sommervogel.

flitz. jede sprache hat als kaum kontrolliertes gemeinschaftswerk ihre entgleisungen. die bezeichnung "mauersegler" ist kein zeichen von sprachgefühl.

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das wörterbuch der ddr definiert den vogel so:
"zur Familie der Segler gehörender Vogel mit braunschwarzem Gefieder und gegabeltem Schwanz, der bes. an Spitzen von Türmen anzutreffen ist, Turmschwalbe."

auch altdudens liebäugeln mit einer schwalbe, der "Mauerschwalbe", die "svw. Mauersegler".
zum sommersegler schreiben sie:
"sehr schneller, schwarzer, schwalbenähnlicher Vogel mit gegabeltem Schwanz u. sehr langen, sichelförmigen Flügeln, der seine Nester vor allem unter Dachrinnen und in Mauernischen anbringt."

ein wörterbuch ist kein fachbuch. darum sind einzelheiten wie die nistplätze schon fehl am platze. aber interessant ist die nesthöhe doch. denn die flüggen jungvögel brauchen beim start ins seglerleben eine mindesthöhe von 8 metern.
schließlich notieren neududens:
"der Schwalbe ähnlicher Vogel mit schwarzem Gefieder, gegabeltem Schwanz u. sehr langen, sichelförmigen Flügeln, der seine Nester vor allem unter Dachrinnen und in Mauernischen baut."
der duden und nicht nur der ist ein folkloristisches wörterbuch. darum darf er solchen ornithologischen aberwitz verzapfen.
die schwalbenähnlichkeit ist typisch für einen ahnungslosen hanskuckindieluft. so werden dohlen und krähen zu raben, kaninchen zu hasen etc.
bei so viel ungenauem hinsehen und mangelndem interesse bleibt keine zeit, über den offiziellen namen des vogels nachzudenken. die englische sprache hat dem schnellsten vogel unserer breiten den klanglich und inhaltlich treffenden namen "swift" gegeben. dem käme deutsch "flitz" nah. es kommt auf den ausdruck der geschwindigkeit an und auf das i seines gut hörbaren rufs über den dächern. das flugbild des flitz erinnert an einen flitzebogen.
der deutsche "mauersegler" zeugt von einem sprachgefühl, das für kotflügel-künstler hinreichen mag.
viele vögel werden lautmalerisch nach ihrem ruf benannt wie kuckuck und kiebitz.
der hier nur wenige monate, von mai bis anfang august, zu sehende und zu hörende sommersegler jagt im kleinen schwarm über den dächern der städte, durch straßen und gassen und lässt seinen durchdringenden freudenschrei (sorry, anthropomorph) hören, der wie 'zieh' oder 'srih' oder 'flieh' klingt. sagen wir doch künftig nicht "Sie" zum schnellsten vogel, aber vielleicht "si".
andere sprachen sind nicht besser dran als das deutsche. im niederländischen ist der name "gierzwaluw" (in etwa schreischwalbe). das ist genauso daneben wie das schwedische "tornsvala" (= turmschwalbe, s.o.).

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Geschrieben von

h.yuren

buchveröffentlichung 2017, KRAH - das rabentagebuch, 350 S., 8 fotos ISDN 978-3-945265-45-1; Tb. 15,-

h.yuren

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