vorhersehbar und vermeidbar

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die us-untersuchungskommission zum knall auf der ölplattform deepwater horizon kommt zu dem eindeutigen schluss: das unglück war vorhersehbar und vermeidbar.

alle beteiligten firmen haben ebenso versagt wie die staatliche aufsicht.

wenn so ein geschehen mitsamt schlussurteil einmalig wäre in den usa und anderswo, könnte man nach dem motto 'einmal ist keinmal' zur tagesordnung übergehen. leider ist die katastrophe im golf von mexiko kein einzelfall.

das gilt für die vergangenheit und für die zukunft. die kapitalistische wirtschaft und die mehr oder minder demokratische administration ergänzen sich perfekt im produzieren von umweltkatastrophen.

wenn ein mensch nicht wenigstens aus schaden klug wird, ist er lernunfähig. das ist dann auch das abschließende urteil über das system, in dem wir leben.

nur ein aktuelles beispiel:

nachdem der energiekonzern exxonmobil ganze landstriche in den usa in mondlandschaften verwandelt hat, nämlich bei der unkonventionellen erdgasförderung, hat die firma ziemlich unbehelligt von politik und medien hierzulande angefangen, eben jenes umweltschädliche verfahren auch hier anzuwenden. in niedersachsen sind längst die probebohrungen durchgeführt, die im münsterland unmittelbar bevorstehen.

in niedersachsen ist das rohrsystem im ort söhlingen leck geschlagen und hat grundwasser und boden mit quecksilber und einem ganzen cocktail anderer chemikalien vergiftet. das wäre vorhersehbar und vermeidbar gewesen, wenn jemand das verfahren kennte und politik und medien hingeschaut hätten.

bei dem englisch fracking genannten verfahren werden große mengen wasser unter sehr hohem druck in die gesteinsschichten gepresst, in denen erdgas vorkommt. zweck des fracking ist es, das gestein zu zerbrechen, damit das erdgas freigesetzt wird. die chemikalien sind als additive dem frackingmix zugefügt.

der pressesprecher von exxonmobil hat jetzt vor laufender kamera behauptet, in niedersachsen sei niemals ein unfall passiert. ndr-fernsehen berichtet darüber.

es ist vorhersehbar, dass sich die vergiftung von grundwasser und boden in nrw wiederholen wird. denn wenn sich das pro bohrstelle nicht so ergiebige förderverfahren lohnen soll, müssen 4 - 6 bohrlöcher pro quadratkilometer arbeiten. es ist also auch vorhersehbar, dass die landschaft in großem stil zerstört wird.

das völlig veraltete bergrecht bietet keine handhabe gegen den wahnwitz. die politik ist gefragt. und die medien natürlich. es darf sich hier nicht wiederholen, was exxon und andere firmen in den usa angerichtet haben.

noch ist es vermeidbar. aber nur, wenn medien und politik dem treiben einhalt gebieten. andernfalls heißt es in einigen jahren wie jetzt im bericht der untersuchungskommission zum bp-knall: vorhersehbar und vermeidbar.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

h.yuren

buchveröffentlichung 2017, KRAH - das rabentagebuch, 350 S., 8 fotos ISDN 978-3-945265-45-1; Tb. 15,-

h.yuren

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