Uhus im Park

Kriegsursprünge. bei soviel kriegen zu gleicher zeit wird viel über kriegsgeschehen berichtet. über die kriegsursprünge ist wenig bis gar nichts zu hören oder zu lesen.

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wie die großen ströme aus kaum unter geröll und gebüsch sichtbaren rinnsalen herkommen, aus kleinen und kleinsten ursprüngen, so entstehen auch die schrecklichsten der schrecken, die kriege, aus kleinsten anfängen.

eine kleinstadt hat vielleicht einen park. darin das angebot, das mit spielplätzen und sitzbänken beginnt und in der zurschaustellung lebender tiere gipfelt, vom süßen jungesel über zwergziegen und kleinere affen bis zu enten, gänsen und schwänen auf freien wasserflächen mit fontäne.

familien mit kindern nutzen das angebot gern. so kann mensch schon beizeiten an den anblick von unfreiheit und gefängnis gewöhnt werden. nein, die städtische verwaltung hat sich bestimmt nichts dabei gedacht, nichts böses. und die kinder ahnen auch nicht, dass die ganz frei vor sich hin schreitenden oder auf einem bein stehenden störche nicht fliegen können, weil die schwungfedern arg gestutzt sind. die zahm scheinenden großvögel sind nirgends angekettet. sie können frei wählen zwischen dem einherschreiten oder dem stand auf einem bein. dass diese vögel draußen von ihren brutplätzen in norddeutschland bis nach süd-afrika fliegen, sieht niemand ihnen an. sie sind neben den großen ziegen und den hängebauchschweinen zu besichtigen. dass diese großvögel otto lilienthal inspirierten zu seiner "Fliegekunst", braucht kein zuschauer zu wissen. auch soll niemand im park an den naturzoo im selben bezirk denken, wo störche frei fliegen und ihre großen nester in hohen bäumen bauen.

nicht besser als den adebars ergeht es im kleinstadtpark mit tierischen zugaben den großen nachtvögeln, den uhus. sie sind keine attraktion. kaum ein spaziergänger hält an vor dem großen dunklen schaukasten, in dem die eulen reglos sitzen. ganz still, kaum dass sie mal ein auge halb öffnen. es sind ja nachtaktive tiere. die werden erst in der dämmerung munter, wenn die meisten leute den park längst verlassen und vergessen haben. die wenigen familien und einzelnen, die kurz anhalten vor dem düsteren verschlag, finden nichts dabei, dass die großen vögel eingesperrt sind und bloß vom leben, vom fliegen träumen können. die vollkommen überholte tradition, dem breiten publikum zum zeitvertreib und vergnügen schaukästen mit lebenden tieren zu bieten, überdauert hier und anderswo, weil die verantwortlichen der kleinstadt vielleicht davon gehört haben, dass seit ein paar jahren der tierschutz verfasungsrang hat hierzulande. doch die damen und herren der kleinstadtverwaltung sind mit wichtigeren problemen befasst als der uhuhaltung im park. oder nichts dabei gedacht. das ist nämlich eine oft zu hörende entschuldigung im städtchen.

vielleicht haben jugendliche ihren protest gegen die käfige im park dadurch zum ausdruck gebracht, dass sie die glasscheibe auf der informationstafel vor dem uhugehäuse mit einem schlag zerspringen ließen.

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Geschrieben von

h.yuren

buchveröffentlichung 2017, KRAH - das rabentagebuch, 350 S., 8 fotos ISDN 978-3-945265-45-1; Tb. 15,-

h.yuren

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