Sternstunde der Philosophie. 3sat

Daniel Cohn-Bendit. das schweizer fernsehen macht cohn-bendit das großartige angebot, 3 sternstunden mit einem partner seiner wahl zu moderieren. zuerst eingeladen war juli zeh (5.5.13).

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cohn-bendit stellt die fragen so, dass juli zeh freies spiel hat. das interview ist lebendig und durchgängig klar verständlich. juli zeh kann ihre thesen entspannt vortragen, etwa ihre ablehnung von biometrischen daten im pass. die juristin hatte sogar klage beim bundesverfassungsgericht eingereicht, die aber abgewiesen wurde.

auch andere einschränkungen bürgerlicher freiheitsrechte weist juli zeh entschieden zurück wie z. b. die nichtraucherschutzgesetze. der grüne cohn-bendit lässt sein gegenüber generös gewähren.

juli zeh findet überhaupt allenthalben tendenzen zur angeblichen bevormundung und überreglementierung der bürger, vor allem in den bereichen gesundheit und sicherheit. wie dick jemand ist, sei privatsache. per bodymaßindex werde den leutchen aber erklärt, was noch erlaubt sei und was nicht. staat, wirtschaft und werbung zögen immer öfter am gleichen strang zur norm-erziehung, sagt juli zeh.

beim thema einkommensteuern kann sie sich eine abkehr vom usus einer pauschalen abgabe vorstellen. jeder steuerzahler hätte die möglichkeit, seinen betrag aufzuteilen für die verschiedenen ressorts. das wäre zugleich eine abstimmung über die arbeit der einzelnen minister. wer nach meinung der steuerzahler besseres geleistet hätte, würde durch höhere zuteilung belohnt. übrigens nicht eine originelle idee. so wird bereits seit jahren bei ethischen banken verfahren. dennoch oder gerade deshalb bedenkenswert.

schließlich waren sich beide gesprächspartner einig im urteil über die maßnahmen zur überwindung der eurokrise. sie könne nicht durch die sparauflagen der troika aus iwf, ezb und eu erreicht werden. der zwang zum sparen in griechenland z.b. sei gar nicht demokratisch legitimiert. cohn-bendit wünscht sich für europa einen föderalen bundesstaat.

juli zeh steht stellvertretend für den trend, gegen neue verbote und einschränkungen der freiheitsrechte zu streiten. nach dem fiasko der deregulierungen im finanzsektor, aber auch anderswo, etwa nach der liberalisierung der prostitution, was nachweislich zu menschenhandel führt, ein nicht selbstverständliches begehren.

von daniel cohn-bendit hätte ich erwartet, dass er wenigstens die notwendigkeit überfälliger ökologischer regulierungen ins spiel gebracht hätte. dazu wäre dem prominenten grünen doch sicher konkretes und überzeugendes eingefallen. wer dächte nicht an ein verbot für fracking, massentierhaltung, genmais etc. niemand kann etwas dagegen haben, dass juli zeh ihrer lieblingsarbeit, dem schreiben von romanen, nachgeht.

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Geschrieben von

h.yuren

buchveröffentlichung 2017, KRAH - das rabentagebuch, 350 S., 8 fotos ISDN 978-3-945265-45-1; Tb. 15,-

h.yuren

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