"Diktatoren lieben Kinder"

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Atatürk zu beleidigen ist eine Straftat und wenn man sich anschaut, wie harsch die Türkei in punkto Kritik reagieren kann, dann dürfte Feyzi İşbaşaran eine stressvolle Phase bevorstehen. Am Samstag schrieb İşbaşaran einen Tweet, indem er sich über den traditionellen Feiertag für Kinder aufregt, der in der Türkei am 23. April stattfindet. İşbaşaran schreibt: "Alle diktatorischen Regime benutzen Kinder. Alle Diktatoren lieben Kinder und benutzen sie." Da der Feiertag am 23. April von Atatürk eingeführt wurde, hätte İşbaşaran auch einfach "Atatürk ist ein Diktator" schreiben können, das Ergebnis wäre dasselbe.

Das frühere AKP-Mitglied weiß um das Provokationspotential dieser Kurznachricht und führt sie noch weiter aus: Jeder Staat solle nur einen offiziellen Feiertag haben und in der Türkei sei dies der Tag der Republik. Alle anderen gesetzlichen Feiertage, eben der Feiertag für Kinder, aber auch der Tag der Jugend (und des Andenkens an Atatürk) Ende Mai sollen abgeschafft werden, sie seien ein Ausdruck des Faschismus. Am Ende solle die Türkei nur drei Feiertage haben, einen staatlichen und die zwei existierenden religiösen, so der parteilose Abgeordnete.

Auch wenn İşbaşaran das nicht schreibt, er weiß um die besondere Botschaft, die in diesem ohnehin schon provokanten Tweet steckt: Mit dem 23. April feiert man in der Türkei offiziell den Untergang des Osmanischen Reiches. Zusammen genommen mit der unterschwelligen Anschuldigung, dass Atatürk ein Diktator gewesen sei, ergibt dies eine explosive Kanonade an Anschuldigungen und ruft die Kritiker auf den Plan.

Diese monieren, dass die religiösen Feiertage gerade für die Christen im Lande doch ebenfalls als Ausdruck des Faschismus gewertet werden können und man darüber nachdenken könne, sie abzuschaffen. Andere beschuldigen den Abgeordneten, desöfteren unter alkoholisiertem Zustand Nachrichten in die Welt zu schicken, die er dann am nächsten Morgen lösche.

İşbaşaran reagierte auf die Vorwürfe: Er beschimpfte die Kritiker als Faschisten.

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Geschrieben von

Hakan Tanriverdi

“Ein Rhizom bilden, Maschinen bauen, die vor allem demontierbar sind; ein Milieu schaffen, wo mal dies und mal jenes auftauchen kann: wie mürbe Brocken in der Suppe. Oder besser noch, ein funktionelles, pragmatisches Buch: nehmt euch, was ihr wollt."

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