pseudoneutral.

perspektive. sehr einfallsreich sind die propagandisten in ost und west nicht, wenn es darum geht, das publikum auf ihre seite zu ziehen. aber es gibt auch die dritte wahl.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

vom leitspruch her und überhaupt sympathisiere ich mit der zeitung graswurzelrevolution. im herbst vergangenen jahres fiel mir allerdings eine karikatur putins auf, die den "zaren" mit nacktem oberkörper zeigt, der mit tatoos randvoll ist. neben marx und stalin, hammer und sichel zieren u.a. auch ein bissiger hund und ein totenkopf putins oberkörper.

der artikel zum "bild" führt vor, wie russland gegen die sog. menschenrechts- und umweltgruppen vorgeht. kein wort über die westliche einflussnahme auf solche gruppen.

im november erschien eine neue kritik an den russischen verhältnissen in form eines interviews, und im februar in diesem frühjahr taucht in derselben postille ein üppiges interview mit demselben russischen anarchisten auf. der als sozialwissenschaftler und anarchosyndikalist aus moskau vorgestellte dr. vadim damier berichtet aus seiner sicht über den ukrainekonflikt.

das interessante an seiner darstellung des problems: er nimmt weder für den westen noch für russland position. jedenfalls distanziert er sich wiederholt vom vorgehen beider seiten. für einen arnarchisten ist das naheliegend, die militärischen positionen abzulehnen, überhaupt den stellvertreterkrieg der supermächte. vor lauter details, die uns inzwischen geläufig sind, denkt der gewährsmann aus moskau nicht ans verursacherprinzip, sondern geht von der situation heute aus.

kiew zog gegen die eigenen leute im osten in den krieg, weil den putschisten wohl von den freunden aus dem westen dringend dazu geraten wurde. der frust über den verlust der krim musste sich austoben. dass russland die überwiegend russischen ukrainer im osten unterstützt, setzt der pseudoneutrale anarchist gleich mit der westlichen zündelei. den widerstand in der ukraine gegen den krieg erwähnt er durchaus. aber aufs ganze gesehen kritisiert er die sog. separatisten genauso wie die nazibataillone kiews.

die positionierung des moskauer anarchisten ist bewusst gewählt mit der absicht, den kreml so mies dastehen zu lassen wie den halbnackten putin im septemberstück. die angeblich dritte position zwischen den fronten möchte ein angebot sein, den ukrainekonflikt objektiv oder neutral zu sehen. nur verrät der text die wahre einstellung des guten moskauer kritikers für die westliche position. mal etwas anderes als die schlichte konfrontation in den leitmedien.

ich werde wohl nicht umhinkönnen, das abo zu kündigen.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

h.yuren

buchveröffentlichung 2017, KRAH - das rabentagebuch, 350 S., 8 fotos ISDN 978-3-945265-45-1; Tb. 15,-

h.yuren

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden