Wutbürger in Weißenfels

Entsorgungskosten In Weißenfels wehren sich Grundstücksbesitzer gegen einen einmaligen Beitrag zu den Anschlusskosten an die Abwasser-Kanalisation.

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Auf dem Weißenfelser Marktplatz demonstrieren jetzt wieder wöchentlich montags um die 400 Menschen. Doch es geht ihnen kaum noch um soziale Anliegen, sondern um einen Ausbau-Beitrag für die kommunale Abwasser-Entsorgung.

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Die Masse der Demonstranten sind Grundstücksbesitzer, die Akteure an Mikrofon und Megafon sind teilweise noch aus der ehemaligen Initiative für soziale Gerechtigkeit, auch das Vokabular wurde zum Teil von den Sozialprotesten der vergangenen Jahre übernommen.
Am 8. Oktober um 18.15 Uhr war die Demo in vollem Gange. Die Initiative heißt inzwischen nur noch “Bürgerinitiative für sozial gerechte Abwasserabgaben im Zweckverband für Abwasserentsorgung Weißenfels” und ihre Sprecherin Heidelinde Penndorf gab bekannt, dass auf die Stadt eine weitere Strafabgabe für die Überschreitung von Abwasser-Grenzwerten in Höhe von über drei Millionen Euro zukommt. Sie erwähnt nicht, dass die Ursache dafür schon etliche Monate zurück liegt. Inzwischen wurden ein neues Klärbecken gebaut und Leute für eine zweite Schicht eingestellt, so dass die Grenzwerte am Auslauf in die Saale längst sicher eingehalten werden. Und die städtische Abwasser-Behandlungsanlage verdient durchaus Geld mit der Reinigung von Industrieabwässern.

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Meine nächste Station ist Hans Klitzschmüller, Stadtrat der Linkspartei und Mitglied der Versammlung des Abwasser-Zweckverbands. (ZAW) Er erläutert, dass in Weißenfels bisher noch überhaupt keine “Herstellungskostenbeiträge” von den Nutzern der Abwasserentsorgungs-Infrastruktur verlangt wurden. Das ist ein einmaliger Beitrag (keine Gebühr), dessen Erhebung die Kommunalaufsicht des Landes nachdrücklich einfordert. Dadurch flattern nun relativ vielen Grundstücksbesitzern zur gleichen Zeit ansehnliche Rechnungen ins Haus. Da wird der Gutbürger zum Wutbürger und er ruft nach dem populistischen Moderator Escher vom MDR. Der machte zwar einen Beitrag, transportierte aber weitgehend unreflektiert die Wutparolen einer Seite des Konflikts.

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Die Landtagsfraktion der Linkspartei drängt inzwischen auf eine Veränderung des sachsen-anhaltinischen Kommunalabgabengesetzes, um künftig die Ausbaubeiträge gerechter gestalten zu können. Doch die Kommunalaufsicht sitzt jetzt der Stadt Weißenfels im Nacken, verweigert Zuschüsse und Kredite für dringende Baumaßnahmen. Der städtische Haushalt gerät noch mehr in Schieflage. Am Horizont erscheint drohend das Schicksal der Stadt Halle mit ihrem “Zwangsverwalter light”.
So weit ist es in Weißenfels noch nicht – eher steht zu erwarten, dass die lautstarken Wutbürger ihre ausstehenden Beiträge erfolgreich minimieren können und die Sozialproteste dabei endgültig hinten herunter fallen. Oder wie es der Demonstrant Lutz R. sagte: “Es ist festzustellen, dass Grundstücksbesitzer, überhaupt Mittelständler leichter in Bewegung zu bringen sind als die Hartzer.
Vielleicht ist es ja auch ein optimistischer Ausblick? Wenn die Strompreise ins Unendliche steigen und die GEZ ihre Spitzeleien noch einmal intensiviert, erinnern sich die Leidenden vielleicht an eine Parole aus der Weimarer Republik: Mittelstand, wehre Dich!

Audiobeitrag zum Thema von Radio Corax: http://klima.podspot.de/files/weissenfels.mp3

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Geschrieben von

hadie

Was die Arbeitnehmer jetzt brauchen, ist ein Rettungsschirm für die Portemonnaies. (Frank Bsirske)

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