neudeutsches unwort.
nicht von ungefähr äußert ein tierrechtler (h.f.kaplan) den größten abscheu vor dem neologismus und nennt den wortgebrauch "ungeheuerlich", stehen doch die verteidiger der rechte der tiere in der ersten reihe der ethischen avantgarde. sie spüren den eisigen gegenwind zuerst und am empfindlichsten.
andrerseits ist es auch kein zufall, dass die rechtspopulisten in österreich das verräterische wort besonders gern verwenden, um den politischen gegner zu verhöhnen.
die häme von rechts hat tradition. nazideutsche standen in vergleichbarem kontext stramm und verdammten jede form der "Humanitätsduselei".
dieses äquivalent ist dem duden bekannt:
"(abwertend): mit der Wirklichkeit nicht in Einklang zu bringende, in den Augen des Sprechers übersteigerte Forderungen im Hinblick auf Humanität."
in einem wort: weltfremd bis spinnert.
es passt ins bild, dass die benutzer der schmähvokabel zuerst und vor allem auf die person des gegners (ad personam) zielen, um sie zumindest mit einem überlegenen grinsen, zumeist aber mit dreistem spott vor dem publikum zu disqualifizieren, statt mit guten argumenten um sachfragen zu streiten.
die weite verbreitung der neuprägung aus dem wörterbuch des unmenschen ist kein ermutigendes zeichen. auch im irgendwie linken forum des freitag wird sie zu oft und ganz selbstverständlich, das heißt unkritisch, gebraucht. darum dieser zwischenruf.
sprache ist verräterisch.
Kommentare 99
Das war wirklich mal nötig. Vielen Dank!
schließe mich dem dank an!
Der Gutmensch ist eine Spezies, die vor allem unter Sozialpädagogen, Psychochogen und Lehrern weit verbreitet ist.
Insbesonders haben Gutmenschen - im Falle von Opfer und Täter, meist grenzenloses Mitleid mit dem Täter, seiner Kindheit und seiner Verhältnisse.
Damit machen sie sich mitschuldig an der weitverbreiteten Verständnispädagogik, die nur halbherzig sühnt und keine, falsche oder halbherzige Grenzen setzt.
Unnötig zu erwähnen, daß ich selbst Sozpäd. bin und auf diese meine Gutmenschen derselben Profession nicht gut zu sprechen bin.
Opfer vermeiden oder Opfern helfen kann man nur, wenn man konsequent Täter bestraft statt bemitleidet.
Und das fängt schon im Elternhaus, im Kindergarten und in der Schule an.
ich denke, du wirst dir zu deiner praxis des schlecht/bös-menschelns ab und an auch die eine oder andere frage gefallen lassen müssen. bis hin zu der, ob und wie und wobei oder auch nicht es opfern hilft, wenn täter "konsequent" bestraft werden. oder?
Konsequent sein und nicht tolerieren, daß jemand andere bestiehlt, verletzt oder sonstwie schlecht behandelt ist die Prophylaxe zum Ernstfall, wenn Böses passiert ist. Gutmenschen haben für alles Verständnis, ich menschele keineswegs bös, sondern bilde mir ein, einen gesunden Menschenverstand und ein (Un)gerechtigkeitsempfinden in Arbeit und Leben einzubringen. Ja, Opfern hilft es,wenn Täter bestraft werden. Und es verhindert weitere Opfer.
da wirst du uns doch bestimmt nachvollziehbar erklären können, wer in diesem fall -> www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,615851,00.html
die position des gutmenschen hat und wer die dessen mit "gesundem Menschenverstand und (...)(Un)gerechtigkeitsempfinden"!
ich bin gespannt.
Dazu hat ein Österreicher, Josef Mairinger, geschrieben.
Die Kurzfassung ist hier
community.zeit.de/user/josefmairinger/beitrag/2009/11/02/ein-pl%C3%A4doyer-f%C3%BCr-den-gutmenschen
Die Langfassung hier
www.tagesspiegel.de/meinung/anderemeinung/art22196,2943055
Hallo Leute,
es gibt Bücher zum Thema, ich nenne mal zwei: Das Wörterbuch des Gutmenschen. Zur Kritik der moralisch korrekten Schaumsprache, hg. von Klaus Bittermann und Gerhard Henschel, und das Das Wörterbuch des Gutmenschen. Band II. Zur Kritik von Plapperjargon und Gesinnungssprache, von Bittermann und Wiglaf Droste herausgegeben, 1994 bzw. 1995.
Auf dem Cover sagen Zeilenausrisse, um was es schäumt und wabert: Befindlichkeit, Wut und Trauer, verkrustete Strukturen aufbrechen, die Mauer im Kopf einreißen, Streitkultur, Querdenker, ein Stück Versöhnung, nicht den Rechten überlassen, Mißbrauch mit dem Mißbrauch. - Das allgemeine Gequake eben im Alternativmilieu Mitte-Links. Die Beiträge "Ehrliche Arbeit" und "Mein Freund ist Ausländer" fand ich damals auch sehr schön.
Geändert am Geblöke nur mit einem Hauch von Kenntnis und Kritik hat sich wenig. Der Terror der Gutmenschen geht weiter!
Der Freitag hatte in der Ausgabe 20/94 rezensiert.
danke, zündler raucher, für den link. das geschwätz von den lächerlichen gutmenschen und die herkunft des unwortes werden einigermaßen deutlich. nur schade, dass der autor das unwort nicht als solches erkennt und ablehnt.
danke, rahab, du hast den schwätzer zum schweigen gebracht.
na und? hatte der freitag eben rezensiert
... und ich werde weiter terrorisieren
lieber rainer, mein blog ist die unausgesprochene aufforderung, das unwort künftig nur noch zwischen gänsefüßchen zu gebrauchen, einverstanden?
Vielen Dank für diese Verdeutlichung der sprachlichen Tradition des "Gutmenschen" aus dem Geiste des Faschismus!
"Gutmensch" als Schmähwort kann ja nur von rechts kommen, denn niemand anderes wird es wohl lächerlich finden, gut zu sein.
Ja, Sprache ist in der Tat veräterisch!
Hallo Rainer,
also, ich muß hier mal sagen, daß ich Wiglaf Droste ein Stück weit gar nicht mag.
Der ist einfach nur zynisch.
Das Geblähe aus Wort- und Sprachhülsen findet man nicht nur bei den sog. "Gutmenschen", sondern - wenn auch von anderm Kaliber - bei denen, die am Ende gar nicht so gut sind ...
Zum Schweigen gebracht? Ist es das, was Du, mein allerliebster Gutmensch, mit jemand machst, der Dir widerspricht? Wenn Du schon Deine Meinung ins Netz stellst, dann solltest Du auf Antworten gefasst sein. Im Übrigen habe ich einfach nicht die Zeit, unendlich lange vor dem PC zu sitzen.
