Restrisiko

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kein eintrag im wörterbuch der ddr.
damals, in den 70er jahren, hielten dudens sich noch sehr bedeckt:
"verbleibendes Risiko, das [noch] nicht ausgeschaltet werden kann."
kein beleg.
neududens können dagegen schon auf konkretes zurückgreifen:
"verbleibendes Risiko, das nicht ausgeschaltet werden kann: Bedarf es aber nach Tschernobyl nicht einer grundsätzlich neuen Bewertung ... des verbliebenen -s? (Spiegel 9, 1987, 112); Todessturz ... des Ski-Rennläufers ... Ein R. wird es immer geben (MM 21.1.91, 6)."
hier werden hübsch durcheinandergemischt die gefahren einer nicht verantwortbaren kriegstechnik und das individuell eingegangene risiko bei einer halsbrecherischen sportart. nicht klarheit ist das ergebnis dieser eintragung, sondern verwirrung. es hätte nur noch die alltagsgefahr beim sturz über die teppichkante gefehlt.
bei technischen großprojekten wie der atomindustrie ist der terminus ein euphemismus, der die gefahren kleinredet auf kleinigkeitsformat. in wirklichkeit aber ist bei diesen unternehmungen das risiko, das schlicht in kauf genommen wird, um ein "höheres" ziel zu erreichen, oft nur höheren profit, eine bedrohung für mensch und erde.
mit sprüchen wie "no risk, no fun" soll der boden bereitet werden für kriege gegen mensch und umwelt. die verkehrspolitik z.b. ist so ein bereich im alltag. da melden die statistiker froh, dass die anzahl der verkehrstoten in nrw auf 550 zurückgegangen ist, als neuen rekord seit beginn der statistik vor 60 jahren. dass es jede minute einmal knallt im lande, ist nur begleitmusik. die werbung trägt ihren teil zur verrohung bei.
merke: die vokabel restrisiko im munde von pressesprechern ist ein großer sack, in den bequem ein paar tausend menschen passen und noch einige kleinigkeiten mehr wie etwa 2000 km ölverschmierte küsten (exxon valdez) und vergiftete brunnen (fracking).

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Geschrieben von

h.yuren

buchveröffentlichung 2017, KRAH - das rabentagebuch, 350 S., 8 fotos ISDN 978-3-945265-45-1; Tb. 15,-

h.yuren

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