Übers Gutmenscheln

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neudeutsches unwort.

nicht von ungefähr äußert ein tierrechtler (h.f.kaplan) den größten abscheu vor dem neologismus und nennt den wortgebrauch "ungeheuerlich", stehen doch die verteidiger der rechte der tiere in der ersten reihe der ethischen avantgarde. sie spüren den eisigen gegenwind zuerst und am empfindlichsten.

andrerseits ist es auch kein zufall, dass die rechtspopulisten in österreich das verräterische wort besonders gern verwenden, um den politischen gegner zu verhöhnen.

die häme von rechts hat tradition. nazideutsche standen in vergleichbarem kontext stramm und verdammten jede form der "Humanitätsduselei".
dieses äquivalent ist dem duden bekannt:
"(abwertend): mit der Wirklichkeit nicht in Einklang zu bringende, in den Augen des Sprechers übersteigerte Forderungen im Hinblick auf Humanität."
in einem wort: weltfremd bis spinnert.

es passt ins bild, dass die benutzer der schmähvokabel zuerst und vor allem auf die person des gegners (ad personam) zielen, um sie zumindest mit einem überlegenen grinsen, zumeist aber mit dreistem spott vor dem publikum zu disqualifizieren, statt mit guten argumenten um sachfragen zu streiten.

die weite verbreitung der neuprägung aus dem wörterbuch des unmenschen ist kein ermutigendes zeichen. auch im irgendwie linken forum des freitag wird sie zu oft und ganz selbstverständlich, das heißt unkritisch, gebraucht. darum dieser zwischenruf.

sprache ist verräterisch.

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Geschrieben von

h.yuren

buchveröffentlichung 2017, KRAH - das rabentagebuch, 350 S., 8 fotos ISDN 978-3-945265-45-1; Tb. 15,-

h.yuren

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