Das ist wohl kein Beispiel für das Thema Gutmensch. Wohl eher für ein nach wie für eine männlich geprägte Rechtsprechung. Richter, die dem Opfer Mitschuld an seiner Vergewaltigung zusprechen, sind schlicht und einfach Chauvinisten,jene Art Männer (es gibt natürlich auch Chauvi-Frauen), denen jede Empathie für das Leid der Opfer fehlt. Hier wird der Täter ermuntert, weiterzumachen und sein Tun zum Teil entschuldigt. Wie ich schon sagte, dem Opfer hilft es, wenn der Täter bestraft wird. Oder nicht? Was meinst Du selbst dazu?
wieso ist das kein beispiel? du sagst es doch selbst: "Hier wird der Täter ermuntert, weiterzumachen und sein Tun zum Teil entschuldigt." solches zu tun soll doch kennzeichen des 'gutmenschen' sein!
der täter ist ja auch bestraft worden. strafrechtlich wurde er ordentlich verpappt.
was das dem opfer geholfen hat, wäre im spannungsverhältnis zur privatrechtlichen behandlung des falles zu diskutieren.
wie auch zu diskutieren wäre, ob es mit empathie für das leid des opfers allein getan ist!
und zum guten schluß: ich habe nichts dagegen, deine frage zu beantworten. dies setzt allerdings eine umfassende antwort deinerseits voraus. und nicht ein einfaches den ball-zurückwerfen.
und noch ein beispiel. und zwar dieses: www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,564531,00.html
es handelt sich um das urteil gegen die beiden jugendlichen in münchen.
diejenigen es für falsch hielten und halten, als weitere konsequenz des urteils die beiden verurteilten abzuschieben, mußten und müssen sich weiterhin als 'gutmenschen' beschimpfen lassen. warum?
Der Begriff "Gutmensch" begleitet die bundesrepublikanische Geschichte seit über 15 Jahren. Entstanden ist er - R. Kühn weist darauf hin - im linkskabarettistischen Milieu von Autoren, die verständlicherweise das zur Schau getragene "An meinem Gutsein wird die Welt genesen" nicht mehr ertragen konnten. Und die Diktatur des "politsch Korrekten" (auch so'n Begriff!) war in der Tat unerträglich: "Würdest du bitte draußen rauchen!" - ""Wir müssen Vorbilder sein!" - "Unterschreibst du bitte hier! Ist gegen (bitte beliebig einsetzen)..." Und wehe, man unterschrieb nicht!
Das war das Milieu der protestantischen Pfarrer, grünen Studenten und Pädagogen, der Sozialarbeiter und Zahnarztgattinnen. Mit "Güte" die Menschheit verändern, obwohl die Verhältnisse nicht so sind. Das "Gutmenschentum" war bestenfalls naiv und schlimmstenfalls geheuchelt. Darin bestand die Kritik der Begriffkreateure, die bewusst an das "Wörterbuch des Unmenschen" anknüpften. Ihr "Guten", schaut auf eure Sprache! Die ist genauso wenig unschuldig wie ihr! Das war die Botschaft.
Die Verhältnisse änderten sich, und die "Gutmenschen" mit ihnen. Wir sind mittlerweile alle "Realisten" und "Pragmatiker". Der Begriff aber blieb und wurde begierig von den Betriebswirtschaftsstudenten sowie den Rechten und Rechtsextremen aufgenommen. Die haben nämlich ein Gespür für die Schwachstellen ihrer Gegner und glauben das Realitätsprinzip auf ihrer Seite zu haben. Und merken dabei nicht, wie sie sich mit ihrer Häme über die "Gutmenschen" selber verdinglichen.
Wie auch immer, die "Gutmenschen" haben sich begriffshistorisch überlebt. Man sollte das Wort den Faschisten und ihren Anhängseln überlassen, bis diese sich auch überlebt haben.
Nur weil der Begriff Gutmensch aus der rechten Ecke kommt, ist er nicht notwendigerweise schlecht. Denn er markiert tatsächlich die zentrale Schwäche der Linksintellektuellen.
Tatsächlich besteht das Problem aber nicht in der von Hermanitou angemerkten übertriebenen Verständnisfreudigkeit, denn Verständnis für den politischen Gegner findet man auch im linken Freitags-Forum eher selten.
Das Problem ist eher die Schlussfolgerung daraus. Denn obwohl man durchaus mit einer Gutmenschenperspektive leben kann, darf man politisch nicht immer danach handeln. Wenn Herrschaft sich immer nach Moral richten würde, wäre der Staat schon längst zusammengebrochen.
meine oben auf hermanitous erstes posting hin sind nicht nur für ihn bestimmt. du darfst dich auch gern an einer beantwortung versuchen!
ups, da sind mir doch wörter ausgekommen. deshalb der satzbeginn noch mal vollständig: meine oben auf hermanitous erstes postin hin gestellten fragen...
Es kommt mitunter vor, dass man vor lauter Rauchen einen Waldbrand entfacht. Oder die Scherben es Säufers, mehr fokussieren, als einem lieb ist. Aller Laster Anfang und ein 42-Tonner ist auch nur ein LKW.
@ wwalkie:
>Man sollte das Wort den Faschisten und ihren Anhängseln überlassen, bis diese sich auch überlebt haben. - Ja, das sollte man. Man könnte das Wort einfach ignorieren, um ihm die zersetzende Kraft zu nehmen.
Aber wann werden die Faschisten und ihre Annhängsel sich endlcihüberlebt haben? Darauf wartet die Welt doch schon seit 100 Jahren...
Offensichtlich definieren wir Gutmenschen unterschiedlich.
Im Münchner Fall geht es schlicht und einfach um eine poltische Frage, die von Rechten im Sinne ihrer Vorurteile stets dahingehend beantwortet wird, daß die Täter ein Produkt ihres Herkunftlandes seien und deshalb abzuschieben. Als Linker (und nicht notwendigerweise deshalb Gutmensch)bin ich der Meinung, daß die Täter hier bestraft und anschließend resozialisiert (wenns geht) werden sollten, da sie hier aufgewachsen sind und es wenig Sinn macht, sie irgendwohin abzuschieben, wo sie noch entwurzelter sind. Notwendigerweise haben wir hier die Grenzen für die Herrschaften zu setzen, sie sind Produkt der hiesigen Gesellschaft.
Ich will Dir aber ein Beispiel nennen, das aus meinem persönlichen Arbeitsumfeld stammt:
Da verübt eine Bande Kinder und Jugendlicher Straftaten wie Sachbeschädigung, Erpressung, Drogenhandel, Einbruch und Diebstahl und schickt Mädchen auf den Strich. Nachdem die Polizei ermittelt hat, werden insgesamt 70 Jungs (Alter 13-19) für ca. 130 Straftaten angeklagt. In durchweg allen Fällen gibt es - aufgrund der Empfehlung der Gutmenschen im Jugendamt und dergleichen - entweder nur Ermahnungen oder Bewährungsstrafen. Die Rädelsführer verlassen triumphierend die Gerichte...
Nur wenige Wochen nach dieser Geschichte bringt einer der Rädelsführer gemeinsam mit zwei weiteren Dödeln einen Mann um.Er wird zu Tode geprügelt.
