Grillmeister des Grauens

Filmkunst Gelegentlich habe ich mir gerne mal ein paar Groschen als Komparse beim Film dazuverdient.

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Meine Spezialität war der "hässliche Ossi", etwa der Pogrom-Grillmeister von Rostock-Lichtenhagen oder ein rücksichtsloser Gaffer, der lüstern zuschaut, wie der unbestechliche Staatsanwalt von den Türmen der Halleschen Marktkirche gestürzt wird.

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Kürzlich war ich der übergewichtige und geschmacklos gekleidete Fluggast, der es Dieter Hallervorden ermöglichte, die "coole Sau" 'raushängen zu lassen. Doch "die ganze Geschicht' / die lohnt sich nicht", wie schon Otto Reutter sang. Denn die Gagen werden nicht mehr wie früher von der Produktionsfirma pauschal versteuert, sondern jeder Mitwirkende hat die Steuer- und SV-Abzüge individuell auf seiner Bruttogage. Das sind Abzüge in Höhe von etwa 40 %, die man sich aber teilweise mit der Jahres-Steuererklärung vom Finanzamt zurückholen kann. Schlimmer ist, dass die Jobcenter jetzt automatisiert auf Bußgeldjagd gehen. Änderungen in den persönlichen Verhältnissen (z. B. Erzielung von Nebeneinkommen) sind dem Leistungsträger unverzüglich (!) anzuzeigen. Eigentlich kein Problem, aber die "Bundesagentur und die zugelassenen kommunalen Träger überprüfen Leistungsbezieher jeweils zum 1. Januar, 1. April, 1. Juli und 1. Oktober im Wege des automatisierten Datenabgleichs."
Wer den Hinzuverdienst nicht wirklich unverzüglich angemeldet hat, wird wie ein Schwarzarbeiter behandelt und muss saftige Bußgelder zahlen. Deshalb habe ich die entsprechende Einkommensbescheinigung gleich heute persönlich zum Jobcenter gebracht. Mit Minijob, Freiberuflichkeit und Aufstocker-Betrag sind meine Beziehungen zu dieser Einrichtung kompliziert genug, um keinen zusätzlichen Ärger zu riskieren. Doch der Komparsenjob hat sich nun erledigt, leider.
Denn vorige Woche kam ein wirklich verlockendes Angebot: US-Regisseur Gore Verbinski inszeniert für Sony Pictures den Horror-Thriller "A Cure For Wellness". Mit Dane DeHaan und Mia Goth! (Man googele einmal nach Bildern der Beiden.) Ich sollte einen mitschuldigen Dorfbewohner in Deutsch-Mittelost spielen: sentimental, verfressen, ängstlich, falsch, leicht lenkbar. Das wäre die ultimative Krönung meiner Laufbahn als Darsteller verbiesterter Ossis gewesen. Heul' doch!
Nein ICH STREIKE! Habe die Rolle glatt abgelehnt. Der hässliche Ossi wird bis auf weiteres nicht mehr von den marktradikalen Vampiren "ausgezutscht", denn der Koch gehört nicht mit in die Suppe - erst recht nicht der Grillmeister!

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Geschrieben von

hadie

Was die Arbeitnehmer jetzt brauchen, ist ein Rettungsschirm für die Portemonnaies. (Frank Bsirske)

hadie

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