daß nicht nur die Zahl der Fahrten unter Alkoholeinfluß zurückging, sondern auch der Alkoholkonsum an sich.
Die darüber verärgerten Bierbrauer und Wirte klagten dem Passauer CSU-Bundestagsabgeordneten ihr Leid. Dieser schrieb einen Brief an das Bayerische Innenministerium, welches daraufhin die - zuvor gebilligte - Aktion wieder stoppte.
Was zum einen die ungemein sensible und rasch reagierende Rationalität der Trunkenheitsfahrer beweist, welche sofort auf die drastische Veränderung der Auffallenswahrscheinlichkeit reagiert haben. Ihre Kosten-/Nutzenrechnung war durcheinanderwirbelt worden, der Schadens-Erwartungswert für „Alkoholisiert Fahren“ deutlich erhöht. Zwei Monate lang hat sich das Fahren unter Alkoholeinfluß in dieser Region nicht mehr ausgezahlt und sofort sind die Alkoholfahrten dramatisch zurückgegangen.
Zum anderen macht dieses Beispiel natürlich mit aller nur wünschenswerten Brutalität deutlich, daß jegliches Bemühen um eine Verbesserung pathologischen Alkoholkonsumverhaltens dort ihre Grenzen findet, wo eine tatsächliche Veränderung zu befürchten wäre.
Prost!"
Ciao
Wolfram
lieber wolfram, wo bist du zur schule gegangen? die usa das mutterland der demokratie? uns hat man lehrkörperseits erklärt, das sei britannien. und zwar zu zeiten, als noch niemand an die usa denken konnte. folter und todesstrafe sind ein terrible zeugnis.
die manager und das drumherum haben keine arbeitsplätze nötig. das brauchen doch wieder nur die werktätigen ohne werk.
die industrievertreter reden von dem, was nicht sie interessiert, wenn die medien das unter die leute streuen. das management begnügt sich mit steilen statistiken.
nun, liebe rahab, so eindeutig war der satz wohl doch nicht. so schrecklich war die drohung nicht. das minus in der statistik ist verkraftbar.
die anzahl der kollisionen ging übrigens nur unmerklich zurück, so dass der autoindustrie und den werkstätten kein abschwung drohte.
die abwärtsbewegung ist doch die bedrohung an sich, zum beispiel für das bruttoinlandsprodukt. an dem hängt ja unser aller wohl und weh oder?
eine wunderschöne rechnung hast du da aufgemacht, lieber wolfram, und die ist auch noch aus dem vollen menschenleben gegriffen.
die proportionsgleichung setzt einbußen der bierbrauer und wirte in ein verhältnis zu weniger verkehrsunfällen (unter alkoholeinfluss).
von ähnlichen formeln gibt es mehr. die beweisen die berühmten sachzwänge.
ein pole hat in der gärung der 80er jahre von dummokratie gesprochen. das war eine freundliche unterstellung.
@h.yuren
ein pole hat in der gärung der 80er jahre von dummokratie gesprochen. das war eine freundliche unterstellung.
Mit Dummheit hat das alles nichts zu tun, es geht, wie fast immer, um handfeste Interessen.
Ciao
Wolfram
wie die kurzsichtigkeit der partikularisten genannt wird, ob dummheit oder blindheit oder verantwortungslosigkeit oder zynismus, lieber wolfram, ist nicht so wichtig, wenn wir nur wissen, was gemeint ist. und das scheint der fall zu sein.
@h.yuren
mal ein dank dafür.
dass ich hier deins,
in der fc lesen kann ...
lm
und dank meinerseits fürs lesen, liebes lausemädchen. verstehe schon, drum auch herzliche grüße.
nun, wie ich den laden hier kenne, es wird wohl möglich sein, das minus in der statistik anderweitig auszugleichen
@h.yuren
wie die kurzsichtigkeit der partikularisten genannt wird, ob dummheit oder blindheit oder verantwortungslosigkeit oder zynismus, lieber wolfram, ist nicht so wichtig, wenn wir nur wissen, was gemeint ist.
Nun, ich schlage vor, wir nennen die Kurzsichtigkeit der Partikularisten "Liebreiz der Frauen", das hört sich viel hübscher an, Krieg nennen wir "Sandstrand" und statt Brett sagen wir künftig "Handschuh". Wir wissen ja, was gemeint ist.
Ciao
Wolfram
des können wir gewiss sein, liebe rahab. diese geballte ladung aus wahn und gewalt birst von erfindungsgeist, das unglaubliche zu verwirklichen.
deiner phantasie sind keine grenzen gesetzt, lieber wolfram. fürchte nur, deine vorschläge sind noch zu realitätsnah, um nicht durchschaubar zu sein.
sprichwörtlich macht liebe ja blind, was nur eine steigerung der kurzsichtigkeit ist. in afghanistan (und wo sonst die tarnkappen unterwegs sind) sieht man fast nur simple sandpisten durch sandiges terrain, also den sandstrand. und schließlich sollen handschuhe schützen, vor kälte, vor elektrizität, vor hitze usw. das brett vorm kopf ist auch eine einrichtung, welche die träger vor schmerzlichen einsichten schützt.