Dieses Mal setzt es 10 Jahre Jugendknast. Ich begegne dem Jungen wieder, als er eines Tages Ausgang hat. Nun hat er seine Lektion kapiert, den Schulabschluss gemacht und eine Lehre (im Knast) begonnen.
(Von den anderen Knaben sitzen mittlerweile im Übrigen einige sehr langfristig im Knast, nachdem ihre Taten, nicht die Verständnispädagogik der sie betreuenden Gutmenschen zum Maßstab für Konsequenzen genommen wurde.)
Das Opfer könnte - ohne Gutmenschelei - leben.
Viele andere Opfer dieser Bande(darauf gehe ich jetzt nicht näher ein) wären nie Opfer geworden.
Das ist der Grund, warum ich lieber klar sehe statt gutmenschele.
Ich hoffe das war nun ausführlich genug. Eine spannende Diskussion ist es allemal.
Da muss ich auch meinen Senf dazugeben.
Zunächst einmal schließen sich Verständnispädagogik und Gefängnisstrafen nicht aus. Ich kann erkennen, dass ein Täter aufgrund der Prägung durch sein Umfeld psychologischen Determinanten gehorcht, die sich seinem bewussten Verständnis entziehen. Dann sperre ich ihn eben nicht ein, um ihn zu bestrafen oder gar Rache zu üben. Sondern um Wiederholungstaten zu verhindern und zu demonstrieren, dass der Staat kein rechtsfreier Raum ist.
Egal aber, was ich mit dem Täter mache: Das Opfer hat nichts davon. Denn Rachegelüste dürften nicht nur Gutmenschen als niedrige Empfindung betrachten.
Das Problem in der Realität ist eben, dass diese Sichtweise von Richtern kaum geteilt wird. Die einen lassen Straftäter aus Verständnis laufen, die anderen werfen sie für Jahre ins Gefängnis.
an deinem beispiel verstehe ich nicht, was genau die 'gutmenschelei' war.
was ist deine sachlich-fachliche kritik an den jeweiligen entscheidungen? und wie begründet? hättest du anders entschieden? in der situation, in der andere anders entschieden, meine ich.
ist alles, was so ausgeht, wie du es kurz darlegst, auf 'gutmenschelei' zurückzuführen?
wie begründest du, dass das tötungsdelikt auf 'gutmenschelei' zurückzuführen ist?
und: wie verkraftest du es eigentlich, wenn du dich mal geirrt (?) hast? schimpfst du dann auf den 'gutmenschen' in dir selbst?
und in welchem lande spielt deine geschichte?
ich erlaube mir einen kurzen hinweis auf die strafmündigkeit nach deutschem recht: "Die Strafmündigkeit ist die Voraussetzung für eine strafrechtliche Verfolgung.
Sie fehlt gemäß § 19 des Strafgesetzbuches (StGB) bei Kindern, die zur Tatzeit das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.
Die Strafmündigkeit ist Prozessvoraussetzung."
Dieser (zeitgeschichtlichen) Begriffsbestimmung stimme ich absolut zu. So habe ich den Begriff kennengelernt, wie er dann in den genannten Wörterbüchern erläutert und erfaßt wurde; und er ist überholt nur, weil das Milieu sich überholt hat: und doch fortwest (Adorno). Der ärgste Feind der Linken ist irgendwie Mitte-Links?
@zille
woher hast du denn diese
-> "Das Problem in der Realität ist eben, dass diese Sichtweise von Richtern kaum geteilt wird. Die einen lassen Straftäter aus Verständnis laufen, die anderen werfen sie für Jahre ins Gefängnis."
weisheit?
außerdem: bei hermanitou kamen richter (alle juristen?) nicht vor, sondern nur "Sozialpädagogen, Psychochogen und Lehrer". hilfst du meiner verwirrung auf?
@ Tom: Zustimmung. Und das prinzipiell im Begriff Gutmensch Gemeinte ist, daß theoriegeleitete antikapitalistische Kritik in einen Kirchentagsgemeinsamkeitsrhythmus umgeschunkelt wird.
lieber tom, du hast einen schönen schlussatz gebaut:
"Wenn Herrschaft sich immer nach Moral richten würde, wäre der Staat schon längst zusammengebrochen."
herrschaft und moral sind vokabeln, die kabbeln wie feuer und wasser. es gibt keine moralische herrschaft. herrschaft baut auf gewalt, jede herrschaft, und moral setzt auf soldarische hilfe.
wenn auch aus verschiedenen, vor allem propagandagründen manchmal der anschein erweckt wird, herrschaft helfe.
conclusio: es wäre nur gut, wenn der zusammenbruch längst erfolgt wäre. vorausgesetzt, es gäbe eine alternative.
ceterum censeo: "gutmensch" ist ein unwort.
Die Gutmenschelei ist doch offensichtlich. Statt aus Sicht der Opfer und zukünftigen Opfer zu agieren, gibt es laaaaaanges Verständnis für Täter. Klar, Kinder sollen nicht bestraft werden, selbstverständlich. Dafür gibts andere Möglichkeiten (diverse Hilfsangebote an Eltern und Familie), aber selbst da wird entweder gespart oder nichtg entschlossen genug gehandelt.
Ich erlaube mir noch mal den Hinweis, daß meine Definition von Gutmenschelei die Kritik an Leuten ist, die für Täter jede Menge Verständnis haben, für die betroffenen Menschen, denen Schaden zugefügt wird, meist nicht oder nur sekundär.
Täter, die nicht gestoppt, sondern mit sogenanntem Verständnis behandelt werden, machen weiter, steigern sich. Deshalb (in dem krassen Fall, den ich schilderte) trägt Gutmenschelei zur Katastrophe bei.
sorry, aber wenn du mir in einer spruchkammer als schöffe gegenübersässest, hätte ich jetzt nicht verstanden, was du nun eigentlich willst und warum. entschlossen sollte es sein und mit ohne zuviel verständnis
und auch zu deinem "krassen Fall" bist du mir eine nachvollziehbare erklärung schuldig geblieben.
aber ich merke schon, ich bin dir gegenüber zu 'gutmensch'...irgendwie
deshalb, in abwandlung des spruchs 'allah bewahre uns vor den zudringlichen': diese oder jene bewahre mich vor unqualifizierten soz-päds!
@hermanitou:
Die Bedürfnisse der Opfer über das Verständnis für die Täter zu stellen würde meiner Meinung nach bedeuten, sich erst einmal auf die Opfer zu konzentrieren und die Thematik adäquater Bestrafung der Täter hintan zu stellen.
@rahab:
Sozialpädagogen usw. bilden die "staatliche" Sicht auf solche Fälle heraus, die von den Richtern meist hoch eingeschätzt wird. Deshalb die Überleitung.
