Wachstum löst alle Probleme. Transatlantisch.

Freihandelszone. ein gespenst geht um und hin und her über den atlantik. neues freihandelsabkommen. ein win-win-gespenst, das endlich wieder wachstum und klingende kassen verspricht.

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über vier jahrzehnte ist es her, dass der klassiker des club of rome "Die Grenzen des Wachstums" ins weltgewissen schrieb.
längst sind alle grenzen überschritten. und worauf setzen alle marktschreier rund um den globus? auf wachstum und nochmals wachstum wie die altvorderen aus der bronzezeit.


das soll das allheilmittel sein gegen arbeitslosigkeit, entsetzliche armut, horrende staatsverschuldung, firmenpleiten, terrorismus, zukunftsangst, politikverdrossenheit, kurz: wachstum über alles gegen alles.


das ist so weise wie die eingebung der süchtigen, dass nur neuer stoff die unerträglichen entzugserscheinungen vertreibt.
von den profitsüchtigen wachstümlern, deren maß aller dinge ihr privater kontostand ist, kann die wende zum besseren nicht erwartet werden. die welt braucht vielmehr ein neues gradnetz, das genauso rational und weltumspannend wie das altbekannte ist und kontrollen möglich macht, die das ende der politischen und der ökonomischen anarchie bedeuten.

das neueste mittel, der neueste weg zu mehr wachstum ist schon fast in aller munde. es heißt "atlantische freihandelszone". die usa träumen von sage und schreibe zwei millionen zusätzlichen jobs. klar, wer die bezahlen soll: old europe, der atlantische gegenpol. da ist noch was zu holen. zölle gibt es zwar kaum noch, aber doch so einige verweigerungen, vor allem auf seiten der eu-staaten.

kulturelle barrikaden in der filmwirtschaft, vor allem in frankreich, im buchhandel durch die buchpreisbindung, vor allem in der brd.

lebensmittelblockaden wie die westeuropäische ablehnung von genmanipulierten produkten im tier- und pflanzensektor. weder monsantomais noch syngentasaaten treffen den geschmack der meisten eu-konsumenten. die weltkonzerne der us-agroindustrie haben das schlüsselwort freihandel schon immer vor sich her getragen, um ihren genveränderten angeboten neue märkte und neue anbauflächen zu erschließen.

das imperium braucht einen neuen kick. den will es sich in seinem vorgarten holen. wir rückständigen eu-bürger werden die segnungen der supermacht schon schlucken, wenn sie uns erst einmal so richtig schmackhaft gemacht werden. denn das leben wird billiger und bunter werden. ja, und so bezaubernd schön wie die unwiderstehliche welt der werbung. wir haben das glück erfunden, werden wir am ende mitsingen und -sagen. so froh wie bei nietzsche die letzten menschen.

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Geschrieben von

h.yuren

buchveröffentlichung 2017, KRAH - das rabentagebuch, 350 S., 8 fotos ISDN 978-3-945265-45-1; Tb. 15,-

h.yuren

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