Sieger der Klimage(s)chichte

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Die Klima-Mediathek des Halleschen Hauses der Bürgerbewegungen lud ein zu einem Vortrag über den Klimawandel in Sachsen-Anhalt. Eine vom Landwirtschafts-Ministerium unseres stolzen Bundeslandes beim Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung in Auftrag gegebene Studie zu regionalen Folgen des globalen Klimawandels liegt jetzt vor (www.klimawandel.sachsen-anhalt.de), bedarf dringend der Erläuterung und Interpretation. Prof. Ehrlich vom Landesamt für Umweltschutz erläuterte zunächst die methodische Herangehensweise. Anhand dreier gängiger Zukunftsszenarien für die Menschheitsentwicklung in den nächsten 100 Jahren wurden mit Hilfe von drei unterschiedlichen regionalen Klimamodellen kleinräumige Klimaänderungsszenarien für Sachsen-Anhalt berechnet. Die Niederschläge innerhalb eines Jahres werden wahrscheinlich nur unwesentlich geringer, allerdings werden sie umverteilt. Im Winter fallen mehr Niederschläge, im Sommer weniger. In der Harzregion fallen mehr Niederschläge, im Rest des Bundeslandes weniger. Die Jahresmitteltemperatur steigt weiter, Extremereignisse (Stürme, Hochwässer, Hitzewellen) werden zunehmen. Die Normal-Wasserstände der Flüsse werden abnehmen, vor allem im Sommer, was die Schifffahrt auf Elbe und Saale beeinträchtigt (und den geplanten Elbeausbau noch sinnloser erscheinen lässt). Die Grundwasserspiegel sinken zumeist, nur in der Harzregion steigen sie. Renaturierungen von Gewässerläufen und mehr natürliche Überschwemmungsgebiete werden gefordert.

In den nächsten 100 Jahren wird es im Bundesland mehr Konkurrenz um Wasser geben, aber keine Versteppung. Die Waldbrandgefahr nimmt zu, Kühlwasser für Kraftwerke wird knapper und wärmer. Besonders Land- und Forstwirtschaft müssen sich anpassen, mehr CO2 in der Atmosphäre wirkt wachstumsfördernd auf Pflanzen. Kiefer und Eiche gewinnen, Buche und Fichte leiden. In der Landwirtschaft wird der Anbau von Raps und Silomais schwieriger, fast alle anderen Kulturpflanzen profitieren vom Klimawandel, vor allem der Weinbau gewinnt. An Saale und Unstrut verlängert sich die Sonneneinstrahlung, das Fäulnisrisiko sinkt, was den Anbau hochwertigerer Sorten begünstigt. Der Obst- und Gemüseanbau wird teurer, aber auch lukrativer. Nachwachsende Rohstoffe und regenerative Energien werden wahrscheinlich zugunsten regionaler Nahrungsmittelproduktion zurückgefahren, da der Lebensmittel-Weltmarkt teurer und schlechter bestückt sein wird. In der Industrie profitieren Maschinen- und Anlagenbau von neuen ressourceneffizienten Technologien, erneuerbaren Energien in Haus und Garten und nicht zuletzt von Standortverlagerungen aus Küstennähe. Bei den regenerativen Energien wird die Solarenergie leicht gewinnen, Wind- und Wasserkraftanlagen haben mehr Ausfallzeiten, die Biomasse verliert einen Teil ihrer Rohstoff-Lieferanten. Große Städte haben Handlungsbedarf bei der Abminderung der Folgen sommerlicher Hitzewellen, für Halle/S. wird die Wiederherstellung der von H.-Neustadt zugebauten Frischluftschneise diskutiert. Forschungseinrichtungen des Landes begleiten den Klimawandel forschend, beratend und qualifizierend. Die Landesregierung lässt einen Aktionsplan entwickeln und hat eine fach- und ressortübergreifende Arbeitsgruppe „Anpassung an den Klimawandel“ eingesetzt. Insgesamt könnte Sachsen-Anhalt also zu den Gewinnern der Klimaveränderungen gehören - wenigstens bis zu dem Zeitpunkt, an dem das globale Katastrophengeschehen in Form von Bevölkerungswanderungen und bewaffneten Konflikten bestimmend wird.

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Geschrieben von

hadie

Was die Arbeitnehmer jetzt brauchen, ist ein Rettungsschirm für die Portemonnaies. (Frank Bsirske)

hadie

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