@zille
richter sind an recht gebunden, nicht an die quasi- oder über- oder sonstwie zur staatlichen erhobene sicht von sozialpädagogen! weshalb sie das, was ihnen an gutachten, stellungnahmen, vorschlägen schon noch mit eigenen gedanken/begründungen versehen müssen. und zwar über 'gefällt mir' oder 'gefällt mit nicht' hinaus.
aber: laß hören wie du die bedürfnisse der opfer über das verständnis für die täter stellen würdest!
unter beachtung des grundsatzes, dass die strafe tat-und schuldangemessen sein soll!
oija broch! mal wieder ein wort vergessen. diesmal: vorliegt, zwischen vorschlägen und schon noch einzufügen.
Im Prinzip hieße das, für Opferbetreuung und etwaige Wiedereingliederung mindestens so viel Geld auszugeben wie für Gefängnisse. Außerdem könnten gewisse Boulevardmedien künftig lieber zu Solidaritätskampagnen mit den Opfern aufrufen als wieder irgendeinen Mörder als "entmenschtes Monster" oder "Bestie" zu bezeichnen.
Wenn "Gutmensch" ein Unwort ist, dürfen die Konservativen den Linken künftig deren "politisch korrekt" für denselben Status vorschlagen.
Dass Herrschaft auf Gewalt baut, ist nichts grundsätzlich negatives, sondern notwendig. Alles andere wäre nämlich Anarchie. Anzunehmen, die Menschen würden unter irgendwelchen Bedingungen friedlich und brüderlich zusammenleben, ist weltfremd. Ein gewisser Zwang ist notwendig.
Das Wort "Moral" ist in der Politik sowieso schwierig, weil dieses Prinzip im Gegensatz zu Herrschaft oder Gewalt in der Natur nicht vorhanden und ergo nicht notwendigerweise im Menschen angelegt ist.
Und überhaupt - was wäre Deiner Meinung nach eine Alternative zum Staat?
und was tun nun die 'gutmenschen', um solches zu verhindern?
ich sehe nämlich noch nicht, weshalb ein täter-opfer-ausgleich mit allem, was daran hängen könnte, dadurch be- bzw. verhindert wird, das wer versucht, auch täter zu verstehen.
The only government an artist needs is no government at all.>/em> - Oscar Wilde, irgendwo in The Soul of Man under Socialism
Ich zitiere hier aus dem Kopf, daher bin ich mir noch nicht einmal über den Wortlaut sicher.
Gut, nicht alle Menschen sind Künstler. Aber man könnte doch alle Menschen ästhetisches Bewußtsein lehren. Wenigstens könnte man es versuchen.
Lieber h.yuren;
danke für die Mahnung: Ich beherzige... Tatsächlich habe ich dieses Wort noch nie benutzt, aber dann, neulich in meinem "Barbier"-Blog, ich gestehe, da ist es mir rausgerutscht. Zum Glück nur im selbstkritischen Bezug auf mich selbst, aber trotzdem...
Ich bin sonst auch sehr für Worthygiene! Wir könnten zum Beispiel einmal einen gemeinsamen Blog darüber schreiben, was passiert, wenn Sprache inflationär gebraucht wird, das liegt mir immer sehr am Herzen. Ich vermute, dass fällt Dir genauso unangenehm auf wie mir.
Andrerseits ist Sprache etwas Lebendiges, Wandlungen unterworfen: "Fest gemauert in der Erden, steht die Sprache, aus ehernen Worten gebrannt..." (Frei nach Schiller). Nein, so darf es nicht sein. Da immer den Mittelweg zu finden, ist nicht einfach.
Deshalb: Danke!
Anna
liebe anna, danke für deinen ehrlichen und positiven kommentar.
zum lemma selbst: ich hatte sogleich ein ungutes gefühl, als ich das wort zum ersten mal aufschnappte. beim googeln fand ich die beherzte rede einer frau aus der schweiz, die den wortgebrauch so klar entlarvte, dass ich genügend über die erfinder und verwender wusste. ich hab das hier im blog nur kurz angedeutet.
irgendjemand schrieb mal, philosophie sei heute (das ist schon einige jährchen her) nur noch als sprachkritik denkbar.
das "Wörterbuch des Unmenschen" war auch ein ansatz, dem ich viel sympathie entgegenbrachte, vor allem dem satz dolf sternbergers: "Immer stehen mit der Sprache die Verhältnisse zur Verhandlung."
ich weiß vom studium der sprache her, dass wir gar nicht anders können, als uns durch die wortwahl zu outen, zu erkennen zu geben, wenn ohren oder augen da sind, die zeichen zu hören und zu sehen.
beim inflationären wortgebrauch der professionellen sprecher/innen und schreiber/innen gibt es nicht nur verräterische versprecher (s. Freud; merkels "Kotz" anstelle von "Koch" war ein schönes beispiel), sondern auch durch die bewusst gewählten worte verräterisches in fülle.
die vielredner wie die kanzlerin lassen ja zum teil für sich schreiben. trotzdem bleibt der fußabdruck. die kontrolle wird in dem maße schwächer, wie die menge des gesagten überhandnimmt.
was "einen gemeinsamen Blog" betrifft, bin ich zu allen schandtaten bereit.
wer sich mit sprach- und wortgeschichte einmal befasst hat, jammert nicht mehr über den verfall der sprache, weil sie/er die allgemeinen gesetze der entwicklung von sprachen und worten kennt. mich hat z.b. mal eine weile die tatsache der wortwüstungen interessiert, die untergegangenen wörter und formen.
aber ich muss jetzt aufhören.
lieber tom, was alles im menschen angelegt ist, will und kann ich nicht sagen. es muss uns nur klar sein, dass wir noch immer im naturzustand der gesellschaft leben. aber, und nun komme ich zu deiner frage am schluss, mit den erkennntnissen der ökologie ist die moral ins zentrum der politik gerückt, ob den verwaltern der herrlichkeiten das nun passt oder nicht.
neuestes beispiel: die öl- und gasförderfirmen haben es geschafft, in unserer ach so aufgeklärten gesellschaft 30 bis 40 jahre unter der decke zu halten, dass es sich nicht um kleine mengen radioaktiven abfalls handelt, der bei der förderung von erdgas und erdöl anfällt. intern wars jahrzehnte bekannt. vor allem soll radium in größeren mengen dabei sein, ein radioaktives element mit einer langen halbwertszeit.
da nun in allen bereichen des lebens ökologische probleme vordringlich gelöst werden müssten (das klima ist nur ein thema unter hunderten), kann die alte politik nicht mehr so weiterwurschteln nach der parteilichen interessenlage, sondern sachverstand und vernetzung rund um den globus sind gefragt. das heißt, wir stehen vor einem paradigmenwandel, der viel tiefer eingreift in die gesellschaftlichen verhältnisse als die wende vom feudalen zum demokratischen staat. moral wird nahezu identisch mit politik.
das hindert die herrschenden nicht, so weiterzumachen wie bisher. mit einem früher oder später schrecklichen erwachen. der kompromissgipfel in kopenhagen ist ein zaghafter anfang vom ende der alten machtpolitik.
Es geht doch gar nicht um das "Verstehen" der Täter. Nicht nur Gutmenschen versuchen das. Das Problem mit den Gutmenschen ist, dass sie Mitleid (!) mit den Opfern zeigen, solange diese sich dafür erkenntlich zeigen. Gleichzeitig ziehen die Gutmenschen aus ihrem Wissen völlig verquere Schlüsse - wie z.B. die Täter zu milde zu bestrafen. "Strafen" ist ohnehin das falsche Wort. "Strafe" ist ein auf den Täter bezogener Prozess, aber wir müssen uns davon weg entwickeln, hin zu einem gesellschaftsbezogenen Prozess.
Der Täter darf eigentlich keine Rolle im "Strafprozess" spielen, da seine innere Determination noch viel umfassender ist, als die Justiz gegenwärtig zugibt. Nein, das Strafmaß muss durch die gesellschaftliche Relevanz der Tat bestimmt werden.
Was hat Ökologie mit Moral zu tun? Wer bitteschön will diesen Planeten denn um seiner selbst willen retten? - Wir handeln dabei doch nur aus Eigennutz. Und das ist auch gut so. Denn wenn der Eigennutz sich mit den Zielen der sogenannten Moral deckt, ist eine gewaltigere Triebkraft vorhanden.
Dass der künftige Wandel tiefgreifender als der vom Feudalismus zur Demokratie sein soll, kann ich nicht glauben. Im Inneren der Menschen ändert sich nichts, weder damals noch heute. Deswegen brauchen wir Politiker.
Wiglaf Droste ist bestimmt auch nicht in meiner Top 1000, aber er war halt der Herausgeber eines zweier durchaus kluger und witziger Bücher. In den 90ern strebte er auf als Kolumnist, als Kabarettist versagte er mehrmals bei Dieter Hildebrandt, und als Häuptling am Herd kannte ich ihn schon nicht mehr.
Trotzdem: Den "linken" Kirchentag des allgemeinen grünroten Geblubbers hat er damals gut enttarnt in seinem menschelnden Sprechen.
sag mal ... wie wäre es, wenn du mal versuchtest, ohne diese sachlich völlig nichtssagende vokabel 'gutmensch' auszukommen?!
bislang habe ich nur verstanden, dass 'gutmenschen' etwas tun, was du nicht richtig findest. es ist nur, wenn ich nachfrage, immer wieder was anderes, was du nicht richtig findest. denn andere, die nicht 'gutmenschen' sind, tun das, was 'gutmenschen' tun auch. - findest du dich da selbst eigentlich noch durch?
"übersteigerte Forderungen im Hinblick auf Humanität", so heißt es im Beitrag, so sei die "Humanitätsduselei" von rechts definiert.
Und richtig. Aber altbacken.
Der "Gutmensch" der 90er Jahre, den ich eingeführt habe mit den Wörterbüchern, meint etwas ganz anderes, nämlich so, wie Hermanitou es in seinen Kommentaren gesagt hat: Linke, die sich selbst beduseln an ihrer ach so tollen Humanität, die sich selbst betrinken an ihrer humanitären Rede; mit der sie die Wirklichkeit aber gar nicht mehr erreichen. Schön sprechen, nix anderes. Predigen Wein, geben vergiftetes Wasser. Leute wie Johannes Rau, Antje Vollmer und Friedrich Schorlemmer waren damit damals zuvörderst gemeint. Und die ganze Journaille und sog. Beraterwissenschaft. - Ich glaube, Tom Zille denkt da ähnlich.
Und solche Typen, die die klassische revisionistische Ideologie verbreiten, gibt es ja heute auch noch zuhauf. Ich hätte keine Bedenken, eine Liste zu erstellen, die 2009 unter der Rubrik "Gutmensch" gut aufgestellt wäre. Die Kategorie ist polemisch, klar, und alle die Personen tun in "Humanitätsduselei". Das wäre die Kritik: daß sie Humanität, menschliches Handeln und Menschheit als moralischen Begriff eben gar nicht ernst nehmen. Wenn ein bekannter SPD-Politiker heute die Ideale seiner Partei in den Mund nimmt: wer nimmt ihn für voll? Nur der Gutmensch!
Realisten eben nicht.
lieber tom, hat dir noch niemand gesagt, dass mensch und natur im wesentlichen gegensätze sind? wenn du dich auf die natur der gewalt berufst und sie derart für unentbehrlich erklärst, vertrittst du standpunkte des nazidarwinismus oder -biologismus.
das menschliche ist nicht bloß das allzu menschliche.
ökologie hat insoweit viel mit moral zu tun, als leute, die sich über die erkenntnisse der ökologie hinwegsetzen (wie die autofahrer mit den panzern z.b.), unmoralisch handeln. sieh dich mal um! jede menge umweltsäue, wenn es nach dem deutschen sprachgebrauch geht, wo immer nur von verschmutzung geredet wird, wo vergiftung das passende wort wäre.
es gehört eine gewisse portion sachverstand dazu zu erkennen, dass ökologisches handeln auch im besten sinn dem eigennutz dient. nur kurzsichtige sehen den zusammenhang nicht.
ich fürchte, du weißt nicht sehr viel über das innere des menschen, sonst würdest du dich nicht wiederholt darauf berufen. "Im Inneren der Menschen ändert sich nichts, weder damals noch heute. Deswegen brauchen wir Politiker." mag sein, dass du sie brauchst, ich hingegen kann gut und gern auf sie verzichten. vielleicht hat sich bei mir im innern was geändert, bei dir aber noch nicht.
wir sind off topic. schon eine weile. das nebenbei.
lieber rainer, es ist gar nicht übermäßig verzwickt.
wenn nazis von "übersteigerten Forderungen der Humanität" redeten, meinten sie den verzicht auf humanität. wer nicht auf dieser linie lag, war weltfremd und zeigte das durch "Humanitätsduselei".
die parallele heute:
von tierrechtlern und anderen menschen, die sich für die rechte von menschen und tieren einsetzen, heißt es heute, die seien weltfremd, eben "Gutmenschen". damit wollen die ewiggestrigen und die lakaien der mächtigen alles zurückweisen (in derselben überlegen spöttischen attitüde wie seinerzeit die nazis), was ihnen nicht passt.
politiker reden viel, aber das ist meist nur abgelesen; was sie tun, ist entscheidend. manchmal sind sie auch sehr offen und ehrlich, dann nämlich, wenn sie sich versprechen wie die merkel, als sie 'Koch' sagen wollte, aber 'Kotz' herauskam.
"Wenn ein bekannter SPD-Politiker heute die Ideale seiner Partei in den Mund nimmt: wer nimmt ihn für voll? Nur der Gutmensch!"
ist das dann aber nicht sinngemäß jemand, der als 'blauäugig' bezeichnet wird, das der duden als 'naiv' erklärt?
wo ziehst du die grenze zwischen linken, die sich an ihrer tollen humanität berauschen, und leuten, die sich für angeblich aussichtslose projekte einsetzen?
"Gutmensch(en)" ist ein rechtslastiges unwort. nicht nötig zu sagen, dass es zu meiden ist.
ich weiß ja nun immer noch nicht, was hermanitou oder tom zille denken. bisher ist ihre kritik nämlich über worthülsen nicht hinausgekommen. schade eigentlich.
vor allem bei hermanitou finde ich das erschütternd. denn er sagt, er sei soz-päd. da müßtre er doch eigentlich zu einer sachlich-fachlichen kritik an den von ihm ausgemachten 'gutmenschen' in der lage sein. oder? (zu tom zille nehme ich, bösartig wie ich bin, einfach mal an, dass er an seiner ausbildungsstelle noch nicht die richtigen bücher gelesen hat)
vielleicht unterliege ich aber auch dem irrtum, dass ich praxis für realität nehme?
liebe rahab, es tut mir ein wenig leid, dass ich den ersten nick einen schwätzer geschumpfen hab. man soll laut lichtenberg ja mit dem licht der wahrheit so vorsichtig und rücksichtsvoll umgehen, dass niemand der bart gesengt wird.
niemand, von guten schauspieler/innen mal abgesehen, die ganz in die rolle eines anderen schliefen können, muss sich jede/r beim wort nehmen lassen und sich selbst so verraten. wer z.b. unwörter verteidigt, ist deshalb noch kein unmensch, hat vielleicht nur einen schlechten tag erwischt oder so.
welche praxis nimmst du vielleicht für realität?
bevor ich deine frage, h.yren, nach pracxis beantworte, erst mal noch das nachstehende.
„Im Übrigen: Was bringt eigentlich dieses ganze Gutmenschengefasel von wegen unterentwickelter Menschenrechtsbildung in Europa und über die Tatsache, dass wir eigentlich alle Schweizer sind? Das steht doch gar nicht zur Debatte. Fehlt nur noch, dass man den Kapitalismus dafür verantwortlich macht!“
das war tom zille am 6.12.09 um 19:45. in seinem blog zum strategischen problem.
Was - ohne es personalisieren zu wollen - hat er da gesagt? ist er selbst - nun personalisiere ich doch - dazu auskunftsfähig?
über deine frage werde ich nachdenken, während ich einen kartoffelsalat herstelle.
Was tuesch du in herdöpfelsalat? Übersetzt: Wie machst Du den Kartoffelsalt? Mit Mayo?
liebe rahab, dass du so "bösartig" bist, dem armen tom oder wem auch immer sachen und sätze vor- und nachzuwerfen, die sie ziemlich unbekleidet dastehen lassen, hätte ich nicht von dir gedacht. tom hat keinen bart, den du nicht in brand setzen solltest nach dem alten lichtenberg, also hast du sein fell gesengt. das geht wirklich zu weit, finde ich. körperverletzung...
gutes gelingen beim bauen des salates trotz nicht bei der sache seins!
ja ja... bin ich bös-un-artig...
nein, nein ... ich wollte nicht gleich zur standrechtlichen erschießung schreiten ...
aber vielleicht ein bißchen die instrumente zeigen?
@valgrande: ohne!
kann es sein, liebe rahab, dass die herstellung des kartoffeligen salats dich dermaßen beansprucht hat, dass du darüber vergessen hast, dein versprechen einzulösen, indem du antwortest auf meine frage?
(in meinen k-salat geht auch keine mayo)
nun, ich habe mich etwas verweilt...
meine praxis? die, auch wenn nicht mehr praktiziert, dennoch nachwirkt: anwältin für ausländer- und asylrecht.
das ist eine/meine realität. die mir auch heute noch so vorkommt, als hätte ich sie auf der erdabgewandten seite des mondes erlebt.
Lieber Yuren, ich kann Deine Argumente absolut nachvollziehen, finde Deinen Gang durch Begriff und Geschichte auch stimmig; und daß Du bei der Bestimmung von rechts bleibst. - Wo ich einhaken wollte mit dem neu betrachteten Begriff, ist die Auseinandersetzung innerhalb der Linken, die insgesamt im Kampf um Menschen- und Tierrechte ja die Guten sind. Für mich jedenfalls. Und innerhalb der Linken gibt es Grabenkämpfe. Von der sog. extremen Seite wurde für die eher sanfte Seite der Begriff der "Gutmenschen" erfunden, um ihnen mitzuteilen, daß es einen Klassenkampf gibt, keine versöhnlerische Kompromißpolitik. "Gutmenschen" waren die, die mit dem Klassenfeind verhandeln wollten, die dem eigenen Lager Kleister an die Backen schmierten, statt klare Aussagen. - Deshalb halte ich daran fest, daß die Linke an ihren Duseleitypen am meisten krankt, an den "linken" Pfaffen und Sozialarbeitern etwa, die von dem Staat bezahlt werden, den sie bekämpfen müßten.
Für mich gibt es viele "Gutmenschen", die alle der Emanzipation schaden.
hättest du das possessivum "meine" vor die praxis gesetzt, rahab, wäre meine frage beinahe überflüssig gewesen. aber danke für die klärende antwort.
anschlussfrage: warum auf der erdabgewandten seite des mondes? war deine arbeit so unsichtbar? oder fern der alltagsrealität? der normalität (wie man das gern nennt)?
es war nicht schusseligkeit, dass ich vor praxis nicht 'meine' gesetzt hatte. sondern absicht.
immerhin ist das eine arbeit, die in der realität stattfindet.
wie so manche sozialarbeit auch. so nebenbei richtung Rainer Kühn gesagt.
allerdings alles nix für quasselstrippen.
kleiner sprung:
manchmal denke ich, dass 'gutmensch' auch ein ehrentitel sein kann.
lieber rainer, wenn du nur ein wenig googelst, findest du die genese der vokabel in andeutungen dargestellt, seit nietzsche. das verstehst du.
was die linken und irgendwie linken an grabenkämpfen pflegen, hat mich noch nie interessiert. du sagst, die klassenkämpfer hätten den begriff gegen die luschen "erfunden". das mag sein. vielleicht haben die linken erfinder aber auch nur mal bei den rechten gestöbert und die vokabel nur 'gefunden'. mir ist das nicht sehr wichtig. patentrecht hin oder her.
der gebrauch des schmähworts verlangt ein grinsen im gesicht des sprechers, das auf verständnis und verständigung verzichtet, ein rechtes gegrinse.
du nennst selbst die gründe für das falsche bewusstsein vieler pseudolinker. wes brot ich ess...
die quasilinken mitläufer, meinetwegen. alle die leutchen, die als studenten und später als demonstranten dabei waren, hatten mit klassenkampf wohl meist nichts am hut. aber sie standen mit auf gegen eine politsche entwicklung, etwa bei den plänen zur "nachrüstung" etc. das war doch etwas wert. nie wäre ich auf die idee gekommen, die leutchen mit was auch immer zu beschimpfen. die mitläufer auf der richtigen seite sind wertvoll, weil sie nicht gleichgültig sind und nicht auf der falschen seite mitlaufen.
ich glaube, wir sind beide für den paradigmenwechsel.
und warum dann auf der erdabgewandten seite des mondes angesiedelt?
den ehrentitel kann ich mir nur in einem dialekt vorstellen, in dem das grammatisch synonym ist mit dem schriftdeutschen "guten menschen" (der mich aber sogleich an den von brecht erinnert).
ja - doch ich werfe mal ein: den joschka. klar, wes brot ich ess ..., ab hessens turnschuhminister: gutmensch, ideologe, spätestens ab da.
natürlich: klassenkämpfe, historisch, interessiert das nicht.
und: rechte sind auch klug. man darf da gucken und klauen. ich kenne sehr gut armin mohler und jünger.
weil du die mandantschaft nicht mehr so einfach in richtige linke und pseudo-linke und und und ... auseinandersortieren kannst. und weil auch ein pasdar anspruch auf asyl haben kann. wie vor ihm der savak-agent.
wenn schon mondlich, liebe rahab, dann doch bitte die erdzugewandte seite. kann es noch erdzugewandter zugehen irgendwo auf der erde?
juristenarbeit kam mir immer vor wie staatstreue lakaienarbeit, bis die verteidiger in den raf-prozessen bekannt wurden. vorher kannte ich nur rechte juristen in verwandtschaft und bekanntschaft.
Sehr geehrter H. Yuren,
inkludieren Sie in dem "bis" auch Herrn Schily?
e2m
nein, an den hatte ich nicht gedacht.
hallo
ich finde diese Diskussion wahnsinnig spannend und wusste wirklich nicht, dass es "Gutmensch" im Sinne von "übertriebener politischer Korrektheit" erst seit 15 Jahren gibt.
Mich würde interessieren, ob es hierbei eventuell Zusammenhänge mit dem Zusammenbruch des "Sozialismus" gibt? Was denkt ihr?
MfG
(zur anrede hast du dir einen nick ausgesucht, mit dem "liebe" nicht zusammengehen will)
nein, ich sehe im deutschen sprachgebrauch die political correctness nur als einen abgeleiteten nebenstrang, der am kern der sache vorbeigeht. darum sehe ich auch keinen zusammenhang mit dem ende des staatssozialismus. allerdings hat der dadurch verstärkte neoliberalismus dem gebrauch auftrieb verschafft.
der eigentliche sinn des unworts ist schmäh von rechts. (s.o.)
Lieber H. Yuren,
das mit der Anrede könnte schon sein, ich bewege mich auf jeden Fall auf unsicheren Terrain, war vorher noch nie in einer "blogger community". Und ja stimmt, vielleicht ist "verdinglichung" nicht besonders geschickt und werde ich das irgendwann mal ändern. Remigrantin wäre auch ne Option. Verdinglichung kam eigentlich zustande, weil ich "reification" im Wörterbuch nachgeschlagen habe. Und an "reification" musste ich denken, wegen dem Buch: "Europe and the people without history" von Eric Wolff, was mich vom Studium der Anthropologie überzeugt hat.
liefs
liebe dingdingding,
das wort 'reifikation' habe ich gerade zum ersten mal bewusst gelesen. dudens erläutern es nicht als 'verdinglichung', sondern als 'Vergegenständlichung, Konkretisierung', was nach meinem verständnis etwas anderes sagt. mein beispiel für verdinglichung ist, wenn ein mensch mittel zum zweck wird wie zb beim militär.
groetjes
warum eigentlich nicht? kollege Ottos auftritt vor dem visa-ermittlungsausschuß war eine mehrstündige lehrveranstaltung in staats- und verfassungsrecht. vom feinsten. will sagen: lakai greift etwas zu kurz.
Ich fürchte mich vor Menschen, die wissen, wen oder was Andere bekämpfen müssten.
keine angst, baby. wir schaukeln das schon.
liebe rahab, ich kenne ottos starke seiten nicht. du magst ihn schätzen.
im einzelfall ist es wahrscheinlich sehr wichtig, sich in recht und gesetz auszukennen, wie es allgemein von nutzen ist, einem bewaffneten angriff nicht ganz ohne waffen ausgeliefert zu sein.
im übrigen ist der justizapparat nach meiner einschätzung eine der drei säulen der herrschaft (neben dem militär [gewalt] und der religion/den massenmedien[mentaler nasenring]).
wenn ich das posaunen über unseren rechtsstaat höre, fällt mir zuallererst das unrecht des systems ein. ein relativ harmloses beispiel: das anerbenrecht.
Ich bin grad misstrauisch geworden und siehe, »vom duden noch nicht erfasst« stimmt nicht:
»Gutmensch, der (oft abwertend für jmd., der sich besonders für Political Correctness engagiert)« steht in der vorletzten (24.) Auflage des Rechtschreibduden und bereits das große Wörterbuch der deutschen Sprache aus dem Jahr 2000 kennt ihn: »Gutmensch, der (meist abwertend od. ironisch): [naiver] Mensch, der sich in einer als unkritisch, übertrieben, nervtötend o. ä. empfundenen Weise im Sinne der Political Correctness verhält, sich für die Political Correctness einsetzt: Der christliche G. par excellence, der soziale Projekte in den USA finanziell unterstützt, möchte … noch möglichst viele Seelen für die Sache des Herrn gewinnen (FR 7. 1. 98, 16).«
Es gab mal den Spruch zur Menschheit auf Raten:
"Sozialdemokraten, die ham uns verraten!"
Mein Begriff des G ist für solche, die wo gehandelt werden müßte nur schön geredet haben (von der Kanzel) und es noch tun.
Die G pflegen die Symptome, ohne die Ursachen wissen zu wollen. Sie gestalten Tafeln, und lassen weiter verhungern.
Punkt. Ende. Letzter Beitrag hier.
Und aber auch: Danke an alle. War mir wichtig und bleibt es.
recht hast du, baby, wo du recht hast. in der 25. aufl. steht auch sowas: "(oft abwertend für jmd., der sich besonders für Political Correctness engagiert)"
ich arbeite nicht mit den kleinen ausgaben, sondern mit der studienausgabe; die ist von '99 und - in der tat, da stehts schon, was du aus dem folgejahr zitierst.
du hast also vollkommen recht, ich habe das lemma übersehen und werde den passus streichen.
aber wie so oft ist mal wieder mit der erläuterung der dudens nicht viel anzufangen.
du brauchst nicht lange zu googeln, um zu finden, dass die bedeutung des unworts eine andere ist. eben die, um die hier im thread diskutiert wird.
elbeo, du hast nachgeschlagen im wörterbuch und dich um die wahrheitsfindung verdient gemacht. dafür danke ich dir.
Schon gut, schon gut, manchmal drängt ein Korinthlein in mir nach draußen … ansonsten stimme ich quasi vollumfänglich zu. »Political Correctness« halte ich im übrigen für einen ähnlichen Kampfbegriff wie »Gutmensch«.
Und danke fürs Schaukeln.
lieber h.yren! kollege otto liegt mir schwer im magen. z.b. mit so was -> www.zeit.de/1999/44/199944.schily_.xml
zu dem, was ich dagegen geschrieben hatte, wird er wohl das verdikt 'gutmensch' abgegeben haben. so viel zum schätzen.
weiter ganz naiv: recht und der justizapparat sind nicht dasselbe. dennoch können sie nicht gänzlich ohneeinander. und: zuweilen braucht es auch recht, um macht nicht nur zu durchschauen sondern auch zu brechen.
danke, rahab. bezeichnend der schluss im interview mit otto s. sein herz schlägt mittig...
Um eines klar zu stellen: Ich kommentiere diesen Blog-Beitrag, weil ich finde, dass die Vokabel "Gutmensch" ihre Berechtigung hat. Sie sollte nicht aus dem Sprachgebrauch verbannt werden. Vielmehr sollte dieses Forum sich ernsthaft mit dem Thema auseinandersetzen. Denn nie haben die Rechtsintellektuellen eine größere Schwäche der Linken gefunden als das Gutmenschentum.
Ach was, "off topic". Wir haben gerade erst angefangen - wenn es nach mir geht :-)
Aber um den Bogen zu schlagen: Ich finde, die Moral als wesentliche Triebfeder des Menschen zu betrachten ist tiefstes Gutmenschentum. Daraus folgt, dass sich jede Form gesellschaftlicher Organisation (meinetwegen also auch ohne Politiker) nicht auf die Moral der Menschen verlassen sollte. Und so ist es auch beim Umweltschutz. Man dürfte gar nicht nach Moral handeln, sondern müsste die Notwendigkeit des Umweltschutzes durchsetzen. Dann stünden auch nicht mehr so viele Gegner im Wege und es müsste weniger diskutiert werden.
das erklärt noch nicht, warum du sie selbst verwendest! affirmativ.
nur eines habe ich bislang verstanden: du findest mitleid schrecklich. warum eigentlich? fürchtest du dich vor dir selbst?
tom, danke für deine bemühungen. wir haben verstanden.
lieber tom, deine ausdauer ist ja bewundernswert. aber es geht nicht ums diskutieren als selbstzweck.
wenn du sagst, du findest, die moral als wesentliche triebfeder des menschen zu betrachten ist dies oder das, dann kümmerst du dich einfach nicht um die ergebnisse der ethologie und psychologie. es ist keine frage des betrachtens, es ist fakt. daneben gibt es freilich noch ein paar andere wesentliche triebfedern.
nach dieser prämisse kannst du gefälligst auf "Daraus folgt" verzichten.
ich bin deiner meinung, dass notwendige forderungen des umweltschutzes gesetzlich notfalls erzwungen werden sollten. andernfalls machen sich die politiker schuldig, sie müssten für die schäden aufkommen.
Sprache ist verräterisch ... Sprache hat seit je eine Doppelfunktion erfüllt, sie ermöglicht Kommunikation, und markiert Gruppengrenzen. Sprache heißt "wir reden miteinander", sie heißt aber auch "wir gehören dazu, ihr nicht". Das Verräterische an der Sprache kommuniziert auch; diese Kommunikation ist eine implizite, hat nichts mit dem semantischen Gehalt der Worte zu tun, nur mit ihrem Symbolwert. Der Neologismus "verrät" auch schon, Yuren, dass du über ein gewisses Bildungsniveau verfügst, nicht dass du den Neologismus anprangerst, sondern dass du das das Wort "Neologismus" kennst^^ wir werfen diesbezüglich der Menschheit also besser nichts vor, es sei denn, uns läge daran, alle Fachsprache, alle Subkultursprache, Jugendsprache und dergleichen in moderatem Neusprech glattzuziehen ^^
was den Ausdrücken "gutmenscheln" oder "Gutmensch" stört, sind massiv die Konnotationen, teilweise die Semiotik und größtenteils nicht die Semantik. Die meisten wollen wohl auf ihre Weise gute Menschen sein - wie immer sie das definieren - sie wollen aber auch unter keinen Umständen naiv sein; und im Ausdruck "Gutmensch" wird menschenmögliche Güte unabdingbar an Naivität gebunden, durch den simplen Umstand, dass Güte im Ausdruck "Gutmensch" pauschal und unspezifiziert daherkommt, während sie real immer ein multikontextuelles Problem ist und sich nicht einfach so einstellt sondern erarbeitet werden muss.
Wenn wir den Gutmenschen ad acta legen wollen, wie wäre es dann damit: jede/r gemäß ihren/seinen eigenen Angemessenheiten?
Nicht jede Herrschaft baut auf Gewalt .....lediglich die Herrschaft, die die (verliehene) Macht verloren hat.
Auch die BRD hatte Zeiten, in denen die Herrschaft auf echter Macht beruhte.
Macht und Gewalt sind Gegensätze.....
Gutmenschen und gute Menschen ebenfalls.
Na, nachdenklich geworden ?
liebes urmelviech, nachdenklich bin ich auch ohne solche einwürfe ohne wert. herrschaft ist immer gewalt. punkt. du kannst meinetwegen das gegenteil behaupten, beweisen kannst du es nicht.
macht und gewalt sind keine gegensätze, eher schon fast synonyme. schon mal was von struktureller gewalt gehört?
Endlich kann ich h.yuren mal zustimmen...
Nur dass die "political correctness" - im Gegensatz zum "Gutmenschen" - aus der linken Ecke kommt. Das hat der Linguist Geoffrey Nunberg in seinem Buch "The way we talk now" dargelegt.
Die rechte Elite hat nach einer Antwort auf die - äußerst unfaire - politische Korrektheit gesucht und schließlich das oben beanstandete "Unwort" gefunden.
lieber tom, das freut mich außerordentlich.
Ich bin ein Gutwurf und ein Linker.
Der erste Link führt zu einer GutmenschIn
www.biermoesl-blosn.de/hcm/gutmensch.htm
Der zweite zu einer informativen Seite aus dem Switzerland.
www.gutmensch.ch/index.html
luggi
lieber luggi, beim ersten link versagte meine technik, beim zweiten mein verständnis.
was darf ich mit solchen links sollen?
Lieber Helder, du kannst sie auch links liegen lassen.
nein, so einer bin ich nun auch nicht, lieber luggi. wenn du dir die mühe machst, mir links zu empfehlen, seh ich mir das schon an.
der link in die schweiz kommt mir aber wie angedeutet plitschkitschig vor. der autor macht auf mich einen eindruck, als wäre er ein rechtsausleger.
Wäre ein erhellendes, belegendes Zitat zuviel verlangt? Ich sehe Wikipedia immer gerne widerlegt.
lieber tom, rechte elite hat in meinen ohren keinen guten klang. es ist eine schande, um es ganz offen zu sagen, zu ihr zu gehören.
rechts ist doch nur ein verharmlosendes wort für unmenschlich. (das soll nicht heißen, die "linken" der verschiedenen spektralfarben wären lauter vernünftige leute.)